E-Book, Deutsch, 144 Seiten
Gottschalk Der Apfel des Todes
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7519-6272-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die letzte Chance der Menschheit
E-Book, Deutsch, 144 Seiten
ISBN: 978-3-7519-6272-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Im Jahr 2025 vernichtet ein Atomkrieg die Länder am Persischen Golf mit den Ölquellen. Daraufhin werden Fracking Bohrungen in größeren Tiefen durchgeführt, wodurch es drei Jahre später zur Katastrophe kommt: In North Dakota löst eine Bohrung eine Kette von Tiefenbeben aus, die zu einem Riss in der Erdkruste und dem Erdmantel führen. Es bildet sich eine Giftwolke aus dem Inneren der Erde, die jegliches Leben auf der Erde auslöscht. Nur einer Gruppe von Touristen in Tibet gelingt es, sich in einem Raumschiff in Sicherheit zu bringen. Die Freude über die Rettung hält nicht lange, denn sie geraten in die Hände eines Finsterlings, der die letzten Überlebenden in eine Falle lockt. Zwei jungen Leuten, ein amerikanischer Student und eine Designerin aus Berlin, gelingt die Flucht. Sie bringen das Raumschiff unter ihre Kontrolle und wagen die Reise zur Andromeda Galaxie, wo es einen erdähnlichen Planeten gibt. Schaffen sie es, dort menschliches Leben zu etablieren? Die Endzeitnovelle, die auf einer Anregung der Autorin A. Tupolewa basiert, fasziniert durch eine spannungsgeladene Handlung mit rasanten Szenen und skurrilen Typen, die dem Leser ein Lächeln abringt. Am Ende stellt sich heraus: Es handelt sich um eine Lovestory der etwas anderen Art.
Engelbert Gottschalk, 1963 in Moers geboren, ist Stadtplaner und lebt mit seiner Frau in Düsseldorf. Er hat an den Universitäten Trier und Frankfurt a. M. Geografie, Volkswirtschaft und statistische Methodenlehre studiert. Seine zweite Heimat ist Asien. Zahlreiche Reisen führten ihn zum indischen Subkontinent, nach Tibet und Südostasien. Seit 2017 ist er selbstständiger Schriftsteller. Seine Stories sind in der realen Welt angesiedelt, in die plötzlich und unerwartet das Fantastische einbricht. Szenen aus dem Alltag oder dem privaten Umfeld der Protagonisten wechseln sich ab mit surrealen Episoden. Seine Erzählung »Die Friedhofswärterin« ist im November 2018 im Rahmen der Anthologie »Versteckt liegende Friedhöfe und ihre Geheimnisse« bei Shadodex, Verlag der Schatten, erschienen. Ein Monat später kam die Geschichte »Liebe 2.0« in der Anthologie »Vollkommenheit« beim Hybrid Verlags auf den Markt. Weitere Veröffentlichungen u. a. im Kurzgeschichtenband von Elke Bockamp (Op de Dam) sowie die Story zweier pubertierender Jugendlicher bei Kindle (Angst²). Im November 2019 wurde die Anthologie »Zartbitter - Geschichten von Nachtschwärmern, Traumtänzern und Pechvögeln« bei BoD veröffentlicht.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Karo La-Hochpass, nördlicher Himalaya, 5.036 Meter
Der Pass vor dem Gletscher strahlte die Ruhe von Fremdenverkehrsorten während der Coronavirus-Epidemie im Jahr 2020 aus. Lediglich eine Schar Geier auf einem abgestorbenen Baum glucksten und warteten auf die passende Gelegenheit, ihren Hunger zu stillen. Mit Bussen oder Jeeps hatten die letzten Tagestouristen den Versuch unternommen, sich in tieferen Gebieten in Sicherheit zu bringen. Sie kamen nicht weit – niemand überlebte das Gemisch toxischer Gase aus dem Inneren der Erde. Bunte Gebetsfahnen flatterten im Wind, ein strahlend weißer Stupa mit gewölbtem goldenem Dach trotzte den Naturgeistern. Oberhalb der Straße krochen vier Menschen einen Hang hinauf, der an den Flanken von Gerölllawinen überzogen war. Sie stritten über die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, mit den übrigen Teilnehmern der Tibet-Rundreise durch die Wolkenfront ins Tal zu flüchten, zumal sich Linda um ihre Mutter Marina sorgte, der die Höhenluft gesundheitliche Probleme bereitete. Liang, der chinesische Leiter der deutschen Reisegruppe, trippelte mit den Füßen auf der Stelle und fütterte sein Smartphone mit Zahlenkolonnen, doch in dieser abgelegenen Gegend gab es weder ein Telefonnetz noch eine Internetverbindung. Er befürchtete, seine Stellung als Fremdenführer zu verlieren, denn die staatlichen Behörden entzogen Landsleuten, die ausländische Touristen in Gefahr brachten, die Lizenz. Das breite Gesicht, die kurzen schwarzen Haare und die untersetzte Figur verliehen dem Enddreißiger das typische Erscheinungsbild eines gebildeten Han Chinesen, wobei die dunkle Hornbrille das seriöse Aussehen unterstrich. »Der Busfahrer trägt die Verantwortung für unser Missgeschick«, sagte Liang und griff sich an die Drosselgrube. »Er ist in Panik geraten und ohne uns losgebraust. Vermutlich ist ihm nicht einmal aufgefallen, dass vier Personen fehlen.« »Vier Menschen und ein Hund«, korrigierte ihn Alexandra, 62-jährige Frühpensionärin aus Düsseldorf, die nach dem Tod ihres Ehemanns um die Welt jettete. Mit stoppeligen grauen Haaren, satten 40 Kilogramm Übergewicht und rotem, um die Schulter geworfenen Umhang sah sie älter aus, eher wie eine Frau Anfang siebzig. Der Mischlingsrüde jaulte vor Freude, als sie sein pechschwarzes Fell streichelte. Sie hatte den Hund in einem Klosterhof mit einem Fleischwurstring aus Deutschland versorgt. Es war ihr ein Herzensanliegen, sich um das Tier zu kümmern, zumal ihr eigener Hund kurz vor der Pensionierung von einem Geländewagen überrollt worden war. Lucky, der vor dem Klosterasyl von zwei Trunkenbolden beinah zu Tode geprügelt wurde, genoss die Zuneigung und wich nicht von ihrer Seite. Obwohl er seit der Attacke leicht humpelte, liebte er es, herumzutollen oder zu spielen. »Ich bin mir sicher, dass Hilfstrupps unterwegs sind, um uns vom Pass runter zu holen und nach Lhasa zu befördern«, beruhigte Liang die Damen. Hinter ihm erhob sich der Gletscher majestätisch in den Himmel, eine Symphonie aus blauweiß, die in der Sonne glitzerte. Der Chinese lachte, doch es klang eher wie das Krächzen eines Rabenvogels. Er hasste Tibet mit den Scharen religiöser Pilger, den Tempeln und Klöstern, bekam bei jeder Reise Probleme, den Körper an die Höhenluft zu gewöhnen. Er lebte in Suzhou, eine für chinesische Verhältnisse kleine Stadt von rund einer Millionen Einwohner im Großraum Schanghai. Jedes Mal nach der Landung in Lhasa, der Hauptstadt der Hochgebirgsregion, litt er unter Kopfschmerzen, lag in den Nächten wach und sehnte das Ende der Tour herbei. Seine Frau erwartete in den kommenden Tagen ihr erstes Baby. Liang hatte ihr versprochen, nach der Geburt des Kindes die staatliche Tourismusbehörde zu ersuchen, ihn anstelle der Tibet-Rundreise für ein anderes Programm einzuteilen. Marina begab sich in die Hockstellung. Das Atmen fiel schwer, als würde die Luft nicht in die Lunge gelangen, ihre Beine zitterten wie Grashalme im Wind. »Du hättest vor Antritt der Reise einen Arzt konsultieren müssen«, sagte der Chinese und fühlte ihren Puls. Er schlug flach, unregelmäßig. »Es gibt nichts, vor dem ich mich fürchte«, entgegnete die geschiedene Unternehmergattin. Sie hustete, rau und hart, was der Tochter die Sorgenfalten auf die Stirn trieb. Mit der Bemerkung spielte Marina auf ihre Erkrankung an. Sie litt an Lungenkrebs im Endstadium und nahm täglich Opioide gegen die Schmerzen ein. Das Dach der Welt zu erleben war ihr Kindheitstraum, den sie jetzt mit Leben füllte. Linda war es nicht gelungen, ihre Mutter die Reise auszureden, zumal sie den Schweregrad der Erkrankung vor der Abreise verheimlicht hatte. »Tibet sehen und sterben? Ist es das, wonach sich dein Herz sehnt?«, fragte Linda, die sich durch ihre grellbunte Outdoor-Kleidung sowie der dick aufgetragenen Schminke von den anderen Damen der Reisegruppe abhob. Unter dem blaugelb gestreiften Anorak trug sie einen von ihr in Berlin entworfenen knallroten Designerpullover, wobei ein Seidenschal mit Blumenmuster ihre Extravaganz betonte. Marina antwortete nicht, sondern bewunderte stattdessen den Gletscher, der ihr die Erhabenheit der Natur zu Füßen legte. »Schau doch, dort unten vor der Passstraße! Das ist ein Flugzeug«, jubilierte Alexandra und äugte mit ihrem mondförmigen Gesicht in den Himmel, dessen Licht den Augen schmerzte. Liang sprang auf und trat Lucky, wie die Pensionärin den Rüden nannte, aus Versehen auf den Schwanz. Der Hund jaulte und versteckte sich hinter einen Felsbrocken. »Das sind Rettungskräfte aus der Hauptstadt«, behauptete der Chinese und verhalf der Endfünfzigerin dazu, sich aufzurichten. Sie machte sich schwer, wäre am liebsten liegengeblieben. »Bei deiner Atemnot gehörst du ins Krankenhaus«, schimpfte er. »Mach dir keine Sorgen, mich schreckt der Tod nicht. Seitdem ich dem Himmel so nah bin, fühle ich seine Aura. Sie ist sanft und leicht wie eine Daunenfeder.« »Blödsinn! Gib mir bitte sofort deine linke Hand.« Der Chinese zog die Wollmütze tief in sein kantiges Gesicht und stieg mit ihr den Hang herunter. Die zwei anderen Damen folgten ihnen schweigend. Der Rüde blieb stehen und nahm Witterung auf. Er heftete die Blicke an das Flugzeug, das wie ein Gespenst vom Himmel zur Erde schwebte. Seine Körperhaltung dokumentierte, dass er kurz vor dem Reißaus stand. Die Gruppe erreichte die Passhöhe, wo das Flugzeug auf einer mit Steinen übersäten Fläche landete. Räder wirbelten Staub auf, ein Windstoß nagte an der Außenhaut des Jets. Kaum hörbar bremste er ab. Eine gespenstige Stille folgte. Der Pilot im Cockpit rührte sich nicht von der Stelle. Eine Lack-Schirmmütze, deren Krempe bis zur Nasenspitze reichte, bedeckte weite Teile des Gesichts. Zudem verbarg er die Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille, die ihm das Aussehen eines Mafioso aus dem Mittelmeerraum verlieh. »Komisches Ding«, bemerkte Linda, die mit 28 Jahren jüngste Teilnehmerin der Reisegruppe. »Solch ein Flugobjekt habe ich noch nie gesehen.« »Ich auch nicht«, zischte Liang, der sich mit Trippelschritten dem Jet näherte. Wie von Geisterhand gesteuert öffnete sich die Einstiegstür am Heck. Die Fahrgastbrücke fuhr herunter und setzte scheppernd auf dem Boden auf. Es staubte wie in einer Kiesgrube im Hochsommer. Wang schaute in das Cockpit, wo der Pilot, ohne eine Miene zu verziehen, die Bordelektronik überprüfte. Der Chinese drehte sich um, winkte der Gruppe zu und rief: »Die Zeit drängt! In ein paar Minuten verschwindet die Passhöhe im Nebel. Es ist zu riskant, sich ihm auszusetzen. Nichts wie rein in die gute Stube.« Unter Murren befolgte die Gruppe dem Rat des Reiseleiters und steuerte auf das Flugzeug zu. »Wer fliegt die Maschine? Warum steigt der Pilot nicht aus, um uns zu begrüßen oder aufzuklären?«, fragte Linda und zog die Schultern hoch. »Ist mir egal! Hauptsache weg von hier«, riet Alexandra und nahm Lucky auf den Arm. Knurrend befreite sich der Hund aus der Umklammerung. »Nanu! Hast du Flugangst?« Die Düsseldorferin versuchte, ihn mit den Füßen voranzuschieben, doch er wich aus und lief zurück zum Hang. »Er fürchtet sich davor, in den Jet einzusteigen. Wer garantiert uns eigentlich, dass wir nicht in eine Falle tappen«, sagte Linda. Sie schmiegte sich an ihre Mutter an, die sich kaum auf den Beinen zu halten vermochte. »Ach was! In einer Stunde ist Marina in ärztlicher Behandlung«, sagte der Reiseleiter, nahm die Unternehmergattin kurzerhand auf den Rücken, kletterte mit ihr die Brücke hoch und trug sie ins Innere des Flugzeugs. Er wunderte sich über die massiven Türen und...