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E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Griffin Rettung

Roman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-312-01098-1
Verlag: Nagel & Kimche
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-312-01098-1
Verlag: Nagel & Kimche
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ein Holzkonzern zerlegt hemmungslos den einzigartigen Urwald im Westen Kanadas - mit dem Segen der Politik. Eine Gruppe vom Umweltschutz kämpft gegen die Abholzung. Sie planen ein Attentat und Pete meldet sich freiwillig, den Sprengsatz im Lagerhaus des Konzerns zu platzieren. Als die Bombe hochgeht und ein Mensch stirbt, flieht Pete in Panik. Tagelang irrt er im Wald umher und trifft schließlich an der Küste auf eine Siedlung von Aussteigern. Er findet Unterschlupf bei Inez und verliebt sich in sie, verschweigt ihr aber sein Verbrechen. Mit hohem Tempo erzählt, handelt dieser Thriller von Gewalt als Mittel für einen guten Zweck; glaubwürdig, fesselnd und hervorragend erzählt

Daniel Griffin stammt aus Kingston, Ontario, und lebt nach Stationen in Guatemala, Neuseeland, England und Frankreich heute mit seiner Familie in Victoria, Kanada. Für seinen Erzählband 'Stopping for Strangers' wurde er für mehrere Literaturpreise nominiert.

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    PROLOG   An einem Sonntagmorgen im April parkten die fünf – vier Männer und eine Frau – ihren Van in einer Nothaltebucht unterhalb von Bedwell Pass. Sie folgten einer Schneise in den Wald hinein und gelangten hinter einer scharfen Kurve zu einer Lichtung, auf der sich hie und da zwischen Stümpfen Abraum stapelte. Der Hang stieg an, und der Forstweg führte in einen Gürtel aus Zedern und Tannen und endete abrupt an einem aufgeschütteten Erdhügel, davor eine Planierraupe, ein Tieflöffelbagger und ein Kipplaster. Die fünf kletterten darüber hinweg, drangen ins Unterholz, kein Pfad. Durch den Regen der letzten Nacht stieg von der feuchten Erde ein kräftiger Duft auf, Farne und Salal, der Wirrwarr des Waldbodens ein glitzerndes Grün. Bäume stemmten sich in die Hänge hinein, die Stämme in Flechten und Moos gekleidet, die Wurzeln verknotet. Wo es flacher wurde, standen Tannen so breit wie ein Kleinwagen. Auf der Passhöhe schlugen die fünf ihr Lager auf: zwei helle Igluzelte unter dem Astgewölbe zweier Douglastannen. Vogelrufe hallten durch die Luft, Lerchen, Drosseln, Waldsänger. Wipfel rauschten im Wind, das alte Holz knackte. Sonntagnachmittag, ein engelhafter Friede. Pete Osborne kletterte einen dünnen Baum hinauf und befestigte in gut sechs Metern Höhe ein Ankerseil, wiederholte das Manöver mit einem zweiten Seil an einem weiteren, rund zehn Meter entfernten Baum, dann spannte er eine Hängematte dazwischen, zog sie hoch genug, damit man nicht so leicht an sie herankam. In derselben Manier brachte er noch eine zweite Hängematte an, kletterte hinein und stieß einen jodelnden Schrei aus. Ein Stück weiter den Grat entlang knüpfte Art Kosky ein Bettlaken hoch zwischen zwei Zedern, darauf gemalt die Worte: «Die Straße endet hier», ein kräftiges Schwarz inmitten des ungebärdigen Grüns. Es war bereits später Nachmittag, doch das Licht reichte noch aus, also rief Pete die anderen zu sich, postierte sie vor das Banner und stellte die Kamera auf einen Felsen. Nachdem er den Timer eingestellt hatte, rannte er zu der Gruppe, schob das rote Halstuch über die Stirn und lächelte, als der Auslöser klickte: die fünf, eng zusammengedrängt, oben auf dem Bedwell Pass – Pete Osborne, Art Kosky, Fay Anderson, Jeremy Dunn und Derek Newfeld. Am Abend sammelte Pete Holz, suchte den Grat nach allem ab, was trocken genug war, dann machten sie vor dem größeren der beiden Zelte ein Lagerfeuer. Sie aßen Baked Beans, Brot und Käse. Bevor es dunkel wurde, verstaute Fay die Reste in dem einzigen Rucksack, fädelte ein Seil durch die Riemen und hängte ihn hoch oben auf, damit die Bären nicht herankamen. Auf dem Weg zum Zelt, das sie mit Art teilte, drehte sie eine kleine Pirouette. Die anderen hatten sich abgewandt, so dass nur Pete es sah: eine einzige Umdrehung auf dem Waldboden, bei der ihre zum Bob geschnittenen Haare aufflogen.   Am Montag drang in aller Frühe der Lärm von Kettensägen aus dem Tal herauf. Die fünf frühstückten gerade und blickten hinunter in den Wald, lauschten dem schrillen Kreischen der Zweitaktmotoren, das alle paar Minuten vom Krachen eines umstürzenden Baums unterbrochen wurde. Die Schaufel des Tieflöffelbaggers schlug scheppernd gegen das Grundgestein, die Straßenbaukolonne bei der Arbeit. Später erschütterte eine Sprengung den Hang und löste Regentropfen von den Zweigen über ihnen. Gegen Mittag kam ein Mann der Straßenbaufirma herauf. Er trug einen Schutzhelm und eine gelbe Warnweste. Er fragte, was sie wollten. Art stellte sich vor ihn hin und deutete auf das Banner. Ein leichter Wind blähte das Laken. Der Mann fragte, wie lange sie zu bleiben gedächten. Keiner antwortete. Art verschränkte die Arme. Er starrte ihn fest an, mit glühendem Blick, den Mund zusammengekniffen. Die fünf hatten vereinbart: kein Wort, keine Verhandlungen. Irgendwann machte der Mann kehrt und stieg den Hang wieder hinunter. Am Morgen des dritten Tages erwachten sie bei Regen. Tiefe Wolken umschlossen die Welt, und das stetige Prasseln des Regens dämpfte das Kreischen der Kettensägen im Tal. Die fünf harrten in ihren Zelten aus. Am Abend klarte es auf, und Pete schulterte seine Kamera und machte sich auf den Weg den Grat entlang. Die Luft war kühl und klamm, der Mond stand hoch am Himmel, eine schmale Sichel. Pete richtete die Kamera auf einem Ast aus, stellte die Belichtung auf zwei Sekunden und hielt still. Am Morgen des vierten Tages tauchten drei Studenten auf, eine Frau in einem hellgelben Parka, bei ihr zwei Männer; einer hatte einen kahlrasierten Schädel, und als er seine Wollmütze abnahm, kamen feine dunkle Stoppeln zum Vorschein. Sie hatten im Campusradio ein Interview gehört, in dem Fay und Art von ihrem Plan erzählt und dazu aufgefordert hatten, sich ihnen anzuschließen. Sie waren auf der Insel nach Norden getrampt und hatten sich durchgefragt. Niemand, mit dem sie sprachen, hatte ihnen weiterhelfen können. Übernachtet hatten sie in einem Kahlschlaggebiet zwei Meilen nördlich. Am Morgen waren sie den Geräuschen der Straßenbaukolonne gefolgt, dem Knallen des Dynamits. Die Studenten errichteten zwei Zweimannzelte. Jetzt waren sie zu acht. So wurden Proteste größer, so erreichten Bewegungen eine Kraft, die man nicht mehr ignorieren konnte. Die drei neuen Gesichter hatten den fünf Auftrieb verschafft. Als am fünften Tag gegen Abend der Mann mit der sanften Stimme und der gelben Warnweste erneut zum Grat heraufstieg, sah er sich mit acht schweigenden Menschen konfrontiert. Er hielt ein Blatt Papier in die Höhe, las die richterliche Anordnung vor und sagte, die Polizei sei unterwegs, um sie zu verhaften und wegzuschaffen. Der Bautrupp war näher herangerückt. Durch die niedrigen Äste war das rostig gelbe Führerhäuschen des Baggers zu erkennen, dahinter ein Kipplaster. Die acht entzündeten mit dem Holz, das sie im Trockenen aufbewahrt hatten, ein Lagerfeuer. Jeremy zerbröselte eine Zigarette, formte den Tabak zu einem kleinen Knäuel und verbrannte ihn, als Opfer an die Bäume. Am nächsten Morgen verstummten die Kettensägen und der Bagger, und in die Stille hinein erhob sich der Gesang einer Lerche. Wind wehte den Kamm entlang, tippte die Spitzen der uralten Bäume an und trug Stimmen aus dem Tal herauf, dann das Geräusch von Menschen, die durchs Unterholz stapften: Füße auf totem Geäst und zersplittertem Holz. Pete lag seit Tagesanbruch in der einen Hängematte, Jeremy in der anderen. Jeremy hatte sich rasiert. Mit geradem Rücken saß er da, bereit, Herr seiner selbst. Er war der Erste, der die uniformierten Gestalten erspähte. Er rief den anderen zu, dass sie im Anmarsch waren, mit energischer Stimme, gebieterisch. Pete hob die Kamera, blickte durch den Sucher. Der vorderste Mann keuchte schwer. Hinter ihm schleppte ein zweiter Polizist eine Trittleiter durchs Gehölz. Der Auslöser klickte. Pete transportierte den Film weiter, sah erneut durch den Sucher. Fay zog den Reißverschluss des Igluzelts hoch und trat auf das Totholz hinter dem blauen Nylon. Als sich der erste Polizist der Passhöhe näherte, sah sie zu Pete und Jeremy. Wieder klickte der Verschluss. «Wir gehen hier nicht weg», rief Fay, und Pete machte ein weiteres Foto, Fay im Profil, nach vorne gelehnt, das Kinn gereckt, herausfordernd, ihre schwarzen Haare gerade lang genug, um sie hinter die Ohren klemmen zu können. Er fotografierte auch einen der Studenten. Die drei hatten beschlossen, sich nicht verhaften zu lassen, und traten einer nach dem anderen beiseite, als der Polizist mit den Streifen am Arm ein Megaphon hob und die Anordnung vorlas. «Sie müssen uns schon hier wegschleifen», rief Art, doch der Beamte mit dem Megaphon las einfach weiter. Fay legte sich auf den Boden und machte ihren Körper schlaff, als die Polizisten heranschwärmten. Zwei Beamte packten Derek und hoben ihn hoch. Die Kamera klickte erneut, fing Derek ein, sein kantiges, knochiges Gesicht mit der Drahtgestellbrille, die ihm auf die Nasenspitze gerutscht war. Die Studenten hatten Art geholfen, eine Kette um sich zu wickeln. Sie hatten ihn an einen Baum gebunden, doch die Polizei hatte Bolzenschneider dabei. Sie waren gut vorbereitet. Pete betrachtete Art durch den Sucher, angespannter Kiefer, rotes Gesicht, an der Kette zerrend, während ein Beamter den Bolzenschneider ansetzte und mit einem Schnappgeräusch ein Kettenglied durchtrennte. Der Polizist mit den Streifen auf dem Arm näherte sich Fay. Sie blieb reglos liegen. Sie würde nicht von selbst gehen. Ja, nicht einmal aufstehen. Ein Mann bückte sich und ergriff ihre Beine. Ein anderer packte sie an den Armen. Pete lehnte sich über den Rand der Hängematte und schoss ein Foto ihres zwischen den beiden Männern eingeklemmten Körpers. Die oberste Sprosse einer Leiter schlug gegen die Zeder direkt neben Pete, und aus dem Strauchwerk kletterte ein Polizist hervor. Sein Gesicht kam auf gleiche Höhe, tiefliegende Augen, rote Wangen, münzgroßes Muttermal auf dem Nacken. «Kann ich erst noch meine Kamera einpacken?», fragte Pete. «Nur damit nichts kaputtgeht.»   Art war der Letzte, der den Hang hinuntergetragen wurde, nachdem die um seinen Oberkörper gewickelte Kette durchtrennt worden war. Drei Beamte schleppten ihn den Pfad entlang, den viele Füße matschig getreten hatten. Auf halber Strecke rutschte der Mann, der Arts linkes Bein hielt, aus, und Art knallte mit dem Rücken auf Felsengestein. Am Kopf des neuen Forstwegs stand ein Mann mit einer Fernsehkamera auf einem kleinen Erdhügel. Art hob den Kopf und blickte direkt in die Linse. Ein paar Bauarbeiter standen herum und sahen zu. Einige klatschten Beifall. Ein Stück den Forstweg runter hielt ein Bulle...



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