Goldbeck | Selbst-Er-forschend Philosophieren | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 17, 500 Seiten

Reihe: Dresdner Hefte für Philosophie

Goldbeck Selbst-Er-forschend Philosophieren

Transformation des Konzepts »Selbst-Er-forschend Philosophieren« aus der existenziell-performativen Hermeneutik Hannah Arendts
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95908-491-8
Verlag: Thelem/ w.e.b.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Transformation des Konzepts »Selbst-Er-forschend Philosophieren« aus der existenziell-performativen Hermeneutik Hannah Arendts

E-Book, Deutsch, Band 17, 500 Seiten

Reihe: Dresdner Hefte für Philosophie

ISBN: 978-3-95908-491-8
Verlag: Thelem/ w.e.b.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im fachwissenschaftlichen Teil wird die existenziell-performative Hermeneutik Hannah Arendts, ausgehend von einer existenzphilosophischen Lektüre ihres Gesamtwerkes, dargelegt. Es wird gezeigt, dass Arendts Gesamtwerk eine vollwertige Existenzphilosophie inhärent ist, die zudem mit den Erkenntnissen der neueren Philosophie der Person übereinstimmt. So wird einsichtig, was Arendt zufolge die Bedingungen der Möglichkeit von Persönlichkeitsbildung sind.Der Kern des konzeptionellen Teils besteht in der Darstellung und Erläuterung des durch Transformation aus der existenziell-performativen Hermeneutik entwickelten Konzepts „Selbst-Er-forschend Philosophieren“. Dieses primär für den Projektkurs in der gymnasialen Oberstufe entwickelte Konzept ermöglicht ein a) persönlichkeitsbildendes, b) narrativ-performatives und c) (auto-)biografisches Philosophieren. Es besteht aus sieben Komponenten, und zwar aus 1. konstitutiven und methodischen Unterrichtsprinzipien, 2. kompetenzorientierten Zielen, 3. konkreten Inhalten, 4. einer fünfphasigen Verlaufsform, 5. drei Primärmedien, 6. fünf philosophischen Unterrichtsmethoden und 7. einem dreigliedrigen Lehr-Lernraum. Der bildungstheoretisch-fachdidaktische Teil zeigt auf, inwiefern das Konzept mit den Kernelementen philosophischer Bildung übereinstimmt, dass es bildungspolitisch anschlussfähig ist und dass es im sokratischen Paradigma des Philosophierens zu verorten ist.Schließlich werden auch die Möglichkeiten der empirischen Erprobung und der konkreten Umsetzung in der Schulpraxis ausführlich dargelegt.

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Erstes Kapitel: Vorüberlegungen I. Thesen und Ziele »Wo alles in einem Ausmaß beliebig ist, wie es sich noch nicht einmal der ernsthafteste Nihilist vorstellen konnte, bekommt die Suche nach Halt eine existenzielle Bedeutung.«1 Halt findet der Mensch heute zusehends weniger im Äußeren, weswegen er auf der Suche nach Halt auf sein Inneres verwiesen ist. Nicht nur deswegen ist der Mensch ein Wesen, das existenziell darauf angewiesen ist, sich um sich selbst, genauer, sich um sein fragiles Selbst2 zu sorgen, denn wie Safranski treffend feststellt: »So leicht und selbstverständlich ist es gar nicht, man selbst zu bleiben, wenn man dort draußen seine Erlebnisse hat.«3 Zeit seines Lebens besitzt daher die Sorge den Menschen, eine Erkenntnis, die in der Cura-Fabel des Hyginus treffend zum Ausdruck gebracht wird, weswegen sie Heidegger in Sein und Zeit zitiert und analysiert.4 Die Sorge besitzt den Menschen nicht nur, sie verwickelt ihn auch in gravierende existenzielle Probleme. Die Sorge um sich selbst verwickelt einen in [die] […] Probleme der Selbstwahrnehmung und Selbstbehauptung [Herv. S.G.]. Diese Probleme werden nicht erst aufdringlich bei der grüblerischen Selbstversenkung, sondern sie begegnen alltäglich, im praktischen Handeln, bei der Treue, bei Versprechungen, die man einhält oder bricht, bei der Übernahme von Verantwortung für Vergangenes oder Künftiges, bei jedem Vertrag, den man abschließt.5 Die Sorge um sich selbst ist vor allem auf die Zukunft gerichtet und zielt darauf ab, das eigene Selbst, das dem steten Wandel der Zeit preisgegeben ist, zu bewahren, das eigene Selbst also zu »besorgen«, wie Safranski bezogen auf Heidegger betont. Dabei geht es besonders darum, ein Leben in »Eigentlichkeit« zu führen, d. i. ein Leben, dass den Möglichkeitsraum der eigenen Existenz aktiv durchschreitet, indem einige, vielleicht auch nur eine – »»Ich hatte wohl tausend Leben und nahm nur eines««6 – der dargebotenen Existenzmöglichkeiten begründet verwirklicht werden, wodurch das Leben zu einem individuellen Sein gebildet und ihm dadurch Sinn gegeben wird.7 Die Frage nach dem Sinn individuellen Seins steht im Mittelpunkt dieser Arbeit, in der die fachphilosophischen und philosophiefachdidaktischen Grundlagen sowie die zentralen Elemente des Unterrichtskonzepts »Selbst-Er-forschend Philosophieren« erläutert werden, das auf individuelle Sinngebung und Persönlichkeitsentwicklung abzielt. Die fachphilosophische Grundlage des Konzepts ist die Existenzphilosophie Arendts. Die fachphilosophisch zentrale These dieser Forschungsarbeit besteht nämlich in der Annahme, dass Arendts politischer Theorie, Philosophie und politisch-philosophischer Praxis eine vollständig ausgearbeitete Existenzphilosophie inhärent ist, die eine aufschlussreiche Auskunft bezüglich der Bedingungen und Möglichkeiten individuellen Seins gibt. Wie die Ausführungen im dritten Kapitel zeigen werden, steht im Mittelpunkt von Arendts Existenzphilosophie das Phänomen der »personalen Identität« und damit eng verbunden die Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten von Personalität und Persönlichkeit, zwei Phänomenen, die Arendt im Kontext ihrer Existenzphilosophie mit den Begriffen »Dass-Jemand-ist« (vgl.: VA 223) und »Wer-Jemand-ist« (vgl.: VA 217, 219) bezeichnet. Arendts Existenzphilosophie ist gerade bezüglich der genannten Phänomene besonders aufschlussreich, weil sie sowohl das tatsächliche Vorhandensein von Personen als von Persönlichkeit und damit das Phänomen »personale Identität« überzeugend zu erklären vermag. Sie zeigt daher auch auf, wie ein sinngebendes Verständnis von, und damit wiederum verbunden, ein sorgender Umgang mit individuellem Sein möglich ist, das sich in der personalen Identität eines Menschen ausdrückt.8 Mit der fachphilosophischen These eng verbunden ist die zentrale philosophiefachdidaktische These, wonach es möglich ist, aus Arendts Existenzphilosophie das Konzept »Selbst-Er-forschend Philosophieren« durch mehrere Teil-Transformation9 zu entwickeln. Dieses Konzept soll normativ gehaltvoll sein und die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, sich selbst und andere sinngebend zu verstehen und daraus Perspektiven für die eigene Persönlichkeitsentwicklung zu gewinnen. Ein Konzept also, in dessen Mittelpunkt die individuelle Sinngebung steht und dem es um die Befähigung zur Selbstsorge geht. Ein solches, theoretisch wie fachdidaktisch fundiertes sowie unterrichtspraktisch wohl durchdachtes normatives Unterrichtskonzept für die Gestaltung von Philosophieunterricht aus der Existenzphilosophie Arendts zu entwickeln, ist aus einem entwicklungspsychologischen, einem bildungstheoretischen und einem curricularen Grund dringend geboten. So äußert sich das Bedürfnis nach individueller Sinngebung am stärksten im Jugendalter, in der Spanne zwischen der Pubertät und dem Eintritt in das Erwachsenenleben (15. bis 30. Lebensjahr)10, also in einer Lebensphase, in der der Mensch wie in keiner anderen damit beschäftigt ist, sein Leben bewusst zu reflektieren und danach strebt, diesem eine Richtung zu geben, indem er versucht, den gegenwärtigen Sinn des eigenen Seins festzustellen und es auf einen zukünftigen Sinn hin zu befragen und zu entwickeln. Persönlichkeitsbildung, also die Befähigung zur individuellen Sinngebung und Persönlichkeitsentwicklung ist die Aufgabe und das zentrale Ziel der allgemeinen Bildungstheorie, speziell jedoch der Theorie philosophischer Bildung, da das Problem der Persönlichkeitsbildung vor allem in den Bereich der ethischen Bildung fällt, was u. a. Torkler hervorhebt.11 So ist besonders philosophisch-ethische Bildung als ein Prozess der Selbstkultivierung aufzufassen, der eine vernünftig-stimmige, verantwortete und verantwortbare Lebensform zum Ziel hat. Wenn also »[…] Bildung die Befähigung [verkörpert], den Anspruch auf Selbstbestimmung und Entwicklung eigener Lebens-Sinnbestimmungen zu verwirklichen und diesen Anspruch auch für alle Mitmenschen anzuerkennen, […]«12, dann muss die Bildungstheorie im allgemeinen und die philosophische Bildungstheorie im Besonderen auf das Bedürfnis vieler Jugendlicher nach individueller Sinngebung mit Unterrichtskonzepten reagieren, die nicht nur zielführend und praktikabel, sondern auch fachlich fundiert und fachdidaktisch gut durchdacht sind. Dies besonders dann, wenn dem Bedürfnis der Schülerinnen und Schüler nach individueller Sinngebung im Oberstufenphilosophieunterricht nur am Rande bzw. indirekt entsprochen wird, weil im Mittelpunkt desselben der wissenschaftspropädeutische Wissens- und Kompetenzerwerb steht, der daher die einschlägigen Curricula prägt, wie z.B. den Kernlehrplan für das Fach »Philosophie« in der gymnasialen Oberstufen im Land Nordrhein-Westfalen, und für die explizite und intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit nicht genügend Raum lässt.13 Aus Vorherigem folgt: Unter der Voraussetzung, dass sich Arendts politische Theorie, Philosophie und politisch-philosophische Praxis existenzphilosophisch rezipieren und in Form einer vollwertigen Existenzphilosophie darstellen lassen (Ziel 1), muss sich das Konzept »Selbst-Er-forschend Philosophieren« schlüssig aus dieser entwickeln lassen (Ziel 2), ein bildungstheoretisch gehaltvolles Philosophieren ermöglichen bzw. philosophiefachdidaktisch legitimierbar sowie bildungspolitisch und damit curricular anschlussfähig sein (Ziel 3) und nicht zuletzt im Philosophieunterricht unter Realbedingungen praktiziert werden können, was die Ausarbeitung eines modifizierbaren Unterrichtsverlaufsplanes und Vorgaben für die vorherige Erprobung des Konzepts zur effektiven Umsetzung in der Praxis notwendig macht (Ziel 4). Durch das Erreichen der vorherigen vier zentralen Ziele sollen besonders zwei philosophiefachdidaktische Forschungsdesiderate eingelöst werden: Zum einen ein bildungsphilosophisches Forschungsdesiderat, das Torkler zufolge in der Darlegung und Erläuterung der »Struktur der Bildung der Person« besteht. Zum anderen die didaktisch-methodische Ausarbeitung und Erläuterung eines Konzepts, das einen Weg aufzeigt, wie der Philosophieunterricht »innerhalb gegenwärtiger Kompetenzmodelle« einen bildungstheoretisch fundierten und konzeptionell gut ausgearbeiteten Beitrag zur Persönlichkeitsbildung leisten kann.14 1 Stangneth, B.: Böses Denken. 2. Auflage. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2016. S. 160. 2 Der Begriff »Selbst« ist ein mehrdeutiger und daher philosophisch höchst klärungsbedürftiger Begriff. Wie der Begriff, der immerhin im Titel dieser Forschungsarbeit steht, im Kontext derselben verwendet wird und wie insbesondere Arendt diese Begriff gebraucht, wird im dritten Kapitel hinreichend geklärt. 3 Safranski, R.: Zeit. Was sie...



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