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Goller / Scharrer | Berufsfeldentwicklung Pflege | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 396 Seiten

Goller / Scharrer Berufsfeldentwicklung Pflege

Gesundheitsversorgung sichern, Profession gestalten
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-17-043686-2
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Gesundheitsversorgung sichern, Profession gestalten

E-Book, Deutsch, 396 Seiten

ISBN: 978-3-17-043686-2
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Sammelband widmet sich einer umfassenden Betrachtung des deutschen Gesundheits- und Pflegesystems aus verschiedenen Blickwinkeln. Dazu gehören neben den tatsächlichen Versorgungsbedarfen der pflegeempfangenden Menschen sowie deren Zu- und Angehörigen in ihren Lebenswelten auch das Berufsfeld der Pflegeprofession und die bestehenden Strukturen in der Gesundheitsversorgung. Im Versorgungsalltag zeichnet sich ab, dass die Perspektive der Pflege- und Gesundheitsfachpersonen und die Perspektive der Betroffenen nicht übereinstimmen: Ein großer Teil der Verantwortung wird den Pflegeempfängern und ihren Angehörigen selbst zugewiesen. Die primären familiären (Versorgungs-)Strukturen sind aufgrund der gesellschaftlichen und demografischen Entwicklung weggebrochen und es ist nie gelungen, dies durch künstlich geschaffene sekundäre Strukturen ausreichend zu ersetzen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt daher auf der Analyse der pflegerischen Rolle im Kontext der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und modernen Gesundheitsversorgung.

Prof. Dr. Eileen Goller, Professur für Pädagogische Handlungsfelder in Gesundheits- und Pflegeberufen, Westsächsische Hochschule Zwickau. Dr. Cindy Scharrer, Schulleitung an der Lindenburg Akademie - Schule für Pflegefachberufe, Universitätsklinikum Köln. Mit Beiträgen von: Eileen Goller, Cindy Scharrer, Elisabeth Bauermann, Manuel Benz, Katrin Blanck-Köster, Brigitte Bührlen, Axel Doll, Matthias Drossel, Ramona Ertl, Annemarie Fajardo, Lutz Hager, Martina Hasseler, Carsten Hermes, Sebastian Hofstetter, Michel Hummel, Patrick Jahn, Miriam Koch, Bernhard Kraft, Nadine Konopik, Christa Olbrich, Anja Katharina Peters, Christian Pihl, Sandra Postel, Sabrina Roßius, Karl-Heinz Sahmel, Tom Schaal, Erika Schuchardt, Dean Shams, Erika Gisela Sirsch, Barbara Städtler-Mach, Dominik Stark, Alisa Stephan, Tim Tischendorf, Annelie Wagner und Katja Weber.
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Geleitwort II


Martina Hasseler


Zum Zeitpunkt der Verschriftlichung des Vorwortes dominieren diverse Entwicklungen in Deutschland das Thema »Pflege«. Der Bundesgesundheitsminister und das Ministerium scheinen überraschend festgestellt zu haben, dass mehr Menschen pflegebedürftig sind als bisherige Berechnungen kalkuliert haben; die Pflegefachberufe wurden aus wichtigen Reformen im Gesundheitswesen gestrichen bzw. es wurden gezielt jene Maßnahmen aus den Referentenentwürfen genommen, die die Pflegefachberufe hätten stärken können (aus dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz und dem Referentenentwurf für die Krankenhausreform) und es steht ein Pflegekompetenzgesetz an, das der Politik verdeutlicht, sie müssen rechtlich ganz andere Entscheidungen treffen als sie offensichtlich angenommen haben. Ein Pflegekompetenzgesetz, das die Pflegefachberufe unterstützen und fördern will, muss nämlich auch den Arztvorbehalt kritisch reflektieren und gesetzliche Rahmenbedingungen für autonome Verantwortungsbereiche von Pflegefachberufen treffen, damit diese an der Gesundheitsversorgung teilhaben können. Und: diese Leistungen müssen dann auch finanziert werden. Pflegefachliche Leistungen ohne entsprechende Finanzierungsgrundlagen können in einem ökonomisierten Gesundheitssystem nicht stattfinden und wir sehen in Deutschland: sie finden auch nicht statt.

Als Autorin des Vorwortes bin ich stark beeinflusst von meinen Eindrücken von Nursing in den USA (habe einen Teil meines Forschungssemesters in den USA verbracht) und kann diese nur zusammenfassen mit: bezogen auf die Berufsfeldentwicklung und Gestaltung der Profession Pflege ist Deutschland mehr als 100 Jahre im Rückstand. Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten ein merkwürdiges Verständnis von Pflege entwickelt, das weniger von der pflegerischen Gesundheitsversorgung geprägt ist, sondern mehr vom Carework eines Sozialgesetzbuches, das leider das Präfix Pflege hat. In vielen Bereichen ist Deutschland mittlerweile weit hinten, wenn es um die Rolle, Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Pflegefachberufen im internationalen Vergleich geht. In nicht wenigen Bereichen möchte ich konstatieren, ist Deutschland mittlerweile außen vor.

Das hat unter anderem eben auch mit dem sonderbaren Verständnis von Pflege in Deutschland zu tun. Dieses ist wie bereits formuliert, eher geprägt von Carework, aber nicht mehr von pflegerischer Gesundheitsversorgung. Ich kann diese Feststellung nicht oft genug wiederholen, denn sie hat u. a. auch Einfluss darauf, dass Deutschland in der Anwerbung internationaler Nurses eher erfolglos ist. Wenn Deutschland nicht mehr ein Verständnis von Nursing mit anderen Ländern teilt, sind angeworbene Nurses irritiert, kommen nicht oder gehen nach kurzer Zeit wieder.

Ein großes Problem ist, dass das Wort bzw. Präfix »Pflege« so undifferenziert verwendet wird. Leider hat es sich in Deutschland durchgesetzt, die Pflegeversicherung, also das SGB XI mit dem Synonym Pflege abzukürzen. Durch diese Verkürzung ist der Eindruck entstanden, das SGB XI würde auch die Pflegefachberufe und pflegefachliche Versorgung abdecken. Das ist aber falsch, da das SGB XI nur ein Teilleistungsrecht ist und zum hohen Teil von Eigenleistungen der Pflegebedürftigen und ihrer Familien und Angehörigen abhängt. Wenn man in die Verträge zwischen Pflegekassen und ihren Vertragspartnern (also Arbeitgebern, Träger von Einrichtungen etc.) schaut, so stellt man fest: Es wird alles Mögliche verhandelt, aber ganz sicher kaum pflegefachliche Leistungen. Es geht beim SGB XI grundsätzlich nur um die Basisversorgung, die mit geringen Mitteln eingekauft werden kann. Eine weitere Notwendigkeit ist also, den Terminus »Pflege« differenzierter zur verwenden und zu verdeutlichen, welche »Pflege« gerade gemeint ist: Ist damit das SGB XI – Carework bzw. die Basisversorgung oder die pflegefachliche Versorgung (die noch differenziert wird in z. B. Akutpflege, Notfallpflege, chirurgische Pflege, Hospizpflege, Rehapflege, präventive oder gesundheitsförderliche Pflege, Intensivpflege, neurologische Pflege und, und, und) oder die Laienpflege, Familienpflege oder, oder gemeint. Ohne eine differenzierte Zuordnung, welche »Pflege« gefördert, unterstützt und reformiert werden soll, wird sich die derzeit eher sehr schwierige Situation der Pflegefachberufe und die Berufsentwicklung und pflegerische Gesundheitsversorgung kaum erfolgreich realisieren lassen. Die Entwicklungen der letzten beiden Jahrzehnte sind ein Zeugnis davon.

Während meines USA-Aufenthaltes hatte ich Termine mit Kolleginnen namhafter Universitäten und Schools of Nursing, die allesamt überrascht waren, dass Deutschland kein Scope of Practice für Advanced Nurse Practitioner hat, aber entsprechende Studiengänge anbietet. Ich wurde oft gefragt, wie es denn die Ärztinnen und Ärzte alleine schaffen wollen, die Gesundheitsversorgung zu sichern. Diese Frage konnte ich nicht beantworten, außer mit der Aussage, dass es um Geld und Einfluss geht, wenn man Pflegefachberufen in Deutschland mehr Aufgaben und Verantwortlichkeiten in die Gesundheitsversorgung integrieren will, aber andere Berufsgruppen diese nicht abgeben möchten und bei politischen Entscheidungen keine Rolle spielt, wie die Bedarfe der Gesundheitsversorgung gedeckt werden können oder welche internationalen Evidenzen international vorliegen. In Kapitel 2.9 ( Kap. 2.9) dieses Buches wird das Thema der Advanced Nurse Practitioner (ANP) eingegangen. Anmerken möchte ich, dass in den USA die Entwicklung der ANP so weit vorangeschritten ist, dass diese mit einem Doktorgrad of Nurse Practitioner als Regelabschluss absolvieren. Die Möglichkeit, selbstständig und autonom zu arbeiten, hängt auch von den Bundesstaaten in den USA ab. Aber in den meisten Bundesstaaten haben sie gesetzlich determiniert sehr selbstständige Aufgaben, die sie abrechnen und/oder in eigenen Praxen leisten können. Ich hatte die Gelegenheit, bei Abschlusspräsentationen der Doktorarbeiten wie auch den praktischen Prüfungen dabei zu sein. Das Niveau war wissenschaftlich-methodisch wie praktisch sehr hoch. An dieser Stelle möchte ich auch mahnen, dass Deutschland aufgrund seines sonderbaren Verständnisses von »Pflege« die Entwicklung der Pflegefachberufe im Sektor Krankenhaus und Akutversorgung absolut vernachlässigt.

Mit anderen Worten, dieses Land benötigt dringend ein differenziertes Verständnis von »Pflege«, wenn eine Stärkung der Pflegefachberufe in Richtung pflegerische Gesundheitsversorgung erfolgen soll ( Kap. 2). Deutschland scheint vergessen zu haben, aus welchen Gründen es sich eine dreijährige Berufsausbildung leistet und aus welchen Gründen sich historisch Pflege als Beruf entwickelt hat. Deutschland wird nur dann sich vom sonderbaren Verständnis von Pflege lösen können, wenn es in der Lage ist, die Laienpflege, die dominierend im SGB XI adressiert wird, von der beruflichen Pflege und vom SGB XI zu unterscheiden. Es muss verstehen, dass Pflegefachberufe sektoren- und settingübergreifend eingesetzt werden. Eigentlich gibt das Pflegeberufegesetz (PflBG) vor, welche Kompetenzen von Pflegefachberufen nach einer Pflegeausbildung oder einem Pflegestudium zu erwarten sind. Aber eigenartigerweise setzt dann offensichtlich eine Amnesie im Gesundheitswesen ein und Pflegefachberufe erhalten kaum Chancen, diese erworbenen Kompetenzen einzusetzen. Sie werden dann oft für Basisversorgungsbereiche eingesetzt, nicht selten sollen sie dann auch noch Putzen von Betten oder anderen Gegenständen übernehmen. Diese Tätigkeiten und Verrichtungen sind eigentlich für Pflegehelferinnen und Pflegehelfer und Pflegeassistenz vorgesehen. Durch die Gleichsetzung von Pflegehelferinnen und -helfern und Pflegefachassistenz mit Pflegefachberufen, die ein Staatsexamen oder einen Bachelorabschluss erworben haben, wird der Pflegeberuf bzw. werden die Abschlüsse abgewertet und sinnlos gemacht. Mit anderen Worten: Pflegefachberufe werden im gesamten Gesundheitswesen falsch eingesetzt und oft nicht für die Bereiche, für die die eigentlich qualifiziert werden. Diese Fehleinsetzung führt zur Frustration von Pflegefachberufen und ist neben vielen anderen Faktoren ein Grund, die Pflegepraxis zu verlassen.

Es ist hochrelevant, sich auf die Aufgaben und Verantwortlichkeiten zurückzubesinnen und Pflegefachberufen gesetzlich definierte Aufgabenbereiche zuzuschreiben, die sie abhängig von Kompetenz- und Qualifikationsgrad ausüben dürfen. Es braucht also diverser Scope of Practice, die gesetzlich festlegen, welche Aufgaben und Verantwortlichen Absolventinnen und Absolventen von Masterstudiengängen, von Bachelorstudiengängen und von Berufsausbildungen der Pflege übernehmen dürfen. Des Weiteren ist eine Abgrenzung von Pflegehelfenden und Pflegeassistenzen erforderlich. Denn es bleibt festzuhalten: jede Gleichsetzung von Pflegehelfenden und Pflegeassistenzen mit beruflich ausgebildeten oder studierten Pflegefachberufen wertet letztere massiv ab. Zudem ist zu konstatieren, dass...


Prof. Dr. Eileen Goller, Professur für Pädagogische Handlungsfelder in Gesundheits- und Pflegeberufen, Westsächsische Hochschule Zwickau.
Dr. Cindy Scharrer, Schulleitung an der Lindenburg Akademie - Schule für Pflegefachberufe, Universitätsklinikum Köln.

Mit Beiträgen von:
Eileen Goller, Cindy Scharrer, Elisabeth Bauermann, Manuel Benz, Katrin Blanck-Köster, Brigitte Bührlen, Axel Doll, Matthias Drossel, Ramona Ertl, Annemarie Fajardo, Lutz Hager, Martina Hasseler, Carsten Hermes, Sebastian Hofstetter, Michel Hummel, Patrick Jahn, Miriam Koch, Bernhard Kraft, Nadine Konopik, Christa Olbrich, Anja Katharina Peters, Christian Pihl, Sandra Postel, Sabrina Roßius, Karl-Heinz Sahmel, Tom Schaal, Erika Schuchardt, Dean Shams, Erika Gisela Sirsch, Barbara Städtler-Mach, Dominik Stark, Alisa Stephan, Tim Tischendorf, Annelie Wagner und Katja Weber.



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