Garstick / Guggenheim | Die Schreibaby-Sprechstunde | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Garstick / Guggenheim Die Schreibaby-Sprechstunde

Eltern und ihre Kinder pädiatrisch-psychologisch begleiten
Die Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes.
ISBN: 978-3-608-12216-9
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eltern und ihre Kinder pädiatrisch-psychologisch begleiten

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-608-12216-9
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dem Eltern-Burnout wirksam vorbeugen - Das erste Buch, dass das Phänomen »Schreibaby« aus Sicht eines Kinderarztes und eines Psychotherapeuten beschreibt - Der transdisziplinäre Ansatz als Schlüssel zur erfolgreichen Therapie - Ein besonders niedrigschwelliges Beratungsangebot für hilfesuchende Eltern Immer wieder kommt es zu Überforderungen in der frühen Entwicklung eines Kindes. Etwa 16-20 % aller Neugeborenen sind Schreibabys. Eltern werden durch das  übermäßige Schreien und den andauernden Schlafentzug an den Rand ihrer Kapazitäten gebracht. Häufig sind die extremen Erschöpfungszustände der Eltern sowie ihre eigenen, noch unerkannten Vernachlässigungen und traumatischen Erfahrungen aus Kindheit und Jugend eine schwere Hypothek für ihre neue Lebensaufgabe. Für das flexible Auffangen dieser entgleisenden Beziehung braucht es eine engagierte und einfühlsame Zusammenarbeit von Kinderärzt:innen und Psychotherapeut:innen, damit in den frühkindlichen Entwicklungsströmenerfolgreiche und effiziente bio-psycho-soziale Lotsenarbeit möglich wird.

Egon Garstick ist psychoanalytischer Sozialpädagoge undeidgenössisch anerkannterPsychotherapeut, ausgebildet in Körperorientierter und Bindungsbasierter Psychotherapie. Er arbeitet u.a. im Verein Arche Zürich und ist Dozent am Psychoanalytischen Seminar Zürich.
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Zielgruppe


Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen, Kinder- und Jugendlichenpsycholog:innen, Pädiater:innen, Mitarbeiter:innen in Schreiambulanzen, Familien- und Elternberatungsstellen, Hebammen, Kinderkrankenschwestern, Still- und Laktationsberater:innen, Mitarbeiter:innen von Jugendämtern

Weitere Infos & Material


Kapitel 1

Einführung und Entstehungsgeschichte


»The Earliest Relationship – Parents, Infants and the Drama of Early Attachment«, so lautet der Originaltitel eines wunderbaren Buches, gemeinsam geschrieben vom nordamerikanischen Kinderarzt Thomas Berry Brazelton und dem Kinder- und Jugendpsychiater Bertrand Cramer aus Genf.1 Im Jahre 1991 gab Klett-Cotta eine deutsche Übersetzung dieses Werkes unter dem Titel »Die frühe Bindung« heraus. Der knappe deutsche Titel wird der differenzierten Aussage im längeren amerikanischen Titel nicht gerecht. Warum? Die beiden Autoren beschreiben sehr genau, wie ein Baby mit seinen angeborenen Reflexen durch entwicklungsfördernde Interaktionen zwischen ihm und seiner menschlichen Umwelt erste frühe Regulationskompetenz erleben kann oder auch nicht. Da passt der Titel »The Drama of Early Attachment« viel besser, weil mit ihm angedeutet wird, dass es tatsächlich dramatisch verlaufende Missverständnisse zwischen Neugeborenen und ihren Eltern geben kann, die in der Folge dann den Aufbau einer sicheren Bindungsbeziehung gefährden.

Der vor dreißig Jahren geleistete gemeinsame Blick vom Kinderarzt Brazelton und dem Psychotherapeuten Cramer auf die Komplexität der frühkindlichen Entwicklung und ihre möglichen Störungen bietet uns auch heute noch ein Grundlagenwissen. Vielleicht klingt es etwas anmaßend, wenn wir schreiben, dass wir das Erbe der zwei großen Wissenschaftler angetreten haben.

In der Kinderklinik des Zürcher Stadtspitals Triemli unter dem damaligen Chefarzt Dr. Ueli Bühlmann konnten wir nämlich den interdisziplinären Diskurs der beiden o. g. Autoren als Basis für eine transdisziplinäre Zusammenarbeit nutzen. Wir haben voneinander gelernt und unser jeweiliges Fachwissen durch das Wissen des Anderen erweitert und ein gemeinsames Vorgehen in der Arbeit mit den Familien entwickeln können.

Wie haben wir dieses Buch gemeinsam geschrieben?

Grundsätzlich haben wir alle Kapitel intensiv miteinander bearbeitet und uns gegenseitig in der finalen Erstellung unterstützt. Kapitel mit spezifisch pädiatrischen Themen, wie z. B. 6.1. Die pädiatrisch-therapeutische Untersuchung, sind von Raffael Guggenheim hauptverantwortlich erstellt worden und Kapitel wie z. B. 5 Die Arbeit des Psychotherapeuten von Egon Garstick.

An manchen Stellen im Text verwenden wir die Ich-Form, weil spezifische Erfahrungen mit Patienten, die einer von uns machen durfte, authentisch beschrieben werden sollen. Damit die Leser sich orientieren können, setzen wir am Anfang eines Kapitels bei der Verwendung der Ichform unsere Initialien RG und EG ein.

1.1


Schon als psychoanalytisch ausgebildeter Sozialpädagoge konnte ich – Egon Garstick – Erfahrungen in der sog. angewandten psychoanalytischen Arbeit mit Kindern und ihren Familien in verschiedenen Settings sammeln. Deshalb fiel und fällt es mir wohl leichter, als manch anderen psychotherapeutischen Kolleginnen und Kollegen, mich auf eine therapeutische Arbeit einzulassen, die vom üblichen Setting in einer psychoanalytischen Praxis abweicht.

Sehr wohl bieten mir die differenzierten entwicklungstheoretischen Modelle der Psychoanalyse über die menschliche Entwicklung eine hervorragende Basis für das Verstehen-Können von gelingender und misslingender bio-psycho-sozialer Entwicklung.

Aber für die flexible therapeutische Arbeit mit Babys, Kleinkindern und ihren Eltern greife ich auf das Erlernte in meiner körperpsychotherapeutischen Weiterbildung, einer psychoanalytisch-systemische Fortbildung und in vielen beziehungsanalytisch orientierten Supervisionen zurück. Last but not least nenne ich die vielen Seminare bei meinem Freund und Kollegen Karl Heinz Brisch im Rahmen seiner bindungsorientierten Psychotherapiefortbildungen, die mir immer wieder sehr geholfen haben, einen kreativen Umgang mit dramatisch gefährdeten Bindungsbeziehungen bei den angetroffenen Schreibabys und ihren Eltern zu entwickeln.

Das oben erwähnte Buch von Brazelton und Cramer war für mich (E. G.) Ende der neunziger Jahre, als ich mich auf die therapeutische Arbeit mit Eltern und Babys zu fokussieren begann, eine wesentliche Orientierungshilfe beim Aufbau von verschiedenen therapeutischen Angeboten für Eltern mit ihren Babys und Kleinkindern. Psychoanalytiker, die mit Eltern und Babys arbeiten wollen, müssen sich in der Zusammenarbeit mit Entwicklungspädiatern, Hebammen und Pflegefachkräften ein genaues Wissen über das noch unreife psychophysiologische System des Säuglings aneignen, wenn sie Eltern helfen wollen, in entwicklungsfördernde Interaktionen mit ihrem Kind zu kommen. Hierzu passt die These von Brazelton und Cramer: »Im Augenblick der Geburt treffen die sensorischen und motorischen Anlagen des Neugeborenen und die intensiven Phantasien der Eltern aufeinander. Beide müssen nun in Übereinstimmung gebracht werden« (Brazelton & Cramer, 1991, S. 107).

Bevor ich als Psychotherapeut mit den Eltern über mögliche Projektionen auf das Kind nachdenke, ihre eventuellen Konflikte bearbeiten will, die sie mit der neuen Lebensphase haben, brauche ich den Austausch mit dem Entwicklungspädiater. Er kann den Eltern und mir die Entwicklungsbedürfnisse des psychophysiologischen Systems erklären und dafür sorgen, dass wir sie mit den Eltern gemeinsam erkennen und versuchen, ihnen gerecht zu werden. Der Kinderarzt Brazelton und der Psychoanalytiker Cramer können mit ihrer interdisziplinären Beschreibung der Herausforderungen, die Eltern und ihre Babys erleben, dazu motivieren, sich auf die Umsetzung und Anwendung solch eines ganzheitlichen Wissens über bio-psycho-soziale Entwicklung einzulassen. Raffael Guggenheim und ich nennen unsere Umsetzung dieses Wissens eine transdisziplinäre Arbeit. Darunter verstehen wir, dass wir uns gegenseitig in unserer Arbeit beeinflussen lassen, voneinander lernen und den Eltern auch die Sichtweise des Kollegen erklären können, wenn er manchmal nicht dabei sein kann, aber die Familie notfallmäßig von einem von uns aufgefangen werden muss. Unser Zürcher Modell dürfen wir als die Fortsetzung und Erweiterung der Arbeit von Brazelton und Cramer bezeichnen, weil wir konkret das wertvolle Wissen der beiden Autoren in gemeinsame, praktische Arbeit umsetzen.

In meiner Weiterbildung zum Kinderarzt hatte ich – Raffael Guggenheim – das große Glück, drei begnadete Lehrmeister gehabt zu haben: Remo Largo, Sepp Holtz und Ueli Bühlmann. Remo Largo ist wohl weit über den deutschsprachigen Raum hinaus einer der bekanntesten Exponenten der Entwicklungspädiatrie und allgemein bekannt durch seine populären Bücher über die kindliche Entwicklung, z. B. »Babyjahre« (Erstveröffentlichung 1993). Im Rahmen meiner Assistenzarztjahre konnte ich am Kinderspital Zürich in unzähligen Fortbildungen von seinem großen Wissen und seiner Erfahrung lernen. Von Sepp Holtz lernte ich die Umsetzung des entwicklungspädiatrischen Wissens in der täglichen Arbeit des Kinderarztes. Er arbeitete in der Abteilung für Entwicklungspädiatrie am Spital und in der eigenen Praxis. Ich durfte im Rahmen seines damaligen Pilotprojekts der pädiatrischen Praxisassistenz über ½ Jahr mit ihm in der Praxis zusammenarbeiten. Während ich von Remo Largo vieles über die die Bedeutung der Variabilität in der Entwicklung von Säuglingen und Kindern erfahren durfte, lernte ich von Sepp Holtz sensibel auf entwicklungsbezogene Themen einzugehen und diese mit den Familien stets mit etwas Humor und der kinderärztlichen »Magie«2 zu bearbeiten. In diesen Jahren war ich auch im regen Austausch mit meinem Onkel, dem Psychologen Prof. Reuven Feuerstein aus Israel, einem Schüler des Genfer Psychologen Jean Piaget, welcher stets dafür einstand, dass auch schwierige Kinder ein großes Potential haben, die Familien aber erst einmal unterstützt und die Kinder richtig gefördert werden müssen. So setzte ich mich immer mehr mit der Welt der Psychologie und Psychotherapie auseinander. Es war schließlich mein großes Glück mit Ueli Bühlmann, einen engagierten psychosomatisch orientierten Chefarzt gehabt zu haben, welcher selbst sein Leben lang in disziplinübergreifender Arbeit engagiert war. So ermöglichte er uns, das gewachsene Interesse an der Behandlung von Familien mit Schreibabys zusammen mit Egon Garstick, welcher damals bereits in der Adoleszentenmedizin engagiert war, zu einem Interventionskonzept für Schreibabys und ihre Familien (TIKSS) aufzubauen. Aus diesem ist die nun bestehende und hier beschriebene Sprechstunde für Regulationsstörungen entstanden.

Bereits im Vorfeld unserer Zusammenarbeit hat sich eine Gruppe von engagierten Pflegefachfrauen in der Kinderklinik des Zürcher Stadtspitals für die Entlastung von erschöpften Eltern eingesetzt. Das Drama der ungewollten Gewalt gegen Babys auf Grund totaler nervlicher Überforderung von Eltern war in der Schweizerischen Öffentlichkeit und in den Medien seit 2000 immer mehr ein Thema geworden und hatte flexible Auffangangebote in den Kinderkliniken entstehen lassen.

Mittlerweile können sich Familien in vielen Mütter- und Väterberatungsstellen und auch in spezifischen Schlafberatungsstellen gute Orientierungshilfen holen, was generell zu einer Abnahme von schweren Verläufen z. B. durch Schütteltrauma geführt hat. Allerdings legen wir bei der Empfehlung und Vermittlung großen Wert darauf, dass diese Fachkräfte eine bindungsorientierte Schlafberatung und...


Guggenheim, Raffael
Raffael Guggenheim, Dr. med., ist Facharzt für Kinder und Jugendmedizin FMH, seit 2011 Ärztlicher Leiter einer ganzheitlich arbeitenden Kinderpraxis in Zürich und seit 2017 Oberarzt an der Kinderklinik Stadtspital Triemli in Zürich. Er leitet dort das Programm für Regulationsstörungen bei Kleinkindern (Schreibabys). Desweiteren ist er Dozent am Institut für Hausarztmedizin an der Universität Zürich.

Garstick, Egon
Egon Garstick ist psychoanalytischer Sozialpädagoge und eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut, ausgebildet in Körperorientierter und Bindungsbasierter Psychotherapie. Er arbeitet u.a. im Verein Arche Zürich und ist Dozent am Psychoanalytischen Seminar Zürich.

Egon Garstick ist psychoanalytischer Sozialpädagoge und eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut, ausgebildet in Körperorientierter und Bindungsbasierter Psychotherapie. Er arbeitet u.a. im Verein Arche Zürich und ist Dozent am Psychoanalytischen Seminar Zürich.

Raffael Guggenheim, Dr. med., ist Facharzt für Kinder und Jugendmedizin FMH, seit 2011 Ärztlicher Leiter einer ganzheitlich arbeitenden Kinderpraxis in Zürich und seit 2017 Oberarzt an der Kinderklinik Stadtspital Triemli in Zürich. Er leitet dort das Programm für Regulationsstörungen bei Kleinkindern (Schreibabys). Desweiteren ist er Dozent am Institut für Hausarztmedizin an der Universität Zürich.



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