E-Book, Deutsch, Band 338, 256 Seiten
Reihe: Historical
Fuller Der Ritter und die falsche Nonne
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7337-3375-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 338, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-3375-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
England, 1265. Wagemutig befreit die junge Lady Alinor ihre Freundin Bianca aus den Fängen einer mordlustigen Verwandten und bringt sie in Sicherheit. Aber dafür muss sie Biancas Bruder Guilhem, Duc d'Attalens, Rede und Antwort stehen. Der französische Ritter erfüllt sie mit vager Unruhe, die sie aus ihrem Kloster nicht kennt! Und als Guilhem ihr hilft, den Übergriffen ihres entsetzlichen Stiefbruders zu entkommen, ist Alinors Schicksal endgültig besiegelt: Sie verrät ihm, wo Bianca ist. Aber auf ihrem Weg dorthin lauern nicht nur Intrigen, Fallen und Verderben. Auch Alinors Herz gerät mit jedem Kuss ihres Retters in höchste Gefahr ...
Meriel Fuller verbrachte ihre frühe Kindheit als echte Leseratte. Nach der Schule ging sie stets in die Stadtbücherei, wo ihre Mutter als Bibliothekarin arbeitete und las sich fröhlich durch die historischen Liebesromane. Ihre Liebe zur Vergangenheit hat sie von ihrem Vater, ein eifriger Hobby-Historiker, der Meriel und ihre Schwester auf lange Ausflüge zu Schlossruinen und alten Dörfern mitnahm. Meriel Fuller studierte nach der Schule englische Literatur an der Universität Edinburgh. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen: Als sie sich auf einer Party den Knöchel brach, trug er sie ritterlich auf seinen Armen zum Krankenhaus und wich nicht von ihrer Seite, während der Gips gelegt wurde. Acht Jahre später heirateten sie im ländlichen Dorset. Obwohl Meriel Fuller immer schon als Hobby geschrieben hatte, entschied sie erstmals als ihr jüngstes Kind noch ganz klein war, einen historischen Liebesroman zu schreiben. Ein Traum ging für sie in Erfüllung, als Harlequin ihr mitteilte, das ihr Manuskript veröffentlicht werden würde.
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1. KAPITEL Wiltshire, England – Oktober 1265 Danke, dass du heute mitkommst, Ralph“, sagte Alinor of Claverstock zu dem stämmigen Mann, der neben ihr auf dem Bock saß, und schenkte ihm ein Lächeln. Ein Hauch von Erleichterung schwang in ihrer Stimme mit. Obwohl die Oktobersonne immer noch ein wenig Wärme spendete, fröstelte Alinor. „Alles ist mir lieber, als den Acker umzupflügen, Herrin“, erwiderte Ralph und grinste flüchtig, dann ließ er die Zügel geschickt auf die Rücken der beiden Ochsen hinabsausen, weil sie langsamer geworden waren. Seine Haut war gerötet, die ständige Arbeit in der Sonne hatte sie mit der Zeit verbrannt. „Der Markttag in Knighton ist viel interessanter.“ „Ich hätte es vermutlich auch allein erledigen können“, behauptete Alinor und betrachtete den zerfurchten Weg vor ihnen und wünschte sich, die Ochsen würden etwas mehr als dieses Schneckentempo schaffen. Der Wagen rumpelte in Richtung des Talgrunds. Sie drückte sich gegen die Holzlehne in ihrem Rücken. „Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich dich von deinen anderen Aufgaben abhalte. Zu dieser Jahreszeit gibt es im Kloster noch so viel zu tun.“ Ralph setzte nun ein breites Grinsen auf und deutete mit dem Kopf auf die Getreidesäcke, die sich hinter ihm auf dem Karren stapelten. „Ich hätte gern zugesehen, wie Ihr diese Säcke zum Wagen schleppt und aufladet, Herrin. Außerdem ist das alles nicht richtig. Eine Dame von Eurem …“ „Das haben wir doch längst besprochen, Ralph“, unterbrach Alinor ihn. „Die Nonnen benötigen meine Hilfe, und ich freue mich, dass ich ihnen helfen kann.“ Sie zog den schiefen Saum ihres zweckmäßigen Kleids über die Stiefel, die dunkle Flecken vom Morgentau aufwiesen. Durch ihre Seidenstrümpfe hindurch konnte sie den kratzenden, groben Wollstoff ihres Kittels an den Oberschenkeln spüren. Dort, wo das weite Gewand von einem Gürtel auf den Hüften gehalten wurde, sorgte der raue Wollstoff für einen beharrlichen Juckreiz. Sie sah hinauf zum Himmel, wo die Sonne sich durch eine blassgraue Wolke zu kämpfen versuchte. Als die Strahlen endlich freie Bahn hatten, verbreiteten sie schnell angenehme Wärme. Die Grashalme mit ihren unzähligen Tautropfen funkelten wie Silber. „Nun, Ihr tut etwas wirklich Gutes, Mylady.“ Der Wagen holperte über eine tiefe ausgetrocknete Furche im Weg. Als eines der Räder unheilvoll zu quietschen begann, legte Ralph die Stirn in Falten. „Ich wusste, ich hätte das Rad noch einmal schmieren sollen, bevor wir uns auf den Weg gemacht haben“, murmelte er. „Wird uns das Problem mit dem Rad langsamer vorankommen lassen?“, fragte Alinor sofort, biss sich aber sogleich auf die Lippe und hoffte, dass Ralph ihren drängenden Tonfall nicht bemerkt hatte. Niemand durfte etwas ahnen. Für gewöhnlich nahm sie sich den ganzen Tag Zeit, um den Markt in Knighton zu besuchen und das Getreide zu verkaufen, ehe sie die Dinge erwarb, von denen sie glaubte, die Nonnen könnten sie gut gebrauchen. Heute dagegen wollte sie so schnell wie möglich zum Kloster zurückkehren. Weder Ralph noch die Nonnen wussten etwas von dem, was sie getan hatte. Und wenn niemandem die Existenz der jungen Frau bekannt war, dann war sie umso sicherer aufgehoben. Nur sie selbst kannte das Versteck. Sie atmete tief durch und versuchte, ihr Herz dazu zu bringen, nicht länger so zu rasen. Je eher sie der armen Frau helfen konnte, das Land zu verlassen, umso besser für sie. „Ganz bestimmt werden wir es bis zum Markt schaffen“, versicherte Ralph ihr. „Dann werde ich die Zeit nutzen, um das Rad zu reparieren.“ Während sie quietschend an einem einsamen Strauch vorbeikamen, dessen Zweige voll mit roten Beeren waren, flogen drei Elstern hoch und keckerten entrüstet. Die schwarz-blauen Federn glänzten in der Sonne, an den dunklen Schwanzfedern blitzte Weiß auf. Mit einem Finger strich Alinor am Rand der eng anliegenden Haube entlang und versuchte, den Stoff am Hals und an den Schläfen ein wenig zu lockern. Das feste weiße Leinen umgab ihren Hals und rahmte ihr Gesicht ein, sodass alle Haare darunter verborgen blieben. Darüber trug sie ein beigefarbenes Tuch, das als Schleier herhalten musste. Auch jetzt hallten noch immer die spöttischen Worte ihrer Stiefmutter durch ihren Kopf. Wilhelma konnte einfach nicht begreifen, warum ihre Stieftochter aus freien Stücken etwas so Schlichtes trug: ein Kleid aus grober Wolle, dazu einen erdfarbenen Schleier. Andererseits kann sie noch weniger verstehen, warum ich den Nonnen überhaupt helfen will, dachte Alinor. Ihrer Stiefmutter käme es nie in den Sinn, irgendjemandem zu helfen, außer es ging um ihren wundervollen Sohn Eustace. Sofort lief ihr ein Schauer über den Rücken, und sie nahm sich vor, weder an ihre Stiefmutter noch an das zu denken, was diese hatte tun wollen. Bilder aus jener entsetzlichen Nacht auf Claverstock gingen ihr durch den Kopf, verzweifelte, zerrissene Bilder, die sie vor Angst erzittern ließen. Mit beiden Händen strich sie den Stoff über ihren Knien glatt, dann zupfte sie an einem Faden. Sie zwang sich, mit den Gedanken in das Hier und Jetzt zurückzukehren und sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, die sie heute zu erledigen hatte. Der Markt. Der Verkauf des Getreides mit genügend Gewinn, der an die Nonnen gehen würde. Die Schwestern benötigten das Geld, um über den Winter zu kommen. Nur das war jetzt wichtig. Der auffrischende Wind kündete von der bevorstehenden kalten Jahreszeit. „Bald sind wir da, Herrin“, sagte Ralph. „Man hört schon das Rauschen des Flusses.“ Alinor erschauerte. Und dann erreichten sie den Fluss, den erschreckenden Fluss. In der Mitte war er sehr tief, die Strömung so schnell, dass ein Durchqueren für Ross und Reiter gleichermaßen gefährlich war. Eine schmale Brücke für Lastpferde und Karren überspannte ihn. Zur Mitte hin stieg sie steil an, damit sie bei Überschwemmungen nicht überflutet werden konnte. „Schnell, überquere die Brücke, ehe jemand aus der anderen Richtung kommt“, drängte Alinor und griff nach Ralphs Arm. „Ich will so bald wie möglich den Markt erreichen.“ „Hier ist sonst niemand unterwegs, Herrin“, erwiderte Ralph und strich ein paar Strähnen seines kastanienbraunen Haars nach hinten, die ihm immer wieder ins Gesicht fielen. „Für die meisten ist es noch viel zu früh am Tag.“ Er lenkte die Ochsen zur Brücke. Ihre Hufe rutschten auf den glitschigen Pflastersteinen immer wieder weg, als sie die steile Zufahrt zu bewältigen versuchten. Beharrlich und geduldig trieb er seine Tiere weiter voran. Sie hatten eben den Scheitelpunkt der Brücke erreicht, da ging von dem quietschenden Rad ein unheilvolles Knacken aus, fast unmittelbar gefolgt von dem Geräusch, wie es zerbrechendes Holz verursachte. Der Wagen neigte sich abrupt nach rechts und kippte ein Stück weit zur Seite. „Oh!“ Alinor ruderte mit den Armen, um irgendwo Halt zu finden, da sie zur Seite wegrutschte. Einen Moment lang fürchtete sie, das Gleichgewicht zu verlieren und über die niedrige Brüstung in den reißenden Fluss zu stürzen. Doch Ralph bekam ihren Arm zu fassen und zog sie zurück. „Verdammt!“, fluchte er. „Wartet hier, Mylady, und haltet die Zügel fest, während ich nachsehe, was geschehen ist.“ Er zwängte seinen stämmigen Körper zwischen dem Steingeländer und dem Wagen hindurch und beugte sich über das Rad. Erneut stieß er einen Fluch aus. „Die Achse ist gebrochen, Mylady!“, rief er ihr zu und kam wieder nach vorn. „Ich muss Hilfe holen, damit wir den Wagen von hier wegschaffen können.“ „Ich komme mit“, sagte Alinor und rutschte an den Rand des Bocks. Ralph hob eine Hand, um sie an ihrem Vorhaben zu hindern. „Wahrscheinlich ist es besser, wenn Ihr bleibt, Mylady.“ Er betrachtete ihre zierliche Gestalt. „Bei allem Respekt, aber ich komme allein schneller voran. Außerdem muss jemand beim Wagen bleiben. Dieses Getreide ist viel Geld wert.“ „Genug Geld für einen ganzen Winter“, stimmte Alinor ihm zu. „Kommt Ihr hier allein zurecht, Mylady? Ich werde nicht lange weg sein. Vor Kurzem sind wir an einem Gehöft vorbeigekommen.“ „Natürlich komme ich zurecht“, antwortete sie überzeugt. „Ich habe schließlich meinen Dolch.“ Sie berührte die Lederscheide, die an ihrem Gürtel hing. „Außerdem würde es niemand wagen, eine Ordensschwester anzugreifen, auch nicht, wenn sie sich bloß als solche gekleidet hat.“ Ralph musste lachen. „Es sei denn, derjenige will es wagen, für alle Ewigkeit in die Hölle verbannt zu werden!“ Er winkte ihr zu und eilte in die Richtung davon, aus der sie gekommen waren. Alinor seufzte und ließ die Zügel neben sich auf den Boden fallen. Aus Gewohnheit massierte sie ihren linken Unterarm, um den ständigen leichten Schmerz zu lindern, der ihr seit ihrem Unfall zu schaffen machte. Dabei zog sie die Augenbrauen ein wenig zusammen. Die Ochsen standen geduldig auf der Brücke und ließen die Köpfe hängen. Alinor schloss die Augen und genoss die sanfte Wärme der Herbstsonne. Wenn sie doch nur wenigstens für einen Moment vergessen könnte, was beinahe passiert wäre. Die gehetzte Eile, als sie der jungen Frau beim Anziehen geholfen hatte, die überstürzte Flucht über das in Mondschein getauchte Land, eng aneinander gedrückt, beide in Umhängen mit Kapuzen, immer darauf bedacht, sich wie Diebe hinter Bäumen zu verstecken und in Gräben Schutz zu suchen. Unwillkürlich musste sie angesichts ihres Wagemuts nach Luft schnappen. Alinor wusste nicht, was ihre Stiefmutter tun würde, sollte sie die Wahrheit...