Groebner | Lexikon der Nichtigkeiten | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Groebner Lexikon der Nichtigkeiten


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-947106-16-5
Verlag: SATYR Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

ISBN: 978-3-947106-16-5
Verlag: SATYR Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Severin Groebner hat sich Gedanken gemacht. Über die Welt. Sich selbst. Und die Menschen. Auch die, die er nicht so gerne mag. Dieses Buch vereint die besten Glossen und Satiren des bekannten deutschösterreichischen Kabarettisten zu einem Alphabet des modernen Irrsinns.

In Zeiten, wo die Orientierungslosen in Gruppen durch die Straßen marschieren und "Oléoléoléolé" schreien, will Groebner helfen. Mit einem Buch für die Sinn- und Unsinnsuchenden.
Das "Lexikon der Nichtigkeiten" ist ein klassisches Rundumschlagwerk für alle, die schon immer wissen wollten, was Familie mit Körperflüssigkeiten zu tun hat, warum der Rentner als solcher eine Massenvernichtungswaffe ist oder warum die Wahrheit ansteckender ist als das Ebola-Virus.
Von A wie "Architektur", über C wie "Cyberwar" und T wie "Tatortkommissare" bis hin zu Z wie "Zukunftsprognosen": Hier bekommt keiner sein Fett weg, dafür jeder eins auf die Zwölf. Also auch der Autor. Schließlich ist der auch ein Mensch und somit ein … ach, schlagen Sie einfach selbst nach. Unter M.

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Abendland, das
Das Abendland ist ein Verungnügungspark. Es ist ein Mega-Giga-Jahrmarkt für alle Generationen, ähnlich wie Disneyland oder Legoland. Nur mit dem Unterschied, dass man dieses Freizeitparadies nicht besucht, um fröhlicher zu werden. Im Gegenteil. Im Depripark Abendland herrscht immer extrem schlechte Stimmung. Aussagen wie »Alles super im Abendland!«, »Uns geht es prima hier im Abendland!«, »Abendland Yippiieyeah!« oder auch nur »Abendland – der Morgen danach« sind im Abendland unbekannt. Nein, dieses Endzeitparadies (Werbeslogan: »Abendland – ein Scheißgefühl für die ganze Familie«) ist immer bedroht. Es machen sich paranoide Verstimmungen breit. Vielleicht wegen des abnehmenden Lichts. Es herrscht ein ständiges Halbdunkel, sodass man nichts mehr richtig erkennen kann. Deswegen lässt sich das Abendland auch so schlecht beschreiben. Es gibt ja auch kaum Vergleichbares. »Nachmittagsgegend« kennt man nicht, auch keine »Mittagsorte« oder »Nachtplätzchen«. Einzig das Gegenstück zum Abendland kann man benennen: »Morgenluft«. Aber das hilft auch nicht wirklich weiter. Die kann wieder nur gewittert werden. Wenn aber im Abendland Morgenluft gewittert wird, dann muss es gleich wieder gerettet werden. Denn es ist etwas sehr Fragiles. Die Attraktionen sind alle schon in die Jahre gekommen. Der Rost frisst sich durch Kruppstahl. Der Autoscooter läuft mit Diesel, der ? Populist bietet hier seine Tickets feil, und aus den Lautsprechern wird in knatterndem Sound regelmäßig vorm »Untergang des Abendlandes« gewarnt. Es herrscht eine »Jetzt oder nie«-Stimmung. Kommt aber mal der TÜV oder das Technische Hilfswerk und möchte sich ein klares Bild vom Zustand des Abendlands machen, lässt man sie nicht rein. Praktische Hilfe will man nicht. Die Betreiber bestehen darauf, alles selbst zu machen, nach dem Handbuch »Früher«. DEM Standardwerk aus der Ratgeberreihe »Die Welt für Dummies«. Man sieht, in diesem spätnachmittäglichen Gebilde ist einiges schwieriger als anderswo. Vielleicht erklärt sich seine Eigenartigkeit aber auch durch das Publikum, das das Abendland anzieht. Hauptsächlich ? Rentner durchstreifen die Gassen voller geschlossener Pommesbuden und Geisterbahnen mit den angeblich »schaurigsten Asylanten der Welt«. Die paar Jungen, die sich hierher verirren, rennen alle ins Spiegelkabinett »Identity«, betrachten sich selbst aus allen Winkeln und glauben deshalb, den Durchblick zu haben. Die einzige wirkliche Attraktion des Abendlandes ist seine Beleuchtung. Nirgendwo sonst auf der Welt geht die Sonne dauernd gerade unter. Das ist wahrlich schön und verbreitet mit seinem orange-güldenen Glanz ein melancholisches Gefühl. Und in diesem Licht sieht auch das kaputteste Fahrgeschäft noch richtig erhaben aus. Und dazu kommt noch der geheime Special Effect des Abendlands: Wenn die Sonne so tief steht, werfen natürlich auch Zwerge ganz lange Schatten. Deshalb ist das Abendland stets so gut besucht. Alter, das
Das Alter ist weise oder mild. Bleibt denen ja auch nichts anderes übrig, diesen Saudeppen von gestern. Alkohol, der
Alkohol ist ein Spiel. Ein Gesellschaftsspiel. Und damit eine weitverbreitete Freizeitbeschäftigung. Wenn man etwa »ein Bier trinken« geht, ist das eine gesellschaftlich anerkannte Tätigkeit. Außer es handelt sich um alkoholfreies Bier. Das wäre Schummelei. Geht man dagegen eine Limonade, einen Ingwertee oder ein Glas Wasser trinken, dann ist das langweilige, biologisch notwendige Flüssigkeitszufuhr. Aber nicht nur die hohe soziale Komponente ist Anreiz mitzuspielen. Auch die anderen Verlockungen des Spiels sind groß: Man wird eloquent, witzig, gut aussehend und hat vor niemandem mehr Angst. Oder anders gesagt: Man wird offensichtlich nicht schlauer davon. Aber solange man spielt, merkt man das nicht, da das Spiel Alkohol behauptet, das echte Leben zu sein. Das einzige richtige. Womöglich die ? Wahrheit. Am nächsten Tag allerdings zahlt man alles zurück. Dann ist man still, uninspiriert, sieht aus wie ausgekotzt, fürchtet sich davor, das Haus zu verlassen, und ist der sicheren Überzeugung, gleich sterben zu müssen. Die schnellste Möglichkeit, dieser »Katharsis anhaltender tragischer eigener Reue« (kurz KATER) zu entfliehen, ist, sofort weiterzuspielen. Das ist aber nicht zu empfehlen. Denn am Schluss spielt der Spieler das Spiel so intensiv, dass er gar keine Mitspieler mehr braucht. So spielen langjährige Spieler Alkohol dann auch oft allein zu Haus, schon zum Frühstück oder während des Autofahrens. Letztlich ist der Ausgang des Spiels aber immer von vorneherein klar: Denn es gibt bei diesem Spiel stets nur einen Gewinner, den Alkohol. Und einen ewigen Verlierer: den Spieler. Anfang, der
Aller Anfang ist schwer, sagt man. Allem Anfang wohnt ein Zauber inne, sagt man aber auch. Insofern ist der Anfang ein schwerer Zauber. Aber wer kann schon zaubern? Angst, die
Angst ist eine ernste Angelegenheit. Denn sie macht süchtig. Und auch bei der Angst gibt es, wie bei allen Suchtgiften, eine Einstiegsdroge: die ehrliche Besorgnis. Und die wird dann geteilt. Auf Facebook etwa. So wird die Angst dann weitergereicht von Mensch zu Mensch, von Profil zu Profil, und sie wird immer mehr und mehr. Die Ängste breiten sich aus. Viral. Da hilft es nichts, diesen Menschen zu sagen: »Ja, wir verstehen dich. Aber wir werden das schon hinkriegen.« Da fühlen die sich nicht ernst genommen. Denn das ist der Kick der Droge Angst: »Ich werde ernst genommen. Das ist wichtig.« Denn so hebt sich der Bedeutungsspiegel im Blut, während der Sauerstoffspiegel gleichzeitig sinkt. Der Krankheitsverlauf ist einer Kohlenmonoxidvergiftung ähnlich. Das Hirn wird mehr und mehr unterversorgt, aber das stört den Süchtigen nicht. Im Gegenteil: Wird er erst mal ernst genommen, breitet sich erst dieses angenehme Unwohlsein in ihm aus. Von Befürchtungen umsorgt, ja aufgehoben, im Bund mit anderen Gleichgesinnten, mit denen er sich in der Behaglichkeit seines Zuhauses noch mehr fürchten kann. Und dann erzählt man sich gegenseitig, was noch alles Schlimmes möglich wär’. Und es wird immer schlimmer und schlimmer, und wenn einem gar nichts mehr einfällt, dann erfindet man eben was. Hauptsache, es gruselt einen ordentlich. Denn wie bei jeder Droge ist auch ein Vergnügen dabei. Wohlige Schauer jagen einem den Rücken hinunter, die angenehme Besorgnis wird zum geilen Nervenkitzel, bis man gar nicht mehr aufhören kann. Neuer Stoff muss her, noch düsterer muss die Zukunft werden, noch grausamer die längst fälligen Gegenmaßnahmen. Denn jetzt hat sich die Angst schon längst in Angstlust gewandelt. Und weiter in Angstsucht. Der Angstabhängige verlangt nach dem immer noch größeren Kick. Schlimmer, böser, bedrohlicher muss es sein. Jaaa! Da reicht nicht mehr die Angst um den Arbeitsplatz, es muss auch Haus und Herd bedroht sein, am besten die ? Kultur, die Tradition, das ? Abendland, die Identität! Es kommen nicht Schwierigkeiten auf einen zu, nicht Probleme, die man mit kluger Organisation in den Griff kriegen könnte … Nein, die totale Vernichtung droht! Die Apokalypse! Das Ende der Welt! Deshalb muss man auch sofort zur allerhärtesten Abwehr greifen. Warum? Weil man recht hat. Und warum hat man recht? Weil man Angst hat! Geiler Stoff. Und es stimmt ja auch! Alle Bekannten und Freunde sind ja derselben Meinung. Denn alle, die eine andere Meinung gehabt haben und gesagt haben: »Na ja, man kann es aber auch so sehen …«, sind sofort angebrüllt worden, dass sie naiv seien (und am besten schreiben wir das ganz groß: NAIV!!!) und manipuliert und total verblödet! Und dann haben sie sich entfreundet. Was ja nur beweist, wie recht sie haben. Und deswegen dürfen die Angstabhängigen alles fordern. Auch das am besten in Großbuchstaben. ALLES! SOFORT!!! RADIKAL!!! Vernunft, Empathie und Menschlichkeit werden in Grund und Boden getrampelt, weil die Ängstlichen, die Panischen, die Sich-dauernd-in-die-Hosen-Scheißenden vor lauter Angst kein Erbarmen kennen. Insofern muss man eigentlich nur vor einem wirklich Angst haben: vor der Angst der Mitmenschen. Antworten, die
Antworten sind die Fragen von morgen. Arbeit, die
Arbeit ist eine Gottheit. Die einzige. Die absolute. Niemals darfst du sie lästern durch Müßiggang. Sie will Opfer, und du bekommst dafür die Bestätigung, ein wertvoller Mensch zu sein....


Severin Groebner wurde 1969 in Wien geboren und lebt in Frankfurt/Main. Seit 1995 als Kabarettist tätig mit über 100 Gastspielen pro Jahr in Deutschland und Österreich, der Schweiz und Südtirol. Regelmäßige TVAuftritte bei "Schlachthof" und "Vereinsheim" (BR) oder "Was gibt es Neues?" (ORF). Zahlreiche Auszeichnungen: u. a. "Deutscher Kabarettpreis", "Deutscher Kleinkunstpreis", "Salzburger Stier", "Österreichischer Kabarettpreis".
Seit 2012 schreibt er eine wöchentliche Kolumne in der "Wiener Zeitung". Zudem liefert er regelmäßige Satirebeiträge für Radio Österreich 1, Bayern 2, HR 1, WDR 5 sowie die taz.
Daneben immer wieder Lesungen ("Festival der Komik", Frankfurt; "Unter Sternen", Freiburg u. a.). Er ist Mitglied der "Lesebühne Ihres Vertrauens" in Frankfurt (zusammen mit Tilman Birr und Elis) und der "Letzten Wiener Lesebühne" (zusammen mit Stefanie Sargnagel und Hosea Ratschiller).
2011 erschien sein erstes Buch "Servus Piefke" (Südwest Verlag).



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