E-Book, Deutsch, 338 Seiten, eBook
Gensch / Stöckler / Tschmuck Musikrezeption, Musikdistribution und Musikproduktion
2009
ISBN: 978-3-8349-8045-8
Verlag: Betriebswirtschaftlicher Verlag Gabler
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Der Wandel des Wertschöpfungsnetzwerks in der Musikwirtschaft
E-Book, Deutsch, 338 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-8349-8045-8
Verlag: Betriebswirtschaftlicher Verlag Gabler
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Das musikwirtschaftliche Wertschöpfungsnetzwerk unterliegt gegenwärtig einem tiefgreifenden Wandel. Um den vielfältigen Facetten dieser Umbruchsituation gerecht zu werden, reicht das Spektrum der Beiträge von der Musikwissenschaft über die Musiksoziologie, die Kultur- und Medienwissenschaft bis hin zu den Wirtschaftswissenschaften. So entsteht ein interdisziplinärer und multiperspektivischer Blick auf die gesamte Musikwirtschaft.
Prof. Dr. Gerhard Gensch leitet das Zentrum für zeitgenössische Musik im Department für Arts und Management der Donau-Universität Krems.
Dr. Eva Maria Stöckler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Studienkoordinatorin am Zentrum für zeitgenössische Musik der Donau-Universität Krems.
Dr. Peter Tschmuck ist ao. Universitätsprofessor am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien im Fach Kulturbetriebslehre.
Zielgruppe
Research
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Vorwort;6
2;Inhaltsverzeichnis;7
3;Musikrezeption;9
3.1;Der Musiker im Spannungsfeld zwischen Begabungsideal, Berufsbild und Berufspraxis im digitalen Zeitalter;10
3.2;Lebensstil und Musikgeschmack;31
3.3;Musikrezeption aus der Sicht der Musikwirkungsforschung;63
3.4;Live-Veranstaltungen von populärer Musik und ihre Rezeption;89
3.5;Neue Live-Kulturen der westlichen Kunstmusik: Für eine Rezeption musikalischer Interpretationen mit Körper und Ort;114
4;Musikdistribution;143
4.1;Vom Tonträger zur Musikdienstleistung – Der Paradigmenwechsel in der Musikindustrie;144
4.2;Digitale Musikdistribution und die Krise der Tonträgerindustrie;166
4.3;Preisstrategien für Onlinemusik;189
4.4;Marketing und Promotion von Musikprodukten;206
5;Musikproduktion;240
5.1;Soziologie der Musikproduktion;241
5.2;„Produkt Musik“. Eine musikwissenschaftliche Annäherung;266
5.3;Artist & Repertoire (A&R). Eine markentheoretische Betrachtung;292
5.4;Musikinstrumentenindustrie im digitalen Paradigmenwechsel;309
6;AutorInnen;333
Mit Beiträgen von Kai Bronner, Herbert Bruhn, Peter Buxmann, Marcel Engh, Gerhard Gensch, Simone Heilgendorff, Michael Huber, Carl Mahlmann, Gunnar Otte, Martin Pfleiderer, Gerrit Pohl, Alfred Smudits, Joachim Stange-Elbe, Eva Maria Stöckler, Jochen Strube und Peter Tschmuck
Der Musiker im Spannungsfeld zwischen Begabungsideal, Berufsbild und Berufspraxis im digitalen Zeitalter (S. 3)
Gerhard Gensch, Herbert Bruhn
1 Einleitung
Musik nimmt in jeder menschlichen Gesellschaft eine zentrale Position ein. Sie ist ein Medium für den Austausch persönlicher Erlebnisse, sozialer Beziehungen und kultureller Identität (Rösing 1998). Die Rolle der ausübenden Musiker ist dabei sehr unterschiedlich definiert. In einigen Kulturkreisen werden beim Musizieren alle Anwesenden eingebunden – ein besonderes Kennzeichen von schwarzafrikanischer Musik oder allgemein von Volksmusik bzw. tribaler Musik, der Musik kleinerer Stammesgemeinschaften (Födermayr 1998a).
Musik stärkt hier das Gefühl von Zusammengehörigkeit und übt eine kulturstabilisierende Wirkung aus (Födermayr 1998b). Manche Kulturkreise wie das westliche und mittlere Europa unterscheiden bisher deutlich zwischen einer vom Volk mitgestalteten Musik und einer Kunstmusik, für die nach dem mitteleuropäischen Prinzip der Arbeitsteilung nur ausgebildete Spezialisten als Musiker in Frage kommen.
Kunstmusik wird als ästhetisch höherstehend angesehen – Volksmusik oder volkstümliche Musik dagegen als weniger wertvolle Gemeinschaftsmusik, obwohl auch hier die Teilnehmer im Rahmen ihrer besonderen Qualifikation einer Arbeitsteilung unterliegen. Diese wird durch die technologische Entwicklung im Bereich der Musikproduktion zunehmend in Frage gestellt.
Insbesondere im Bereich der Popmusikstilrichtungen ist es für einen Amateurmusiker mittlerweile möglich, mit Computer und Synthesizer qualitativ hochwertig neben dem Profimusiker aufzutreten: Profis und Amateure treten in Wettbewerb zueinander (Smudits 2004: 15, Sperlich 2008).
Technologische Innovationen im Bereich der Popmusik seit Mitte der 1980er Jahre und der erleichterte Zugang zu neuen Distributionswegen (Internet) sind dafür verantwortlich, dass das künstlerische Ideal des Musikers einem neuen, an der Berufspraxis orientierten Berufsbild weichen muss. Die Marktstrukturen haben sich radikal geändert, das Ergebnis der Veränderungen ist bisher keineswegs abzuschätzen.
Wahrscheinlich ist, dass es zur Umformung des gesamten Musikmarkts kommen wird und die auf einem arbeitsteiligen Musikmarkt fußende Unterscheidung zwischen Musiker, Produzent, Techniker und Distributeur unbrauchbar wird. Ein neuer Typus des Musikschaffenden entsteht. In ihm vereinigen sich künstlerisch-kreative Fähigkeiten mit produktionstechnischen, ökonomischen, rechtlichen, kommunikativen und managementbezogenen Kompetenzen.
2 Entwicklung des Berufsmusikers in Europa
Der im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts begonnene Veränderungsprozess wird in Mitteleuropa eine historisch gewachsene Kluft überbrücken müssen, die zwischen Hochkultur und Volkskultur, zwischen Amateur und Berufsmusiker sowie zwischen Vorstellungen vom Musikberuf und der Praxis des Berufsmusikers entstanden ist.
Deutlich bestimmend war für die Entwicklung der Musik in Mitteleuropa der Einfluss der Kirche. Vom 9. Jahrhundert an war die Kirche für lange Zeit dominierender Träger der Hochkultur. In engem Zusammenhang mit den Funktionen im Gottesdienst entstehen Domschulen und Ausbildungsstätten für liturgische Gesänge. In dieser Zeit war die Gemeinde vom Singen der Messe ausgeschlossen: Aus dem Wechselgesang zwischen Priester und Gemeinde wurde der Wechselgesang zwischen den Klerikern und der Schola der Cantoren (Niemöller 1976: 956).
Als sich im 13. Jahrhundert schließlich auch weltliche Ausbildungsstätten entwickelten, wird zunächst nicht zwischen der Laienmusik und der Berufsausbildung getrennt. Die Ausbildung fand in Musikergilden statt, die analog zu den Handwerksgilden organisiert wurden. Sie waren unabhängig von der Kirche und standen sogar eine Zeitlang unter dem Bann des Papstes (erst 1480 aufgehoben, vgl. Engel 1960: 221ff.).
Der Zusammenschluss zu Musikergilden diente in erster Linie dem Schutz der Mitglieder gegenüber staatlichen Eingriffen – das gemeinsame Singen war nur der äußere Anlass für die Treffen. Insbesondere die Meistersingergilden aus dem 13. Jahrhundert galten als quasi-religiöse Bruderschaft, die für den Schutz von Person und individuellem Recht eintrat.




