Gardein | Mord zur blauen Stunde | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 434 Seiten

Gardein Mord zur blauen Stunde

Ein Bayern-Krimi
17001. Auflage 2017
ISBN: 978-3-95819-130-3
Verlag: Ullstein Midnight
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Bayern-Krimi

E-Book, Deutsch, 434 Seiten

ISBN: 978-3-95819-130-3
Verlag: Ullstein Midnight
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mord am Starnberger See In einer Suite im Hotel am Starnberger See wird die Leiche einer Frau gefunden. Die frisch geschiedene Hauptkommissarin Leonie Völkl übernimmt die Ermittlungen. Es stellt sich heraus, dass es sich bei der Toten um Dorothea Ammon handelt, die sich jeden Donnerstag 'zur blauen Stunde' mit Marius Kern dort traf. Doch Kern scheint wie vom Erdboden verschluckt. Bis in München sein Mercedes mit einem erschossenen Mann hinterm Steuer gefunden wird. Aber der Ermordete ist nicht Kern. Gemeinsam mit ihrem Münchner Kollegen Vitus Kerbel versucht Leonie Völkl, Licht ins Dunkel der beiden Fälle zu bringen. 

Uwe Gardein, geboren 1945, lebt in Unterhaching. Er wurde mit dem Förderstipendium für Literatur der Landeshauptstadt München ausgezeichnet und schrieb Drehbücher, Sachbücher und Romane. Nach dem Tod seiner Eltern widmete er sich ausschließlich dem Schreiben von Krimis und historischen Romanen, die bei ars vivendi, Gmeiner und den Ullstein Buchverlagen erschienen sind.
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2.


Als Fritz Stiefeneder den Ablauf der Nacht schilderte, hatte die erste Hauptkommissarin Leonie Völkl den Eindruck, er hätte den Text vorher eingeübt. Er fügte mehrfach hinzu, dass nicht er, sondern Thea die Tote gefunden habe, und Thea nickte dazu. Während die Putzfrau keinen auffälligen Eindruck hinterließ, schien Stiefeneder nervös und zerstreut zu sein. Leonie hatte den Verdacht, er könnte Drogen genommen haben.

Die Kommissarin ließ beide Zeugen mit einem Kollegen in Stiefeneders Büro zurück. Auch in diesem Fall ging sie fast behutsam und pedantisch vor, wie sie es immer tat. Es dauerte knapp eine Stunde, bis sie vor der Leiche stand, die sie zunächst nicht weiter beachtete. Sie hatte sich auf dem Weg vom Büro hierher alles akribisch eingeprägt. Die Suite war in Taubenblau gehalten, und man betrat sie durch eine Doppeltür. Im vorderen Raum standen eine Eckcouch und zwei Sessel. Neben dem Fenster zum See befand sich ein Sekretär, und daneben waren, direkt gegenüber dem TV-Gerät, zwei Chaiselongues aus Leder platziert. Hinter einer breiten Tür lag das Schlafzimmer mit der Toten. Die Räume sahen aus wie unberührt. Das Kabel des Fernsehers lag neben der Steckdose, ebenso wie bei der Nachttischlampe.

Leonie betrachtete die Tote. Das Opfer lag noch immer auf dem Bett in der Suite. Die Kollegen Lebed und Merker vom Erkennungsdienst hatten die Frau inzwischen entkleidet. Sie war zum Todeszeitpunkt vollständig angezogen gewesen, und ihre Schuhe standen ordentlich vor dem Bett. An Händen und Armen waren keinerlei Abwehrspuren zu sehen, und ein sexueller Übergriff schien auch nicht stattgefunden zu haben, obwohl ihr Kleid über die Oberschenkel hochgeschoben worden war. Der Kopf der Frau war auf ein Kissen gebettet und wurde von glänzendem blondem Haar umrahmt. Die Augen waren geöffnet, das Gesicht dezent geschminkt. Sie hätte friedlich ausgesehen, wäre da nicht ihr Blick gewesen, er wirkte wie erstarrt. Noch rätselhafter war die Tatsache, dass bis auf einen Autoschlüssel, der unter dem Nachtkästchen auf dem Teppichboden lag, keinerlei persönlichen Gegenstände gefunden worden waren.

Leonie ging zurück auf den Flur. Dort traf sie Dr. Frohn, der sich mit dem inzwischen eingetroffenen Polizeiarzt unterhielt. Sie fragte Dr. Frohn nach Stiefeneder, aber der Arzt wollte sich über ihn nicht äußern.

»Eindeutig Mord?«, fragte die Hauptkommissarin daraufhin den Polizeiarzt Winkel.

Er nickte. »Wir bringen sie zu Professor Reichert nach München«, antwortete er.

»Es scheint, als wäre sie umgebracht worden, ohne sich zu wehren«, meinte Leonie.

»Sie haben recht. Die Frau hatte nicht einmal Nasenbluten. Die Suite sieht aus wie frisch gereinigt«, sagte Winkel. Er war offenbar in Eile, denn er verließ danach das Hotel.

Leonie lief zum Seeufer hinunter, um in Ruhe nachzudenken. Sie war erst vor einer Woche nach Baierbrunn an das Hochufer der Isar gezogen und hatte in ihrer neuen Wohnung noch alle Hände voll zu tun. Ihre Ehe war vor kurzem geschieden worden, und sie stand noch unter Stress, aber nun war die Trennung endgültig vollzogen. Leonie hatte zwei Töchter, die bereits volljährig waren und in München lebten, während ihr Exmann in seine Heimatstadt Passau gezogen war. Leonie selbst war Mitte vierzig und konnte eine beachtliche Karriere vorweisen. Einer der Punkte, die ihr Exmann nicht vertragen hatte. Sie war körperlich eine durchtrainierte Frau, ohne Neigung zum Übergewicht. Sie hatte ursprünglich in ihrer Restwoche Urlaub die Wohnung einrichten und sich erholen wollen. Daraus wurde nun wohl nichts, denn sie war angerufen worden, in ihren Wagen gestiegen und an den Starnberger See gefahren.

Während die Kriminaltechnik akribisch ihrer Arbeit nachging, lief die Hauptkommissarin zum Büro von Fritz Stiefeneder zurück, um sich den Namen der Toten geben zu lassen. Doch Stiefeneder wusste ihn nicht. Zu ihrem großen Erstaunen konnte er ihr den Namen des Herrn, der sich offenbar regelmäßig mit der Toten getroffen hatte, auch nicht geben. Er erzählte ihr lediglich von einem nächtlichen Schwimmer im Starnberger See und davon, dass der Mercedes die Hoteltiefgarage schnell wieder verlassen hatte.

Erst von der Mutter Stiefeneders, die sich im Hotel offenbar um die Finanzen kümmerte, erfuhr Leonie schließlich etwas mehr. »Die Suite wurde vor neunzehn Jahren von der Firma Unger und Kern angemietet. Immer für ein Jahr. Damals waren wir sehr froh darüber, denn die Hotelrenovierung hatte unser ganzes Geld verschlungen. Von vorneherein wurde uns auferlegt, die Besucher der Suite mit äußerster Diskretion zu behandeln. Manchmal übernachteten dort auch Firmengäste, die während einer Tagung der Firma in unserem Hotel anwesend waren, aber das war eher selten der Fall. Seit damals wurde die Suite von einem Herrn Direktor genutzt, der regelmäßig an jedem Donnerstag zur blauen Stunde eine Dame empfing. Das hatte er mir damals am Telefon gesagt, dass sie immer zur blauen Stunde anreisen würden. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen«, erklärte Frau Stiefeneder.

Davon war Leonie nicht überzeugt. »Wie verlief so ein Donnerstag normalerweise? Erzählen Sie mir etwas über den Ablauf«, sagte sie.

Frau Stiefeneder strich sich mit der Hand über ihre kurzen Haare. »Nun, das ist schnell erklärt. Die Dame und der Herr besitzen jeweils eine Codekarte, mit der sie durch die Tiefgarage zum Fahrstuhl gelangen können. Die Tür zur Suite wird ebenfalls mit der Karte geöffnet. Wenn die Herrschaften angekommen waren, dann rief er an und bestellte zwei Cappuccino, Kanapees, eine Flasche Champagner und später noch eine Pizza Margherita. In der Regel brachte mein Sohn die Bestellung hinauf, stellte sie im kleinen Flur ab und ging wieder.«

Leonie hakte nach. »Bevor die Bestellung im Flur abgestellt werden konnte, muss doch jemand die Tür geöffnet haben«, stellte sie fest.

Frau Stiefeneder schaute auf ihren Sohn. »Nein«, antwortete der. »Das kann man vom Bett aus machen. Licht, Fenster, Türen, Fernseher, alles kann betätigt werden, ohne aufzustehen«, fügte er an.

Die Hauptkommissarin hatte einen naheliegenden Verdacht. »Diese Treffen klingen nach einem Paar, das verheiratet war, aber nicht miteinander. Beschreiben Sie die beiden.«

Frau Stiefeneder hob ihr gebräuntes Gesicht. »Die Frau habe ich nur selten gesehen. Sie war schlank, sehr elegant, trug immer ein geschlossenes Kleid, einen Hut oder ein Kopftuch und zu jeder Jahreszeit eine Sonnenbrille. Er ist ein bulliger Typ, vielleicht kleiner als sie, mit hoher Stirn und energischem Kinn.«

Fritz Stiefeneder ergänzte: »Ich habe ihn vor Jahren einmal im Lift getroffen. Er hat ein rundes Gesicht und eine Narbe am Kinn.«

Da gibt es noch etwas zu klären, dachte die Hauptkommissarin. »Wenn ich es richtig verstanden habe, waren Sie im Zimmer, als die Putzfrau eintraf, und sahen nicht, dass die Dame tot war?«, fragte sie Fritz Stiefeneder.

Er hob entschuldigend die Hände. »Thea wollte putzen, sie war schon in der Suite. Die Jalousie war nicht ganz heruntergelassen, es war fast dunkel.«

»Das haben Sie mir bisher verschwiegen. Als ich vorhin eintraf, war die Jalousie oben. Sie sagten, Sie hätten im Zimmer nichts verändert«, kritisierte die Hauptkommissarin. Leonie konnte nicht glauben, dass das alles war, was die Stiefeneders nach neunzehn Jahren von ihren Gästen wussten. Aber sie ließ es zunächst dabei bewenden und schaute sich die Bilder der Überwachungskamera aus der Tiefgarage an. Es brauchte einige konzentrierte Blicke, bis sie sicher war, das Kennzeichen erkannt zu haben. Sofort ließ sie es überprüfen. Der Mercedes gehörte zur Wal-Holding, einer Firma in München. Als sie dort anrief, bekam sie keine Auskunft, wer den Wagen zuletzt gefahren hatte. Man berief sich auf den Datenschutz.

Inzwischen waren ihre Tatortermittler Merker und Lebed mit der ersten Inaugenscheinnahme fertig und überließen der Kriminaltechnik die Zimmer, während sie die Gäste und die Angestellten des Hotels vernahmen. Leonie wollte sich noch nicht auf eine Beziehungstat festlegen und zunächst abwarten, was die forensische Untersuchung ergeben würde. Sie konnte sich noch keinen Reim auf die Tat machen.

Es war für einen Septembertag sehr warm, und der Himmel leuchtete azurblau über dem Starnberger See. Sie mochte diesen See, seinen Geruch und die Stimmung, die er in ihr verursachte. Aber für Träumereien war keine Zeit. Wenn sie den Fall genau betrachtete, dann war der unbekannte Mann im Mercedes der erste Verdächtige. Aber ohne ein schlüssiges Motiv gab es zunächst nur die zwingende Notwendigkeit, den Herrn aufzuspüren. Der Tatort sah nicht nach einer physischen Auseinandersetzung aus, also lag die Vermutung nahe, dass der Mörder ein Bekannter des Opfers war.

Leonie fragte Frau Stiefeneder nach der Wal-Holding und bekam zur Antwort, dass dies die Firma war, welche die Suite stets für ein Jahr im Voraus bezahlte.

»Ich dachte, das war die Firma Unger und Kern?« Die Hauptkommissarin schaute verärgert.

»Ganz am Anfang hieß das Unternehmen so, aber die beiden Gäste blieben nach der Namensänderung die gleichen«, antwortete sie.

Kurz darauf traf sich Leonie mit den Kollegen Merker und Lebed, denen sie ihre Zweifel an einer Beziehungstat bisher vorenthalten hatte, auf dem Flur vor der Suite, denn sie wollte deren Meinung nicht beeinflussen. Sie bestätigten, was sie selbst bereits festgestellt hatte. Es gab nichts Auffälliges zu entdecken.

»A scheene Leich«, meinte Lebed. Er war ein glatzköpfiges Kraftpaket und gehörte zusammen mit dem eleganten Merker zur jüngeren Garde der...


Gardein, Uwe
Uwe Gardein, geboren 1945, lebt in Unterhaching. Er wurde mit dem Förderstipendium für Literatur der Landeshauptstadt München ausgezeichnet und schrieb Drehbücher, Sachbücher und Romane. Nach dem Tod seiner Eltern widmete er sich ausschließlich dem Schreiben von Krimis und historischen Romanen, die bei ars vivendi, Gmeiner und den Ullstein Buchverlagen erschienen sind.



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