E-Book, Deutsch, Band 2, 262 Seiten
Reihe: Die Cameron Saga
Graham Die Geliebte des Freibeuters: Die Cameron-Saga Band 2
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95885-690-5
Verlag: venusbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman
E-Book, Deutsch, Band 2, 262 Seiten
Reihe: Die Cameron Saga
ISBN: 978-3-95885-690-5
Verlag: venusbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Heather Graham wurde 1953 geboren. Die New-York-Times-Bestseller-Autorin hat über zweihundert Romane und Novellen verfasst, die in über dreißig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Heather Graham lebt mit ihrer Familie in Florida. Von Heather Graham erscheinen bei venusbooks: »In den Händen des Highlanders« »Fieber der Leidenschaft« »Der Lord und die Rebellin« »Die Leidenschaft des Earls« »Das Begehren des Ritters« »Die Gefangene des Freibeuters« »Das Erbe der Liebenden« Die Highland-Kiss-Saga: »In den Armen des Schotten« »Der Highlander und die schöne Feindin« »Gefangen von einem Highlander« »Die Braut des Viscounts« Die Wild-Passion-Saga: »Der Ungezähmte und die Schöne« »Der Laird und die Schöne« »Der Krieger und die Schöne« Die Cameron-Saga: »Der Lord und die ungezähmte Schöne« »Die Geliebte des Freibeuters« Unter dem Autorennamen Shannon Drake veröffentlicht sie bei venusbooks außerdem: »Blutrote Nacht« »Bei Anbruch der Dunkelheit« »Verlockende Finsternis« »Das Reich der Schatten« »Der Kuss der Dunkelheit«
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PROLOG
4. April, 1718
Cameron Hall, Tidewater, Virginia
»PIRATEN! GOTTVERDAMMTE PIRATEN!«
Der Ruf verscheuchte die trügerische Heiterkeit des Abends. Über dem James River ging die Sonne unter. Orangerotes und gelbes Licht fiel auf moosbewachsene Eichen und die sanft abfallende Grasböschung am Flußufer. Irgendjemand summte bei der Arbeit vor sich hin, die Vögel sangen melodische Lieder.
»Piraten! Piraten!«
Alexander Spotswood, Gouverneur von Virginia, schlug wütend auf das polierte Tischchen, das auf der Veranda neben seinem Sessel stand. Lässig lehnte Lord Cameron an einem massiven Pfeiler, beobachtete seinen Freund und lächelte schief. Alexander war besessen. Der kluge, attraktive Mann war bei den Koloniebewohnern sehr beliebt, bei Damen und Herren gleichermaßen und nicht zuletzt auch bei den Dienstmädchen. Trotz seines Zorns wirkte er aristokratisch, von der gepflegten weißen Perücke über den pfirsichfarbenen Brokatrock und die senfgelben Kniehosen bis zu den feinen Schuhen mit den Silberschnallen. Allerdings fehlte ihm in diesem Augenblick die übliche Redegewandtheit. War er nur noch auf ein einziges Wort fixiert?
»Piraten! Piraten!« wiederholte Spotswood, schlug aber nicht mehr auf den Tisch und zog es statt dessen vor, sein Sherryglas zu retten, das der kraftvolle Fausthieb gefährlich nahe an den Rand befördert hatte. »Piraten! Piraten! Piraten! Die werden mich noch umbringen.« Mit schmalen Augen starrte er seinen Gastgeber Petroc Cameron an, Lord Cameron von Cameron Hall, den Freunde und Verwandte ›Roc‹ nannten. Der hochgewachsene junge Mann mit den markanten Gesichtszügen besaß eine gebieterische Ausstrahlung und wohin immer er ging, zog er respektvolle Blicke auf sich. Wie so viele Camerons hatte er scharfe graue Augen, die bei einer gewissen Beleuchtung silbrig funkelten. Meistens weigerte er sich, eine Perücke zu tragen. Im Schein der untergehenden Sonne schimmerte sein dunkles Haar schwarz wie Jettperlen.
Obwohl er jetzt träge am Pfeiler lehnte, als er auf den Fluß blickte, war ihm eine energische Vitalität anzumerken, die seine Nonchalance Lügen strafte. Seine Augen spiegelten Humor wider, aber auch wilde Kühnheit. Er pflegte jede Herausforderung anzunehmen. »Du kannst sie nicht allein bekämpfen«, erklärte er seinem Freund. »Aber wir werden unser Bestes tun, um sie an den Galgen zu bringen.«
»Pah!« protestierte Spotswood ungeduldig. »Am liebsten würde ich sie alle im Hafen am Galgen baumeln lassen oder anketten. Ein Pech, daß Galgen und Ketten so viel kosten! Leider kann ich mir ein solches Spektakel nicht leisten.« Er lehnte sich zurück und betrachtete die Flußlandschaft. Cameron Hall war ein schönes Anwesen. Strategisch angelegt, verband es alle Vorzüge eines englischen Landsitzes mit der ursprünglichen Schönheit der Kolonie. Aufgrund des tiefen Gewässers konnten die Schiffe bis zu Camerons Flußhafen fahren. Das Haus wirkte sowohl praktisch als auch elegant. Spotswood war schon mit Rocs Vater befreundet gewesen. Damals hatte er den Bau des Gouverneursgebäudes in Williamsburg geplant und bei seinen Gesprächen mit den Architekten oft an Cameron Hall gedacht. Das Haus war in den späten zwanziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts errichtet worden. Damals hatte es nur aus der Eingangshalle und den Schlafzimmern im Oberstock bestanden. Eine Inschrift auf einem Ziegel im Keller wies auf das Datum hin: »Mit diesen Steinen bauen wir unser Haus im Jahr des Herrn 1627, auf starken Grundfesten. Mit Gottes Hilfe werden unser Haus und unsere Familie der Prüfung der Zeiten standhalten, Jamie und Jassy Cameron.«
Und die Familie hatte tatsächlich gute und schlechte Zeiten überdauert. Alle ältesten Söhne waren Mitglieder des Gouverneursrates gewesen.
»Du kommst sehr gut mit diesen Horden zurecht«, meinte Roc nun.
Verspottete er ihn? Das wußte Spotswood nie. Er zeigte auf die Zeitung, die er vorhin gelesen und dann schwungvoll beiseite geworfen hatte. »Schon wieder ein Artikel von einer sogenannten Ehefrau dieses Edward Thatch, Teach, Tech – wie immer der verdammte Kerl auch heißen mag! Er heiratet eine nach der anderen!«
»Und alle bleiben am Leben und können davon erzählen.«
Der Pirat Teach zog immer größere Aufmerksamkeit auf sich. Wegen der üppigen Behaarung in seinem Gesicht nannte man ihn ›Schwarzbart‹. Angeblich stammte er aus Bristol, war in Königin Annes Krieg gezogen und dann von dem Piraten Hornigold in einem neuen Gewerbe unterrichtet worden, der Räuberei auf hoher See. Doch er zählte keineswegs zu den Schlimmsten seines Kalibers.
»Logan segelt da draußen umher«, fuhr Roc fort. »Und Jack der Einäugige. Die beiden stehlen nicht nur Frachten, sie gehen auch äußerst sorglos mit dem menschlichen Leben um.«
Spotswood nickte langsam, schlang die Finger ineinander und ergänzte: »Und der Silberfalke.«
»Und der Silberfalke«, bestätigte Roc ausdruckslos.
»Wir brauchen neue Kompetenzen«, klagte Spotswood. »Königin Anne ist tot, und dieser Deutsche sitzt auf dem Thron ...«« Als er von Rocs Gelächter unterbrochen wurde, färbten sich seine Wangen hochrot. »Nun, der Mann ist tatsächlich ein Deutscher und beherrscht nicht einmal Englisch! Wie weit wird es mit dieser Welt noch kommen? Piraten machen die Meere unsicher, und wir haben einen König, der nicht einmal die Sprache seines Landes spricht!«
»Besser als ein Papist.« Roc betrachtete sich als Virginier. Er liebte seine Heimat und war trotz seines Adelstitels mit Leib und Seele Farmer, außerdem ein tüchtiger Kaufmann. In der Neuen Welt konnte jeder reich werden, unabhängig von seiner Herkunft, aber nur, wenn er harte Arbeit nicht scheute.
Auch Spotswood liebte Virginia. Aber er war Engländer und von der Krone mit seinem Posten betraut worden. Wenn er auch über den deutschen König schimpfte, er befolgte alle Befehle, die ihn aus England erreichten. 1714 war Königin Anne gestorben, die letzte Stewart-Monarchin. Zuvor hatte die arme Frau so viele Kinder verloren. Und ehe die Engländer Annes Halbbruder, einen Papisten, auf dem Thron akzeptierten, ertrugen sie lieber einen deutschen Protestanten. Die Religionsfrage war nach wie vor heikel. In den Kolonien zeigte man sich in dieser Hinsicht toleranter. Aber auch hier gehörten alle Leute von Stand der anglikanischen Kirche an und hielten sich an die Glaubensregeln.
Spotswood seufzte. Immer neue Plagen! Vor einem Jahrhundert hatten die Indianer den Siedlern das Leben zur Hölle gemacht, und jetzt die Piraten. »Roc ...«, begann er, verstummte aber, als Geräusche aus dem Haus drangen. Die Veranda lag vor der zentralen Eingangshalle, dem Fluß zugewandt, so daß bei starker Hitze eine frische Brise vom Wasser herauf und durch die offene Tür in das Gebäude wehen konnte. Nun erklang eine Donnerstimme, begleitet von schweren Schritten.
Der Gouverneur runzelte die Stirn, und Roc zuckte grinsend die Achseln. »Lord Kínsdale.«
Peter Lumley, Lord Camerons Butler und Kammerdiener, erschien auf der Schwelle. Ärgerlich straffte der kleine, etwa vierzigjährige Mann die Schultern. »Sir, ich sagte seiner Lordschaft, Sie hätten etwas mit Mr. Spotswood zu besprechen, aber er ließ sich nicht abweisen ...«
»Schon gut, Peter.« Roc strich seinen braunen Rock glatt und wartete.
Wenig später trat ein untersetzter Mann mit blauen Augen und schütterem grauen Haar auf die Veranda. »Cameron! Hast du's gehört? Schon wieder Überfälle auf hoher See!« Er hielt eine Ausgabe der Zeitung hoch, die der Gouverneur zu Boden geworfen hatte.
»Ja, Theo, ich hab's gehört«, erwiderte Roc.
Lord Theodore Kinsdale nickte dem Gouverneur zu, der den Gruß erwiderte und dann über dem Kopf des kleinen Mannes dem Blick des Hausherrn begegnete. Beide lächelten. Kinsdale war ein wackerer Mann, der Spotswood in allen Dingen unterstützte und viele fröhliche Feste gab. Er besaß große Zuckerplantagen auf den Inseln, zog es aber vor, in Williamsburg zu leben. Die dreistündige Fahrt nach Cameron Hall war ihm ein Greuel, und da er sie auf sich genommen hatte, mußte er tatsächlich sehr aufgeregt sein. »Alexander, was gedenkst du zu unternehmen?«
Spotswood starrte ihn an. »Ich war keineswegs untätig und habe bereits an der ganzen Küste Schiffe verteilt.«
»Darf ich dir was zu trinken anbieten?« schlug Roc vor.
»Einen Scotch könnte ich tatsächlich vertragen.« Kinsdale sank in einen Korbstuhl und fächelte sich mit einem Tuch Kühlung zu, dann stöhnte er: »Meine Tochter ist losgesegelt.«
»Wann?« fragte Roc.
»Heute.«
Spotswood räusperte sich. »Es besteht kein Grund zu der Annahme, daß die Piraten ausgerechnet dein Schiff überfallen werden.«
»Oh, doch! Ich bin ein reicher Mann, die Silver Messenger befördert eine kostbare Fracht. Allein die Juwelen sind ein Vermögen wert.« Mit schmalen Augen musterte er Roc, der leicht zusammenzuckte.
Die beiden waren in eine konstante Fehde verstrickt, weil Rocs Vater und Theo ihre Kinder schon bei der Geburt einander versprochen hatten. Roc fand ein solches Arrangement barbarisch. Er wollte sich seine Braut selber aussuchen, zu einem Zeitpunkt, der ihm zusagte. Außerdem hatte ihn ein Gerücht aus England erreicht. Angeblich weigerte sich das Mädchen, ihn zu heiraten. Das ärgerte ihn, wie er sich eingestehen mußte, obwohl er bestimmt nicht sonderlich stolz war, andererseits erleichterte es die Situation erheblich.
»Sicher wird sie wohlbehalten hier ankommen«, versuchte Alexander den besorgten Vater zu beruhigen.
Doch das gelang ihm nicht. Theo sprang auf. »Roc, bitte! Dein Vater war mir so lieb und teuer. Nur du kannst sie schützen. Du hast Freunde unter...




