Grieser | Das späte Glück | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Grieser Das späte Glück

Große Lieben großer Künstler
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-903083-88-2
Verlag: Amalthea Signum
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Große Lieben großer Künstler

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-903083-88-2
Verlag: Amalthea Signum
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wenn im Herbst des Lebens die Schmetterlinge wirbeln ... Die, die es selbst erlebt haben, wissen es: Solch eine späte Liebe, mag der Altersunterschied zwischen den Partnern noch so beträchtlich sein, ist eine wunderbare Gnade, die nur wenigen zuteil wird. Richard Wagner Constanze Mozart Heinrich Heine Franz Kafka Arthur Schnitzler Amedeo Modigliani Gustav Klimt Fred Astaire Edith Piaf Greta Keller Napoleon Sie und viele andere hatten das Glück, noch einmal der großen Liebe zu begegnen.

Dietmar Grieser lebt seit 1957 in Wien und ist seit 1973 als Buchautor erfolgreich. Seine Bestseller wurden in mehrere Sprachen übersetzt, etliche auch fürs Fernsehen verfilmt. Zu seinen Auszeichnungen zählen u.a. der Eichendorff-Literaturpreis, der Donauland-Sachbuchpreis, der Buchpreis der Wiener Wirtschaft, der tschechische Kulturpreis 'Artis Bohemiae Amicis', das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst sowie das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Zuletzt bei Amalthea erschienen: 'Die böhmische Großmutter' (6. Aufl. 2015), 'Es ist nie zu spät' (3. Aufl. 2010), 'Das zweite Ich' (2. Aufl. 2011), 'Das gibts nur in Wien' (2. Aufl. 2012), 'Landpartie' (2013), 'Wege, die man nicht vergisst' (2015), 'Geliebtes Geschöpf' (2. Aufl. 2016) und 'Schön ist die Welt' (2017).
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»Auf Händen müßt ihr ihn tragen!«


In einem Alter, wo manche andere erst in den Brautstand tritt, wird bereits Witwe: Als Mozart am 5. Dezember 1791 stirbt, ist Constanze neunundzwanzig, in genau einem Monat wäre ihr dreißigster Geburtstag zu feiern. Doch nach Feiern ist der sechsfachen Mutter, von deren Kindern allerdings nur die Söhne Carl und Franz Xaver Wolfgang am Leben geblieben sind, nicht zumute: Hat sie sich nicht aus Verzweiflung über den Verlust des geliebten Mannes gar in dessen Bett gelegt, um angesteckt zu werden und ihm in den Tod zu folgen?

Ja, es ist wahr: Sie neigt zur Koketterie, die zweitjüngste Tochter des Mannheimer Souffleurs Franz Fridolin Weber, und Mozart tobt jedesmal vor Eifersucht, wenn sie sich beim Pfänderspiel von jungen Offizieren die Waden messen läßt. Aber auch, wenn’s noch so oft danach aussieht: Zu einem Seitensprung hat sie es niemals kommen lassen. Ihrem Wolferl ist sie treu: Weder vorher noch gar nebenher gibt es in ihrem jungen Leben einen zweiten Mann.

Nun also diese erschreckende Leere in der auf einmal viel zu großen Wohnung: Die Beletage im Kleinen Kayser-Haus, Stadt Nr. 970 (heutige Adresse: Wien I., Rauhensteingasse 8), umfaßt sechs Zimmer, zwei Küchen, Dachboden, Keller und Holzgewölb. Dazu kommt die akute Geldnot der Mozarts: Seit acht Jahren auf Pump lebend, hat Wolferl seiner Familie – der ältere der beiden Buben ist knapp sieben, der jüngere gar erst viereinhalb Monate alt – einen wahren Schuldenberg hinterlassen. Einer der Gläubiger verübt einen Selbstmordversuch.

Von den Verwandten kann die junge Witwe keinerlei Hilfe erwarten, also wendet sie sich mit ihrem Gesuch um eine Gnadenpension an den Kaiser. Das erste, was Leopold II. der Bittstellerin zugesteht, ist die Abhaltung einer musikalischen Akademie, an der der gesamte Hof teilnimmt. Von den fünfzehnhundert Gulden, die das Konzert abwirft, werden hundertfünfzig Dukaten an die Hinterbliebenen ausgezahlt. Und am 12. März des folgenden Jahres wird Constanzes Pensionsantrag stattgegeben – freilich nur in der Höhe eines Drittels des Mozart-Gehaltes: zweihundertsechsundsechzig Gulden per anno.

Um sich und die beiden unmündigen Kinder durchzubringen, muß sie also dazuverdienen. Sie versucht es mit Konzerten – zuerst in Wien, dann auch in Leipzig, Dresden und Prag. Und am 28. Februar 1796 – da ruht Mozart bereits über vier Jahre unter der Erde – steht Constanze sogar als Sängerin auf der Bühne: Im Königlichen Opern-Theater zu Berlin übernimmt die inzwischen Vierunddreißigjährige eine der Partien in »La Clemenza di Tito«.

Aber sowohl die Erträge aus den Konzerten wie die aus dem gelegentlichen Verkauf von Partituren aus dem Mozart-Nachlaß (so etwa an König Friedrich Wilhelm II., der ihr auf ein entsprechendes Bittgesuch hin acht Stücke abnimmt) sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Constanze Mozart muß sich um regelmäßige Einnahmen umsehen. Wie wär’s, wenn sie einen Teil ihrer Wohnung an zahlungskräftige Zimmerherren vermietet?

Constanze ist umgezogen – zuerst in ein bescheideneres Quartier im Judengäßchen, nun in die geräumige Wohnung im obersten Stockwerk des Michaelerhauses. Hier kann sie endlich auch wieder Gäste empfangen, musikalische Soireen arrangieren. Künstler aus Mannheim und Berlin, aus Prag und Paris, die zu Konzerten in Wien weilen, rechnen es sich zur Ehre an, der Witwe Mozart ihre Aufwartung zu machen, und auch die Wiener Gesellschaft, der allmählich zu dämmern beginnt, welches Jahrhundertgenie dieser mit kaum sechsunddreißig Jahren aus dem Leben Gerissene gewesen ist, zeigt sich ergriffen, wenn dessen Gefährtin vor ihre Gäste hintritt und sie nicht nur verköstigt, sondern auch bei einem der Quartette mitwirkt oder gar eine Mozart-Ariette zum besten gibt.

Einer dieser Stammgäste im Michaelerhaus ist der Diplomat Georg August von Griesinger. Selbst Legationssekretär an der sächsischen Gesandtschaft in Wien, ist er mit einem Kollegen von der dänischen Vertretung befreundet, der seit 1793 in Wien amtiert, und ihn, Nikolaus Nissen mit Namen, aus Hadersleben in Nordschleswig stammend und Sproß einer französischen Mutter, führt er anläßlich einer der Soireen der Saison 1797/98 bei Constanze Mozart ein. Legationssekretär Nissen ist unter allen Gästen des Abends der mit Abstand dankbarste: Selber hochmusikalisch, schon als Kind am Klavier ausgebildet, nun aber die Flöte bevorzugend, kennt er viele der Mozart-Kompositionen, hat etliche der Opern gehört, liebt vor allem die »Zauberflöte«, ist also selig, in Gestalt der Mozart-Witwe seinem Idol nahe zu sein.

Auch Constanze zeigt sich von dem ein Jahr Älteren, seinem Enthusiasmus und seiner weichen Stimme mit dem angenehmen dänischen Akzent angetan, und als man nach erster Konversation über Fachliches, etwa übers Sonatenspiel, auch auf Persönliches zu sprechen kommt und sich herausstellt, daß der ebenso artige wie hochgebildete Fremde auf Wohnungssuche ist, bietet ihm Constanze ein Untermietzimmer in ihrer geräumigen Bleibe am Michaelerplatz an.

Kurz darauf bezieht Nikolaus Nissen sein neues Logis hinter der Hofburg, Tür an Tür mit Constanze Mozart, und da deren Kinder, die inzwischen dreizehn bzw. sechs Jahre alten Buben, ohne Vater sind, springt der hilfsbereit-fürsorgliche Untermieter von Stund an überall ein, wo männlicher Rat gefragt ist. Er lehrt sie lateinische Grammatik und französische Aussprache, plagt sich mit ihnen in Algebra und geometrischen Beweisen, und wenn die Musikstunde ansteht, schiebt er »Wowi«, dem Knirps, drei Sitzkissen unter, damit die kleinen Hände zu den Klaviertasten hinaufreichen.

Die Gefühle, die Nikolaus Nissen vom Tag des Kennenlernens an für die Mutter der beiden Halbwaisen empfindet, muß er zunächst noch für sich behalten: Nur zu deutlich spürt er, daß er für die ersehnte Annäherung eine Menge Geduld wird aufbringen müssen. Immerhin ist auf dem Umweg über die Kinder mancherlei Andeutung möglich – etwa, wenn er den offensichtlich dem Vater nachgeratenden, hochmusikalischen »Wowi« dazu anhält, zu Mutters Namenstag ein kleines Rondo zu komponieren, sein Opus Nummer eins fein säuberlich abzuschreiben und der freudig überraschten Jubilarin auf den Gabentisch zu legen.

Nissen ist ein ernster, grundsolider Mann. Und er sieht gut aus – trotz der leicht fliehenden hohen Stirn und des schon frühzeitig schütteren fahlblonden Haupthaares. Aber auch Constanze ist bei allem Liebreiz keine Schönheit. Nissen ist größer von Wuchs als Mozart, sein eigentliches Kapital sind die blauen Augen, die zugleich Klugheit und Güte ausdrücken. An die Frau, die einmal sein Leben teilen soll, stellt der junge Diplomat so hohe charakterliche Ansprüche, daß die zwei Kandidatinnen, die seinen bisherigen Weg gekreuzt haben, sich verschreckt von ihm zurückgezogen haben.

Auch Constanze verhält sich ihrem Verehrer gegenüber spröde. Andererseits ist sie des Alleinseins müde: Es ist also zunächst ein Gefühl tiefer Dankbarkeit, das sie schließlich doch zu dem ein Jahr Älteren hinzieht. Zum vertrauten »Du« mag sie sich nur durchringen, weil auch die Kinder ihn duzen, ja mit der Zeit sogar von der Anrede »Onkel« zu der Anrede »Vater« übergehen.

Es ist also keine stürmische Leidenschaft, die sich da zwischen den beiden Enddreißigern anbahnt, und auch, als ihr Zusammenleben längst eheähnlichen Charakter hat, lassen sie beinahe zwölf Jahre verstreichen, bis sie vor den Traualtar treten. Das liegt allerdings nicht nur an Constanzes Zurückhaltung, sondern hat auch handfeste praktische Gründe: Als Diplomat im Dienste des Königs von Dänemark ist Nikolaus Nissen niedrig besoldet, und Constanze verlöre im Fall einer Eheschließung ihre Witwenpension. Obwohl es beiden jedesmal wie ein Stich durchs Herz geht, nehmen sie in Kauf, daß sie in den Pausen der Konzerte, die sie gemeinsam besuchen, von ihren Freunden als »Herr Nissen und Frau Mozart« herumgereicht werden.

Da alles noch so beharrliche Werben um die auch formelle Besiegelung ihres Bundes weiterhin an Constanzes Widerstand scheitert, greift Nissen zu einem Mittel, das ihm vor allem von seiner stolzen Mutter, als sie davon erfährt, eine strenge Rüge einträgt: Er schreibt der Frau, mit der er in einem und demselben Haushalt lebt, zärtliche Briefe. »Liebste Freundin« und »Liebe Mozartine« nennt er sie abwechselnd in den fein gedrechselten Episteln, die er ihr neben das Bett, auf die Kommode oder auch auf den Küchentisch legt. Und da die Adressatin die amourösen Billets doux ihrem Verehrer wortlos zurückgibt, nimmt deren Ton nach und nach an Schärfe zu: »Hasse mich, aber liebe mich nicht halb!« steht in einem der Briefe. Und er endet mit den Worten »Dein Dich verzweifelt suchender N.«

Wenn es also schon mit dem Gang zum Traualtar so...


Dietmar Grieser lebt seit 1957 in Wien und ist seit 1973 als Buchautor erfolgreich. Seine Bestseller wurden in mehrere Sprachen übersetzt, etliche auch fürs Fernsehen verfilmt. Zu seinen Auszeichnungen zählen u.a. der Eichendorff-Literaturpreis, der Donauland-Sachbuchpreis, der Buchpreis der Wiener Wirtschaft, der tschechische Kulturpreis "Artis Bohemiae Amicis", das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst sowie das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Zuletzt bei Amalthea erschienen: "Die böhmische Großmutter" (6. Aufl. 2015), "Es ist nie zu spät" (3. Aufl. 2010), "Das zweite Ich" (2. Aufl. 2011), "Das gibts nur in Wien" (2. Aufl. 2012), "Landpartie" (2013), "Wege, die man nicht vergisst" (2015), "Geliebtes Geschöpf" (2. Aufl. 2016) und "Schön ist die Welt" (2017).



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