Giernalczyk / Möller / Busse | Entwicklungsraum: Psychodynamische Beratung in Organisationen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 109 Seiten, E-Buch Text

Reihe: Beraten in der Arbeitswelt

Giernalczyk / Möller / Busse Entwicklungsraum: Psychodynamische Beratung in Organisationen

E-Book, Deutsch, 109 Seiten, E-Buch Text

Reihe: Beraten in der Arbeitswelt

ISBN: 978-3-647-90121-3
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Rationalität ist nicht selbstverständlich, sondern eine Leistung, die unter Berücksichtigung von Emotionalität erarbeitet werden muss – auch in Organisationen Hier setzt psychodynamische Beratung an. Psychodynamische Beratung in Organisationen berücksichtigt sowohl die rationale als auch die emotionale und unbewusste Seite von Menschen und arbeitet an der Schnittstelle von Organisationsstruktur und Persönlichkeit. Sie sorgt für haltende Bedingungen in Organisationen, unter denen besondere Entwicklungen möglich werden.
Thomas Giernalczyk und Heidi Möller beschreiben kurz und kompakt zentrale Arbeitsprinzipien psychodynamischer Beratung und zeigen auf, wie diese in unterschiedlichen Beratungsformaten wie Coaching, Teamentwicklung und Strategieberatung eingesetzt werden können. Die psychodynamische Beratung vertraut auf den gesunden, interessierten, entwicklungsorientierten Ich-Anteil der Kunden und Klientinnen. Durch Beschreibungen, Interpretationen und Geschichten wird ein neuer Blick auf die Organisation zur Verfügung gestellt. Dies ermöglicht dann häufig einen Entwicklungsschritt im zu beratenden System.
Psychodynamische Organisationsberatung achtet neben den 'Spielregeln' einer Organisation besonders auf den Umgang mit Emotionen und dem Unbewussten in der Organisation. Dies führt zu Fragen wie: 'Welche Gefühle und Empfindungen erzeugt die Art der Arbeit und wie werden diese bewältigt?' Die Autoren zeigen, wie psychodynamische Berater/-innen immer damit rechnen müssen, zeitweise von der Systemdynamik 'infiziert' zu werden, und wie sie dies im Sinne einer erlebten Gegenübertragung in der Beratung nützen können: 'Welche Rolle wird mir gerade zugewiesen? Was sagt das über die anderen Beteiligten aus?' Als Haltung der Beratenden empfehlen sie Containment. Damit ist eine Haltung gemeint, in der Berater/-innen oder Führungskraft Spannungen, Konflikte, kurz 'Unverdauliches' aus dem System zunächst in sich aufnehmen, innerlich halten, darüber nachdenken und es erst dann in einer geeigneten Weise zurückgeben. Diese stellvertretende Verarbeitung hat oft eine verblüffende ansteckende und förderliche Wirkung auf die gesamte Organisation.
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3Coaching – Triangulierung verstehen Coaching ist eine etablierte Beratungsmethode für Führungskräfte und Menschen mit Steuerungsfunktion sowie für Selbständige mit Schwerpunkt auf berufliche Fragestellungen. Sie wird einzeln, in Teams und Gruppen angeboten. Sie ist anerkannt, um Führungskräfte individuell zu unterstützen und ihre berufliche und persönliche Kompetenz weiterzuentwickeln. Im Rahmen von Coaching werden Haltungen, aber auch Handlungs- und Deutungsmuster reflektiert und alternative Sichtweisen auf Zusammenhänge entwickelt. Thematisch werden Organisationsstrukturen und deren Weiterentwicklung bearbeitet, das eigene Führungshandeln reflektiert und Kompetenzen entwickelt, die im Grundberuf nicht erworben wurden. Typische Anlässe für Coachings sind Assessments oder Rückmeldungen, in denen Entwicklungsanforderungen für die Führungskraft formuliert werden. Zu ihnen kann der Ausbau des Selbstmarketings, der bessere Umgang mit Konflikten oder die Entwicklung konsequenterer Führung gehören. Ausgangspunkt für Coaching können zudem individuelle Krisen mit zu viel Stress, Unwohlsein oder mangelnder Arbeitszufriedenheit sein. Aber auch kollektive Krisen wie Fusionen von Unternehmen, Reorganisationsmaßnahmen und Nachfolgefragen werden durch Coaching für die Verantwortungsträgerinnen unterstützt. Schließlich ist die Begleitung von Führungskräften in einer neuen Funktion in den ersten einhundert Tagen eine übliche Maßnahme, um den Manager darin zu unterstützen, die neuen Rollenanforderungen gut zu meistern. 3.1Die Triangulierungskompetenz im psychodynamischen Coaching Die Organisation, in der der Coachingpartner arbeitet, ist im Coachingprozess immer dabei. »Coaching als Arbeitsform zielt auf die vielfältigen Verbindungsstellen und Bezüge zwischen dem Bereich der Person und jenem der Organisation« (Positionspapier des DBVC zum Thema »Organisationsbezüge im Coaching«). Zentraler Fokus des psychodynamischen Coachings ist, zu verstehen, wie sich die Wechselwirkung zwischen dem subjektiven Erleben der Coachingpartnerin und dem Kontext gestaltet, in dem sie tätig ist. Einfluss auf ihr subjektives Erleben und Verhalten haben neben der spezifischen Organisationskultur die Branche, in der sie tätig ist, die Entwicklungsphase des Unternehmens, der interaktionale Kontext der jeweiligen Teamdynamiken und vieles mehr. Eine Coachingpraxis, die nur den individuumszentrierten Blick einnimmt, greift hier zu kurz. Mehrperspektivität ist gefragt auf den Ebenen der Person, des Teams und der Organisation mitsamt ihrem Umfeld. Für die Diagnostik (Möller u. Kotte, 2013) braucht es viele Brillen, und ebenso muss die Interventionsebene die Person, ihre Rolle und Funktion sowie die Organisation gleichermaßen im Blick haben. Ausgangspunkt für viele Coachingprozesse sind zunehmend Veränderungsdynamiken in Organisationen. Coaching hilft hier der Gesamtorganisation, über die Beratung der Führungskräfte Transformationsprozesse adäquat zu gestalten. Schon in der Kontraktgestaltung ist die Triangulierungskompetenz des Coaches gefragt (vgl. Abbildung 4). Muss er sich in Dreiecks- oder Viereckskontraktgesprächen angemessen balancierend zwischen den Interessen der Vorgesetzten, der Personalentwicklung und der Coachingklientinnen bewegen? Auch bei der Auswahl der Interventionsfokusse gilt es, diese Spannung zu halten und nicht auf die so viel einfachere Arbeit am Individuum zurückzufallen. Abbildung 4: Triangulierungskompetenz bei der Kontraktgestaltung Zudem gilt es, auch die Arbeit innerhalb der Sitzung zu triangulieren, wie die folgende Abbildung 5 zeigt: Abbildung 5: Triangulierungskompetenz in der Sitzung 3.2Containment als Arbeitshaltung Während einer psychodynamischen Coachingsitzung pendelt der Coach zwischen der Wahrnehmung der bewussten und der unbewussten Kommunikation. Auf der einen Seite hört er seinem Coachee zu und setzt sich mit den Anliegen, Fragen und Zielen auseinander. Er gibt Antworten und stellt Informationen zur Verfügung. Auf der anderen Seite achtet er auf seine Gegenübertragung, seine spontanen Gedanken, Empfindungen, Tagträume und Körpergefühle. Aus Beobachtung und Auswertung der Gegenübertragung entwickelt er Hypothesen, welche Aspekte relevant, aber nicht bewusst sind und stellt seine Überlegungen seinem Coachee zur Verfügung. Die Gegenübertragungsreaktionen des psychodynamischen Coaches werden sowohl als Antwort auf die unbewussten Aspekte der Coachingpartnerin als auch auf das Unbewusste des Teams, in das sie eingebunden ist oder welches sie führt, verstanden. Auch das Unbewusste der Organisation kann sich in der Coach-Coachee-Dyade abbilden. Auf diese Weise nimmt der Coach eine Containmenthaltung ein und versucht, Nichtbewusstes in Bewusstes zu überführen. Fallbeispiel Ich bemerke in einer Coachingsitzung mit einer Führungskraft einer großen Behörde, wie ich immer schneller werde und immer mehr unter Druck gerate, gut zu sein. Diese Dynamik ist mir schon mehrfach in Coachingsitzungen mit anderen Mitarbeiterinnen dieser Organisation aufgefallen. Konfrontiert mit meiner Gegenübertragungsreaktion – dass ich bemerke, wie sehr ich mich in der Sitzung anstrenge und wie groß meine Sorge ist, nicht zu genügen – erkennt sich mein Klient im Sinne der konkordanten Gegenübertragung wieder: So ginge es ihm Tag für Tag. In der weiteren verstehenden Arbeit dieser Affektlage stellt sich heraus, dass diese Organisation stramme Zielvorgaben für die Führungskräfte bereithält. Damit nicht genug: Jeder, der in dieser Organisation seine Ziele nicht mindestens mit 130 % erfüllt, gilt als »Underperformer« und sinkt in der informellen Hierarchie ab. In der Sitzung konnten sinnvolle Copingstrategien für den Klienten entwickelt und sein Widerstandspotenzial gesteigert werden. Diese kurze Situationsbeschreibung zeigt, wie Coaches in der Coachingsituation immer wieder mit Reaktionen, vagen Gefühlen und eigenen Handlungsimpulsen konfrontiert werden, die sie nicht ohne Weiteres einordnen können und auf die sie nicht sofort zu reagieren brauchen. Sie müssen etwas »in sich aufnehmen«, »in sich behalten« und erst verdauen und verarbeiten, bevor sie es an den Coachee in veränderter Form zurückgeben können. Das psychodynamische Modell geht davon aus, dass neben der bewussten Kommunikation ständig auch unbewusste Prozesse, wie Projektionen, projektive Identifikationen und Übertragungen, bei Interaktionen eine Rolle spielen. Dabei sind diese Formen der unbewussten Kommunikation nicht auf pathologische Settings und problematische Inhalte beschränkt, sondern laufen ständig ab. Charakteristisch ist, dass diese Interaktion Unbewusstes vermittelt, das auf keine andere Art und Weise kommunizierbar ist. Das Containmentmodell bietet einen theoretischen Rahmen für Coaches, mit diesem unbewussten Material umzugehen. Es geht dabei nicht nur darum, es auszuhalten, ohne zu sehr belastet zu werden, sondern vor allem darum, das unbewusst Vermittelte zu verstehen und dann verwandelt zurückzugeben. 3.3Konfliktachsen der operationalisierten psychodynamischen Diagnostik als Koordinatensystem Für Coaching spielt (ebenso wie für Konfliktmediation) das Verständnis der Konfliktachsen der operationalisierten psychodynamischen Diagnostik (OPD) eine wichtige Rolle (Benecke u. Möller, 2013). Mit ihrer Hilfe werden Themenfelder erfasst, die für Coachees konflikthaft sind und in denen sie nicht flexibel, sondern eher starr reagieren. Sie stellen somit ein Koordinatensystem innerhalb des Containmentprozesses dar. Mit ihnen kann die persönliche Seite des Coachees erfasst werden. OPD-Achsen überdauernde konflikthafte Themen Bindung/Autonomie Selbstwirksamkeit Versorgung Selbstwert Verantwortlichkeit Konkurrenz Fallbeispiel Fallbeispiel Die Coachee beschreibt detailreich, wie sie ihre Abteilungsleiter führt und nach welchen Prinzipien sie sie in ihre strategischen Überlegungen einbindet. Sie ist sogar einen Konflikt mit ihrer Führungskraft eingegangen, weil sie einen Termin mit dieser verschoben hat, um an einem Workshop einer ihrer Abteilungsleiter teilzunehmen. Unter Konfliktaspekten des OPD bildet die Coachin die Hypothese, dass hier die Dimension Versorgung aktiviert wurde. In Form eines aktiven Modus wird die Versorgung der Abteilungsleiter in den Vordergrund gestellt, möglicherweise werden eigene Bedürfnisse nach Versorgung, z. B. in Form des Termins mit der eigenen Führungskraft, abgewehrt. Im Coaching geht es darum, diese Überlegungen dem Coachee zur Verfügung zu stellen (bewusst zu machen) und gemeinsam darüber nachzudenken, ob er sich in dieser Hinsicht starr und nicht flexibel genug zeigt. Fallbeispiel Ein 45-jähriger Bereichsleiter kommt zum Coaching und betritt zügig vor dem Coach das Beratungszimmer. Im Gehen zieht er sein Jackett aus, lässt es auf einen Sitz fallen, lockert seine Krawatte, setzt sich auf einen anderen freien Sitz, verschränkt die Arme hinter dem Kopf, lächelt und sagt: »So, nun legen Sie mal los.« Die Beraterin spürt daraufhin innerlich Ärger und einen leichten Angriffsimpuls. Sie entscheidet sich dafür, ihrem Affekt zunächst keinen Ausdruck zu verleihen, aber später darauf zurückzukommen. Dementsprechend reagiert sie neutral mit der Frage: »Sollen wir uns zunächst etwas miteinander...


Giernalczyk, Thomas
Dr. Thomas Giernalczyk (Jg. 1959), Psychoanalytiker (DGPT), ist geschäftsführender Gesellschafter der M19-Manufaktur für Organisationsberatung GmbH und Honorarprofessor für Psychologische Interventionen und Therapie an der Fakultät der Humanwissenschaften, der Universität der Bundeswehr in München. Er ist Mitbegründer des Instituts für Psychodynamische Organisationsberatung München (IPOM) und bildet Führungskräfte und Berater in diesem Rahmen weiter.Seine Arbeitsschwerpunkte sind Supervision, psychodynamische Kulturentwicklung, Change -Begleitung, Coaching und Beratung von Familienunternehmen.

Möller, Heidi
Prof. Dr. phil. Heidi Möller, Psychologische Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin, Coach, Organisationsberaterin und Supervisorin, ist Professorin für Theorie und Methodik der Beratung an der Universität Kassel.

Busse, Stefan
Prof. Dr. rer. nat. habil. Stefan Busse, Diplom-Psychologe, lehrt an der Hochschule Mittweida und ist dort Leiter der Zertifikatsstudiengänge 'Supervision und Coaching' und 'Training für Kommunikation und Lernen in Gruppen', Direktor des Instituts für Soziale Kompetenz, Kommunikation und Wissen (KOMMIT) sowie Supervisor, Coach und Ausbilder.

Möller, Heidi
Prof. Dr. phil. Heidi Möller, Psychologische Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin, Coach, Organisationsberaterin und Supervisorin, ist Professorin für Theorie und Methodik der Beratung an der Universität Kassel.

Haubl, Rolf
Prof. Dr. Dr. Rolf Haubl ist Gruppenlehranalytiker, Gruppenanalytischer Supervisor und Organisationsberater. Er lehrte lange Jahre Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie an der Universität Frankfurt/Main und war Direktor des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt/Main.

Dr. Thomas Giernalczyk (Jg. 1959), Psychoanalytiker (DGPT), ist geschäftsführender Gesellschafter der M19-Manufaktur für Organisationsberatung GmbH und Honorarprofessor für Psychologische Interventionen und Therapie an der Fakultät der Humanwissenschaften, der Universität der Bundeswehr in München. Er ist Mitbegründer des Instituts für Psychodynamische Organisationsberatung München (IPOM) und bildet Führungskräfte und Berater in diesem Rahmen weiter.
Seine Arbeitsschwerpunkte sind Supervision, psychodynamische Kulturentwicklung, Change -Begleitung, Coaching und Beratung von Familienunternehmen.


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