Gösele / Wehrheim | Inside Steuerfahndung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Gösele / Wehrheim Inside Steuerfahndung

Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-86413-013-7
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-86413-013-7
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



**Das Enthüllungsbuch des Jahres: Wie die Mächtigen Steuern hinterziehen** Neben BND und BKA gibt es eine weitere staatliche Institution in der Bundesrepublik, die hauptsächlich im Verborgenen operiert, deren weitreichende Befugnisse aber meistens unterschätzt werden - die Steuerfahndung. Wie arbeitet sie? Wie groß ist ihre Macht wirklich? Dieses Buch wurde von einem absoluten Insider geschrieben und bietet einen Blick hinter die Kulissen einer Institution, über die die meisten Menschen fast nichts wissen, die aber allen ein latent unangenehmes Gefühl bereitet.

Frank Wehrheim , geboren 1949 in Bad Homburg, arbeitete von 1967 bis 2009 als Leitender Beamter bei der hessischen Landesfinanzverwaltung. Davon war er 28 Jahre im Steuerfahndungsdienst tätig, zuletzt als Sachgebietsleiter bei der Steuerfahndung in Erfurt und Frankfurt am Main. Seit April 2009 lebt und arbeitet Frank Wehrheim als selbstständiger Steuerberater in Bad Homburg. Michael Gösele wurde 1967 in Lörrach geboren. Nach dem Studium der Neueren deutschen Literatur und Geografie schrieb er als Gerichtsreporter für verschiedene Tageszeitungen und arbeitete als Reporter u. a. für das deutsche Playboy-Magazin. Er lebt in München.
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Außergewöhnliche Belastungen – Wenn Frauen sich rächen


Den mache ich platt

Es waren immer die Augen. Die Haare konnten brünett sein, oder auch grau. Der Schmuck konnte auffällig blitzen oder fast unsichtbar scheinen. Die Kleidung mochte Aufsehen erregen, oder biederes Mittelmaß verraten, nur die Augen einer Frau, die nach Rache sann, ähnelten sich immer. Leer, kalt und zu allem entschlossen. Es waren diese Augen, die jedem Steuerfahnder im Laufe seines Arbeitslebens immer wieder begegneten, denn sie stehen für das Hauptmotiv vieler Anzeigen bei einer Steuerfahndungsstelle: Rache.

Wohl alle Finanzbehörden weltweit profitieren von den Rachegedanken enttäuschter Menschen. Ob es nun eine Frau ist, die von ihrem Gatten nach vielen gemeinsamen Jahren durch eine jüngere Gefährtin ersetzt wurde, oder der treu ergebene Buchhalter, der betriebsbedingt seinen Schreibtisch räumen musste und vor dem Arbeitsgericht verloren hatte. Es kann der erboste Nachbar oder der geprellte Geschäftspartner sein – irgendwann stehen diese aus irgendwelchen Gründen enttäuschten Menschen mit diesem zu allem entschlossenen Blick beim Pförtner eines Finanzamtes und fragen mit knappen Worten nach einem Mitarbeiter der Steuerfahndung.

Unsere Abteilung war in Spitzenzeiten mit bis zu 40 Mitarbeitern besetzt. In alphabetischer Reihenfolge wurde jeder von uns regelmäßig mit dem sogenannten Bereitschaftsdienst betraut. Eine nicht sonderlich beliebte Aufgabe, saß man doch den ganzen Tag an seinem Schreibtisch und musste alle eingehenden Anrufe entgegennehmen. Ob das nun Amtshilfegesuche von Kollegen aus anderen Städten oder Bundesländern waren, die in einem Steuerverfahren kurzfristig ein Frankfurter Bankschließfach versiegeln lassen mussten, – oder eben die Nachricht von der Pforte, dass jemand um ein vertrauliches Gespräch mit der Fahndung ersucht.

Die Dame, die an einem schönen Frühlingsnachmittag vor meinem Schreibtisch stand, wirkte ruhig und gefasst. Sie war äußerlich sehr gepflegt, Mitte 50 vielleicht, trug eine Kurzhaar-Strähnchen-Frisur, kaum Schmuck, hatte schöne, schlanke Hände und einen kaum vernehmbaren hessischen Akzent in ihrer leisen Stimme. Ein kurzer Blick in ihre eng zusammengekniffenen, gefühllosen Augen ließ mich schnell erraten, welche Art Geschichte sie mir in der folgenden halben Stunde erzählen würde.

Kurz und knapp umriss die Frau ihren Lebensweg in den vergangenen 35 Jahren. Mit Anfang 20 hatte sie geheiratet, ihr Mann war ein Handwerker im Heizungs- und Sanitärbereich, selbstständig, sie hatten bald zwei mittlerweile erwachsene Kinder, fünf Angestellte und einen gut gehenden Betrieb auf dem Land. Er war der Handwerker und Geschäftsführer, sie erledigte die Buchhaltung – die klassische Gewaltenteilung unzähliger mittelständischer Handwerksfirmen.

Es kamen, was in solchen Fällen fast immer kommen musste: die menschlichen Abgründe. Der Mann, 58 Jahre alt, geriet offenbar in eine Midlife-Crisis. Es begann mit einem Motorrad, dann kam der Sportwagen und schließlich die 27 Jahre alte Geliebte, die er sinnigerweise auf einem Tennisplatz kennengelernt hatte. Es folgten zwei Jahre Heimlichkeiten, Verdachtsmomente, Beteuerungen und Treueschwüre, bis er schließlich vor wenigen Monaten zwischen Weihnachten und Neujahr seiner Gattin mitgeteilt hatte, dass er ein neues Leben mit seiner Freundin beginnen wolle, und sie – seine langjährige Ehefrau – darin leider keinen Platz mehr hätte.

»Den mache ich platt«, sagte die Frau ohne jegliche Gefühlsregung. Ohne ihre Hilfe hätte ihr Mann es nie so weit gebracht, erklärte sie weiter. In seinem Handwerk wäre er zwar unumstritten, aber als Geschäftsmann wäre er ein Versager gewesen. Im Grunde hätte er ohne ihre Hilfe nicht einmal eine ordentliche Rechnung schreiben können. Das hatte sie, seine treue Gattin, übernommen. Das – wie auch die vielfältigen Manipulationen. Die Steuerhinterziehungen bezogen sich – wie in so vielen Fällen dieser Art – vornehmlich auf die Betriebsausgaben und natürlich die unzähligen Aufträge, die man ohne Rechnung erledigt hatte.

Die vordringlichste Frage bei der klassischen Steuerhinterziehung ist schließlich immer: Wie bekomme ich Gelder frei? Am leichtesten funktioniert dies in all den Branchen, in denen Bargeld im Spiel ist. Einzelhandel, Gastronomie und Handwerk. Die Frage »Brauchen Sie eine Rechnung?« lässt nur eine einzige Interpretation zu: Der Kunde spart sich die Mehrwertsteuer und der Unternehmer spielt einen guten Teil seiner Einnahmen am Finanzamt vorbei, zahlt weniger Steuern und verfügt über Gelder, die er offiziell gar nicht hat und die auch offiziell keine Zinsen einbringen, weil sie in der Schweiz liegen, sodass er sich zudem noch die Versteuerung seiner Kapitalerträge spart. Ein einfaches, äußerst lukratives Verfahren, das so lange gut geht, bis ein Steuerfahnder an der Tür steht.

Auch bei den Betriebsausgaben läuft in der Regel immer dasselbe Strickmuster ab: Private Anschaffungen werden dem Betrieb zugeschrieben. Die teuren Antiquitäten für das Eigenheim sind als Büromöbel deklariert, und das Motorrad wird über eine Reparaturrechnung am Geschäftswagen verbucht. Gerade mit besonders wertvollen Büro-Antiquitäten hatten wir es oft zu tun. In Bezug auf die übliche Abschreibungspraxis steht man hier jedoch vor größeren Problemen. Denn im Vergleich zu einem Tisch, der über fünf Jahre hinweg abgeschrieben wurde und am Ende vielleicht noch einen Euro wert ist, ändert sich der Wert bei Antiquitäten ganz anders. Einmal ganz abgesehen davon, dass wir solche wertvollen Möbel so gut wie nie in den durchsuchten Geschäftsräumen finden konnten, liegt es in der Natur der Sache, dass antike Möbel mit den Jahren eher an Wert hinzugewinnen oder diesen zumindest halten können. Man steht also vor einem echten Abschreibungsproblem.

Auch die Tricks mit dem fingierten Firmenfuhrpark oder der privaten Unterhaltungselektronik waren uns bestens bekannt. Besonders in ländlichen Räumen ist diese Art der Geschäftspraxis gängig. Den örtlichen TV-Händler kennt man aus einem Verein oder noch aus der Schule, und es ist völlig klar, dass auf der Rechnung für den neuen Flachbild-Fernseher ein Firmen-PC aufgeführt wird. Solche kleinen Deals laufen zum Teil ganz automatisch oder werden mitunter auch eingefordert: »Ich kauf’ den Motorroller aber nur, wenn du mir eine Rechnung über einen Autoservice schreibst.« Oder sie gehören zum Kundenservice des Unternehmens selbst: »Was soll ich denn auf die Rechnung schreiben?«

Die Betriebsausgaben steigen mit solchen kleinen Mauscheleien natürlich, der Gewinn sinkt und die Steuerbelastung wird somit für den Durchschnittsunternehmer auf einfachstem Wege immer geringer. Die auf diese Art und Weise erwirtschafteten Gelder wandern – wie im Falle des Sanitärinstallateurs – in aller Regel auf ein Auslandskonto, das dem örtlichen Finanzamt selbstverständlich unbekannt ist.

Die Täterin bleibt straffrei

Der Auftritt der Handwerkergattin in meinem Büro eskalierte am Ende. Die junge Frau an der Seite ihres abtrünnigen Ehemanns wurde von ihr mit Begriffen wie Flittchen oder Schlampe beschrieben, der Gatte selbst als schwanzgesteuerter Idiot tituliert, der diese wertvolle Beziehung einfach wegwerfen wolle und aus diesem Grund vernichtet werden sollte.

Für einen Steuerfahnder sind Auftritte dieser Art von zwiespältigem Charakter. Einerseits muss er sämtliche privaten und zum Teil intimen Aspekte einer solchen Lebensbeichte vollkommen ausklammern, zum anderen ist er dazu verpflichtet, einer derartig detailgetreuen Schilderung von Steuervergehen professionell nachzugehen – frei von etwaigen Gefühlen wie Sympathie, Antipathie oder heimlichen männlichen Solidaritätsgedanken. Was in Fällen wie diesem jedoch am schwierigsten zu verdauen ist, ist die Tatsache, dass der eigentliche »Täter« – in diesem Fall die gewiefte Ehefrau – straffrei aus der ganzen Sache hervorging.

Der Ehemann war in den offiziellen Papieren der Eigentümer und Geschäftsführer des Betriebs und somit auch derjenige, der vom Finanzamt in die Pflicht genommen werden musste, obwohl die Steuerhinterziehung von der Ehefrau begangen worden war, die über die Jahre hinweg die gesamte Buchhaltung beherrscht hatte. Da sie nach außen hin jedoch nur als Angestellte gehandelt hatte und der wirtschaftliche Vorteil allein bei ihrem Gatten lag, wurde sie lediglich als Beihelferin betrachtet, die überdies durch ihre Selbstanzeige auch noch straffrei ausging. Ein harter Brocken, nicht nur für den Gatten, der nach der Aussage seiner Frau so gut wie überführt war.

Wir haben uns bei Fällen dieser Art nicht selten darüber gewundert, mit welcher selbstzerstörerischen Wucht betrogene Frauen mitunter in die Schlacht gegen ihre Männer zogen. Rache und Missgunst überdeckten alles andere. Ganz egal, wie groß bei diesen Selbstanzeigen der eigene finanzielle Schaden war, diese Frauen schossen mit großem Kaliber in das gemeinsam erschaffene Schattenvermögen. Bei dieser Schlacht ging es letztlich nur darum, dass man seinem Ex-Mann und vor allem dessen neuer Partnerin eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit einfach nicht gönnte. Warum aber, so fragten wir uns immer wieder, haben diese Frauen ihre Männer nicht einfach unter Druck gesetzt und ihnen mit der Anzeige gedroht? Sie hätten von Fall zu Fall mit Sicherheit einen Großteil des heimlich angehäuften Vermögens für sich selbst abzweigen können....


Frank Wehrheim , geboren 1949 in Bad Homburg, arbeitete von 1967 bis 2009 als Leitender Beamter bei der hessischen Landesfinanzverwaltung. Davon war er 28 Jahre im Steuerfahndungsdienst tätig, zuletzt als Sachgebietsleiter bei der Steuerfahndung in Erfurt und Frankfurt am Main. Seit April 2009 lebt und arbeitet Frank Wehrheim als selbstständiger Steuerberater in Bad Homburg.

Michael Gösele wurde 1967 in Lörrach geboren. Nach dem Studium der Neueren deutschen Literatur und Geografie schrieb er als Gerichtsreporter für verschiedene Tageszeitungen und arbeitete als Reporter u. a. für das deutsche Playboy-Magazin. Er lebt in München.



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