E-Book, Deutsch, Band 3, 267 Seiten
Reihe: Sweet Attraction
Greene THE GARDEN - Gefährliches Verlangen
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96655-039-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sweet Attraction - Dritter Roman
E-Book, Deutsch, Band 3, 267 Seiten
Reihe: Sweet Attraction
ISBN: 978-3-96655-039-0
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mariah Greene ist das Pseudonym einer bekannten britischen Autorin, die eigentlich für ihre Spannungsromane berühmt ist - und es genießt, in ihren Hot-Romance-Romanen eine ganz andere Seite ihrer Kreativität auszuleben. Bei dotbooks erschienen ihre prickelnden Lese-Highlights »The Agency - Verbotene Küsse«, »The Office - Brennende Leidenschaft« und »The Garden - Gefährliches Verlangen«.
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Kapitel 2
Karen Taylor kam um halb elf am Sloane Square an von Kopf bis Fuß auf Single eingestellt. Die Richard-Tyler-Jacke mit den Metallfäden war der letzte Schrei und setzte einen schrillen Akzent gegen die lässigen klassischen Hermès-Hosen und die Bluse von Paul Smith. Karen war vor sechs Monaten dreißig geworden und genoss jeden Moment ihres Lebens. Sie wusste nicht, ob dies schon ihre beste Zeit war, aber sie fühlte sich gewiss besser denn je und hoffte, dieses Gefühl werde mit der Zeit sogar noch stärker werden.
Sie hastete über den Zebrastreifen, überhörte die Flüche eines eiligen Taxifahrers und lief zum Hamiltons hinüber, dem Kaufhaus, in dem sie arbeitete. Karen mochte London, und sie mochte es ganz besonders zu dieser Stunde, wenn die Menschen gerade mit der Arbeit begonnen hatten und ihren alltäglichen Beschäftigungen nachgingen. Der Sloane Square war stets belebt, ständig drängelten sich hier Autos und Menschen und stritten um die wenigen freien Plätze.
Sie nahm die Aktentasche in die linke Hand, fuhr sich mit dem Finger über die Augenbrauen und sonnte sich in dem Gefühl, perfekt gerüstet zu sein. Sie trug das Haar seit einer Weile kürzer und hatte Mousse benutzt, damit es auf genau die richtige Art, etwas wirr und zerzaust, ein Stückchen über die Ohren reichte, während der Pony knapp oberhalb der Augenbrauen endete. Die Frisur betonte ihr sinnliches, feminines Äußeres. Ihre Haut war weich und glatt, die Nase ein wenig gedrungen und niedlich, die Augen graublau und rings um die Pupillen eine Spur dunkler.
Karens Gesicht war das Auffälligste an ihr. Man hatte ihr mehr als einmal gesagt, dass sie als Model für Kosmetikartikel eine gute Figur gemacht hätte – die Art von Werbung, bei der es vor allem aufs Gesicht ankommt. Irgendwie konnte sie sich aber nicht recht vorstellen, sich durch irgendwelche Gazeschleier fotografieren und von einer arbeitslosen Schauspielerin mit Baritonstimme und starker Körperbehaarung synchronisieren zu lassen. Sie war stolz auf ihren Körper, weil sie daran gearbeitet hatte. Ihr Gesicht dagegen war ein Geschenk der Natur. Sie stemmte Gewichte im Fitnessstudio und hatte zur Belohnung einen erfreulich festen Körper bekommen, der ihre weiblichen Vorzüge prächtig zur Geltung brachte – die langen anmutigen Beine, den flachen Bauch und den wohlgeformten Po. Ihre Brüste waren rund und keck und brauchten kaum die Unterstützung eines Büstenhalters.
Wie dem auch sei, Karen fiel auf, und sie wusste es. Selbst wenn sie weniger attraktiv gewesen wäre, hätte man sie nicht übersehen können. Sie war die Sorte Frau, die stets im Mittelpunkt stand.
Von ihrer Lieblingsstelle auf dem Gehweg aus betrachtete sie das Hamiltons. Der Bau wirkte wie eine Mischung aus einem Schloss und der Bank von England. Die weiße Festung mit den kleinen Türmen zu beiden Seiten nahm den größten Teil einer Seite des Sloane Square ein. Fünf Etagen und ein Kellergeschoss voller Herren- und Damenbekleidung, Parfüms, Haushaltswaren und Möbel, dazu eine Buchhandlung und ein eigenes Café. Es war nicht die größte Warenpalette, aber sie war auch nicht besonders klein. Dank der Lage und dank der intensiven Kundenwerbung hatte das Hamiltons überlebt.
Vor ihrer Zeit hatte das Kaufhaus unter Umsatzeinbußen gelitten, und eine Weile hatte es sogar Gerüchte gegeben, es müsse verkauft oder gar geschlossen werden. Als Karen von einer Freundin erfuhr, dass das Hamiltons einen neuen Werbeleiter suchte, war ihr Interesse erwacht. Man wollte jemanden einstellen, der besondere Kampagnen für bestimmte Produkte oder Produktlinien entwickelte, um die Kundschaft wieder ins Geschäft zu locken. Außerdem wollte man sich durch Innovation und Provokation ein gewisses Flair erwerben – ein Kaufhaus, das auch mal etwas Besonderes wagte. Der Job war wie geschaffen für Karen.
Binnen wenig mehr als drei Jahren verwandelte sich das Hamiltons von einem farblosen Kaufhaus, das nach Einschätzung der meisten Leute Kurzwaren an Busladungen alter Tanten verkaufte, zu einem Geschäft, das für seine freche Werbung bekannt war und wo es Spaß machte einzukaufen. Einen vollen Monat lang ließ Karen das gesamte Personal der Parfümerieabteilung den ganzen Tag über identische Sonnenbrillen von Revo tragen. Die Mitarbeiter hatten Anweisung, keinesfalls auf die Frage zu antworten, warum sie die Sonnenbrillen trügen. Die Abendzeitungen berichteten über das Kaufhaus, es wurde sogar in einer Londoner Nachrichtensendung erwähnt, und nicht nur der Absatz von Sonnenbrillen stieg. Karen tat, was immer sie für richtig hielt. Sie mochte ihren Job und genoss die Freiheiten, die er ihr bot.
Heute, an einem warmen Mittwoch im Juli, wollte sie die nächste Phase der aktuellen Aktion einleiten – es ging um einen Duft, der gleichermaßen für Damen wie Herren geeignet war. Das Hamiltons hatte einen Vertrag mit einer mittelgroßen Kosmetikfirma geschlossen, und die Verbindung zwischen deren Produktionstechnik und Hamiltons Stil und Vermarktung war die perfekte Ehe. Karen hatte die Werbekampagne als Doppelschlag angelegt. Zuerst hatte sie Daniel Avendon, den Besitzer des Hamiltons, überredet, das Konzept der Kampagne im eigenen Haus zu entwickeln, und dann hatte sie Linda Cole, eine Kultfotografin, die erfolgreich im Grenzbereich zwischen Kunst und Kommerz wandelte, dafür gewinnen können, eine Fotoserie mit Maxwell zu produzieren, dem neuesten Star unter den jugendlichen Supermodels. Maxwell war die perfekte Besetzung, ein androgyner Kind-Mann, ebenso schwer zu fassen wie der Duft selbst. Karen hatte mit Linda das College besucht, sodass die Sache leicht zu arrangieren war. Nachdem Linda zugesagt hatte, war es kein Problem, auch Maxwell zu verpflichten.
Sie blickte zum Himmel und lächelte, weil sie sah, dass die Sonne gegen Mittag perfekt sein würde. Durch vorsichtiges Taktieren und indem sie Linda herumführte, hatte Karen alle Beteiligten überzeugen können, dass das Dach des Hamiltons der beste Ort für die Fotosession sei. Linda hatte sich zuerst gesträubt, doch als sie oben stand, musste auch sie zugeben, dass es ein guter Ort war und dass die Kampagne einen inneren Zusammenhang bekäme, wenn man die drei vorgesehenen Aufnahmen dort oben machte.
Als Karen durch die breite Messingtür hereinkam, begrüßte sie der makellos uniformierte Türsteher mit einem Peace-Zeichen. Sie lächelte und betrat das Kaufhaus.
»Karen! Mein Gott, wo haben Sie nur gesteckt?«
Es war David, ihr persönlicher Assistent. Unstete, nervöse Bewegungen und sein dichter schwarzer Lockenschopf waren zwei der drei Eigenschaften, die Karen bei David besonders ins Auge stachen. Die dritte war die, dass er gut auf sie aufpasste und außerdem absolut vertrauenswürdig war. Sie spielte mit dem Gedanken, ihm zu erzählen, was sie am Morgen getrieben hatte, doch David war jetzt schon jenseits von Gut und Böse und die Wirkung wäre verpufft.
»Hübsche Jacke«, sagte er, einen Moment lang abgelenkt. Dann nahm er sich zusammen. »Ich habe Sie mehrmals angerufen ...«
»Und jedes Mal aufgelegt, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Ich wusste, dass Sie es waren. Dann werde ich wohl noch fünf weitere Nachrichten der Mailbox meines Handys finden?« Sie sprach ruhig, keineswegs gereizt.
»Daniel sucht Sie. Er will mit Ihnen über den Nachmittag reden.«
»Das war zu erwarten«, erwiderte sie. »Was haben Sie ihm gesagt?«
»Dass alles klargeht.«
»Und? Geht alles klar?«
»Nein.« Er sah sie an, dann schlug er die Augen nieder. »Ist Linda schon da?«, fragte sie.
»Sie ist heute Morgen um sieben gekommen, sagt der Wachdienst. Sie ist schon auf dem Dach und baut auf. Die Vogeltrainer sind vor einer Stunde eingetroffen.«
»Das klingt aber, als hätten wir alles im Griff. Warum sind Sie so besorgt?«
»Daniel«, sagte er und sprach das Wort aus wie etwas äußerst Zerbrechliches.
Karen atmete tief durch und sah sich um. Im Erdgeschoss waren die Parfümerieabteilung für Damen und Herren und die Geschenkartikel untergebracht. Die Lautstärke und die Geschäftigkeit, die hier gewöhnlich vorherrschten, waren nur mit einem Bahnhof zu vergleichen, und der heutige Tag bildete keine Ausnahme.
»Haben wir ein Problem?«, fragte sie.
»Ja.«
»David«, sagte sie und berührte leicht seine Hand. »Ich gehe zum Café hoch und bestelle uns beiden einen Kaffee, dann können Sie sich etwas entspannen, und anschließend reden wir. Aber zuerst will ich einmal durchs Haus gehen. Wir sehen uns in zehn Minuten.«
Sie ließ ihn mit verzweifelter Miene stehen und wanderte durch die Schar der Parfümverkäuferinnen, die Testflakons schwenkten wie Tränengaspatronen, und der Aftershave-Jungs, die genau das richtige Maß an Männlichkeit zeigten. Alle lächelten sie an, doch Karen war überzeugt, dass die Mitarbeiter auch gelächelt hätten, wenn man sie mit einer Augenbinde in eine dunkle Kammer gestellt hätte. So waren sie eben. Eines Tages wollte Karen sie alle als Kaninchen verkleiden und anweisen, die Kunden anzusprechen, ob sie ihre Düfte auch mal an einem Menschen ausprobieren dürften.
Auf der Rolltreppe nutzte sie den Überblick, den die Höhe ihr bot, und sah sich im Hamiltons um. Der Laden hatte was. Sie konnte es nicht benennen oder fassen. Es war so unmöglich, als versuchte man, die Luft selbst zu sehen. Das Kaufhaus war ein lebendiges Wesen, es wuchs und hatte ein Eigenleben, das mehr war als die bloße Summe seiner Einzelteile. Daniel Avendon, der Inhaber, nannte es eine übergreifende Energie oder eine psychische Gestalt. Karen erschien es dagegen einfach so, als gebe es hier eine allgemeine Erwartungshaltung. Ein Gefühl, als werde jemand ankommen oder als sei gerade jemand angekommen. Das Geheimnis des Kaufhauses...