Gmehling | Nächste Runde | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Gmehling Nächste Runde

Die Bukowskis boxen sich durch
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7795-0656-0
Verlag: Peter Hammer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Bukowskis boxen sich durch

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-7795-0656-0
Verlag: Peter Hammer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein langer Sommer im Freibad liegt hinter den Bukowski-Geschwistern. Die Tage werden kürzer - aber nicht weniger aufregend für die drei! Für Alf, den Erzähler, der endlich mit dem Boxen anfängt und noch immer an die schöne Johanna denkt. (So oft, dass er beim Boxen schon mal die Deckung vergisst und das tut weh!) Für Katinka, seine taffe Schwester, die "ei-sen-hart" ihre Karriere als "Manneköng" in Paris vorbereitet. Und sogar für den verträumten Robbie, der ein bisschen anders tickt als andere Kinder und in diesem Winter alle überraschen wird. Viel haben sie nicht, die Bukowskis, und nun bangt Mama auch noch um ihren Job in der Bäckerei. An spektakuläre Geburtstagspartys und so was ist jedenfalls nicht zu denken und oft sucht Alf vergeblich nach einem Rückzugsort in der chaotischen kleinen Wohnung. Wo er mal nachdenken kann über sich und Johanna und seinen ersten Boxkampf. Und doch, spürt Alf, hat er alles: eine Familie, in der jeder auf den anderen achtet, Träume, die respektiert werden und so viel Freiheit, wie man braucht, um stark zu werden und sich zu freuen auf das, was kommt.
"Nächste Runde" knüpft an Will Gmehlings "Freibad" an, beide Kinderromane sind unabhängig voneinander lesbar.

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1 Wir waren auf dem Weg zum Boxstudio, Papa und ich, um uns das anzugucken. Es war gleich auf der anderen Seite des Flusses und hieß Butterfly Gym. „Butterfly …“ Papa lachte. „Schmetterling! Prima Name!“ Er hatte heute frei und musste nicht Taxi fahren. Ich war aufgeregt. Einmal war ich ja schon da gewesen, allein, um zu sehen, was sie da machten. Und ich hatte sofort gewusst, dass ich genau das auch machen wollte: kämpfen. Mit Armen und Beinen, beides. Das war schon ein paar Monate her. Das war, bevor wir jeden einzelnen Tag im Freibad waren. Jetzt war der Sommer vorbei, wir hatten schon Ende September. Trotzdem war es noch warm wie im August. Es war so warm, dass die Luft wie ein Mantel war. In der Halle roch es heftig nach Schweiß. Ein Mann kam auf uns zu, er hatte einen Boxerhaarschnitt. So eine Frisur wollte ich auch haben, so bald wie möglich. „Ich bin Hamid“, sagte der Mann und gab uns die Hand. Uns beiden. „Ich bin der Chef hier.“ Ich fand ihn sofort gut. Wie er mit Papa redete. Und auch mich immer wieder anguckte, ernst, aber freundlich. Es war klar, er war ein Profi. Wir setzten uns auf eine Bank an der Wand und guckten zu. Eine Menge Leute trainierten hier, fast alles junge Männer, aber auch ein paar Frauen. Zwei Jungs in meinem Alter. Überall hingen Boxsäcke von der Decke, verschieden große, manche extrem schwer. An der hinteren Wand war der Boxring aufgebaut. Zwei Männer machten Sparring. Das ist, wenn du einen Kampf trainierst. Alle waren konzentriert und taten, was sie zu tun hatten: auf Boxsäcke einschlagen zum Beispiel, oder seilspringen, Dehnübungen. Hamid zeigte zwei Frauen, wie sie aus der Hüfte heraus schlagen mussten. Sie nickten und versuchten, sich alles zu merken. Papa saß entspannt neben mir und beobachtete alles genau. Dann kam Hamid. Er setzte sich zu uns. „Gefällt mir, was Sie hier machen“, sagte Papa. „Mir auch“, sagte ich. Hamid sollte nicht denken, ich wäre ein kleiner Junge, der keine eigene Meinung hat. „Hier sind Leute aus neunundzwanzig verschiedenen Nationen“, sagte er. „Aus Russland, Argentinien, Schweden, Marokko, Ghana, Afghanistan, Syrien, von überallher sozusagen …“ „Sehr gut“, sagte Papa. Mir war das mit den Nationen egal, mich interessierte nur, wann ich anfangen konnte. „Was muss man mitbringen, um hier mitzumachen?“, fragte ich. „Eine Menge Ausdauer“, sagte Hamid. „Du solltest aber vorher ein- oder zweimal ein Probetraining machen.“ „Und Handschuhe?“ „Das hat Zeit. Komm erst mal zum Probetraining.“ Das brauchte ich eigentlich nicht. Ich war absolut sicher, dass das Butterfly wie geschaffen für mich war. Weil ich aber noch keine Handschuhe hatte, war Probetraining vielleicht gar nicht so dumm. Papa würde mir nämlich erst welche kaufen, wenn sicher war, was ich wollte. Wir hatten ja nicht viel Geld und mussten uns immer genau überlegen, wofür wir es ausgaben. Auf dem Nachhauseweg pfiff Papa vor sich hin. Das war ein gutes Zeichen. „Ich hab mir die Preise angeguckt“, sagte er. „Das könnten wir uns leisten.“ „Ich geh gleich morgen wieder hin“, sagte ich. „Langsam, langsam. Erst müssen wir noch was klären …“ Ich wusste nicht, was es da noch zu klären gab. Es war doch alles geregelt. „Du bist jetzt in der fünften Klasse“, sagte Papa. „Und wie ich die Sache sehe, wird es nicht leicht werden für dich.“ Das stimmte. Schon in der Grundschule hatte ich eine Menge Probleme gehabt. Auf der neuen Schule würde es garantiert nicht besser laufen. Im Gegenteil. „Na ja“, murmelte ich. „Also“, sagte Papa und legte seinen Arm um meine Schultern. „Boxen ist gut. Sehr gut sogar. Aber du wirst trotzdem deine Hausaufgaben machen und all das. Einverstanden?“ „Klar“, sagte ich. „Und nicht nur so nebenbei. Sondern richtig.“ Ich nickte. Papa guckte zufrieden. 2 Als wir nach Hause kamen, fühlte ich mich schon fast wie ein Kickboxer. Stark und unbesiegbar. So ähnlich hatte ich mich gefühlt, nachdem ich endlich vom Zehner gesprungen war. Ich, Alfred Bukowski, genannt Alf. Mama wollte wissen, wie es gewesen war im Boxstudio, und wir erzählten ihr alles. Katinka hing im Sessel herum und lernte Französisch. Freiwillig. Obwohl sie erst acht war. Das tat sie jeden Tag. Schon seit Monaten. Robbie saß in der Ecke und sah sich sein Lieblingsbilderbuch an, das mit den Kindern in den Wolken. Sie interessierten sich überhaupt nicht für mich und meine Boxerkarriere. „Nu mongschong ün Bujabäß“, las Katinka laut vor. „Das heißt, wir essen eine Südfrankreich-Fischsuppe. Kannst du das auch mal machen, Mama? Und nicht immer so langweilige Sachen wie Spaghetti mit Tomatensauce?“ „Sonst noch was, Fräulein?“, rief Mama aus der Küche. „Und tu ganz viel Knoblauch rein“, rief Katinka zurück. „Sonst ist es nämlich gar nicht richtig französisch.“ „Da muss man Sit-ups machen, im Butterfly“, erzählte ich. „Und seilspringen. Nicht nur boxen …“ „Ich will zum Fluss und gucken, ob Konrad noch da ist“, sagte Robbie. Wir hatten Konrad im Sommer kennengelernt, auf dem Weg zum Freibad. Er wohnte unter dem Torbogen am Fluss und hatte ein richtiges Bett und auch ein Regal mit Büchern drin. Er sammelte leere Flaschen und holte sich dann bei Penny das Pfand. „Machen wir, Robbie.“ Das war typisch Papa. Er überlegte nicht lange und fand es auch nicht komisch, dass sein kleiner Sohn einen Obdachlosen besuchen wollte. Ich wollte Konrad auch gerne wiedersehen, aber das Boxstudio war jetzt tausendmal wichtiger. „Da war so ein Fitnesstrainer“, erzählte ich, „der war krass gelenkig. Der konnte aus dem Stand zwei Meter hoch springen.“ „Scha noar!“, sagte Katinka und guckte dabei arrogant in ihr Französischbuch. „Schwarze Katze!“ Sie ging mir auf die Nerven mit ihrem Französisch. Alle naselang fing sie damit an, ob man wollte oder nicht. Einmal im Freibad hatte sie versucht, sich mit drei Jungs aus Mali zu unterhalten, aber die hatten sie nur ausgelacht. Seitdem lernte sie noch härter als vorher. „Sserpong dongscheröh! Gefährliche Schlange!“ Ich setzte mich aufs Sofa und guckte vor mich hin, so wie Robbie das oft machte. Aber das hielt ich nicht lange durch. Jetzt wäre ein Smartphone gut, dachte ich, doch das bekam ich frühestens in zwei Monaten, zum elften Geburtstag. Unser Computer war abgestürzt, und Onkel Carl konnte erst in ein paar Tagen kommen, um ihn zu reparieren. Sonst hätte ich mir jetzt Kickbox-Videos reinziehen können, echte Kämpfe. Ich dachte an Johanna. Sie fand es bestimmt gut, dass ich ein Boxer wurde. Sie war die Tochter vom Freibad-Chef. Als ich sie zum ersten Mal sah, blendete sie mich wie eine Sonne. Ich reparierte ihr Rad und lud sie sogar einmal ein, in den Kiosk. Ich wollte Johanna gerne wiedersehen. Katinka hatte ihre Telefonnummer, das wusste ich. „Gib mir mal die Nummer von Johanna“, sagte ich zu ihr. „Ich muss sie was fragen.“ Katinka wollte natürlich wissen, was. „Was mit Mathe“, sagte ich. „Glaub ich dir nicht! Mathe interessiert dich doch nicht die Bohne. Bestimmt willst du wieder ein Rendezvous. Oh là là!“ „Geht dich doch nichts an“, murmelte ich. „Ssänk nöff ssieß troa troa döö ssett“, rief sie und lachte. „Nicht so schnell“, rief ich zurück. Ich konnte zwar auch schon ein paar Zahlen auf Französisch, aber nur ganz langsam. „Da kannst du mal sehen, wie wichtig es ist, Französisch zu können“, sagte sie hochnäsig. „Rendezvous geht eben nur für jemanden, der sich da auskennt.“ „5963327“, sagte Robbie. Katinka hatte ihm die Französischzahlen irgendwann im Freibad beigebracht. Und wenn er etwas erst mal wusste, vergaß er es nie wieder. Ich schrieb die Nummer schnell auf meinen Unterarm, mit Kugelschreiber. Da kam Mama ins Wohnzimmer. „Katinka“, sagte sie geheimnisvoll, „ich hab eine Überraschung für dich. Am Freitagnachmittag bekommst du Besuch von einer jungen Dame. Sie heißt Lucie.“ Katinka legte ihr Buch zur Seite. „Kenn ich nicht.“ „Sie gibt Nachhilfeunterricht in Französisch“, sagte Mama. „Ich hab mit deiner Klassenlehrerin gesprochen. Sie meint, du bist wirklich begabt, und da haben wir uns gedacht, ein paar Extrastunden könnten bestimmt nicht schaden … Und stell dir vor: Lucie ist eine waschechte Pariserin!“ „Lüßie …“, sagte Katinka und sprach das ganz besonders französisch aus, damit wir alle merkten, wie toll sie das konnte. Dann guckte sie wieder in ihr Buch und lernte weiter. 3 In meiner neuen Schule war alles ganz anders als in der Grundschule. Mit der Grundschule war ich einigermaßen klargekommen. Ich war nicht gut gewesen in Deutsch, auch nicht in Mathe, ich war in nichts besonders gut außer in Sport. Aber sie ließen mich in Ruhe, weil sowieso klar war, dass ich nicht aufs Gymnasium kam. Und ich...


Will Gmehling, geboren 1957, war lange Zeit Maler. 1998 erschien sein erstes Kinderbuch "Tiertaxi Wolf & Co." (Sauerländer). "Der Yeti in Berlin" (Sauerländer, 2001) wurde in viele Sprachen übersetzt. Im Peter Hammer Verlag erschienen zuletzt "Chlodwig" (illustriert von Jens Rassmus) und "Freibad", das für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde. Will Gmehling hat zwei Kinder und lebt in Bremen.



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