Grän / Mezei | Glück in der Steiermark | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 262 Seiten

Grän / Mezei Glück in der Steiermark


2. Auflage 2019
ISBN: 978-3-86913-998-2
Verlag: ars vivendi
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 262 Seiten

ISBN: 978-3-86913-998-2
Verlag: ars vivendi
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Martin Glück, frisch geschieden und immer noch als "Springer"
eingesetzt, landet in der Abteilung "Leib und Leben" im
Landeskriminalamt Graz. Die traditionelle Abneigung der
Steirer gegen alles Wienerische macht dem Chefinspektor zu
schaffen, aber Graz zeigt sich nach seiner Ankunft - mitten im
Steirischen Herbst - von seiner aufregenden Seite. Mehrere
mysteriöse Todesfälle im Hilmteichviertel halten nicht nur
die städtische Kulturszene in Atem. Glück freundet sich mit
Gigi an, Mimin am Schauspielhaus, die ihn mit den heißesten
Informationen aus dem "Intrigantenstadl" versorgt. Eine
Reise in die Südsteiermark bringt die beiden nicht nur einander
näher, sondern Glück auch ein großes Stück weiter in
seinen Ermittlungen. Liebe, Hass, Rache, Angst: Viele Wege
führen zum Verbrechen - und seiner Aufklärung.

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  Kapitel 2 Sie sieht aus wie ein Boxer nach einem brutalen Kampf. Hämatome um Augen und Wangen, Schwellungen rund um die Nase, die dick verklebt ist. Aus dem Tropf neben ihrem Bett sickert im Zeitlupentempo Flüssigkeit in ihre Vene. Die Infusion gegen etwas auszutauschen, das garantiert tötet, dieser Gedanke ist mir natürlich gekommen. Aber sie liegt ohnehin schon da wie auf dem Silbertablett. Wehrlos. Sie schläft mit offenem Mund, dem leichte Schnarchgeräusche entweichen. So friedlich sieht sie aus mit ihrer neuen Nase, Modell »griechisch«. Na ja, eine Schönheit war sie ja wohl nie. Eher der intellektuelle Typ. Eine Schmeißfliege war sie, eine, die sich im Dreck der anderen suhlte. Vergangenheitsform. Ja, diese grammatikalische Nuance ist durchaus angebracht. Denn Steffi Hütter wird diese Nacht nicht überleben. Weil sie bestraft werden muss. Es ist alles ihre Schuld. Nicht meine. Ich setze mich nur zur Wehr, das ist mein gutes Recht. Ich tue es ja nicht gern. Es ist nicht so, dass ich Spaß am Töten hätte, oh nein. Es ist eine Notwendigkeit, das Gebot der Stunde. Du hast immer die Wahl, hat ein Therapeut zu mir gesagt, du musst dich nur für das Richtige entscheiden. Yes, Sir, genau so. Das Richtige ist, Steffi Hütter zu töten. Zweiter Gedanke: Luft spritzen, aber im Halbdunkel des Zimmers scheint mir diese Version zu riskant. Und nun, vor ihrem Bett, entscheide ich mich für das Einfache. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass es immer die beste Wahl ist. Mit einem Griff ziehe ich ihr den Polster unter dem Kopf weg. Sie stöhnt ein bisschen, aber nicht laut und nicht lang, denn jetzt drücke ich ihr den Polster aufs Gesicht, schnell, schwer und kompromisslos. Von Schmerz – und Schlafmittel betäubt, bleibt ihr nur ein gedämpftes Stöhnen, das niemand außer mir hören kann. Ihre Beine zucken, aber auch nur kurz, und sie hat keine Kraft, sich mit den Armen gegen diesen Angriff zu wehren. Ihr geht die Luft aus. Ich zähle leise bis dreißig und halte den Druck noch aufrecht, als sie schon hinüber sein muss. Den Blick habe ich immer auf die Tür gerichtet, sollte die Krankenschwester auf die Idee kommen, nach der Patientin zu schauen, würde ich das Kissen ganz schnell wieder unter Steffis Kopf schieben. Aber die Schwester sitzt im Bereitschaftszimmer und schaut sich auf ihrem iPad eine Netflix-Staffel an. Mit Kopfhörern. Und ihre Runde dreht sie erst, wenn die Folge zu Ende ist. »Safe«, eine englische Thriller-Serie. Wenn das nicht irgendwie ironisch ist … Ich nehme den Polster von ihrem Gesicht und lege ihn wieder unter Steffis Kopf. So friedlich liegt sie da. Und so tot. »Gute Reise«, flüstere ich ihr ins Ohr, bevor ich mit leisen Schritten zur Tür gehe, sie vorsichtig öffne und dann hinaushusche in den Flur, der um vier Uhr morgens so still ist wie ein Friedhof.   ***   Mara steht auf der Terrasse und raucht. Sie ist nervös, und sie hat Angst, obwohl der Professor sie mit vielen Worten, von denen sie nur die Hälfte verstand, beruhigt hat. Die Vaginalstraffung per Laser sei ein harmloser medizinischer Eingriff, schonend, beinahe schmerzfrei. Ein Routineeingriff, und auf ihren ausdrücklichen Wunsch wird sie während der Behandlung sogar in einen kurzen Dämmerschlaf versetzt. Davon erwacht, könne sie ohne Weiteres nach Hause fahren. Mit dem Taxi. Nur fünf Tage müsse sie auf Geschlechtsverkehr verzichten, sagte der Professor mit einem Augenzwinkern. Er ist wirklich sehr nett, denkt Mara, und er hat ihr auch erlaubt, einen Abend vorher in der Klinik einzuchecken. Gegen einen Aufpreis von dreihundert Euro. Den wahren Grund, warum sie nicht in ihrer Wohnung übernachten wollte, hat sie ihm natürlich nicht verraten: die eifersüchtige Ehefrau, diese alte Furie, die sie im Santa Clara tätlich angegriffen hat. So was von peinlich, die Olivenöl-Attacke, und dass sie sich dann noch geohrfeigt haben, war auch nicht gerade oscarreif. Am Ende blieb ihr nur der Rückzug mit öligen Haaren und roter Wange, und sie hat genau gesehen, dass die Wirtin und die anderen Gäst’ das Ganze zu allem Überfluss noch witzig fanden. Irgendwer hat mit dem Handy gefilmt, und irgendwer wird es der Zeitung stecken, Skandal, Skandal, was aber eigentlich, denkt Mara, für ihre Schauspielkarriere gar nicht so schlecht wär. Hauptsache, man kommt ins Gespräch. Nur hat sie jetzt ein bisserl Angst vor der Gisela Prader. Die weiß, wo die Geliebte ihres Mannes wohnt. Weshalb Mara es vorzog, einen Tag früher in die Hilmteichklinik zu fahren. Zufällig war grad ein Zimmer frei, obwohl sie nur zehn Betten haben. Ist halt ein kleines, feines Haus. Und der Professor gehört zu den Besten in Österreich, weshalb so viele Promis zu ihm pilgern. In diesem Moment wünscht sich Mara allerdings, sie wär in ein Hotel gegangen. Dann könnte sie jetzt ein Flascherl Sekt aus der Minibar öffnen. Alles wegen der Nerven, sie ist halt hypersensibel. Aber um die Zeit noch eine Schlaftablette einzuwerfen, wenn ihr OP-Termin um acht Uhr morgens ist, wär auch ein Blödsinn. Apropos Blödsinn: Die Vaginalstraffung macht sie nur Emanuel zuliebe. Weil der sich beschwerte, sie habe eine Vagina wie ein Güterbahnhof. Nicht sehr charmant, der Herr, und sie musste sich schwer zusammenreißen, um ihm nicht entgegenzuschleudern, dass seine »Lok« einfach zu winzig sei. Nein, das hat sie ihm nicht gesagt, denn er ist der große Regisseur aus Deutschland, und sie die kleine Schauspielerin aus Graz. Na ja, aus Birkfeld eigentlich, aber das macht sich nicht so gut in der Vita. In Birkfeld war es, dass sie mit siebzehn geschwängert wurde und ihre katholische Mutter sie zwang, das Kind auszutragen. Sie haben es dann zur Adoption freigegeben, Mara machte die Matura nach und schrieb sich in die Schauspielschule ein. Kinderkriegen ist nicht gut für die Vagina. Daher wird jetzt der Güterbahnhof verkleinert. Drei Sitzungen à fünfhundert Euro, dann kann sie vielleicht auch bei mickrigen Lokomotiven was fühlen. Irgendwas. Statt immer nur bühnenreif zu stöhnen. Emanuel ist tatsächlich der erste Mann, der sich darüber beschwerte. Er sagt immer, was er denkt. Weshalb ihn alle hassen, außer seiner eifersüchtigen Ehefrau und Mara Sibelius, Schauspielerin mit einem Ehrgeiz, der über die Grazer Bühne weit hinausgeht. Emanuel hat ihr eine Rolle in seinem Stück versprochen – und was hat sie bekommen? Einen Satz auf der Bühne, beinah eine Statistenrolle. »Schau Schatzerl, es waren schon alle Rollen besetzt, als du, als wir …« Als ob er nicht der Herrgott wär als Starregisseur. Und wie er immer versucht, den Slang zu imitieren, Edelsteirisch, und rauskommt so ein g’schissenes Münchnerisch mit Wiener Einschuss. Mara zündet sich aus Wut noch eine Zigarette an und fährt zusammen, als sie Schritte hört. Die Furie, die sie sogar hier aufgespürt hat? Aber so früh am Morgen? Zum Glück ist es nur Alma irgendwas, den Nachnamen hat sie vergessen. Die hat es offenbar schon hinter sich, denn ihre Kinnpartie ist gerötet und geschwollen. Alma trägt zwei Kaffeebecher in der Hand. »Ich hab Sie hier stehen sehen, Sie können wohl auch nicht schlafen. Wollen S' vielleicht auch einen Kaffee? Schwarz ohne Zucker.« Mara nimmt den Becher dankend an und schlürft den heißen Kaffee in kleinen Schlucken. Alma trinkt mit Strohhalm. »Fadenlifting mit einer kleinen Fettabsaugung am Kinn«, erklärt sie. »Winziger Eingriff, morgen früh werd ich entlassen. Und Sie? Weshalb sind Sie hier? Wir sind ja gewissermaßen Kolleginnen, hab ich gehört. Ich bin auch Schauspielerin.« Aber nicht an der Grazer Bühne, denkt Mara. Sie lächelt und murmelt etwas von einer Modellierung des Venushügels, das klingt nicht so peinlich. »Wie reizend«, sagt Alma, »haben Sie denn vor, in einem Porno mitzuspielen?« Uui, das war böse. Mara ahnt nicht, dass ihr Gegenüber genau dies schon einmal getan hat, allerdings vor einer Ewigkeit. »Gewiss nicht! Ich bin an der Grazer Bühne, und ich spiele in dem neuen Stück von Emanuel Prader. Und Sie?« Alma lächelt ein wenig schmerzverzerrt. »Ach, mit Bühnenpräsenz kann ich zurzeit nicht aufwarten. Ich hab in ein paar Filmen mitgespielt, übrigens auch in einem, in dem Emanuel Regie führte. Damals war er noch nicht so ein … Starregisseur.« Muss Jahrzehnte her sein, denkt Mara. Sie schätzt ihr Gegenüber auf vierzig bis fünfzig, selbst wenn man die Schönheits-OPs berücksichtigt. Man muss den Frauen auf den Hals schauen – oder auf die Hände. »Emanuel ist ja so waaaahnsinnig begabt. Aber natürlich menschlich schwierig wie so viele Genies.« »Hat er immer noch den Hang zu sehr jungen Schauspielerinnen?« War das eine Fangfrage? Mara stellt ihre Kaffeetasse auf die Brüstung. »Ich weiß nicht«, sagt sie vorsichtig. »Im Übrigen ist seine Frau vor ein paar Tagen nach Graz gekommen.« »Ha, so was hat ihn ja noch nie aufgehalten.« Alma geht einen Schritt auf Mara zu und sagt leise: »Nehmen Sie sich vor der Furie in Acht. Die ist schon mal mit einem Messer auf eine Konkurrentin losgegangen.« Mara lacht und – sie weiß nicht, warum? – erzählt die Szene aus dem Santa Clara. In Vergangenheitsform und mit einem Schuss Selbstironie klingt sie sogar witzig. Alma versucht ein Lachen, aber das tut weh. »Männer«, sagt sie, »sind es nicht wert, dass wir uns ihretwegen unters Messer legen. Ich habe meinen vor Kurzem verlassen. Und dabei dachte ich, dass er der Richtige ist. Gut aussehend, beste Manieren, ein Mann von Welt. Und was macht er? Verjubelt...


Christine Grän wurde in Graz geboren,
lebte in Berlin, Bonn, Botswana und Hongkong
und ist heute in München zu Hause. Die
gelernte Journalistin wurde durch ihre
Anna-Marx-Krimis bekannt. Bei ars vivendi
erschien u. a. 2014 ihr Kurzgeschichtenband
Amerikaner schießen nicht auf Golfer.
Hannelore Mezei kommt aus Graz und
studierte dort Germanistik und Anglistik.
Sie arbeitete viele Jahre als Redakteurin in
Wien. Heute lebt sie als freie Journalistin und
Autorin in Wien und Velden am Wörthersee.
Hannelore Mezei veröffentlichte bisher
Kurzgeschichten für Anthologien sowie
Sachbücher.
2016 erschien bei ars vivendi Glück am
Wörthersee, der erste gemeinsame
Kriminalroman von Grän & Mezei, 2018 folgte
Glück in Wien.



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