Geinitz | Chinas Griff nach dem Westen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 6395, 384 Seiten

Reihe: Beck Paperback

Geinitz Chinas Griff nach dem Westen

Wie sich Peking in unsere Wirtschaft einkauft

E-Book, Deutsch, Band 6395, 384 Seiten

Reihe: Beck Paperback

ISBN: 978-3-406-75596-5
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Pirelli, Volvo, Club Méditerranée, Syngenta oder Spotify: Mit Milliardenbeträgen kaufen sich chinesische Investoren in europäische Unternehmen ein. Besonders beliebt sind deutsche Marken, darunter Daimler, Steigenberger oder BioNTech. Die wilde Shoppingtour hat ein Ziel: Bis 2049 will die Volksrepublik die Industrieländer entthronen und in allen Zukunftsbranchen Weltmarktführer werden. Christian Geinitz zeigt in seinem Buch, wie die ökonomische Supermacht China nach dem Westen greift - eine Gefahr, auf die Deutschland und Europa konzentriert reagieren müssen.
China reckt und streckt sich Richtung Europa. Zum einen über die 'Neuen Seidenstraße', die gewaltigste Infrastruktur-Initiative aller Zeiten. Zum anderen, indem sich chinesische Konzerne in Schlüsselindustrien einkaufen. Am begehrtesten ist Deutschland mit seinen vielen Technologieführern. Die Corona-Pandemie hat den Vorstoß zwar verlangsamt, aber an den Langfristzielen nichts geändert. Dass sich die Asiaten an der Infrastruktur und an Unternehmen beteiligen, sollte uns eigentlich willkommen sein. Doch die Skepsis ist groß und die Abwehrbereitschaft wächst, weil Peking auch politische Zwecke verfolgt und nicht gewillt ist, seine eigenen Märkte vollständig zu öffnen. Christian Geinitz rät in seinem penibel recherchierten Buch dazu, einen kühlen Kopf zu bewahren. Europa sollte sich weder einkapseln noch Chinas zweifelhaftes Geschäftsgebaren übernehmen. Tritt die EU indes geeinigt auf und erkennt, dass Peking mehr denn je auf sie angewiesen ist, dann kann Europa die Bedingungen mitgestalten und gemeinsam mit China wachsen.
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Einleitung
WIE STARK IST CHINA WIRKLICH? ERST KOMMEN DIE WAREN, JETZT DIE AUFKÄUFER Eine neue «Rote Gefahr»?
Droht uns eine neue «Rote Gefahr»? Diesmal aus China? Ein Schreckgespenst dieses Namens hat den Westen schon mehrfach in Furcht versetzt und seine Abwehr mobilisiert. Bisher bezogen sich die Befürchtungen auf den theoretischen und den real-existierenden Kommunismus, auf die revolutionären Thesen von Marx und Engels, auf die Sowjetunion und den Ostblock, auf die Stellvertreterkriege in Indochina, Lateinamerika und anderswo. Bei «Roter Gefahr» denkt man an die weitverbreitete Furcht vor Kommunisten und Sozialdemokraten im 19. Jahrhundert – «Ein Gespenst geht um in Europa» –; später gesellte sich die Angst vor der Ausweitung der Oktoberrevolution in Russland hinzu. Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kommen die Schrecken von Vietnam und Kambodscha in den Sinn, die McCarthy-Ära, die Kuba-Krise und der lange Kalte Krieg. In jener Zeit wappneten sich die Vereinigten Staaten und andere westliche Nationen gegen Infiltrationen und Erhebungen im Inland ebenso wie gegen Angriffe von außen. Der «Red Scare» ging in erster Linie von Moskau aus, und er stützte sich auf dessen militärische Stärke. Trotz des Untergangs der Sowjetunion sind die Bedenken gegenüber Russlands Expansionsdrang zwar nicht verflogen. Zu Recht, wie man an der Annexion der Krim sieht. Die Vorzeichen und die Symbolik aber haben sich grundlegend geändert. Niemand käme heutzutage auf den Gedanken, das Regime von Wladimir Putin als «rote» Gefahr zu bezeichnen. Wie aber sieht es mit der Bedrohung aus China aus, nach der dieses Buch fragt? Vor einer «Gelben Gefahr» warnten schon Kolonialpolitiker, Hochschullehrer und Künstler im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Deutlich rassistisch gefärbt, sahen sie den Niedergang Europas voraus, weil es der schieren Menschenmenge, der vermeintlich barbarischen Aggressivität und dem selbstvergessenen Arbeitseifer der Asiaten wenig entgegenzusetzen habe. Dieser Fremdenhass richtete sich pauschal gegen «die» Asiaten, nicht zuletzt gegen Japan, das 1905 den Krieg gegen Russland gewonnen hatte. Überdies dienten die Ressentiments als willkommene Rechtfertigung für imperiale Ambitionen und militärische Interventionen, etwa gegen den Boxeraufstand 1900/1901. Passt aber die Bezeichnung «Rote Gefahr» zu China, ist es überhaupt «rot» zu nennen? Immerhin regiert dort seit 1949 unangefochten die Kommunistische Partei (KPC) unter der Roten Fahne mit den fünf Sternen. Der große symbolisiert die Partei, die kleinen stehen für die vier Klassen der Bauern, der Werktätigen, der Kleinbürger und der kommunistisch konvertierten Bourgeoisie. Auch Hammer und Sichel spielen nach wie vor eine Rolle, unter ihnen versammelt sich die KPC alle fünf Jahre zum Parteitag in der Großen Halle des Volkes am Platz des Himmlischen Friedens. Dort beschwört der Vorsitzende, Staatspräsident Xi Jinping, gern den Sozialismus und Karl Marx. Die Verfassung stellt glasklar fest, woher der ideologische Wind weht. In der Präambel heißt es: «Die sozialistische Umgestaltung des Privateigentums an den Produktionsmitteln ist abgeschlossen, das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist abgeschafft, und das sozialistische System ist etabliert worden.» Und Artikel 1 legt unmissverständlich fest: «Die Volksrepublik China ist ein sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht.» Die Verfassung billigt der Kommunistischen Partei eine Führungsrolle zu, und tatsächlich ist sie bis heute übermächtig in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Selbst in den internationalen Joint-Ventures, etwa bei Volkswagen, regiert sie mit. Laut Zentralkomitee unterhalten fast eine Million privater Unternehmen Parteizellen, darunter sind annähernd 50.000 Betriebe mit ausländischem Kapital. Kommunistisch muten auch die vielen Staatsunternehmen an. Ihre Vorherrschaft ist in Artikel 7 der Verfassung verankert: «Die staatseigene Wirtschaft, das ist die sozialistische Wirtschaft unter Volkseigentum, ist die dominierende Kraft in der Volkswirtschaft.» Wie dominierend sie ist, zeigt sich im internationalen Vergleich. Unter den 30 umsatzstärksten Konzernen der Welt finden sich neun aus der Volksrepublik – bis auf den Versicherungskonzern Ping An gehören sie alle dem Staat. Mit fast 400 Milliarden Dollar Umsatz ist der Energiekonzern State Grid das größte Unternehmen auf dem Planeten hinter dem amerikanischen Handelsgiganten Walmart. Auf den Plätzen drei und vier folgen Amazon und Apple, dann aber geht es mit chinesischen Staatskonzernen weiter, mit den Rohstoffriesen China National Petroleum und Sinopec. Von der Planwirtschaft zur gesteuerten Marktwirtschaft
Wie es sich für ein sozialistisches Land gehört, gibt es in China Fünfjahrespläne und weitere zentrale Entwicklungsdirektiven. Doch trotz all dieser Reminiszenzen herrscht in dem riesigen Reich natürlich kein kommunistisches Regime im traditionellen Sinne. Von Klassenkampf und Revolution ist nur noch in Aufsätzen und Sonntagsreden zu hören. Die Planwirtschaft ist einer gesteuerten Marktwirtschaft gewichen, in der Privatunternehmen und Privatpersonen sich so lange bereichern können, wie sie der Partei nicht in die Quere kommen. Längst sind die Produktionsmittel in der Hand einer neuen Klasse von Kapitalisten, die nicht selten mit den Parteiführern identisch sind, längst ist es wieder erlaubt, Arbeitskräfte auszubeuten, Vermögen anzuhäufen und zu vererben, den eigenen Wohlstand zur Schau zu stellen. Seit den 1990er Jahren steht der Terminus «sozialistische Marktwirtschaft», der westlichen Ökonomen wie eine Contradictio in adiecto erscheinen muss, sogar in der Verfassung. Hingegen wurde der Begriff «Planwirtschaft» komplett gestrichen. Im einschlägigen Artikel 15 heißt es nun nicht mehr: «Der Staat führt eine Planwirtschaft auf der Basis des sozialistischen Gemeineigentums durch.» Sondern: «Der Staat wird eine sozialistische Marktwirtschaft realisieren.» Als Vater dieser Veränderungen gilt der Nachfolger von Deng Xiaoping an der Spitze Chinas, der seit 1989 amtierende Parteichef und spätere Staatspräsident Jiang Zemin. Er hatte auf dem Parteitag 1992 die «sozialistische Marktwirtschaft» ausgerufen, weil viele Staatsbetriebe völlig an der Nachfrage vorbeiarbeiteten. Ähnlich wie heute erwirtschaften sie zwar hohe Umsätze, aber kaum Gewinne, stattdessen häuften sie Überkapazitäten und riesige Schulden an. Der greise Deng spielte ebenfalls eine zentrale Rolle in dieser nächsten Phase des wirtschaftlichen Umbaus. Im Januar und Februar 1992 bereiste der Siebenundachtzigjährige den chinesischen Süden und verteidigte den marktwirtschaftlichen Kurs wortgewaltig gegen die konservativen Betonköpfe in der KPC. «Wenn wir neben dem Sozialismus nicht gleichermaßen an Reform und Westöffnung festhalten sowie fortschreiten, die Wirtschaft und den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern, endet es in unserem Untergang», mahnte Deng. Seiner Meinung nach hätte es nach den Unruhen am Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989 ohne die Reformen einen Bürgerkrieg gegeben, ähnlich wie während der Kulturrevolution: «Der eigentliche Grund, warum unser Land noch immer stabil ist, liegt in der Politik der Wirtschaftsreform begründet sowie in der steten Verbesserung der Lebensqualität großer Teile der Bevölkerung.» Nach Dengs Tod 1997 kündigte Jiang Zemin mitten in der Asienkrise eine Erweiterung der sozialistischen Marktwirtschaft an, um künftig mehr Staatsunternehmen privatisieren zu können. Das ursprüngliche Ziel bestand darin, aus den 300.000 öffentlichen Betrieben rund 1000 Großkonglomerate zu schmieden und den Rest abzuwickeln oder zu verkaufen. Dieser Vorstoß ist, wie wir heute wissen, auf halbem Weg steckengeblieben; nach wie vor gibt es sagenhafte 167.000 Staatsunternehmen. Falsch wäre auch der Eindruck, die wirtschaftliche Öffnung hätte die politischen und rechtlichen Freiheiten wesentlich vorangebracht. Wie wenig schon Deng davon hielt, zeigt sich in seiner Mitverantwortung für die blutige Niederschlagung der Studentenunruhen am Platz des Himmlischen Friedens 1989. Während seiner langen Amtszeit ließ der Patriarch weder freie Wahlen noch eine unabhängige Justiz oder überhaupt eine echte Gewaltenteilung zu, das Machtmonopol der Partei ging ihm über alles. Auf seiner als Ausweis von Fortschrittlichkeit und Westöffnung gelobten Reise durch den Süden stellte Deng 1992 klar: «Historische ...


Christian Geinitz ist seit 25 Jahren Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er gilt als Spezialist für Transformationsökonomien und kennt sowohl die westliche wie die östliche Seite der Globalisierung. Zwischen 2000 und 2003 berichtete er aus Mexiko-Stadt, von 2009 bis 2014 aus Peking. Zurück in Europa, widmete er sich von Wien aus Teilen Osteuropas und der Türkei. Seit 2020 schreibt er für die F.A.Z. aus Berlin.


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