E-Book, Deutsch, 269 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 418 g
Gehrlein Anwalts- und Steuerberaterhaftung
6., aktualisierte Auflage 2023
ISBN: 978-3-8005-9584-6
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 269 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 418 g
Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Wirtschaftsrecht
ISBN: 978-3-8005-9584-6
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Anwalts- und Steuerberaterhaftung bildet eine unwegsame Rechtsmaterie, die in hohem Maße richterrechtlich geprägt ist. Das vorliegende Buch vermittelt knapp und gut verständlich die Grundlagen der Berufshaftung und erleichtert gerade auch den Steuerberater*innen den Einstieg in deren zivilrechtliche Grundlagen.
Gegenstand der Darstellung sind der Vertragsschluss inklusive der Einbeziehung Dritter, mögliche Vertragsmängel etwa wegen der Vertretung widerstreitender Interessen, die Beratungspflichten von Rechtsanwält*innen und Steuerberater*innen, Probleme des Zurechnungszusammenhangs, Verjährung, Haftung der Sozietät und der ihr angehörenden Berufsträger*innen sowie der Umfang der Schadensersatzpflicht.
Die Neuauflage berücksichtigt neben der neuen BGH-Rechtsprechung insbesondere die vielfältigen Rechte und Pflichten der Rechtsschutzversicherung, die einen Anwalt wegen fehlerhafter Rechtsberatung ihres Versicherungsnehmers belangt.
Zielgruppe
Rechtsanwälte, Steuerberater
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
I. Rechtsnatur des Vertrages: Dienstvertrag
1. Vertragsart für Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung ausschlaggebend
1 Im Unterschied zum Dienstverpflichteten schuldet beim Werkvertrag der Unternehmer einen bestimmten Erfolg (§ 631 BGB). Er hat deswegen nach Maßgabe der §§ 633ff. BGB auch für die Mangelfreiheit seines Werks einzustehen, ohne dass es – mit Ausnahme der in § 636 BGB a.F. geregelten Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz – darauf ankommt, ob er die Schlechtleistung zu vertreten hat. Demgegenüber enthalten die Vorschriften über den Dienstvertrag (§§ 611ff. BGB) – abgesehen von einem nach Lage des Einzelfalls gegebenen Recht des Dienstherrn zur außerordentlichen Kündigung gem. § 626 BGB – keine Bestimmungen über die Rechtsfolgen mangelhafter Leistungen des Dienstverpflichteten. Diese Lücke ist dadurch zu schließen, dass der Dienstverpflichtete, soweit nicht Haftungsbeschränkungen eingreifen, bei Vertretenmüssen Schadensersatz nach den Grundsätzen über die positive Vertragsverletzung schuldet. Eine Minderung der vereinbarten Vergütung wie im Fall des § 634 BGB ist hingegen beim Dienstvertrag ausgeschlossen.1 2. Rechtsanwaltsvertrag
2 Beim Dienstvertrag wird eine Tätigkeit als solche geschuldet, beim Werkvertrag dagegen der Erfolg. Demgemäß trägt bei Letzterem der Unternehmer die Gefahr und hat in der Regel einen Vergütungsanspruch nur bei Ablieferung des Arbeitsergebnisses, während beim Dienstvertrag bereits das Tätigwerden den Leistungsinhalt darstellt.2 Das Vertragsverhältnis zwischen einem Rechtsanwalt und seinem „Auftraggeber“ stellt regelmäßig einen Dienstvertrag dar, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 611, 675 BGB). Dies gilt für die typischen Anwaltsverträge, welche die Beratung des Mandanten oder dessen Rechtsbeistand zum Gegenstand haben. Nur ausnahmsweise kann der Anwaltsvertrag als Werkvertrag einzuordnen sein, wenn nämlich ein durch anwaltliche Arbeit herbeizuführender Erfolg den Gegenstand der Verpflichtung des Rechtsanwalts bildet. Dies ist gewöhnlich dann der Fall, wenn der Anwalt es übernimmt, Rechtsauskunft über eine konkrete Frage zu erteilen oder ein schriftliches Rechtsgutachten anzufertigen. Der Anwalt schuldet – auch soweit er sich verpflichtet, Vertragsentwürfe zu fertigen – nicht einen objektivierbaren Erfolg, sondern nur eine sach- und interessengerechte Bearbeitung. Er schuldet – neben den Vertragsentwürfen – darüber hinaus und in erster Linie die Beratung der Mandanten in den Angelegenheiten der geplanten Verträge, die etwa Grundstücksübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge betreffen. Damit stellt die Dienstleistung in Form der Beratung das prägende Hauptmerkmal des Anwaltsvertrages dar.3 Ausnahmsweise kann es sich um einen Werkvertrag handeln, wenn nicht anwaltlicher Beistand, sondern vielmehr ein durch anwaltliche Arbeit herbeizuführender Erfolg den Gegenstand der Verpflichtung des Rechtsanwalts bildet. Dies ist gewöhnlich dann der Fall, wenn der Anwalt es übernimmt, Rechtsauskunft über eine konkrete Frage zu erteilen oder ein schriftliches Rechtsgutachten anzufertigen.4 3. Steuerberatervertrag
3 Ein Vertrag, durch den einem steuerlichen Berater, wie hier, allgemein die Wahrnehmung aller steuerlichen Interessen des Auftraggebers übertragen wird, ist regelmäßig ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Lediglich bei Einzelaufträgen, die auf eine einmalige, in sich abgeschlossene Leistung gerichtet sind, wird der Steuerberater das Risiko im Allgemeinen hinreichend abschätzen können, um für einen bestimmten Erfolg seiner Tätigkeit als Werkleistung im Sinne von § 631 BGB einzustehen. Im Übrigen ist der Umstand, dass der steuerliche Berater bei ordnungsmäßiger Verrichtung der von ihm geschuldeten Dienste des Öfteren auch greifbare Ergebnisse zustande zu bringen hat, entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht mit der Annahme eines Dienstvertrags allgemein vereinbar.5 Ein Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter ist ausnahmsweise bei Einzelaufträgen anzunehmen, die auf eine einmalige, in sich abgeschlossene Leistung gerichtet sind, etwa die Anfertigung bestimmter Bilanzen, ein Gutachten oder die eine Rechtsauskunft zum Gegenstand haben; denn in derartigen Fällen wird der Steuerberater das Risiko im Allgemeinen hinreichend abschätzen können, um für einen bestimmten Erfolg seiner Tätigkeit als Werkleistung im Sinne von § 631 BGB einzustehen.6 Bei dem Steuerberatervertrag kann es sich um eine werkvertragliche Verpflichtung mit Geschäftsbesorgungscharakter handeln, die nicht auf eine dauernde Beratung der GmbH gerichtet ist, sondern die eingeschränkte Aufgabe enthält, einen Weg aufzuzeigen, auf dem der Gewinn einer GmbH auf einen Dritten übertragen werden kann, ohne damit die steuerlichen Folgen einer Gewinnausschüttung an den Gesellschafter auszulösen. Dieser Auftrag ist auf die Entwicklung eines entsprechenden Konzeptes beschränkt.7 4. Gegenstand des Vertrages: Rechtliche Beratung
4 Ob im Einzelfall ein Anwaltsvertrag vorliegt mit der Verpflichtung, dem Auftraggeber rechtlichen Beistand zu leisten, hängt vom Inhalt der Aufgabe ab, die dem Rechtsanwalt übertragen und von diesem durchgeführt wurde. Die Rechtsberatung und -vertretung muss nicht der Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit sein. Ein Anwaltsvertrag kann auch anwaltsfremde Maßnahmen umfassen, falls diese in einem engen inneren Zusammenhang mit der rechtlichen Beistandspflicht stehen und auch Rechtsfragen aufwerfen können. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Rechtsberatung und -vertretung völlig in den Hintergrund tritt und deswegen als unwesentlich erscheint. Lässt die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht die Feststellung zu, ob ein Anwaltsvertrag vorliegt oder nicht, so ist im Zweifel anzunehmen, dass derjenige, der die Dienste eines Rechtsanwalts in Anspruch nimmt, ihn auch in dieser Eigenschaft beauftragen will, weil er erwartet, dass der Rechtsanwalt bei seiner Tätigkeit auch die rechtlichen Interessen des Auftraggebers wahrnehmen werde. Darum kann der Anwalt, der als Unternehmensberater zu einem Tageshonorar im Rahmen der innerbetrieblichen Weiterbildung tätig war, für die Mitwirkung an einem Unternehmenskauf eine Vergütung nach anwaltlichen Gebührensätzen beanspruchen.8 In diesen Fällen kann der Anwalt bei der Mitwirkung an einem Unternehmensverkauf folglich nicht ohne Weiteres ein Erfolgshonorar verlangen.9 Ist der Inhalt der dem Anwalt übertragenen Aufgabe in nicht unwesentlichem Umfang rechtsberatender Natur, stellt sich der zwischen ihm und seinem Auftraggeber geschlossene Vertrag – unabhängig von den Vorstellungen, die sich die Parteien über dessen Rechtsnatur machen – in seiner Gesamtheit als Anwalts-Dienstvertrag (§§ 611, 675 BGB) dar, der die Maklertätigkeit mitumfasst. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die rechtsberatende Tätigkeit völlig in den Hintergrund tritt und keine in Betracht kommende Rolle spielt. Besteht die dem Rechtsanwalt übertragene Aufgabe in der Vermittlung eines Kauf- oder Darlehensgeschäftes, so ist im Zweifel, sofern nicht eindeutige und zwingende Gründe entgegenstehen, davon auszugehen, dass die Partei, die anstelle eines Maklers einen Rechtsanwalt beauftragt hat, ihn in eben dieser Eigenschaft zuzieht, also von ihm erwartet, dass er bei seinem Tätigwerden insbesondere ihre rechtlichen Interessen betreut.10 Ein Rechtsbesorgungs- und kein Maklervertrag liegt vor, wenn der Anwalt einen Erwerber zu dem Zweck nachweist, Vermögen des Auftraggebers dem Vollstreckungszugriff seiner Gläubiger zu entziehen.11 Hat der Rechtsanwalt im Rahmen der erbrachten Maklerleistungen seinem Auftraggeber keinen rechtlichen Rat zu erteilen, kann er sich ein Erfolgshonorar versprechen lassen.12 Rechtsberatung hat die treuhänderische Verwaltung von Anlagebeteiligungen zum Gegenstand. Die treuhänderische Verwaltung der Beteiligung setzt nicht nur Kenntnisse des Steuerrechts,13 sondern auch zivilrechtliche Kenntnisse voraus.14 Dagegen gehören ein Vertrag über Vermögensverwaltung,15 eine kaufmännische Buchführung16 nicht zur Berufstätigkeit eines Anwalts. 5. Vertrag über Prüfung des Jahresabschlusses
5 Bei der Prüfung eines Jahresabschlusses liegt ein Werkvertrag (§ 631 BGB) vor.17 Verpflichtet sich der Steuerberater zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens, handelt es sich um einen Werkvertrag, der keine steuerliche Beratung zum Gegenstand hat. Der Tätigkeitsbereich des Steuerberaters geht über die eigentliche steuerliche Rechtsberatung weit hinaus. Die Hilfeleistung in Steuersachen umfasst nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG auch „die Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie bei der Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind“ (vgl. auch § 33 Satz 2 StBerG). Darüber hinaus ist dem Steuerberater gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG ausdrücklich „eine wirtschaftsberatende, gutachtliche oder treuhänderische Tätigkeit sowie die Erteilung von Bescheinigungen über die Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften in Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen“ erlaubt. Davon wird auch verbreitet Gebrauch gemacht, und zwar vor allem bei der Erstellung oder Prüfung von Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen. Das Berufsbild des Steuerberaters...