E-Book, Deutsch, 254 Seiten
Geier Vorhang auf - Blaulicht an
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7116-0345-6
Verlag: novum Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
High Heels im Kommissariat
E-Book, Deutsch, 254 Seiten
ISBN: 978-3-7116-0345-6
Verlag: novum Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nachdem sie nach einem Autounfall aus dem Krankenhaus entlassen wird, macht Olivia sich bereit, als Schauspielerin auf eine Tournee durch ganz England zu gehen. Als sie zum ersten Mal ihre Schauspielkolleginnen trifft, scheint das komplizierte und angespannte Verhältnis zwischen ihr, der temperamentvollen Elvira und der weinerlichen Lulu das größte Problem zu sein. Doch dann taucht plötzlich eine Leiche auf, die Olivia intensive, lebhafte Visionen beschert. Hat sie eine Verbindung zu dem Toten? Als es die Truppe auf ein mysteriöses Gut in der Nähe verschlägt und Olivia von der Polizei steckbrieflich gesucht wird, beginnt ein Abenteuer voller Geheimnisse, Intrigen und verhängnisvoller Beziehungen.
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1. Kapitel Diese Kopfschmerzen! Ich fühle mich wie gerädert. Angestrengt versuche ich einen klaren Gedanken zu fassen. Was genau ist passiert? Wie lange bin ich schon hier? Die ganzen Fragen zu meiner Person blieben unbeantwortet. Mein Kopf ist leer. Ich kann mich an nichts erinnern. Nur das Pochen in den Schläfen nehme ich wahr. Die eingekehrte Ruhe, als die Krankenschwester das Zimmer verlässt, ist eine wahre Erleichterung. Sie wird wiederkommen und mir erneut Fragen stellen. Was soll ich ihr erzählen? Unter Aufwendung all meiner Kräfte öffne ich die Augen. Das grelle Neonlicht blendet mich. Ich drehe mich zur Seite. Das hätte ich nicht tun sollen, ein messerscharfer Schmerz durchbohrt meinen Kopf. Die Lider senken sich schwer über meine Augen. Lange verharre ich in dieser Position, nicht imstande sie wieder zu öffnen. Der Schreck fährt mir in alle Glieder. Habe ich alle Macht über mich verloren? Das ist ja grauenvoll! Nein, so geht das nicht, ich will meine Augen öffnen, wenn mir danach ist. Neben mir sitzt ein junges Mädchen. Sie lässt die Beine baumeln und beobachtet mich. Ihr Bett ist höher als meines, sie sieht auf mich herab. Plötzlich beugt sie sich nach vorne und lächelt mich an. Ihre Beine baumeln munter weiter. Darum beneide ich sie. Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder meine Beine baumeln zu lassen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, mich jemals wieder bewegen zu können. Ich fühle mich wie einbetoniert. Leblos, mit unendlichen Kopfschmerzen. Irgendwie schaffe ich es, die Decke zurückzuschlagen. Ja, so ist es besser. Eine Last fällt von mir ab. „Du hattest einen Unfall. Du bist vor ein Auto gerannt. Zu allem Unglück bist du auch noch mit dem Kopf auf dem Asphalt aufgeschlagen“, sagt das Mädchen. Ihre Stimme tut mir gut. Es ist eine schöne Stimme. Sie stellt auch keine Fragen. Sie sieht mich nur an und spricht munter weiter. „Das wird schon wieder, du hattest eigentlich sehr viel Glück. Du hast dir nichts gebrochen. Wenn man bedenkt, dass der Fahrer dich mit voller Wucht niedergestoßen hat, grenzt es fast an ein Wunder, dass dir nicht mehr passiert ist. Das hätte anders ausgehen können. Morgen wirst du dich an alles erinnern. Du brauchst Schlaf. Wahrscheinlich stehst du noch unter Schock.“ Sie nickt bekräftigend. Ja, so ist es. Ich hatte einen Unfall. Die Tatsache, dass ich mich nicht erinnern kann, ist auf den Schock zurückzuführen. Erleichtert schließe ich die Augen, in der Hoffnung, weiter dieser angenehmen Stimme lauschen zu können. Dieser Stimme, die so aufmunternd und erfrischend klingt. Den Luxus, meine Augen geschlossen zu halten, gönne ich mir. Wenn mir danach ist, werde ich sie wieder öffnen. Das funktioniert wieder. Wenigstens etwas. Das Gesicht des Mädchens habe ich mir eingeprägt. Die dunklen Augen und die ebenso dunklen Haare, die ihr bei jeder Wippbewegung ein Stück weiter ins Gesicht fallen. Leider ist mit dem Schließen meiner Augen auch ihre Stimme verstummt. Also öffne ich sie wieder. Ihr Blick geht an mir vorbei, sie schwingt ihre Beine in das Bett. „So, jetzt kehrt hoffentlich Ruhe in dieses Zimmer ein.“ Diese Stimme kenne ich auch. Sie ist keinesfalls aufmunternd. Erfrischend dagegen schon, im Sinne von herrisch. Diese Stimme hat meinen Kopf schon einmal in einen gefährlichen Zustand gebracht, nahe an das Zerplatzen. Die Krankenschwester scheint Gefallen an meiner Hilflosigkeit zu haben. Mit Vehemenz deckt sie mich zu. Die Decke scheint mich schier zu erdrücken. „So ist das also. Die Decke aus dem Bett werfen kann die feine Dame, aber ansonsten ist sie nicht fähig, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Was für eine Vorstellung ziehen Sie hier ab? Mich täuschen Sie nicht und wenn Sie sich noch tagelang stumm stellen.“ Streng blickt sie auf mich, eine Infusion in die Höhe haltend. Wie ein Damoklesschwert lässt sie diese über mir pendeln. Jetzt käme es mir gelegen, wenn sich meine Lider senken würden. Aber nichts dergleichen passiert. Ich bin in Alarmbereitschaft. Von der Infusionsflasche und noch mehr von der Schwester geht eine Bedrohung aus, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Die Flüssigkeit, so klar und rein wie Wasser, hat es bestimmt in sich. Man will meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Welche Substanzen werden dafür verwendet? Alles, was ich brauche, ist eine Tablette, um die Kopfschmerzen loszuwerden, sonst nichts. „Nach dieser Infusion werden Sie schlafen. Morgen um neun Uhr werden Sie von unserem Psychologen befragt. Ich hoffe, Ihre Antworten bestehen nicht nur aus einem nichtssagenden Nicken. Sie glauben wohl, Sie sind die einzige Patientin hier? Wenn Sie Hilfe erwarten, müssen Sie kooperieren.“ Wie gelähmt starre ich sie an. Es war doch keine Willkür meinerseits, nicht zu antworten. Es war nur leider so, dass ich keine Antworten auf die Fragen hatte. Meine Stimme versagte mir den Dienst, als ich nicht einmal meinen Namen wusste, geschweige denn, meinen Beruf oder meine Wohnanschrift. Dann haben sie in meiner Tasche gewühlt und meinen Ausweis gefunden. Das heftige Nicken beim Hören meines Namens legt mir diese Dienstbeflissene nun als Willkür aus. Das Wort Amnesie hat mir schließlich den Rest gegeben. Das leise Geraune zwischen den Ärzten und Schwestern über eine Einweisung in die Psychiatrie schlug mich nieder. Die Fragerei, wohin ich wollte und woher ich kam, als ich niedergefahren wurde, hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich konnte mich an gar nichts erinnern. Das Mädchen neben mir hat Recht, ich stehe unter Schock. Die Infusion hängt über mir. Mit jedem Tropfen werde ich müder. Worüber habe ich gerade nachgedacht? Ein Lachen, so hell wie eine Glocke, zwingt mich zur Seite zu schauen. Zuerst sehe ich nur baumelnde Beine, dann das lachende Gesicht des Mädchens. Sie wird von einem Mann geküsst. Halbherzig wehrt sie ihn ab. Die zur Schau gestellte Abwehr lässt ihn ganz übermütig werden. Er drückt sie fest an sich und dann in die Kissen. Halb sitzend, halb liegend schaut er ihr in die Augen. „Geh von meinem Bett runter“, sagt sie lachend, „oder willst auch du von der Oberschwester behandelt werden?“ „Gott bewahre, mir fehlt nichts.“ Er richtet sich auf und zieht das Mädchen mit in die Höhe. „Jetzt hast du sie aufgeweckt.“ Ein Finger zeigt nach mir. Von der Infusion ist nichts mehr zu sehen. Trotzdem fühle ich mich ausgelaugt und leer und sehr müde. Die Kopfschmerzen sind verschwunden. Einen klaren Gedanken kann ich dennoch nicht fassen. In meinem Kopf geht es drunter und drüber. Das wilde Durcheinander lässt sich nicht steuern. Alles dreht sich im Kreis, schnell, beängstigend. Ich muss doch Rede und Antwort stehen. Name, Adresse, Beruf. Wo kam ich her? Wo wollte ich hin? Mir wird übel. Mit aller Kraft kämpfe ich dagegen an. Ich kämpfe auch noch gegen etwas anderes an, aber gegen was? „Du kannst wohl keine Minute stillsitzen? Deine Beine scheinen die Bettruhe nicht zu akzeptieren?“ Der Mann ist äußerst vergnügt. „Deinem Naturell als geborener Wildfang scheint es nicht zu behagen, hier den letzten Tag auszuharren.“ Er lacht dröhnend und wird in die Seite gepufft. „Benimm dich und sprich leiser. Sie soll unbedingt schlafen. Sie wurde von einem Pkw niedergestoßen. Als sie eingeliefert wurde, war sie bewusstlos. Sie ist mit dem Kopf auf dem Asphalt aufgeschlagen. Das Schädel-CD war ohne Befund. Eine Verletzung hat sie nicht davongetragen.“ Sie räuspert sich und spricht sehr leise weiter. Angestrengt versuche ich mehr über mich zu erfahren. Ohne Erfolg, ihr Flüstern hallt in meinem Kopf, ohne dass ich auch nur ein Wort verstehe. „Das ist die beste Klinik weit und breit, sie werden ihr helfen können. Sie ist in guten Händen“, sagt der Mann. Ich bin in guten Händen, wie Balsam fühlen sich diese Worte an. Die Übelkeit verflüchtigt sich. Na also, es geht mir schon besser. Ob ich auch ein Wildfang bin? Natürlich. Ich schiebe ein Bein unter der verknüllten Decke hervor und lasse es neben dem Bett baumeln. Was für ein gutes Gefühl. Jetzt kann ich mit ruhigem Gewissen weiterschlafen, obwohl mich die Worte des Mädchens mehr interessieren. Warum sie plötzlich so leise sprach, wüsste ich schon gerne, schließlich geht es um mich. Im Grunde ist sie kein Mädchen mehr, sie ist eine junge, hübsche Frau mit viel Temperament. Eine eigenartige Faszination geht von ihr aus. Der Mann hat sie einen Wildfang genannt. Das hört sich gut an. Sie scheinen sehr verliebt zu sein. Leise sprechen sie weiter und halten sich an den Händen. Es gehört sich nicht, ihrem Gemurmel zu lauschen. Was sich diese Verliebten zu sagen haben, geht mich nichts an. Sie sprechen nicht mehr über mich. Erleichtert wende ich mich ab. Erleichtert auch deswegen, mich nicht mehr konzentrieren zu müssen. Das Unvermögen, ihre Worte nicht verstanden zu haben, hat einen regelrechten Druck in meinem Kopf erzeugt. Ein Lachen, diesmal verhaltener, lässt mich wieder zur Seite blicken. Neugierig schiele ich zum Bett, in der Erwartung zwei schwingende Beine zu sehen. Ich richte mich auf. Das Bett wird frisch bezogen. Zwei Krankenschwestern machen sich daran zu schaffen. Die...