E-Book, Deutsch, Band 5, 192 Seiten
Reihe: Die Vampirschwestern
Gehm Die Vampirschwestern 5 - Ferien mit Biss
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7320-0377-8
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Lustiges Fantasybuch für alle Vampirfans ab 10 Jahren - Der Kinderbuch-Klassiker über Freundschaft, die erste Liebe und jede Menge Abenteuer
E-Book, Deutsch, Band 5, 192 Seiten
Reihe: Die Vampirschwestern
ISBN: 978-3-7320-0377-8
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Franziska Gehm wurde 1974 in Sondershausen geboren. Nach ihrem Studium in Deutschland, England und Irland arbeitete sie bei einem Wiener Radiosender, an einem Gymnasium in Dänemark und bei einem Kinderbuchverlag. Heute lebt sie als Autorin und Übersetzerin mit ihrer Familie in München. Sie hat mittlerweile zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Eines ihrer Jugendbücher war 2009 für den Hansjörg-Martin-Preis nominiert.
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Zum Wohle der Passagiere
Ludovic Lobond saß auf dem Flughafen Bindburg in der Abflughalle, Terminal 2, Gate 20 bis 35. Er hatte keinen Koffer bei sich, kein Handgepäck und keine Zahnbürste. Noch nicht einmal eine Wechselunterhose. Er hatte auch kein Flugticket. Ludovic Lobond war kein Tourist. Obwohl er es manchmal gerne gewesen wäre. Vor allem im Winter. Dann sah er wehmütig zur Fluganzeigentafel, auf der Orte wie Buenos Aires, Kapstadt oder Bangkok standen.
Ludovic Lobond arbeitete am Flughafen. Auf dem kleinen Schild an seinem dunkelblauen Jackett stand: TAROM, Romanian Air Transport. Daneben war auf blauem Untergrund ein weißes Flugzeug in einem Kreis abgebildet. Ludovic Lobond saß am Schalter Nummer 331. Er war zusammen mit seiner reizenden Kollegin Florentina vom Schalter 332 und dem nicht ganz so reizenden Kollegen Miodrag vom Schalter 333 für den Check-in der rumänischen Fluggesellschaft zuständig. Später würden sie den Schalter schließen, mit dem Boarding der Passagiere beginnen und selbst die Boeing 737 besteigen. Um 11:35Uhr ging der Flug nach Sibiu. Ludovic Lobond kam nicht aus Sibiu, sondern aus Bukarest, der Hauptstadt Rumäniens. Aber er fand, Sibiu war eine schöne Stadt. Sie hatte viele alte Häuser und Kirchen, ein Nationaltheater, eine Staatsphilharmonie, das älteste Museum Rumäniens und einen Bürgermeister, der nicht ganz so alt war. Sibiu lag am Fluss Zibin, in der Nähe der Südkarpaten und …
… mitten in Transsilvanien.
Ludovic Lobond beugte sich schnell unter den kleinen Schaltertisch. Dort stand seine Buttermilch. Er nahm einen kräftigen Schluck, richtete sich wieder auf und strich sich routiniert die Buttermilchreste vom dichten Schnauzbart. Dann rückte er seine dunkelblaue Krawatte zurecht und setzte ein Lächeln auf. So hatte er es bei der Schulung „Kunden glücklich machen“ gelernt. Viel lieber hätte er seine Sonnenbrille mit dem goldenen Rand aufgesetzt, die obersten Knöpfe am Hemd geöffnet und statt Buttermilch einen Wodka Martini getrunken. Geschüttelt, nicht gerührt. Viel lieber hätte Ludovic Lobond einfach nur Bond geheißen. Ludov Bond. Aber das würde wohl ein Traum bleiben. Genau wie die Luxusjacht, auf die er seit zwanzig Jahren sparte.
Ludovic Lobond kniff die Augen zusammen, als er die nächsten Passagiere auf den Schalter zukommen sah. Es war kein Einzelreisender, es war kein Pärchen, es war auch keine Kleinfamilie. Auf Schalter Nummer 331 rollten zwei Erwachsene und drei Mädchen zu, die 12 oder 13Jahre alt sein mochten. Eins der Mädchen saß im Schneidersitz auf einem Berg aus Koffern, der auf einem Gepäckwagen lag, den die anderen beiden Mädchen schoben. Das Mädchen auf dem Kofferberg hatte schwarze Haare und eine Frisur, die Ludovic Lobond an den stacheligen Massageball seiner Schwestern erinnerte. Ihre lilafarbene Strumpfhose hatte Löcher, die schweren Schnürschuhe sahen eine Nummer zu groß aus und auf ihrem schwarzen T-Shirt prangte eine Knoblauchknolle, die mit zwei dicken roten Balken durchgekreuzt war.
Das Mädchen, das auf der linken Seite schob, hatte eine lederne Fliegerhaube auf. In der Haube steckte seitlich eine gelb-weiße Blüte. Unter der Haube quollen rotbraune Haare hervor. Das Mädchen trug ein langes Kleid, das aus dem Mittelalter hätte stammen können. Ihre Schuhe waren so spitz, dass Ludovic Lobond sich fragte, ob das Mädchen damit durch den Sicherheitscheck kam.
Das Mädchen auf der rechten Seite des Gepäckwagens hatte lange blonde Haare und stechend blaue Augen. Im Vergleich zu den anderen beiden Mädchen sah es ziemlich normal aus. Bis auf die Arme, auf denen seltsame Gestalten gemalt waren. Oder tätowiert? Ludovic Lobond war sich nicht sicher. Bei den Jugendlichen von heute wusste man nie.
„Boi motra!“, sagte der große, schlanke Mann, der den anderen Gepäckwagen geschoben hatte. Er langte mit dem Arm über den Schalter und klopfte Ludovic Lobond zweimal hintereinander auf den Kopf.
Ludovic Lobond saß stocksteif da und starrte den Mann an. Dann schielte er kurz nach links zu Florentina. Dann nach rechts zu Miodrag. Sie waren beschäftigt. Sie hatten keine Passagiere, die zur Begrüßung Kopfnüsse verteilten. Ludovic Lobond atmete tief durch. Auch das hatten sie bei der Schulung zur Kundenzufriedenheit gelernt. Vielleicht, überlegte Ludovic Lobond, waren das keine gewöhnlichen Passagiere, sondern verdeckte Ermittler, die im Auftrag von TAROM die Kundenfreundlichkeit der Mitarbeiter testeten. „Alles zum Wohle der Passagiere“, wiederholte Ludovic Lobond den Kernsatz im Kopf. Er lächelte die Passagiere so breit an, dass sie seinen goldenen Backenzahn sehen konnten.
„Guten Tag, mein Herr. Die Dame“, er nickte der zierlichen Frau mit dem rotbraunen Wuschelkopf zu, die neben dem Mann stand. „Was kann ich für Sie tun?“
Die Frau lächelte und ihre nachtblauen Augen funkelten. „Wir fliegen mit der Maschine 11:35Uhr nach Sibiu.“ Sie schob fünf Flugtickets und fünf Reisepässe über den Schaltertresen.
Der Mann, der schwarze halblange Haare und einen riesengroßen Schnauzbart hatte, der sich wie zwei Lakritzschnecken kringelte, starrte auf die Flugtickets und schüttelte den Kopf. „Ich verstehe immer noch nicht, wozu ich ein Flugticket brauche. Ich, Mihai Tepes! Die lachen mich zu Hause alle aus“, murmelte er finster.
Die Frau stieß ihn kurz sanft in die Seite. „Mihai, sei friedlich. Du hast es versprochen. Mir zuliebe.“ Sie fügte etwas leiser hinzu: „Erinnere dich daran, wie oft ich mit dir geflogen bin. Jetzt fliegst du mal mit mir. Das wird eine ganz neue Erfahrung. Du kannst während des Fliegens schlafen, lesen oder … sogar auf Toilette gehen.“
Mihai Tepes schnaufte. Der Lakritzschnauzer wackelte.
Ludovic Lobond schielte von der Frau, die laut Reisepass Elvira Tepes hieß, zu ihrem Mann.
„Ich will am Fenster sitzen!“, sagte das blonde Mädchen. Ludovic Lobond sah im Reisepass, dass sie Helene Steinbrück hieß.
„Und ich in der Nähe vom Notausstieg“, sagte das Mädchen mit der Fliegerhaube. Sie hieß Silvania Tepes.
„Kann ich beim Sperrgepäck abhängen?“, fragte das Mädchen mit der Massageballfrisur. Das war Dakaria Tepes, die offenbar Silvanias Zwillingsschwester war, wie Ludovic Lobond anhand der Daten in den Reisepässen feststellte. Allerdings nannte sie niemand Dakaria, sondern nur Daka. Davon wusste der TAROM-Mitarbeiter aber nichts. Es stand nicht im Reisepass.
„Ich bin nicht so anspruchsvoll“, verkündete Mihai Tepes. „Für mich können Sie einfach einen Sitzplatz auf einer der Tragflächen reservieren. Und wegen des Essens machen Sie sich keine Sorgen, da fliegt schon genug vorbei.“
„MIHAI!“ Elvira Tepes sah ihren Mann entsetzt an.
Mihai Tepes blickte unschuldig zurück. „Soll ich lieber auf der Rumpfnase reservieren?“
Daka Tepes kicherte. Silvania Tepes verdrehte die Augen und Helene Steinbrück sah Mihai Tepes mit offenem Mund an.
Ludovic Lobonds Blick wanderte einen Moment ängstlich über die Passagiere. Erst von rechts nach links. Dann von links nach rechts. „Alles zum Wohle der Passagiere“, betete er leise vor sich hin. Dann räusperte er sich und sagte laut: „Wir, das freundliche Serviceteam von TAROM, bemühen uns, jeden Wunsch unserer Passagiere zu erfüllen. Ein Platz am Fenster“, sagte er an Helene gewandt, „jederzeit gerne.“ Er reichte Helene die Bordkarte, auf der ihr Sitzplatz stand. „Ein Platz beim Notausstieg. Kein Problem.“ Ludovic Lobond reichte Silvania ihre Bordkarte und wandte sich danach an Dakaria Tepes. „Ein Platz beim Sperrgepäck – ich bedaure sehr, aber das ist leider nicht möglich. Der Frachtraum ist für Passagiere nicht zugänglich. Ich habe dir einen Gangplatz gleich neben deiner Freundin gebucht. Dann kannst du ab und zu aufstehen und zumindest nach dem Handgepäck sehen.“
Daka nahm die Bordkarte entgegen und studierte sie.
„Was Ihren ausgefallenen Sitzplatzwunsch betrifft, mein Herr“, fuhr Ludovic Lobond an Mihai Tepes gewandt fort, „sehe ich leider keine Möglichkeit. Die Richtlinien der TAROM sehen vor, Passagiere im Flugzeug zu transportieren, nicht auf dem Flugzeug. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis.“
Mihai Tepes wollte etwas erwidern, doch Elvira Tepes zwickte ihn in den Arm und schüttelte den Kopf.
„Darf ich Ihnen, Frau Tepes, denn einen besonderen Sitzplatzwunsch erfüllen?“, fragte Ludovic Lobond.
„Danke, sehr freundlich“, erwiderte Elvira Tepes. „Aber ich habe keine Vorlieben. Das heißt, doch, natürlich: Ich würde gerne neben meinem Mann sitzen.“
Ludovic Lobond zog eine Augenbraue nach oben und musterte Elvira Tepes. „Sind Sie sich sicher?“
Frau Tepes nickte.
Herr Tepes sah den TAROM-Mitarbeiter finster an.
Ludovic Lobond druckte die restlichen zwei Bordkarten aus und reichte sie Frau Tepes mit einem breiten Lächeln. Dann kümmerte er sich um die Koffer. „Der Rest ist Handgepäck?“, fragte er.
Elvira Tepes überflog die Gepäckstücke und nickte.
„Verzeihen Sie die Indiskretion, aber was ist das?“, fragte Ludovic Lobond und zeigte auf einen kleinen grauen Kasten, den Mihai Tepes wie ein Tablett auf der Handfläche hielt.
„Katzenklo“, sagte er.
„Aha.“ Der TAROM-Mitarbeiter räusperte sich. „Und wo ist die kleine Miezekatze?“
„Keine Mieze. Nur Klo.“ Herr Tepes machte ein Gesicht, das keine weiteren Fragen zuließ.
Ludovic Lobond musterte Herrn Tepes einen Moment. Er musterte das Katzenklo. Dann zuckte er kaum merklich die Schultern. Manche Leute verreisten mit ihrer heimlichen...




