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Basel H. Geiger / Latimer / Celio-Scheurer | Irène Zurkinden: die Liebe, das Leben | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Basel H. Geiger / Latimer / Celio-Scheurer Irène Zurkinden: die Liebe, das Leben

Skizzen, Gemälde und Zeichnungen – Ausstellungskatalog und Kunstbuch
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7757-6196-3
Verlag: Hatje Cantz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Skizzen, Gemälde und Zeichnungen – Ausstellungskatalog und Kunstbuch

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-7757-6196-3
Verlag: Hatje Cantz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein einzigartiger Blick in das Werk von Irène Zurkinden – erstmals mit veröffentlichten Skizzenbüchern

Begleitend zur gleichnamigen Ausstellung bietet dieses Buch einen faszinierenden Einblick in das vielschichtige Werk von Irène Zurkinden. Über mehr als fünf Jahrzehnte hinweg schuf die Künstlerin intime, kraftvolle und kompromisslos ausdrucksstarke Arbeiten, die bis heute berühren. Der hochwertig gestaltete Katalog stellt nicht nur ihre bekanntesten Gemälde und Zeichnungen vor, sondern präsentiert auch erstmals ihre Skizzenbücher – ein Fenster in den kreativen Prozess einer bemerkenswerten Künstlerin.

Highlights des Buches:

- Erstmals veröffentlichte Skizzenbücher von Irène Zurkinden

- Umfassender Überblick über ihr OEuvre aus über 50 Schaffensjahren

- Hochwertige Reproduktionen von Gemälden, Zeichnungen und Skizzen

- Ausstellungskatalog und Sammlerstück für Kunstliebhaber*innen

Diese Publikation macht sichtbar, wie Zurkindens Werk zwischen Anmut, Schönheit und kritischer Auseinandersetzung mit ihrer Zeit oszilliert – ein Kunstbuch, das Inspiration, Erkenntnis und visuelle Intensität vereint.

Die Schweizer Malerin Irène Zurkinden (1909–1987) absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Modezeichnerin in Basel, bevor sie sich der Kunst zuwandte. Als prägende Figur der Basler Kulturszene pendelte sie zeitlebens zwischen Basel und Paris – ihrem Sehnsuchtsort. Zeitlebens stellte sie regelmäßig in Basler Galerien und Schweizer Institutionen aus. Ihre Gemälde und Skizzenbücher zeugen von einem einzigartigen Blick auf die Gesellschaft und ihr persönliches Umfeld.

Basel H. Geiger / Latimer / Celio-Scheurer Irène Zurkinden: die Liebe, das Leben jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Abdeckung
Titelblatt
Inhalt
Die andere Irène Zurkinden
Einleitung
Irène Zurkinden: das Leben, die Liebe, die Bühne
Das Begehren malen: Irène Zurkindens Kunst im Paris der 1930er-Jahre und ihre Poetik des Raumes
Irène Zurkinden: Ein Leben inmitten der Pariser Avantgarde und im Milieu des Surrealismus
Skizzenbücher
Körper /Arbeit: Eros und Ökonomie in Irène Zurkindens Auf/Zeichnungen
Schau mich an, wenn ich dich anschaue: Der Blick als Handlungsmacht
Bildtafeln
Irène Zurkinden (1909–1987)
Bildnachweis
Transkriptionen aus den Skizzenbüchern
Danksagung
Impressum


Das Begehren malen: Irène Zurkindens Kunst im Paris der 1930er-Jahre und ihre Poetik des Raumes Florian Illies


Aus der Basler Zeichenschule kehrte in den späten 1920er-Jahren eine junge Frau aufgeregt zu ihrem Mann zurück und erzählte ihm, dass in ihrer Klasse eine Zeichnerin sei, die von Kopf bis Fuss so aussehe, als habe sie Henri de Toulouse-Lautrec gemalt. Sie sei quirlig, habe wilde Fransen und trage um den Hals ein Emailleherz. Das machte ihren Mann, den Sammler Christoph Bernoulli, neugierig, und er besuchte die junge Künstlerin im Atelier – wo er sofort ein Selbstbildnis erwarb, das die Künstlerin selbst eigentlich bereits weggelegt hatte. Darauf zu sehen: eine blonde, forsche Frau mit stechend blauen Augen; sie blickt unter ihrem Hut keck und verwegen hervor, bereit, die Welt zu erobern. Mit seinen zarten Aquarellierungen erzählt das Blatt noch von der cézannesken Malweise ihres Basler Lehrers Arnold Fiechter, und doch ist es schon ganz eigen und voll kühner Frische. Zuerst wollte es das Kunstmuseum Basel dem Sammler abkaufen und dann der legendäre Galerist Alfred Flechtheim, der darin eine Qualität wie die von Pablo Picasso erkannte. Bernoulli empfahl der jungen Künstlerin folgerichtig, dass sie dringend von Basel nach Paris aufbrechen solle, um an jenen Ort zu gehen, den sie in ihrem Aussehen, ihrem Wesen und ihrem Stil längst in sich trug. Und so kommt Irène Zurkinden also an einem warmen Frühlingstag des Jahres 1929 in die französische Hauptstadt – und ihr künstlerisch bestes Jahrzehnt beginnt.

*

Irène Zurkinden saugt bei zwei ersten Besuchen in den Jahren 1929 und 1931 Paris mit Haut und Haaren auf, sie verschlingt es regelrecht – und lässt sich von ihm verschlingen, von dieser einzigartigen Mischung aus Beschwingtheit, Frivolität und Eleganz. «Ich darf meine ersten Monate in Paris nicht vergessen, gleich nach der Ankunft, die Monate des Trunkenseins von dieser Stadt» – was Adam Zagajewski formulierte, das war so etwas wie Zurkindens Lebensmotto. Sie vergass diese ersten Monate an der Seine zeitlebens nie. Sie sucht das alte Paris von Toulouse-Lautrec und der Ballets Russes, sie sucht aber auch das neue Paris von Josephine Baker und Picasso und von Montmartre und sie findet beides. Seit frühester Kindheit erzählte ihr die Mutter von ihren eigenen wonnevollen Reisen nach Paris, Französisch war die zweite Umgangssprache zu Hause, und schon früh fing die junge Irène an, für die Modeschauen dort zu schwärmen und sich zeichnend über die Laufstege von Chanel oder Lanvin zu bewegen. Sie will Modezeichnerin werden – und als sie dann in das vibrierende Paris der Zeit um 1930 hineinstürzen darf, dann werden nicht nur ihre alten Träumereien erfüllt, sondern auch all ihre gegenwärtigen Sehnsüchte. Es ist eine Stadt voll Spiel und voll Sinnlichkeit, die den Windschatten der aufkommenden Wirbelwinde des Weltgeschehens geniesst – und Zurkindens Zeichnungen und Gemälde erzählen von nichts anderem als von jenem Hemingway’schen «Paris, ein Fest fürs Leben». Es stört sie nicht, dass sie nur eine kleine Randfigur dieser grossen Blüte der Bohème ist, sie ist dankbar, dabei sein zu dürfen, im Café du Dôme zu sitzen und mit ihrem Stift die Menschen einzufangen, die Strassen, die Kleider der Frauen unter den Platanen auf dem Boulevard Saint-Germain, die verlotterten Hinterhofateliers und die knisternde Atmosphäre in den Folies Bergère, also jene einzigartige Pariser Melange zu erleben, die wie ein beschwingt-melancholisches Chanson jedes ihrer Kunstwerke der 1930er-Jahre durchzieht.

*

Schon im Dezember 1931 zeigt die Basler Galerie Marguerite Schulthess das erste Mal Pariser Zeichnungen und Gemälde von Irène Zurkinden (und sie wird es fortan für Jahrzehnte immer wieder tun). 1932 dann folgt für die junge Künstlerin der wohl wirkmächtigste Aufbruch nach Paris – denn diesmal hat sie dafür die ideale Partnerin gefunden: Meret Oppenheim. Die vier Jahre Jüngere, in der das Künstlertum noch wie eine Knospe ruht, bricht mit Zurkinden aus Basel auf nach Paris – und die beiden attraktiven, intelligenten Frauen dringen dort gemeinsam ein in die Stadt und in die Hinterzimmer und Herzkammern der Surrealisten. Beide Künstlerinnen haben später von diesem magischen Anfang erzählt – Oppenheim in ihrem energiestrotzenden, feinnervigen Album von der Kindheit bis 1943, das sie 1958 zusammenstellte, Zurkinden detailliert sogar erst 1983, in einer Rede auf Schloss Ebenrain. So wissen wir vom Pernod, der half, die ersten Aufregungen zu lindern – und davon, dass der allererste Weg vom Gare de Lyon sie natürlich ins Café du Dôme führte, wo sie im Schatten der hellgrünen Platanen stundenlang nur schauten, schauten, schauten. Die beiden jungen Basler Künstlerinnen fanden rasch ein gemeinsames Atelier, doch das war zu runtergekommen, dann zogen sie weiter in ein Hotel in der Rue Delambre, nur eine Zigarettenlänge vom Café du Dôme entfernt. Und dort flatterten die beiden hinein in die leidenschaftlichen Debatten der Surrealisten rund um Paul Éluard und André Breton; Oppenheim vor allem ging darin auf: «Es kam mir immer so vor», sagte Zurkinden, «dass, wenn alle Surrealisten zusammen ein Menschenkind geboren hätten, es Meret gewesen wäre.» Schnell wird sie verschlungen von den alten Herren der Bewegung, sie zeichnet ehrfürchtig Giacomettis Ohr, und Man Ray macht sie in einem Bildzyklus zur ölverschmierten Muse an der Druckerpresse (er nennt das bezeichnenderweise nicht «Porträt Meret Oppenheim», sondern es ist nur Teil seiner namenlosen Érotique-voilée, um 1933). Auch Zurkinden wird von ihm fotografiert, aber er kann die eigentlich zeigefreudige Künstlerin nicht überreden, sich dafür auszuziehen; es ist kein besonders gutes Foto, die Rollenverhältnisse scheinen zu ungeklärt.

Es gibt aber aus dieser energiegeladenen Pariser Zeit ein herrliches Foto der beiden Man-Ray-Modelle selbst, die Baslerinnen in der Fremde, aufgenommen von einem sensiblen Anonymus. Es stammt aus besagtem Café du Dôme, Oppenheim links hat ihre Hand vertrauensvoll auf die Schulter von Zurkinden gelegt, ein Bild von grosser Innigkeit und von Aufbruch. In Oppenheims Album findet sich die eine Hälfte davon, bei Zurkinden die andere, sie hatten es in der Mitte getrennt, damit jede immer das Bild der Freundin vor Augen hatte.

Und niemand kannte und erkannte Meret Oppenheim so unbarmherzig und so barmherzig wie Irène Zurkinden. Die Serie ihrer frühen Porträts der Freundin gehören zweifellos zu ihren wichtigsten Werken, sie macht die junge Frau mit ihrem Pinsel zu einer alterslosen Sphinx. Hier kommt das erste Mal Zurkindens eigenwilliger Malstil zur Blüte, jene «Virtuosität des Ausweichens, des Tupfens, Andeutens und zärtlich Berührens», wie es Hans-Joachim Müller genannt hat. Wir spüren die Porträtierte, also Oppenheim, gerade deshalb so ganz und gar, etwa in Meret à l’orange (1932–1935; Abb. 1), weil es die Malerin bei ihren Andeutungen belässt, weil ihr Pinsel immer wieder über die Leinwand zu hüpfen scheint und zwischen seinen Sprüngen kleine Leerstellen hinterlässt. Diese bauen am Ende paradoxerweise ein vollständiges Bild der Porträtierten auf, aus Farbtupfern entsteht ein Mensch. Auch ein Herzschlag hat Pausen, und genau davon erzählen diese Menschenbilder Zurkindens. Ja, das Leopardenfell, das wir hinter Oppenheim auf Meret en bleu, no XXXVI aus dem Jahre 1930 sehen (Abb. 2), wirkt in seinen dunkelbraunen Tupfern auf hellbraunem Grund wie das animalische Lehrbild für Zurkindens Malstil. Meret en bleu ist auch deshalb so bemerkenswert, weil es, wie häufig bei ihr, mit dem Topos des blauen Kopftuchs spielt, das Frauen optisch sofort in die Maria eines Renaissancemalers zu verwandeln mag. Zurkinden arbeitet mit diesem Motiv interessanterweise gleichzeitig wie die polnische Malerin Tamara de Lempicka, die Paris mit ihrer metallischen Malweise elektrisierte und bei der das blaue Kopftuch im Lauf der 1930er-Jahre für eine Rekatholisierung steht, etwa in Die blaue Madonna aus dem Jahre 1934 (Abb. 3). Das Kopftuch bei Zurkinden jedoch ist nur ein Spiel, Oppenheim trägt es wie eine Schauspielerin, die Frauen – so soll das wohl heissen – haben sich aus ihren alten Geschlechterrollen und Zuschreibungen befreit und können sich stattdessen aussuchen, wer sie in diesem oder im nächsten Moment sein wollen, Hure oder Heilige, Putzfrau oder Madonna.

Abb. 1

Irène Zurkinden, Meret à l’orange, 1932–35. Öl auf Leinwand, 65 × 54,5 cm. Kunstmuseum Basel. Ankauf © Estate Irène Zurkinden. Foto: Martin P. Bühler

Abb. 2

Irène Zurkinden, Meret en bleu, no XXXVI, 1930. Öl auf Leinwand, 73 × 60 cm. Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte, Winterthur. Foto: skkg 2019

Abb. 3

Tamara de Lempicka, Die blaue Madonna, 1934. Öl auf Leinwand, 20 × 13,5 cm. Privatsammlung © Fine Art Images / Bridgeman Images; Tamara de Lempicka Estate, lcc / 2025, ProLitteris, Zurich

Bei Zurkindens Bild Maria aus dem Jahre 1937 (Abb. 4) lässt sie ihr Modell mit dem heiligen Namen sich sogar nackt und lasziv auf dem Sofa räkeln, sie trägt nur einen rosafarbenen Büstenhalter und ein blaues Kopftuch, unter dem sie verführerisch aus dem Bild herausblickt – das Mariensymbol wird so verdreht wie der Körper der Frau und endet als Dessous. Und auch hier wieder – diese so ungeheuer sicher über die Leinwand gestreuten grünen und blauen Farbtupfer, Malerei als weiches, flackerndes Leopardenfell. Belebt, wie jedes Bild Zurkindens, vom lodernden Feuer in den Augen der Dargestellten. Ja, die Augen, sie sind immer der Glutkern ihrer...



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