Golden | Das Totenschiff | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

Golden Das Totenschiff

Roman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-641-20829-5
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-3-641-20829-5
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In den Tiefen des legendären Berges Ararat wartet eine sensationelle Entdeckung – und der Tod.

Ein Erdbeben legt auf dem Berg Ararat im Osten der Türkei den Eingang zu einem riesigen Höhlensystem frei. Dort macht das Expeditionsteam um die Forscher Meryam und Adam eine spektakuläre Entdeckung: ein uraltes Schiff, und das 4000 Meter über dem Meeresspiegel! Handelt es sich tatsächlich um die Arche Noah, wie Legenden besagen? An Bord wird ein Sarg gefunden, darin ein menschenähnliches Wesen mit Hörnern. Während die Forscher noch versuchen, dessen Herkunft zu ermitteln, tobt um den Berg ein mächtiger Schneesturm, der die Forscher von der Außenwelt abschneidet – und es kommt zum ersten Todesfall ...

Christopher Golden ist in den USA bereits ein preisgekrönter New-York-Times-Bestsellerautor. Geboren und aufgewachsen ist er in Massachusetts, wo er auch heute noch mit seiner Familie lebt.
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Zwei

In den Straßen von London nieselte es, aber niemand schien sich daran zu stören. Ein paar der Passanten auf der King’s Road hatten zwar ihre Schirme geöffnet, aber die meisten schlossen bloß einen weiteren Knopf an ihren Mänteln und schenkten dem leichten Regen ansonsten keine Beachtung.

Adam Holzer vergrub die großen Hände tief in den Taschen seines grauen Wollmantels. Er war auf Long Island in New York aufgewachsen und hatte sich schon dort an so manchem trüben Novembertag dafür verwünscht, dass er den Wetterbericht nicht aufmerksamer verfolgt hatte. Sein Umzug nach London hatte daran offensichtlich nichts geändert, und er glaubte auch nicht, dass sein bevorstehender dreißigster Geburtstag Besserung bringen würde.

Dreißig, dachte er. Scheiße.

Er hatte überall auf der Welt Berge bestiegen – den Mount McKinley gemeinsam mit seinem Vater, als er gerade mal siebzehn war –, und jetzt würde er sich auf dem Gehweg vor einer möglichen Hochzeitslocation den Tod holen, nur weil sich seine Verlobte wieder einmal verspätete und er nicht klug genug gewesen war, einen Regenschirm mitzunehmen.

Er zog sein Handy aus der Tasche und überprüfte die Zeit: 13:37 Uhr. Sie waren um eins verabredet gewesen. Den Termin mit der Geschäftsführerin des Bluebird hatte er zwar vorsorglich auf halb zwei gelegt – denn er hatte damit gerechnet, dass Meryam, wie in letzter Zeit immer, zu spät kommen würde –, aber nun müsste er bald ohne sie hineingehen.

Sie hatte ihm nicht mal eine Nachricht geschickt. Er fing an, eine an sie zu tippen, doch als sein Blick dabei auf die beiden SMS fiel, die er ihr bereits geschrieben hatte, ließ er es bleiben. Sie hatte sie entweder gelesen und beschlossen, sie zu ignorieren, oder eben nicht. Eine weitere Nachricht würde ihre Ankunft jedenfalls nicht auf magische Weise beschleunigen.

Adam sah über die Straße zur Fassade des Bluebird hinüber. Es war ein niedriger weiß getünchter Bau, der zwischen den hübschen Reihenhäusern in Ziegel- oder Steinbauweise ausgesprochen deplatziert wirkte. Im Erdgeschoss der meisten Häuser waren Geschäfte untergebracht, und im Moment ließ er den Blick über das Schaufenster der Apotheke wandern. An Regentagen verkauften solche Läden billige Regenschirme für fünf Pfund das Stück.

Aber die Betreiberin des Bluebird wartete sicher schon. Er versuchte, sich an ihren Namen zu erinnern – Emily Soundso. Er hatte ihn auf einem Stück Papier notiert, das in seiner Brieftasche steckte. Das Bluebird genoss einen erstklassigen Ruf, wenn es um Hochzeiten ging. Es war sowohl für die Zeremonie als auch für den anschließenden Empfang geräumig genug. Auf den Bildern, die er im Internet gefunden hatte, waren viele silberne, weiße oder verspiegelte Oberflächen zu sehen gewesen, fröhliche Menschen, die ihre Champagnerflöten zu Trinksprüchen erhoben, und hübsche kleine Mädchen, die auf einem behelfsmäßigen Gang Blumen streuten. Streichquartette lächelten in die Kamera, und die Hochzeitspaare wirkten sehr glücklich.

Alles absolut zauberhaft.

Inzwischen hätte sich Adam allerdings auch am Fuß der Admiral-Nelson-Statue am Trafalgar Square trauen lassen, mit Taubenkacke anstelle von Rosenblättern, wenn Meryam sich nur endlich für eine Location erwärmen würde. Sie wollte in London heiraten, und dafür hatte er Verständnis. Immerhin war das ihre Heimatstadt. Aber ein bisschen genauere Hinweise als bloß London wären wirklich hilfreich gewesen.

Nachdem er das Handy wieder in die Tasche geschoben hatte, ging er am Vorderzaun entlang und spähte durch das schmiedeeiserne Tor. Hoffentlich wartete Emily Soundso nicht an der Tür auf ihn. Ein Regentropfen fand den Weg in sein Hemd und rann ihm das Rückgrat herunter. Er erschauderte und kapitulierte endgültig vor der tristen Stimmung dieses grauen Tages.

»Adam!«

Er drehte sich um und sah, wie Meryam auf ihn zulief. Ihr grellroter Regenschirm stach im trüben Licht unter der Wolkendecke ebenso ins Auge wie einst Lady Godiva auf ihrem Pferd. In diesem feuchten Wetter hatte sich ihre braune Kurzhaarfrisur in einen unbändigen Lockenschopf verwandelt, und sie grinste auf eine Weise, die ihm allzu vertraut war. Dieses Grinsen zeugte von einem verschmitzten Humor, den er je nachdem beängstigend oder hinreißend fand.

»Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr«, sagte er.

Meryam neigte den Kopf zur Seite und den Regenschirm gleich dazu. »Ich würde dich doch hier nicht einfach so stehen lassen, Schatz.«

»Du meinst, so wie letzten Montag vorm Battersea Arts Centre?«

Sie trat dicht an ihn heran, nahm ihn unter den roten Regenschirm und schlang den rechten Arm um seine Hüften. Dann küsste sie ihn, und Adam ließ es zu. Er merkte, wie ein bisschen von seinem Ärger verpuffte, verbot es sich aber, sie anzulächeln.

»Dafür hab ich mich doch schon so oft entschuldigt«, sagte sie. »Du weißt doch, wie ich bin, wenn ich schreibe. Ich habe im Wilton’s gesessen und komplett die Zeit vergessen.«

Der Regen fiel nun dichter, und dicke Tropfen prasselten auf den Schirm über ihren Köpfen. Dieses Schutzdach schuf einen intimen Raum für sie, der die gesamte restliche Welt auszuschließen schien. In dieser Atmosphäre fiel es ihm schwer, seine ernste Haltung zu bewahren. Immerhin war sie nur zehn Minuten zu spät dran.

Vierzig, rief er sich ins Gedächtnis. Nach allem, was sie weiß, hat sie sich vierzig Minuten verspätet. Du hast ihr ein Uhr gesagt.

Den letzten Montag hatte er ihr schon fast verziehen, aber eben nur fast. Sie schrieben gerade an ihrem dritten gemeinsamen Buch und wechselten sich dabei wie immer ab. Meryam hatte es sich inzwischen zur Gewohnheit gemacht, völlig in ihrer Arbeit zu versinken, sodass Adam sich nur zu gut vorstellen konnte, wie sie im Pub saß, Tee trank und auf der Tastatur ihres Laptops tippte und dabei alles andere aus dem Blick verlor.

Allerdings passierte das nicht zum ersten Mal. Anfang Mai hatte er ihr in Schottland auf dem Gipfel des Ben Nevis, den sie nur für ein Picknick bestiegen hatten, einen Antrag gemacht. Zuerst schien Meryam ganz außer sich vor Begeisterung, aber damit war es vorbei, seit sie mit den konkreten Hochzeitsvorbereitungen begonnen hatten. Sie hatte sich, egal ob es um die Blumen, die Einladungen oder die Hochzeitslocation ging, zu keiner Entscheidung durchringen können und war beinahe zu jeder Verabredung zu spät erschienen.

Jetzt hielt sie ihn fest umarmt. Der Schirm kippte ein wenig nach hinten, und ein kleiner Regenschauer ergoss sich über sie.

»Hör auf damit«, sagte sie.

»Wovon redest du?«

»Du weißt genau, was ich meine.«

Adam küsste sie auf die Stirn. Sie waren beide etwa einen Meter achtzig groß, und manchmal küsste sie ihn auf die gleiche Weise zurück. Aber nicht heute.

»Lass uns reingehen«, sagte er. »Die Geschäftsführerin wartet schon …«

»Wenn Sie uns nicht bereits abgeschrieben hat«, vervollständigte Meryam den Satz für ihn.

»Genau.« Adam sah sie an. »Hör mal, ich bin ja froh, dass du so blendende Laune hast, aber ich hab heute bis auf einen Apfel noch nichts gegessen. Daher würde ich das hier gern so schnell wie möglich hinter mich bringen. Und da wir beide wissen, dass du für das ganze Thema keinen Nerv hast, sollten wir jetzt einfach reingehen, damit wir wenigstens nicht mehr im Regen stehen. Und dann kannst du diese Location genauso ablehnen wie alle anderen davor, damit ich mich weiter auf die Suche machen kann. Während du überlegst, wie du mir am besten beibringst, dass du mich eigentlich gar nicht mehr heiraten möchtest.«

Sie hörte auf zu grinsen. Stattdessen trat ein trauriger Ausdruck in ihre Augen, und sie schubste ihn in den Regen hinaus, verstieß ihn aus der innigen Zuflucht unter ihrem Schirm.

»Das ist nicht fair«, flüsterte sie beinahe unhörbar, während ein Lastwagen vorüberrumpelte. »Und es stimmt auch nicht.«

Er stieß den Atem aus und vergrub die Hände wieder in den Manteltaschen. »Was soll ich denn sonst glauben?«

»Dass ich dich liebe. Und dass ich von diesem Buch abgelenkt bin und auch von der Vorbereitung unserer Abenteuer im nächsten Jahr. Und ich weiß, dass du jetzt sagen wirst, im Moment gibt es nur ein Abenteuer, für das du dich interessierst. Aber einer von uns muss sich darum kümmern, dass Geld reinkommt, und im Moment bin ich das.«

Adam ließ die Schultern hängen und spürte, wie er innerlich aufgab. Dagegen konnte er kaum etwas einwenden. Sie hatte sich zwar nicht genug um ihre Hochzeitsvorbereitungen gekümmert, aber dafür hatte er sich zu wenig mit den vielen Monaten beschäftigt, die sie in Südamerika verbringen würden. Sie hatten vor, die Anden zu durchwandern, und wollten den Aconcagua erklimmen, den höchsten Berg außerhalb Asiens. Was sie dabei erleben würden, wollten sie zu ihrem vierten Buch verarbeiten.

»Ich stehe im Regen«, sagte er und gestattete sich endlich ein Lächeln, das allerdings etwas halbherzig ausfiel. »Können wir reingehen?«

Meryams verschmitztes Grinsen kehrte zurück. »Ich fürchte nein, mein Schatz. Der Termin ist abgeblasen. Und das gilt auch für alle anderen Termine in nächster Zukunft.«

»Du hast doch gerade gesagt …«

»Ich liebe dich, und ich möchte, dass du mein Ehemann wirst, aber könntest du mal für einen Moment die Klappe halten?«

Adam presste die Lippen zusammen und hob nur vielsagend die Augenbrauen.

Meryam nickte zufrieden. »Sehr gut. Und jetzt hör mir...


Golden, Christopher
Christopher Golden ist in den USA bereits ein preisgekrönter New-York-Times-Bestsellerautor. Geboren und aufgewachsen ist er in Massachusetts, wo er auch heute noch mit seiner Familie lebt.



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