Fuchs / Gangnus / Wang | Neue Chancen in China | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Fuchs / Gangnus / Wang Neue Chancen in China

Mit den aufstrebenden Märkten wachsen, aber geistiges Eigentum schützen
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-86248-284-9
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Mit den aufstrebenden Märkten wachsen, aber geistiges Eigentum schützen

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-86248-284-9
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



China hat aus den jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen, die vom Westen ausgelöst wurden, gelernt: Das Land ist dabei, seine Wirtschaft radikal neu auszurichten. Um weniger von der Nachfrage aus dem Ausland abhängig zu sein, soll die Volksrepublik von einer Exportnation zur Konsumgesellschaft werden. Um den Binnenkonsum massiv ausweiten zu können, wird die Regierung die Kaufkraft der Haushalte deutlich erhöhen. China plant, seine Importe in den nächsten fünf Jahren auf 2,7 Billionen USD zu verdoppeln. Gleichzeitig wird eine Hightech-Nation entstehen, in der umweltfreundliche und energiesparende Zukunftstechnologien eine herausragende Rolle spielen. Es geht zukünftig um Innovation, höhere Qualität und Nachhaltigkeit. Aus Made in China wird Designed in China. In dieser Entwicklung, die vom neuen Fünfjahresplan vorgegeben wird, liegen völlig neue Chancen, aber auch nicht zu unterschätzende Risiken für deutsche Unternehmen. Einerseits sind deutsche Produkte auf den chinesischen Konsumgütermärkten sehr begehrt, deutsche Markenhersteller machen im Reich der Mitte inzwischen satte Gewinne. Andererseits wird sich der Kampf um das geistige Eigentum weiter zuspitzen, weil die chinesischen Investitionsgüterbranchen planmäßig durch westliches Know-how aufgewertet werden sollen. Die chinesische Produkt- und Markenpiraterie sowie die Industriespionage werden uns in den nächsten Jahren noch mehr herausfordern. Die Autoren sind Unternehmensberater bei CHINABRAND CONSULTING, einer deutschen Managementberatung für das Geschäft in China (B2B und B2C). CHINABRAND berät Markenunternehmen, die selbst bereits über langjährige China-Erfahrung verfügen, bei anspruchsvollen Aufgaben in Bezug auf Markt, Wettbewerb und geistiges Eigentum. Darüber hinaus ist das Beratungshaus in den Bereichen Supervision und Gutachten bei Chinaprojekten tätig. CHINABRAND verfolgt einen im kollektivistischen China erforderlichen ganzheitlichen und integrierten Ansatz, der verschiedene Strategien, Methoden und Instrumente miteinander kombiniert. Die wichtigsten Beratungsfelder sind Anti-Counterfeiting und Schutz des geistigen Eigentums, Innovation sowie Wettbewerbs-, Wachstums- und Markenstrategien.

Dr. Hans Joachim Fuchs ist Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler. Er ist als international erfahrener Berater mit dem Schwerpunkt China bekannt und hat mehr als 20 Jahre Berufserfahrung, davon 13 Jahre in der Volksrepublik China. Dr. Fuchs war Direktor und Practice Leader bei Deloitte, Direktor bei Braxton Associates, Vizedirektor bei der Schweizer Prognos AG und Manager in der Verlagsgruppe Handelsblatt. Alexander Gangnus ist Master of Arts der Sinologie, BWL und Kommunikationswissenschaft an der Ludwig Maximilians Universität in München. Er verfügt über fundierte Kenntnisse der rechtlichen, kulturellen und operativen Besonderheiten im China-Geschäft westlicher Unternehmen. Liyuan Wang ist MBA der Purdue University und Diplom-Betriebswirtin der European School of Business in Reutlingen. Sie hat als Project Officer für das 'Chinesische Institut für Reform und Entwicklung' im Rahmen einer Kooperation mit der 'Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH' gearbeitet und unterstützte das chinesische Außenministerium während des Boao Asien-Forum.
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Weitere Infos & Material


1;Inhalt;6
2;China gewinnt an Bedeutung;8
3;Chinas neue Stärke;10
3.1;Von der Geldmacht zur Weltmacht;11
3.2;Chinas starke Unternehmen;13
3.2.1;Lenovo;14
3.2.2;Geely;14
3.2.3;Huawei;15
3.2.4;ZTE;16
3.2.5;Haier;17
3.3;Branchenführer aus China;17
3.4;Wie ist diese Entwicklung motiviert?;20
3.5;Neue Wachstumschancen durch den zwölften Fünfjahresplan;23
3.6;Aktuelle Situation des Konsums;27
3.7;Die Stimulation des Binnenkonsums;30
3.8;Chancen für ausländische Unternehmen;33
4;B2C – Chinas neue -Konsumenten;38
4.1;Postmoderne Eigenschaften;39
4.2;Die Bedürfnisse der Brown Collars;47
4.3;Die Sonderrolle der Wanderarbeiter;49
4.4;Senior, Average und Aggressive Blue Collars;54
4.5;Besonderheiten der Senior und Average Blue Collars;55
4.6;Kennzeichen des Luxusmarktes;61
4.7;Regionale Unterschiede;64
4.8;Die Entwicklung des Marktes für Senioren;67
4.9;Kaufverhalten;68
4.10;Eigenschaften der Silver Collars;70
4.11;Die moderne chinesische Frau;72
4.12;Pink Collars haben viele Gesichter;74
5;B2B – Ausgewählte -Wachstumsbranchen;96
5.1;Luftfahrt;98
5.2;Alternative Automobilantriebe;99
5.3;Automobilteile;101
5.4;Luftfilter;102
5.5;Windenergie;103
5.6;Biomasseanlagen;104
5.7;Recyclingtechnik;105
5.8;Umweltschutz und Energieeffizienz;107
5.9;Nachhaltiges Bauen und energieeffiziente Häuser;108
5.10;Solar-Warmwasserbereiter;109
5.11;LED-Technologien;111
5.12;Präzisionsindustrie, Optik;112
5.13;IT-Hardware und Telekommunikation;113
5.14;Neue Materialien und High-Performance-Werkstoffe;114
5.15;Medizintechnik;115
5.16;Pharmazeutik;117
5.17;Transport und Logistik;118
5.18;Kühltechnik;119
5.19;Fahrstühle;120
5.20;Lebensmitteltechnik;121
5.21;Tourismus;122
5.22;Navigationslösungen;124
5.23;Elektrizitätsnetz;125
5.24;Eisenbahn;127
5.25;Straßenwesen;128
6;B2G – Geschäfte mit dem -chinesischen Staat;130
6.1;Government vs. Public Procurement;130
6.2;Einkauf der Regierung;135
6.3;Öffentliche Aufträge;137
6.4;Government Procurement Agreement (GPA);141
6.5;Public Private Partnership;141
6.6;Der Trend: Green Government Procurement;146
7;Strategische Regional- und Städtecluster;150
7.1;Regionale Entwicklungsstrategien;154
7.2;Neuer Fokus auf strategischen Regionen;156
7.3;Yellow River Delta High-Efficiency Eco-Economic Zone;156
7.4;Wanjiang River Urban Belt Industrial Transfer Demonstration Zone;157
7.5;Central Region;159
7.6;Shanxi: Taiyuan;160
7.7;Henan: Zhengzhou;162
7.8;Anhui: Hefei;164
7.9;Hubei: Wuhan;166
7.10;Jiangxi: Nanchang;169
7.11;Hunan: Changsha;170
7.12;Gansu Province Circular Economy;173
7.13;Guanzhong-Tianshui Economic Zone;175
7.14;Eco-economic Region Poyang Lake;176
7.15;Tumen River Cooperation Area;177
7.16;Liaoning Coastal Economic Belt;179
7.17;Jiangsu Coastal Area;180
7.18;Westbank Economic Zone und Fujian;180
7.19;Hengqin Area;185
7.20;Das Yangtze-Delta;185
7.21;Pearl River Delta;187
7.22;Bohai Economic Rim Region;190
7.23;Hainan;192
7.24;Shanghai;194
7.25;Beijing;196
7.26;Guangzhou;199
7.27;Shenzhen und Zhuhai;200
7.28;Hangzhou und Suzhou;201
7.29;Nanjing;204
7.30;Tianjin;206
7.31;Qingdao;207
7.32;Harbin;209
7.33;Changchun;211
7.34;Shenyang und Dalian;212
7.35;Chongqing;215
7.36;Chengdu;216
7.37;Hebei;218
7.38;Xinjiang;219
7.39;Wachstumsmotoren mit schwachem Profil;221
8;Innovative Wege im Vertrieb;224
8.1;Walmart versus Carrefour;233
8.2;KFC, McDonald:s und Burger King;233
8.3;China 3C Group;234
8.4;Verschiedene Rechtsformen;236
8.5;Klare gesetzliche Regelungen;238
8.6;Strenge Auswahl der Lizenznehmer;241
8.7;Regionale Unterschiede;243
8.8;Ausblick;244
8.9;In China erfolgreich direkt verkaufen;248
8.10;Rechtliche Vertriebseinheit;253
8.11;Kritische Erfolgsfaktoren;254
8.12;Staatliche Unterstützung;259
8.13;Internethandel B2B;260
8.14;Wichtige Marktplätze des E-Commerce (B2B);261
8.15;Internethandel B2C;263
8.16;Wichtige Marktplätze des E-Commerce (B2C) in China;263
8.17;Wichtige Marktplätze der E-Commerce-Plattformen (B2C) in China nach Umsatzgröße und Marktanteilen;264
8.18;Zahlungsmodalitäten und Vertrauensbildung;266
8.19;Logistik als Nadelöhr;269
8.20;Zugang zum Online-Shopping;269
8.21;Perspektiven des E-Commerce;272
9;Schnelles Wachstum durch M& A;284
9.1;Alternativen zu M&A in China;286
9.2;Wen kaufen? 5 Unternehmenstypen in China;289
9.3;Nationale und regionale Staatsbetriebe;290
9.4;Privatunternehmen;292
9.5;Foreign Invested Enterprises;293
9.6;Der M&A-Prozess in China;293
9.7;Vertragsgestaltung und Abschluss;294
9.8;Gesetze und Regelungen;296
9.9;Asset oder Equity Deal?;297
9.10;Übernahme eines Privatunternehmens;298
9.11;Voraussetzungen und Ablauf;299
9.12;Problemfelder und Stolpersteine;301
9.13;Kaufpreisfestlegung durch unabhängige Sachverständige;302
9.14;Reorganisationsplan für Arbeiter;303
9.15;Vetomöglichkeit der Gläubiger;303
9.16;Staatliche Eingriffe in ausländische Investitionen;304
9.17;Übernahme eines Staatsbetriebes;305
9.18;Genehmigung der Transaktion;306
9.19;Übernahme eines börsennotierten Unternehmens;308
9.20;Übernahme eines Foreign Invested Enterprise;309
9.21;Das neue Anti-Monopol-Gesetz;310
9.22;Kandidaten genau durchleuchten;311
9.23;Lückenhafte und schwer zugängliche Dokumentation;319
9.24;Möglichkeiten der Bewertung;321
9.25;Unser Fazit;323
10;Geistiges Eigentum nachhaltig schützen;324
10.1;Innovative Technologie gesucht;328
10.2;Marken und Franchising;329
10.3;Unterschiedliche Käufertypen;330
10.4;Die wichtigsten Typen des IP-Business in China;332
10.5;Der Geist in der Flasche;333
10.6;Die neue chinesische IP-Offensive;334
10.7;Das Counterfeiting wächst rasant;339
10.8;Piraterie mit System bekämpfen;341
10.9;Strategische Schachzüge;344
10.10;Juristische Maßnahmen;346
10.11;Systematische Öffentlichkeitsarbeit;348
10.12;Kosten des Schutzes << Schaden;352
10.13;Kosten des IP-Schutzes;353
10.14;Berechnung der Schäden:;354
10.15;a) Berechnung aus Branchenwerten:;354
10.16;b) Hochrechnung einzelner Fälle:;355
10.17;c) Berechnung über den Umsatz der Fälscher:;355
10.18;Beispiel: Berechnung des Gesamtschadens;360
10.19;1. Kurzfristiger Verlust CFk:;360
10.20;2. Mittelfristiger Verlust CFm:;361
10.21;3. Langfristiger Verlust (Markenverlust plus Restverlust) CFl:;361
11;Strategien für den Wettbewerb in China;364
11.1;Der Königsweg: Markensysteme aufbauen und stärken;367
11.2;Unternehmensmarken aufbauen;368
11.3;Marken angepasst kommunizieren;370
11.4;Brands in Szene setzen;371
11.5;Führung von Marken;372
11.6;Lohnt sich B2B-Branding?;374
11.7;Markendienstleistungen anbieten;374
12;Literatur;380
13;Gesetzestexte;390


Kapitel 2: 
B2C – Chinas neue Konsumenten


Es ist nicht einfach, Chinas 1,34 Milliarden Menschen als differenzierte Konsumenten mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Präferenzen und Einkaufsverhalten trennscharf zu definieren. China ist ein Vielvölkerstaat mit extremen regionalen Disparitäten und deshalb alles andere als ein homogener Binnenmarkt. Mit rund 70 Regionen, 56 ethnischen Gruppen und 80 Sprachen ist der chinesische Konsumgütermarkt wesentlich komplexer als der europäische. Diese Komplexität führt zu unterschiedlichen Erscheinungsformen des Konsumentenverhaltens. Das zeigt sich bereits bei grundlegenden Verhaltensweisen. So gelten Chinesen aus dem Nordosten des Landes zwar als aktive, modernen Produkten und Konsumformen gegenüber aufgeschlossene Menschen, sie sind beim Einkaufen aber deutlich konservativer und weniger auslandsorientiert als ihre Landsleute in den wohlhabenden ost- und südchinesischen Küstenregionen. Während die Verbraucher in Beijing eher überlegt und sachlich einkaufen, sind Shanghainesen modebewusst und immer auf der Jagd nach einem Schnäppchen. Die Einwohner von Guangzhou gelten als lebhaft und materialistisch – mit einer Tendenz zu Impulskäufen.

Dazu kommt, dass sich China permanent verändert. Das Land entwickelt sich rasant, die Dinge sind ständig im Fluss. Was heute noch zählt, ist morgen schon Schnee von gestern. Das gilt auch für das Verhalten der Konsumenten. Wir können im Reich der Mitte deshalb noch nicht von bereits formierten, klar profilierten und eindeutig voneinander abgrenzbaren Konsumentengruppen ausgehen. Zielgruppen, Präferenzen und Verhaltensweisen bilden sich in der Volksrepublik erst heraus und verändern sich. Marketingmanager müssen in China auf sich schnell bewegende Ziele schießen. Hier liegt auch der Grund dafür, dass viele Modelle der chinesischen Konsumentenlandschaft meist konstruiert, realitätsfern und nicht selten absurd wirken. Wie ernst zu nehmen sind beispielsweise landesspezifische Typologien, die in Chinas wachsender Mittelschicht Traditionalisten von traditionellen beziehungsweise progressiven Maximalisten unterscheiden und diesen Kategorien prozentgenaue Anteile an der Gesamtbevölkerung zuordnen? Demgegenüber wirken die universellen und historisch fundierten fünf Basiskategorien Traditionalisten, Status-quo-Bewahrer, Übergangssegment, Moderne und Generation X als Orientierung glaubwürdiger und valide.

Starre demografische Segmentierungsansätze sind in China oft nicht zielführend. In den im Übergang befindlichen sich schnell entwickelnden Märkten im Osten und im Süden des Landes entstehen aus der Masse völlig neue Konsumentengruppen, die oft nur noch mithilfe psychografischer und ethnografischer Methoden zu erfassen sind. Die Basis sind die sich differenzierende Mittelschicht, politische und unternehmerische Eliten oder sich emanzipierende Frauen oder Kinder, die als „kleine Kaiser“ das Konsumverhalten der Eltern nachhaltig beeinflussen. Unterhalb der Mittelschicht gibt es eine rund 400 Millionen Menschen umfassende Gruppe der städtischen Massen, die bislang kaum beachtet wurde, sowie die zunehmend kaufkräftige soziale Schicht der Industriearbeiter, die sich immer mehr fragmentiert. Zu ihnen gesellen sich ständig neue Lebensstilgruppen, die sich markant in der Kaufkraft und im Konsumentenverhalten unterscheiden, beispielsweise in der Wahl von Marken und in der Akzeptanz westlicher Produkte. Man kann in den chinesischen Metropolen heute Szenen wie Hip Hop und Street-Kultur ebenso beobachten wie avantgardistische Kunst- und Designerszenen. Nicht zu vergessen die rund 317 Millionen Blogger und Online-Chatter, die in mehr als 1,3 Millionen chinesischen Internetforen permanent Informationen austauschen – auch über Konsum und Marken. Dazu kommen die rund 195 Millionen Nutzer von Miniblogs, die permanent im virtuellen Raum miteinander kommunizieren. Diese neuen Szenen sind oft Treiber und Formgeber des chinesischen Markenkonsums, sie verändern sich aber sehr schnell.

Postmoderne Eigenschaften

Wer auf Chinas Konsumgütermärkten nachhaltig erfolgreich sein will, sollte nicht zu tief nach der Psyche des chinesischen Konsumenten forschen und nach fixen Eigenschaften suchen. Er sollte stattdessen mit groben Strichen einfache Skizzen zeichnen und dabei absichtlich unscharf bleiben. Auf sich schnell bewegende Ziele schießt man nicht, man fängt sie mit einem Netz. Im Reich der Mitte ist nicht der Schütze, sondern der Fischer gefragt.

Chinesische Konsumenten zeigen postmoderne Eigenschaften. Sie sind wankelmütig und unbeständig, auch beim Einkauf sind sie Spaziergänger, Spieler und Touristen. Chinesen sind immer auf dem Sprung, verhalten sich fluide, illoyal und veränderlich. Sie spielen viele Rollen und besitzen mobile und verhandelbare Identitäten. Bei ihnen geht alles. Chinesen wollen vielfältig leben und aus allem so viel herausholen, wie sie nur können – immer in der Angst, irgendeine Möglichkeit zu verpassen. Dadurch sind sie der perfekte Adressat für Veränderung und Innovation. Klassisches, auf vorhersagbares Verhalten fixiertes Marketing läuft solchen Konsumenten immer hinterher. Wenn der Schütze zum Schuss ansetzt, ist der Fisch bereits geflüchtet. Sein Fluchtraum ist bekanntlich unendlich. Je härter die traditionellen Marketingmanager daran arbeiten, den chinesischen Konsumenten endlich einzufangen, umso weniger erfolgreich sind sie.

Hier setzt postmodernes Marketing an – es scheint für viele chinesische Konsumgütermärkte geradezu prädestiniert. Zur Erinnerung: Die Moderne setzt eine klare, eindeutige und unumstrittene Realität voraus. Es gibt objektive Strukturen und Wahrheiten, das Umfeld ist klar aufgeteilt, Wissen und Wahrnehmung sind stabil. Die moderne Welt ist reproduzierbar, vorhersehbar und kontrollierbar. Ein solcher Ansatz führt zu einem rigiden und positivistischen Verständnis von Marken und Markenmanagement. Es gibt klare und fixe Konsumentensegmente, Bedürfnisse und Verhaltensmuster, und jede Marke verfügt über ein stabiles Image und einen klaren Nutzen.

Die Postmoderne sieht die Welt genau entgegengesetzt und misstraut Sicherheit und Gewissheit. Die Welt ist haltlos und instabil, eine wabernde unsichere Masse. Alles ist offen und vage, die Natur der Dinge ist widersprüchlich und ambivalent. Kulturen und Wahrheiten sind vielfältig. Fast alles kann in Frage gestellt werden – insbesondere im sozialen und kulturellen Bereich.

Die Postmoderne definiert persönliche Identitäten als zufällig und veränderlich, unsere kognitiven Kategorien sind ständig in Bewegung. Diese Philosophie betont das Neue, Überraschende und Unerwartete. Auch die Welt des Konsums ist daher kurzlebig, oberflächlich und pluralistisch. Bedürfnisse von Konsumenten ändern sich ständig, und die schnelllebige Welt der Wirtschaft zerstört Markenimages schneller als sie für viel Geld aufgebaut und etabliert werden können.

Der postmoderne Ansatz sieht in Unsicherheit, Ambiguität, Möglichkeit und Kontextsensibilität einen unverzichtbaren Teil, aber auch ein Problem der Markenführung. Erfolgreiche Markenpositionierung muss sich an der Unsicherheit orientieren, statt sich an Gewissheiten zu klammern. Sie muss Zielgruppen ansprechen können, die ständig in Bewegung sind. Um Konsumenten anzulocken und zu binden, muss die Markenführung vielfältig und flexibel sein und offen kommuniziert werden. Der Schlüssel ist nicht eine ständig präzisere Segmentation und Positionierung, sondern das genaue Gegenteil. Postmoderne Markenkommunikation braucht ein offenes, weites, unscharfes Feld – verschwommen, durchlässig und vage –, das Raum lässt für sich wandelnde Vorstellungen der Konsumenten. Dieser Ansatz scheint für das Konsumgütermarketing in China geradezu prädestiniert.

Will man in solch einem unscharfen Umfeld agieren, muss man sich auf einige relativ konsistente und stabile Faktoren beschränken, um die Konsumententypen erfassen zu können. Fast in jeder Gesellschaft bilden Alter und Einkommen Kategorien, die das Konsumverhalten greifbarer machen. Für Gesamtchina gültige spezifische Besonderheiten sind die relationale Positionierung des Individuums, eine große Unsicherheit gegenüber der Welt und die fehlende Orientierung im Überangebot an Waren. Die Unsicherheit ergibt sich aus historischen Erfahrungen wie der Kulturrevolution und Lebensmittelskandalen, aber auch aus einem bisher noch defizitären Rechtssystem. Im Konsumverhalten wird dieser Unsicherheit durch Suche nach Bestätigung, Beruhigung und Sicherheitsversprechen begegnet. Dabei verlangt die wachsende Mittelschicht finanzielle und soziale Sicherheit, die städtischen Massen eher Produktsicherheit. Da sich in der chinesischen Gesellschaft durch konfuzianische Einflüsse kein Individuum losgelöst von seinem Umfeld positionieren kann, sucht der Käufer nach Produkten, die ihn als intelligente und herausragende, aber dennoch sozial akzeptierte Person bestätigen. In einem Überangebot an Waren wird sich der chinesische Konsument für das Produkt entscheiden, dessen Nutzen, Vorteil und Besonderheit ihm direkt kommuniziert wird. Chinesische Verbraucher leben in einer sich entwickelnden Gesellschaft und streben daher nach Gütern, die ihnen selbstbewusst Fortschritt versprechen – in einem realistischen Maß.

Shanghai übernimmt in der Entwicklung der chinesischen Kunden eine Vorreiterrolle. Veränderungen, die sich dort beobachten lassen, werden über kurz oder lang in anderen Städten, auch niedrigeren Levels eintreten. Besonders das steigende Einkommen und die technologische...


Dr. Hans Joachim Fuchs ist Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler. Er ist als international erfahrener Berater mit dem Schwerpunkt China bekannt und hat mehr als 20 Jahre Berufserfahrung, davon 13 Jahre in der Volksrepublik China. Dr. Fuchs war Direktor und Practice Leader bei Deloitte, Direktor bei Braxton Associates, Vizedirektor bei der Schweizer Prognos AG und Manager in der Verlagsgruppe Handelsblatt.

Alexander Gangnus ist Master of Arts der Sinologie, BWL und Kommunikationswissenschaft an der Ludwig Maximilians Universität in München. Er verfügt über fundierte Kenntnisse der rechtlichen, kulturellen und operativen Besonderheiten im China-Geschäft westlicher Unternehmen.

Liyuan Wang ist MBA der Purdue University und Diplom-Betriebswirtin der European School of Business in Reutlingen. Sie hat als Project Officer für das "Chinesische Institut für Reform und Entwicklung" im Rahmen einer Kooperation mit der "Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH" gearbeitet und unterstützte das chinesische Außenministerium während des Boao Asien-Forum.



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