Buch, Deutsch, 252 Seiten, Format (B × H): 147 mm x 210 mm, Gewicht: 338 g
Über Krieg und Religion, Politik und Kirchen
Buch, Deutsch, 252 Seiten, Format (B × H): 147 mm x 210 mm, Gewicht: 338 g
ISBN: 978-3-943624-23-6
Verlag: Angelika Lenz Verlag
Die Verflechtung von Religion und Politik fand im Christentum ihren Höhepunkt. In der christlichen Kultur waren Politik und Krieg immer von den Vertretern der Religion getragen, die geistige Aufrüstung kam aus dem Evangelium. Das Herrschaftschristentum brachte vielen Ländern Europas Macht und Reichtum, die Religion schien sich gelohnt zu haben. Ohne Zweifel hatte die „Verfilzung“ von Religion und Politik zum Aufbau einer einheitlichen Weltdeutung, Kultur und Zivilisation geführt, wenn auch häufig mit Waffengewalt.
Erst Freidenkern, Freimaurern, Freireligiösen und den Vordenkern der rationalen Aufklärung ist es auf mühsame und gefährliche Weise gelungen, dieses totalitäre System von Religion und Politik in kleinen Schritten aufzubrechen. Damit entstanden die Ansätze der demokratischen Politik, des Rechtsstaates mit dem gleichen Recht für alle und der allgemeinen Menschenrechte und Menschenpflichten.
Dieses Buch möchte neben der vergangenen und gegenwärtigen Verflechtung von Religion und Politik vor allem zeigen, dass heute auch ganz andere Verbindungen von religiösen und politischen Orientierungen möglich geworden sind.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Einleitung 5
I. TEIL REZENTE VERFLECHTUNGEN 7 Anton Grabner-Haider
1.1 Aufrüstung der Theologen 7
1.2 Kampf den Juden! 13
1.3 Der Duce und der Papst 19
1.4 Die Prälaten und der Diktator 26
1.5 Der Ideologe als Bischof 35
1.6 Auf in den Tod! 43
1.7 Das verhinderte Requiem 48
1.8 Die Himmelfahrt Mariens 54
1.9 Der Papst und sein Konzil 59
1.10 Der Zauderer und die Pille 63
1.11 Der Schauspieler aus Polen 67
1.12 Der Kettenhund aus Bayern 72
1.13 Der Horror des Aurelius Augustinus 81
1.14 Der Papst und die Maske 86
1.15 Franziskus im Würgegriff 93
1.16 Die heiteren Schafe 96
1.17 Die auferstandene Aphrodite 101
II. TEIL VERGANGENE VERFLECHTUNGEN 107 Anton Grabner-Haider
2.1 Konstantin als Sonnenkönig 107
2.2 Die neue Reichsreligion 109
2.3 Das Ende der Akademie 114
2.4 Konzile der Bischöfe 117
2.5 Verfolgung der Ketzer und Hexen 120
2.6 Der Aufrührer aus Sachsen 125
2.7 Scheidung auf Englisch 129
2.8 Vordenker der Aufklärung 131
2.9 Revolution und Heilige Allianz 135
2.10 Die politischen Ideologien 139
III. TEIL SICHT DER KIRCHENFREIEN 145 Erich Satter
3.1 Warum kirchenfrei leben? 145
3.2 Freie Weltanschauungen 157
3.3 Das liberale Denken 171
3.4 Die Kraft der kritischen Vernunft 180
3.5 Das selbstbestimmte Leben 188
3.6 Das humanistische Denken 196
3.7 Trends der Gegenwart 207
3.8 Ein Blick zurück 216
3.9 Übersicht säkularer Organisationen 226
IV. TEIL EIN LEBENSNAHER EINWURF 231 Susanna Berndt
4.1 Was spricht gegen eine Selbstbestimmung des Menschen? 231
4.2 Wozu ein Recht auf Sterbehilfe? 244
4.3 Weshalb gibt es theologische Fakultäten und Religionsunterricht? 247
Einleitung
Die Verflechtung von Religion und Politik fand im Christentum ihren Höhepunkt, vor allem seit der Zeit des einheitlichen Reichschristentums (380 n.Chr.). Sie war ungleich stärker als im Islam, der keine einheitliche Ideologie der Herrschaft bilden konnte. Doch in der christlichen Kultur waren die Politik und der Krieg immer von den Vertretern der Religion getragen, die geistige Aufrüstung kam aus dem Evangelium. Die Kleriker und Theologen lehrten, Gott habe alle Länder der Erde den Christen versprochen, damit sie dort ihr heiliges Evangelium verkünden können. Damit aber wurden die christlichen Völker dazu aufgefordert, andere Länder und Kontinente zu erobern und große Kolonialreiche zu bilden. Das Herrschaftschristentum brachte den meisten Ländern Europas damit Macht und Reichtum, die Religion schien sich gelohnt zu haben.
Ohne Zweifel hatte die „Verfilzung“ von Religion und Politik zum Aufbau einer einheitlichen Weltdeutung, Kultur und Zivilisation geführt. Die einzig wahre Lehre der Christen musste mit Waffengewalt durchgesetzt werden, dafür waren alle militärischen Mittel erlaubt. Nichtchristen und christliche Abweichler (Häretiker) wurden von Fürsten und Bischöfen gnadenlos verfolgt. Die Gerichte der Inquisition sollten die gottlosen „Irrlehrer“ überall aufspüren und vernichten. Damit wurde das Christentum zu einem geschlossenen, autoritären und repressiven Herrschaftssystem.
Erst Freidenkern, Freimaurern, Freireligiösen und den Vordenkern der rationalen Aufklärung ist es auf mühsame und gefährliche Weise gelungen, dieses totalitäre System von Religion und Politik in kleinen Schritten aufzubrechen. Damit entstanden die Ansätze der demokratischen Politik, des Rechtsstaates mit dem gleichen Recht für alle und der allgemeinen Menschenrechte und Menschenpflichten. Es waren die Denkansätze der antiken Philosophie (Stoiker, Kyniker, Epikureer), welche wieder zum Tragen kamen und das enge Band zwischen Religion und Politik wieder etwas lockerten. Doch in vielen Ländern Europas besteht dieses Band bis heute, oft ist es mit Blumen und Goldgirlanden geschmückt und den meisten Zeitgenossen tut es gar nicht mehr weh.
Doch nicht wenige kritische Bürgerinnen und Büger erkennen die Ambivalenz dieser Verfilzung von Thron und Altar, heute von Parlamenten und Weihrauchduft. Viele Politiker brauchen auch heute noch den Wohlgeruch von christlichen Bildern und von religiös begründeten Morallehren. Sie trauen der kritischen Vernunft und dem demokratischen Diskurs nicht zu, die Grundwerte des friedvollen Zusammenlebens mit weniger Bezug zur Religion bewahren zu können. Dieses Buch möchte in kritischer Auseinandersetzung die vergangene und die gegenwärtige Verflechtung von Religion und Politik noch einmal nachzeichnen. Hauptsächlich möchte es zeigen, dass heute auch ganz andere Verbindungen von religiösen und politischen Orientierungen möglich geworden sind.
Graz, im Sommer 2016