E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Reihe: Piper Humorvoll
Greifenstein Der Traummann auf der Bettkante
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-492-98264-1
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Reihe: Piper Humorvoll
ISBN: 978-3-492-98264-1
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Anne, leidenschaftliche Köchin und Autorin zahlreicher Kochbücher, hat sich in ihrem Leben ohne Mann eigentlich sehr gut eingerichtet. Bis sie in einer Hotellobby zufällig auf den Starschauspieler Pit trifft: Ein unsolider Frauenheld von der üblichen Sorte, denkt sie. Dann überschlagen sich die Ereignisse, und Anne lässt sich zu einem gemeinsamen PR-Gag hinreißen. Die Presse bejubelt sie als neues Promipaar, ihre Kochbücher finden reißenden Absatz. Doch was als rein geschäftliches Unternehmen geplant war, entwickelt eine gewisse Eigendynamik – und Anne muss sich eingestehen, dass ihr mehr an Pit liegt, als ihr lieb ist … Ein turbulenter Roman nach der Devise: Es kommt erstens alles anders und zweitens, als man denkt.
Autoren/Hrsg.
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Müde drückte Anne auf den automatischen Fensterheber, und die Scheibe zu ihrer Linken verschwand lautlos nach unten. Kühle Morgenluft strömte in den Wagen und mit ihr ein Schwall kalter Regentropfen, die wie Nadelstiche auf ihren nackten Arm und die linke Gesichtshälfte einpickten. Sie fröstelte, merkte aber, wie die Müdigkeit von ihr abfiel, die sie die letzten Kilometer mehr und mehr eingelullt hatte. Sie warf einen missbilligenden Blick auf Marie, die zusammengerollt wie ein Embryo neben ihr auf dem Beifahrersitz selig vor sich hin schlummerte. Tolle Freundin, die sie sich da ausgesucht hatte! Eigentlich hatte sie Marie mitgenommen, um während der langen Fahrt nach Berlin Unterhaltung zu haben und wach zu bleiben! Das eintönige Gedudel im Radio war auch nicht unbedingt die Art von Musik, die einem die Augenlider offen hielt, entschied Anne und kramte mit einer Hand aufs Geratewohl zwischen den Kassetten, die in der Ablage wild durcheinander lagen. Rammstein stand auf der ersten, die sie aus dem Sammelsurium herauszog. Deutscher Rock, laut und hart – prima, genau das, was sie jetzt brauchte! Sie steckte die Kassette in den Recorder, zögerte kurz und blickte noch einmal zu Marie hinüber. Nein, sie hatte kein Mitleid mit der verpennten Freundin, ganz im Gegenteil! Bevor sie auf Start drückte, drehte sie den Lautstärkeregler fast bis zum Anschlag nach rechts, und gleich darauf ertönten ohrenbetäubende Schlagzeugklänge, dröhnten durch das Auto und brachten ihren Magen zum Erbeben. Ah, das war gut – grinsend umschloss Anne das Lenkrad, während sie mit offenem Fenster über die fast leere Autobahn schoss. Wie vom Donner gerührt fuhr Marie auf ihrem Sitz hoch. »Sag mal, spinnst du?«, schrie sie gegen die erdigen Bässe und die rauchig tiefe Stimme des Sängers an, der gerade aus vibrierenden Lautsprechern heraus Asche zu Asche ins Wageninnere röhrte. Nachdem sie den infernalischen Lärm endlich leiser gestellt hatte, funkelte sie Anne wütend an. »Kannst du dir diesen schrecklichen Krach nicht anhören, wenn du allein bist? Da wird ja jeder normale Mensch taub!« »Die Musik hält zumindest wach, was man von dir nicht gerade behaupten kann«, gab Anne lachend zurück. Fröstelnd schlang sich Marie die Arme um den Körper. »Ich bin für ein paar Minuten eingenickt, das kann doch mal passieren.« »Ein paar Minuten? Ha! Seit fast zwei Stunden schnarchst du mir was vor. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie ansteckend das ist?« Anne gähnte herzhaft – ganz hatte sie die Müdigkeit doch noch nicht abgeschüttelt. »Mach doch mal das Fenster zu, das ist ja eklig.« Mürrisch drückte Marie auf den Fensterheberknopf. »Du bist eklig!«, stellte sie kurz darauf fest und angelte sich ihre Jeansjacke von der Rückbank. Da sie zu faul war, den Sicherheitsgurt zu öffnen, dauerte es einige Zeit und mehrere kunstvolle Verrenkungen, bis sie endlich hineingeschlüpft war. »Wenn du schon am Anfang der Reise so widerwärtig bist, wie werden dann wohl die nächsten Tage mit dir sein? Wär ich bloß daheim geblieben!« »Die meisten Freundschaften gehen übrigens in die Brüche, wenn die Leute zusammen in den Urlaub fahren, hast du das gewusst?« Anne warf ihrer Beifahrerin einen kurzen Blick zu, der nur mit einer grantigen Grimasse quittiert wurde. »Ehrlich, das ist wissenschaftlich erwiesen. Da hockt man plötzlich mehrere Tage lang aufeinander – und das in der gleichen Ferienwohnung oder im gleichen Hotelzimmer … oder in einem engen Auto … Der eine schläft gern lang, der andere ist Frühaufsteher. Der eine ist geizig und will jeden Tag kochen, der andere möchte den Urlaub total genießen und immerzu essen gehen. Der eine ist extrem ordentlich, der andere eine Schlappsau. Man kann sich nicht aus dem Weg, dafür aber so richtig schön auf die Nerven gehen. Und wenn dann das Wetter ordentlich mies ist – bumm –, kommt man mit jeder Menge Dreckwäsche und einer Freundin oder einem Freund weniger nach Hause.« »Ich will in Berlin mein eigenes Zimmer«, brummelte Marie düster und starrte in den Regen hinaus. »Und das Wetter ist ja wirklich sehr erheiternd! Ob das ein schlechtes Omen ist?« Einige Zeit fuhren sie schweigend durch das eintönige Grau, während die Jungs von Rammstein um einiges leiser sangen, dass Engel sich an Sterne krallen müssen, damit sie nicht vom Himmel fallen, und dass sie deswegen auf keinen Fall Engel sein möchten. Wer will das schon?, dachte Anne bei sich und summte mit. »Wie wär’s mit einem schönen heißen Kaffee?«, lockte sie Marie wenig später, als sie an dem Schild vorbeirauschten, das die nächste Raststätte in fünf Kilometern Entfernung ankündigte. »Kaffee ist immer gut«, stellte Marie etwas freundlicher fest und strubbelte sich eingehend durch die sowieso schon wilde Haarpracht. Kurze Zeit später parkten sie zwischen unzähligen Riesenlastern vor dem verglasten Autobahnrestaurant. »Wie weit ist es denn noch?«, fragte Marie schließlich, während sie ihr Tablett mit den beiden Jumbokaffeetassen an der Theke entlang schoben. Anne deutete diesen unvermuteten Redeschwall als Versöhnungsversuch. »Schätzungsweise noch um die dreihundert Kilometer.« Sie stellte noch einen Teller mit zwei leicht angetrockneten Schinkenbrötchen dazu und zahlte für sie beide, sozusagen als Friedensangebot von ihrer Seite. Sie einigten sich auf einen Tisch direkt am Fenster und schlürften geräuschvoll den heißen Kaffee. Es hatte aufgehört zu regnen, und einige Sonnenstrahlen tasteten sich gerade zaghaft durch die graue Wolkendecke. Gedankenverloren kauten sie auf den zähen Brötchen herum. Schließlich lachte Marie sie an. »Das mit dem eigenen Zimmer war nicht so ernst gemeint!« »Hab ich mir fast gedacht«, lachte Anne zurück. Sie waren schon oft zusammen verreist, hatten tagelang in einem engen Zwei-Mann-Zelt gehaust und auch schon diverse Zimmer miteinander geteilt. Seit fast zehn Jahren waren sie befreundet und hatten so einiges gemeinsam überstanden. Die von ihr erwähnte wissenschaftliche Studie hatte mit Sicherheit nichts mit ihnen zu tun, denn eigentlich konnte ihrer Freundschaft nichts gefährlich werden konnte. Kein Mann hatte es bis jetzt geschafft, sie auseinanderzubringen – vielleicht war einfach keiner von ihnen wichtig genug gewesen. »Außerdem könnten wir uns gar keine zwei Zimmer leisten«, fügte sie hinzu. »Und wir wohnen wirklich im Adlon?« Marie konnte es noch immer nicht so recht glauben. »Wir wohnen wirklich im Adlon!«, bestätigte Anne mit einem breiten Grinsen. Ihre Haltung straffte sich, und graziös spreizte sie den kleinen Finger, während sie trank. »Allerdings müssen wir noch etwas an unserem Auftreten feilen, denn dieser Laden ist schrecklich distinguiert.« Sie klimperte affektiert mit den Wimpern und schaute entsetzlich blasiert aus der Wäsche. Marie kicherte in ihre Tasse hinein und verschluckte sich fast. »Und wenn sie uns in diesem Aufzug gar nicht reinlassen?« Anne betrachtete ihre ausgewaschenen Jeans, die von unzähligen bunten Flicken vor dem endgültigen Zerfall bewahrt wurden. Auch die hellbraunen Wanderschuhe, die nun seit mehreren Jahren ihre ständigen Begleiter waren, hatten eindeutig schon bessere Zeiten erlebt. Aber es waren ihre Lieblingsschuhe, genauso wie die geflickte Hose ihre Lieblingshose war. »Ich trage eine exklusive Designerhose, ich weiß gar nicht, was du willst.« Sie zwinkerte der Freundin fröhlich zu. »Außerdem haben wir das nötige Kleingeld, warum sollten sie uns nicht reinlassen? Wer das Geld hat, kann sich fast alles erlauben.« »Hoffentlich wissen die das auch an der Rezeption«, zweifelte Marie. Sie strich sich den fransigen und ebenfalls ausgewaschenen Jeansrock glatt, der kurz über dem Knie endete. Ihre nackten Beine wiederum endeten sockenlos in ausgetretenen Turnschuhen, die kaum besser aussahen als Annes Fußbekleidung. »Sie müssen uns so reinlassen – ich hab gar nichts anderes zum Anziehen dabei! Noch ’nen Kaffee?« Marie sah sie ungläubig an. »Willst du mir weismachen, dass du nur diese Jeans dabei hast? Und was ist mit der Talkshow? Willst du da auch so auftauchen?!« Marie war eindeutig fassungslos, ein Zustand, der bei ihr äußerst selten zu beobachten war. »Ich hab noch meine kurze Jeanslatzhose eingepackt«, sagte Anne leichthin und stand auf, um eine zweite Runde Kaffee zu holen. »Es soll heiß werden, sagt der Wetterbericht.« »Deine Jeanslatzhose?« Marie war ebenfalls aufgestanden und folgte Anne. »Mann,...