Griese Freiwildzone
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95475-064-1
Verlag: Prolibris
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 186 Seiten
ISBN: 978-3-95475-064-1
Verlag: Prolibris
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kommissarin Mona Butenschön wird zu einer weiblichen Leiche in den Wallanlagen gerufen - am frühen Morgen und nach einem feucht-fröhlichen Abend auf dem Bremer Freimarkt. Das jugendliche Opfer sollte in der Ausbildungswerkstatt des Vereins Pro Zukunft zur Tischlerin ausgebildet werden. Aber wozu benötigte Anja die mehr als aufreizenden Dessous, die man in ihrem Zimmer findet? Was weiß ihre Freundin Mandy? Mona ist sicher, dass diese das Geheimnis der Toten kennt, aber Mandy hat große Angst und flieht zu ihrer Schwester nach Bremerhaven. Nicht nur Mona und ihr Team folgen ihrer Spur...
Angelika Griese, in Bremen geboren, lebt heute als freie Autorin in Bremerhaven. 2007 erschien von ihr ein erster Krimi, der in Bremen spielt. Neben Kriminalromanen schreibt sie auch Kurzkrimis für Zeitschriften und Anthologien. Angelika Griese ist Mitglied bei den Mörderischen Schwestern und im Syndikat, der Autorengruppe deutschsprachiger Kriminalliteratur. 'Freiwildzone', ihr Krimi aus Bremen und Bremerhaven ist der zweite Fall der schlagfertigen Kriminalhauptkommissarin Mona Butenschön.
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»Weil er stinksauer auf mich ist. Ich habe dafür gesorgt, dass er eine Abmahnung bekam. Der legt in letzter Zeit ein Benehmen an den Tag, das nicht mehr zu vertreten ist. Er hat rumgeprahlt, dass er es mir zeigen werde, dass ich mich warm anziehen müsse. Und dann hängt er dauernd bei Armin Bode rum, das gefällt mir ganz und gar nicht.« Da musste ich ihm Recht geben. Bode war nun wirklich der denkbar schlechteste Umgang. Trotzdem. »Das sind schwere Vorwürfe, die Richy da gegen Sie erhoben hat. Dass ich dem nachgehen muss, wissen Sie.« »Da ist nichts dran. Erstunken und erlogen. Sie können gerne Mandy fragen, ich habe keins der Mädel angerührt oder auch nur im Entferntesten an so etwas gedacht. Aber da ist noch was ... Ich habe etwas beobachtet ...« * * * Wenn es stimmte, was Wagenfeld vermutete, dann ging Mandy anschaffen. Und das nicht freiwillig. Könnte es sein, dass im selben Haus auch Anja die Freier bedienen musste? Dazu fiel mir natürlich als erstes Armin Bode als Drahtzieher ein. Und Richy spielte Bodes Handlanger, der die Drecksarbeit für ihn machte. Bode war fällig. Ich griff nach dem Telefon, um Anke Hoppensack über den neuesten Stand der Dinge zu informieren, als die Tür aufging und Heinzi, unser »Schneewittchen«, mir tänzelnd die Post brachte. »Nicht viel dabei«, sagte er und lächelte mich treuherzig an. Er trug ein groß geblümtes Jackett zu schwarzen Jeans. Seine Füße steckten in spitzen Cowboystiefeln aus imitiertem Schlangenleder. Abgesehen von seiner extravaganten Kleidung, wirkte er immer wahnsinnig adrett und sauber. »Umso besser, Heinzi. Leg alles in den Korb.« Ich nickte Richtung Ablage. »Hast du schon die Story mit dem Hund gehört?« Er platzte geradezu vor Mitteilungsdrang. Heinzi kam im Haus rum und war besser informiert als jede Tageszeitung. »Kalter Hund? Meinst du den Kuchen, den du uns letzte Woche mitgebracht hast? Der war super lecker.« Kalten Hund gab es früher immer auf Kindergeburtstagen. Kekse und Schokolade in Schichten, schön kalt, das war ein Gedicht. Den hatte ich schon hundert Jahre nicht mehr gegessen. »Kuchen? Quatsch. Willst du es hören? Eine megageile Geschichte.« Nicht wirklich, dachte ich. »Erzähl.« Ich gab mich geschlagen. Er würde doch keine Ruhe geben, bis er seine Story losgeworden war. »Also beim Diebstahl liegt eine Anzeige vor ...« »Ist ein toter Hund geklaut worden?«, fragte ich ungläubig. Möglich war hier alles. Heinzi nickte kichernd und setzte sich mit einer Pobacke auf meinen Schreibtisch. »Pass auf, da geht eine Frau mit ihrem Hund in einen Elektromarkt, und plötzlich fällt der Hund tot um.« Er machte eine Kunstpause. Wollte wohl meine Neugierde wecken. »Und dann?« »Dann hat ein Verkäufer einen großen Karton geholt, in dem vorher ein Fernseher verpackt war.« Er konnte sich kaum halten vor Lachen. Ich mochte mir nicht vorstellen, dass mein Schimanski mal in einem Elektromarkt das Zeitliche segnen sollte. Gut, das lag bei meinem Stubentiger wohl kaum im Rahmen des Möglichen. Gleichzeitig hatte ich aber meine totgefahrene Minka vor Augen, und das machte die Geschichte nun wirklich nicht witzig. »Und dann?« Ich wurde etwas ungeduldig. Heinzi war Weltmeister im Ausschmücken von Geschichten. Ich wollte das Ganze ein wenig abkürzen. »Dann haben zwei Verkäufer das Paket auf den Parkplatz geschleppt und ihn dort neben dem Auto vom gerade verwaisten Frauchen abgestellt.« »Ah ja ...« Langsam schwante mir etwas. »Die bezahlte noch schnell Batterien, und als sie zu ihrem Auto kommt, ist der Karton weg.« Ein erneuter Lacher. »Stell dir mal das Gesicht von dem Dieb vor ... Der macht die Verpackung auf und glaubt, einen nagelneuen Fernseher zu besitzen ...« »Und hat einen toten Hund im Karton.« Die Story entbehrte ja nun wirklich nicht einer gewissen Komik. Aber als passionierte Tierfreundin fand ich das nicht wirklich prickelnd. »Heinzi, du besitzt wohl keine Tiere?« Ein Blick aus entrüsteten Augen traf mich. »Aber Moni, natürlich. Ich liebe meinen Candyboy mehr als mein Leben.« »Candyboy? Wer soll das sein?« Ich zog fragend meine Augenbrauen hoch. »Na, mein zauberhafter Siamkater. Ach, du kannst es dir gar nicht vorstellen, der ist so was von possierlich. Manchmal könnte ich ihm aus Liebe die Pfoten abbeißen.« Wie bitte? Auf die Idee war ich bei Schimanski noch nie gekommen. »Kannst du dir nicht vorstellen, wie sich die Hundehalterin fühlt? Die kann nicht mal ihren Liebling begraben.« »Ja ... Du hast ja Recht. Aber gut ist die Story schon, oder?« Ich zuckte ratlos die Schultern. Gegen diese umwerfende Logik kam ich nicht an. »Sag mal, hast du an die Karten gedacht?« Er hatte mir Theaterkarten versprochen. Unser Heinzi war unheilbar schwul, zur Zeit mit einem der Balletttänzer liiert und kam so an die begehrten Freikarten heran. »Aber natürlich Schatzimaus, morgen hast du sie, versprochen.« Er tänzelte zur Tür und winkte mir zu. »Tschüssi.« »Tschüss.« Die Schatzimaus überhörte ich. An seine Koseworte hatten wir uns inzwischen alle gewöhnt und nahmen sie amüsiert in Kauf. Wir Mädels liebten Heinzi, seine Hilfsbereitschaft, seine gute Laune und seine herzerfrischende Art. Heinzi hatte immer ein offenes Ohr, kannte die geheimsten Kümmernisse unserer Verwaltungsdamen und jungen Schutzpolizistinnen, tröstete, gab gute Ratschläge, mit einem Wort, er war die gute Seele des Präsidiums. Sehr begehrt waren seine göttlichen Kochrezepte, die er nur zu gerne an uns weitergab. Da konnte Hoppe noch so sehr über die Schwuchtel lästern, wie er Heinzi respektlos nannte, wir ließen nichts auf unseren Heinzi kommen. Ich nahm den Poststapel in die Hand und blätterte ihn durch. »Na, hat unser Schwulibär wieder auf Schatzimausis Schoß gesessen?« Ich musste gar nicht hochsehen, ich wusste auch so, dass Hoppe den Raum betreten hatte. »Du kommst wie gerufen, da liegt eine Adresse. In dem Haus befindet sich ein Sex-Studio, in dem sich laut Wagenfeld Mandy prostituieren könnte. Fühl denen mal auf den Zahn. Vielleicht hat Anja Finke auch dort gearbeitet. Das ist doch etwas für einen ganzen Kerl wie dich.« * * * »Wo wollen wir denn hin? Bestimmt zu dieser Bullenschlampe.« Mandy zuckte zusammen. Im nächsten Moment fühlte sie eine Hand im Nacken und wusste augenblicklich, zu wem sie gehörte. »Hast gedacht, du bist mich los geworden, hä?« Richy lachte höhnisch. »Bin ich wohl gerade rechtzeitig gekommen, bevor du singen gehst. Oder warum stehst du hier vor der Bullerei?« Er drückte fester zu und schüttelte sie wie eine nasse Katze. Ihr Herz stand still. Sie wagte kaum zu atmen. »Hallo Richy, die haben mich vorgeladen ...« Er griff ihr in die langen Haare, wickelte sie einmal um seine Hand und zog kräftig. »Du wolltest mich umbringen, du Miststück.« »Nein, ganz bestimmt nicht, ich wollte nur raus aus der Laube, warum hast du mich nicht …« »Fön mich nicht zu, sonst raste ich aus.« Der Schmerz wurde unerträglich, ihr schossen die Tränen in die Augen. Warum half ihr niemand? War hier denn keiner? Sie versuchte den Kopf zu drehen, aber er hielt sie immer noch ganz fest an den Haaren, die kleinste Bewegung tat unbeschreiblich weh. »Wir beide reden später noch miteinander, darauf kannst du dich verlassen.« Er ruckte noch einmal brutal an ihren Haaren. »Mein Spätzchen, der Boss will die Unterlagen, und du wirst mir jetzt sagen, wo du sie versteckt hast. Verstanden?« Er zog sie fest an sich. »Es gibt keine Unterlagen, die habe ich nur erfunden. Echt wahr«, wimmerte sie. Das klang nicht mal in ihren Ohren glaubwürdig. Sie zitterte am ganzen Körper, ihre Beine waren weich wie Pudding und gehorchten ihr kaum. Seine Bierfahne war jetzt ganz nah, sie musste würgen. Er schob sie zu seinem Wagen, der einen Steinwurf entfernt stand. »Du setzt dich jetzt ganz brav ins Auto, ich rufe Bode an und sag ihm, dass ich dich gefunden habe. Der schäumt vor Wut. In deiner Haut möchte ich nicht stecken. Das gibt Mega-Dresche, das kannst du mir glauben.« Er lachte triumphierend und zeigte seine gelichteten Vorderzähne. »Wenn der dich abgeschifft hat, wirst du froh sein, wenn du überhaupt noch zu Linda darfst.« Mandy stolperte an seiner Seite zum Auto. Fieberhaft dachte sie darüber nach, wie sie sich befreien könnte. Wenn sie erst im Auto saß, war sie verloren. * * * Nachdem mich Wagenfeld telefonisch informiert hatte, dass Mandy auch heute in der Werkstatt fehlte, hatte ich mich entschlossen, gemeinsam mit Conny bei ihr zu Hause nachzusehen. Vielleicht hatten wir Glück...