Görden | Das Science Fiction Jahr 2018 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 500 Seiten

Görden Das Science Fiction Jahr 2018


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-946503-66-8
Verlag: Golkonda Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

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ISBN: 978-3-946503-66-8
Verlag: Golkonda Verlag
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DAS SCIENCE FICTION JAHR ist das Kompendium, das jeder Genre-Kenner und -Liebhaber in seinem Regal stehen haben sollte. Seit 1986 erscheint es in ununterbrochener Folge – erst im Heyne Verlag unter der Schirmherrschaft von Wolfgang Jeschke, dann unter Federführung von Sascha Mamczak. 2015 kam dann der Wechsel zum Golkonda Verlag, der diese Tradition auch jetzt, drei Jahre später, erfolgreich fortführen will. Mit Essays, Interviews, Rezensionen und Rückblicken rund um die Science Fiction wartet DAS SCIENCE FICTION JAHR nun zum 33. Mal auf. Unterschiedliche Autoren blicken zurück auf das, was das Jahr 2017 dem Genre in Buch, Film, Games usw. gebracht hat, und das auf erfrischend ehrlich. Ein besonderer Fokus wird auf der Anfang 2018 verstorbenen Grande Dame der SF Ursula K. Le Guin und auf Autor Brian Aldiss liegen. Eine Bibliografie der erschienen SF sowie eine Übersicht der verliehenen SF-Preise und ein Nekrolog runden das Jahrbuch ab. Mit Beiträgen u.a. von Wolfgang Neuhaus, Jakob Schmidt, Lars Schmeink und Elly Bösl

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Maria Galina Der Zerrspiegel der Utopie Ein Blick von der russischen Seite Ein außereheliches Kind der Philosophie Die Frage, ob eine bessere Welt im Diesseits möglich sei, bewegt die Philosophen seit langem. Die ersten Schöpfer von Utopien kann man nicht einmal als Schriftsteller bezeichnen, da das Schreiben keineswegs ihre Hauptbeschäftigung war. Platon, der Verfasser des berühmten Dialogs über Atlantis, wollte höchstwahrscheinlich nicht das Leben in einem real existierenden Land schildern, sondern das Modell eines idealen Staates; er ist der Menschheit gerade als Schöpfer einer originellen philosophischen Konzeption in Erinnerung geblieben, einer Konzeption, die die Prinzipien des Aufbaus und der Erkenntnis der uns umgebenden Wirklichkeit umfasst. Und auch Thomas Morus (1478–1535), dem wir den Begriff »Utopia« (u-topos bedeutet im Griechischen einen »Ort, den es nicht gibt«) verdanken, war weniger Schriftsteller als vielmehr Philosoph, Theologe, Staatsmann, Historiker … Als er seinen nicht existierenden Staat erdachte, schrieb Thomas Morus, wie damals üblich, weniger ein literarisches Werk als ein belletristisch verbrämtes philosophisches Traktat, welches gleichermaßen auf eine Kritik am damaligen politischen System Englands und auf den Entwurf einer idealen Staatsordnung abzielte. Seine Utopie ist eine »Kommune der Gleichen«, von der Kraft des Gesetzes regiert, wo es kein Geld gibt, kein Privateigentum und keine soziale Ungleichheit. Alle Bewohner von Utopia haben die Möglichkeit, sich in der von der Arbeitspflicht freien Zeit mit Kunst, Wissenschaft und Philosophie zu befassen, alle ehren das Alter und erziehen die Kinder gemeinsam. Ein Jahrhundert später wurde Thomas Campanella (1568–1639), ein Gelehrter, Benediktinermönch und Staatsmann, wegen der Vorbereitung eines Aufstandes im heimatlichen Kalabrien und wegen Propaganda der wissenschaftlichen Methode als Mittel der Welterkenntnis eingekerkert und schrieb im Gefängnis eine weitere Utopie (das Wort ist zum Gattungsbegriff geworden), die im Großen und Ganzen das Modell Thomas Morus’ wiederholte – ein Staat, regiert von einem Philosophenfürsten, wo alle gleich sind, Privateigentum fehlt, die Wissenschaften gedeihen, die Interessen des Einzelnen denen der Gesellschaft untergeordnet sind usw. Später, im 19. Jahrhundert, erwies sich, dass sowohl Morus’ Utopia als auch Campanellas Sonnenstaat durchaus mit den damals modischen sozialistischen und kommunistischen Ideen kompatibel sind. Die utopischen Sozialisten, keineswegs dumm, vermochten trotzdem nicht, die Ideale der Utopia zu verwirklichen. Und im 20. Jahrhundert, als die Literatur offiziell zum Propagandainstrument bestimmt worden war, ergab sich eine paradoxe Situation. Darstellungen der lichten kommunistischen Zukunft waren zweifellos vonnöten und verdienten jedwede Ermutigung, trotzdem gab es nicht allzu viele Utopien. Sag nicht »ja« und nicht »nein«, kauf nichts Weißes und nichts Schwarzes Die meisten der nächsten Zukunft gewidmeten Werke, die in den Dreißiger-, Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts in der Sowjetunion verfasst wurden, waren ganz unverhüllt langweilig. Selbst talentierte Leute wie etwa Alexander Beljajew wagten keinen Flug der Phantasie mehr, der die Bürger des ersten sozialistischen Staates der Welt vom Aufbau des Kommunismus abgelenkt und ins Reich der Wunschträume entführt hätte. Verlangt wurde die sogenannte »Phantastik der nahen Zielsetzung«, die die Überlegenheit der sozialistischen und kommunistischen Lebensweise und den unvermeidlichen Zusammenbruch des Kapitalismus vorführte. Doch selbst auf diesem Gebiet wurde erstaunlich wenig geleistet. Welche Prinzipien dabei walteten, hat der leider viel zu früh verstorbene SF-Autor Kir Bulytschow in »Die Stieftochter der Epoche«, seinem Essay über die sowjetische Phantastik, blendend dargelegt. In der Tat, wie sollte man die unkalkulierbaren Wendungen der »schnurgeraden Parteilinie« vorhersehen? Wie sollte man vermeiden, dass man nicht – und sei es versehentlich – zum Ketzer wurde? Wenn man die nächste Zukunft schilderte, riskierte man, irgendein Mitglied des Politbüros zu erwähnen, und morgen konnte es in Ungnade fallen, und jede Erwähnung dieses Menschen wurde zusammen mit ihm selbst ausgelöscht … Oder man schrieb beispielsweise über die Erfolge der sowjetischen Genetik, und tags darauf war sie schon »die käufliche Dirne des Imperialismus«. Wenn man die ferne Zukunft schilderte, wurde es noch schlimmer. Ganz offensichtlich würde der teure Genosse Stalin früher oder später diese Welt verlassen, aber wie sollte man dem Urteil der Parteizensur eine Welt vorlegen, wo alles gut ist, es aber den Genossen Stalin nicht gibt? Das war nicht nur absurd, das war Frevel! Aber dieses heikle Thema zu umgehen und ihn überhaupt nicht zu erwähnen, war auch ausgeschlossen – was sollte das für ein Werk sein, in dem der Vater der Völker kein einziges Mal erwähnt würde? Der Schriftsteller fand sich in einer Situation wie in dem seinerzeit bekannten Kinderspiel: »Die Gutsherrin hat dir hundert Rubel geschickt. Kauf nichts Weißes und nichts Schwarzes, sag nicht ›ja‹ und nicht ›nein‹. Fährst du auf den Ball?« Es ist kein Wunder, dass die Autoren, die in jenen Jahren gediehen, entweder Schundschreiber waren oder hartgesottene Profis wie Alexander Kasanzew mit seinen globalen Epopöen, in denen viele Völker unter Führung der UdSSR mal eine Brücke quer durch die Arktis bauten, mal eine riesige Stadt im Eis der Antarktis (analog zu den damals so propagierten Großbauten des Fünfjahrplans), und ausländische Spione Schaden anrichteten. Der Spion und der Diversant waren fast die einzigen Quellen eines Konflikts in dieser völlig konfliktarmen Literatur und die einzigen Triebfedern der Handlung – weshalb es in derlei Werken von ihnen wimmelte. Denn die Autoren schrieben ja doch keine philosophischen Traktate, zumindest irgendeine Art von Unterhaltungswert war vonnöten … Die verordnete Gutwilligkeit hatte noch eine weitere, indirekte Folge: In der späteren sowjetischen Literatur hatten, mit sehr wenigen Ausnahmen, alle Außerirdischen, die die Erde besuchten, schon längst den Kommunismus aufgebaut. Wenn hingegen Menschen von der Erde zu einem fremden Planeten flogen, dann waren wir es, die den Kommunismus aufgebaut hatten, und dort im Weltraum herrschten Kapitalismus, Barbarei und Dekadenz. Tatsächlich konnte nach Ansicht der herrschenden Ideologie nur jemand den Raumflug meistern, der fest auf dem Boden der fortschrittlichen marxistisch-leninistischen Wissenschaft stand, und das heißt, dass in den Werken der SF-Autoren Kommunismus und Raumfahrt untrennbar miteinander verbunden waren. Immer näher und näher Die beispiellose Blüte der Literatur in den Jahren des »Tauwetters« (Mitte der Fünfziger- bis Anfang der Sechzigerjahre) hing mit einer Liberalisierung der sowjetischen Gesellschaft zusammen und mit dem Ende der totalen Kontrolle über alle Aspekte des menschlichen Daseins. Die Science Fiction macht keine Ausnahme – sowohl bei uns als auch in den Ländern des »sozialistischen Lagers« traten gleich mehrere bedeutende Autoren hervor, die es erstmals wagten, eine »echte«, »nicht befohlene« Utopie zu zeigen: eine Gesellschaft, die nach dem Sieg des Kommunismus nicht einfach nur in der UdSSR, sondern auf der ganzen Welt entstanden ist. Zuvörderst muss gesagt werden, dass die Leute, die sich diese Aufgabe vornahmen, dabei von den denkbar aufrichtigsten Motiven geleitet wurden. In einem Land, das es satthatte, in Angst zu leben, wollten sie wenigstens auf dem Papier eine Welt erschaffen, wo sich der Mensch frei und glücklich fühlen würde, wo Arbeit keine Last, sondern eine Freude wäre, wo man nicht in jedem Mitmenschen einen potentiellen Denunzianten sähe, wo man zu den Sternen fliegen könnte und barfuß über den Rasen gehen, ohne befürchten zu müssen, dass man auf eine rostige Konservendose oder eine zerbrochene Glasflasche trat. Stanislaw Lems Gast im Weltraum erschien in Polen 1953/54, Iwan Jefremows Roman Der Andromedanebel (deutsch auch Das Mädchen aus dem All) wurde in der UdSSR erstmals 1957 veröffentlicht, der Roman Rückkehr (Mittag, 22. Jahrhundert) von Arkadi und Boris Strugatzki 1962.[1] In diesen Werken wirkte die Utopie keineswegs »oktroyiert« – in der von den Schriftstellern geschilderten Gesellschaft hätte man wirklich gern leben wollen. Man muss sagen, dass unter den drei Werken im Roman Jefremows die Züge der ursprünglichen Utopien am stärksten ausgeprägt sind. Seine Helden teilen ihre Zeit zwischen physischer und geistiger Entwicklung, vervollkommnen unablässig das eine wie das andere, ebenso sind sie verpflichtet, zwischen geistiger und körperlicher (d. h. »unzureichend psychischer«) Arbeit zu wechseln, und das »völlig freiwillig«. Was von solcher »Freiwilligkeit« zu halten war, wusste jeder Sowjetbürger nur zu gut, der einen Teil seines Gehalts an den »Friedensfonds« abzugeben und auf Subbotniks unbezahlte Arbeit zu leisten hatte, doch man ging davon aus, dass in der von Jefremow geschilderten Zeit solch ein Drang zur Selbstaufopferung zum Wohle der Gesellschaft schon fast zum Instinkt geworden sein sollte. Jefremows Helden sprechen eine blumige, hochtrabende Sprache; wie die Personen in den alten Traktaten halten sie sich gegenseitig Vorträge, was nicht wundernimmt – Jefremow hatte eigentlich weniger einen Roman geschrieben als ein philosophisches Traktat. Enzyklopädisch gebildet, von Beruf Paläontologe...


Michael Görden (*1954) zog es schon immer in die Phantastik. Umso mehr freut er sich, dass er, nach einigen Abzweigungen ins dokumentarische Filmen, Übersetzen und in esoterische Sphären, mit Golkonda wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt. Denn mit Science Fiction hat er bei Lübbe in den 1970er-Jahren seine Karriere begonnen. Nun durchstöbert er sämtliche SF-Regale nach außergewöhnlichen phantastischen Perlen, deren Qualität den großen Publikumsverlagen zu hoch ist.



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