Grosfoguel / Kuhn / Rudolf | Horizonte dekolonialen Denkens | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 4, 406 Seiten

Reihe: Studien zur Kritik der Philosophie im islamischen Denken

Grosfoguel / Kuhn / Rudolf Horizonte dekolonialen Denkens

Über Rassismus, Islamophobie, Dekolonisierung und Transmoderne
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-347-76361-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Über Rassismus, Islamophobie, Dekolonisierung und Transmoderne

E-Book, Deutsch, Band 4, 406 Seiten

Reihe: Studien zur Kritik der Philosophie im islamischen Denken

ISBN: 978-3-347-76361-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kolonisation: Brückenkopf in eine Zivilisation der Barbarei, aus der jederzeit die schiere Negation der Zivilisation hervorbrechen kann. Aimé Césaire Verlassen wir dieses Europa, das nicht aufhört, vom Menschen zu reden, und ihn dabei niedermetzelt, wo es ihn trifft, an allen Ecken seiner eigenen Straßen, an allen Ecken der Welt. Frantz Fanon The most potent weapon in the hands of the oppressor is the mind of the oppressed. Steve Biko Emancipate yourself from mental slavery. None but ourselves can free our minds. Bob Marley Dies ist ein Aufruf zu einer Universalie, die eine Pluriversalie ist, zu einer konkreten Universalie, die alle epistemischen Besonderheiten in Richtung einer 'transmodernen dekolonialen Sozialisierung der Macht' einschließt. Wie die Zapatisten sagen: 'Kämpfen für eine Welt, in der andere Welten möglich sind'. Ramón Grosfoguel Ramón Grosfoguel ist einer der bedeutendsten Vertreter des dekolonialen Denkens der Gegenwart. Er ist Professor für ethnische Studien an der University of California in Berkeley und veröffentlichte zahlreiche Publikationen über die politische Ökonomie des Weltsystems, internationale Migration und die Dekolonisierung von Macht, Wissen und Sein. Ein besonderer Schwerpunkt seines Schaffens liegt auf der Betonung kolonialer Kontinuitäten in miteinander verflochtenen politisch-rechtlichen, ökonomischen, kulturellen und epistemischen Hierarchien und der darin gründenden Notwendigkeit der globalen Dekolonisierung.

Ramón Grosfoguel ist einer der bedeutendsten Vertreter des dekolonialen Denkens der Gegenwart. Er ist Professor für ethnische Studien an der University of California in Berkeley und veröffentlichte zahlreiche Publikationen über die politische Ökonomie des Weltsystems, internationale Migration und die Dekolonisierung von Macht, Wissen und Sein. Ein besonderer Schwerpunkt seines Schaffens liegt auf der Betonung kolonialer Kontinuitäten in miteinander verflochtenen politisch-rechtlichen, ökonomischen, kulturellen und epistemischen Hierarchien und der darin gründenden Notwendigkeit der globalen Dekolonisierung.

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Einführung
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Gespräch mit Ramón Grosfoguel: Erinnerungen und Horizonte des dekolonialen Denkens
Dieses biographische Interview ist die Transkription von zwei Gesprächen, die Javier García Fernandez mit Professor Ramón Grosfoguel geführt hat. Das erste fand an der Fakultät für Philosophie und Künste der Universität Granada im Rahmen der Reihe El intelectual y su Memoria (Der Intellektuelle und seine Erinnerungen) statt, mit dem die entsprechende Fakultät den Werdegang der bedeutendsten Intellektuellen auf der internationalen Bühne würdigt, die an der Fakultät für Philosophie und Künste arbeiten sowie mit ihr zusammenarbeiten. Der zweite Teil des Interviews fand im Albaicín10 statt und ist das Ergebnis eines langen Gesprächs zwischen Ramón Grosfoguel und Javier García Fernández. Beide Gespräche fanden im Mai 2019 im Rahmen der IV. Escuela Decolonial de Granada: Diálogos y Horizontes Decoloniales en las Ciencias Sociales y Humanidades Iberoamericanas (IV. Dekoloniale Schule von Granada: Dekoloniale Dialoge und Horizonte in den iberoamerikanischen Sozial- und Geisteswissenschaften) statt, an der auch der Dekan der Fakultät und die Philosophieprofessoren José Antonio Pérez Tapias, Nelson Maldonado-Torres und Karina Ochoa teilnahmen. Wir danken dem Dekan José Antonio Pérez Tapias und der Fakultät für Philosophie und Künste aufrichtig für die Anerkennung und Ehrung von Professor Ramón Grosfoguel, die auch eine Anerkennung des dekolonialen Denkens ist, das Ramón Grosfoguel in Granada und in Andalusien zusammen mit einer ganzen Reihe von andalusischen Forschern und Denkern entwickelt. Javier García Fernández: Welche Erfahrungen hast du mit dem Leben in Puerto Rico und vor allem in der Karibik gemacht? Du hast eine internationale Debatte über Kolonialismus, Rassismus und Dekolonisierung im 21. Jahrhundert angestoßen. Was bedeutet es für dich, Puertoricaner zu sein? – und Bewohner der Karibik? Ramón Grosfoguel: Nun, wenn man in Puerto Rico aufwächst, wird man mit einer Reihe von weltgeschichtlichen Problemen konfrontiert. Warum ist das so? Puerto Rico ist heute im 21. Jahrhundert eine Kolonie, aber als wir in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Puerto Rico aufwuchsen und in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts gegen den Verwaltungskolonialismus (colonialismo administrativo) kämpften, stellten wir uns folgende Fragen: Was ist die Lösung? Wie können wir das Problem des US-Kolonialismus in Puerto Rico lösen? Ist es die Unabhängigkeit? Was wäre der politische Ausweg aus dieser Situation? Am Ende des 20. Jahrhunderts hatten wir bereits die Enttäuschung über die lateinamerikanischen und afrikanischen Unabhängigkeiten erlebt, die in neuen Formen des Kolonialismus oder des so genannten Neokolonialismus endeten, was bedeutet, dass das koloniale Problem nicht gelöst wurde; in vielen Fällen setzten die Imperien in der Region ihre kolonialen Projekte fort. Wenn man sich umschaute, fragte man sich: Was wollen wir eigentlich? Wollen wir eine weitere nordamerikanische Neokolonie in der Karibik sein oder wollen wir etwas anderes? Die Karibik, die nach Andalusien der erste Ort auf der Welt war, an dem sich die kastilische Krone ausbreitete, war der erste Ort, der als Peripherie konstituiert wurde. Aus diesem Grund haben sich in der Karibik alle bekannten Formen des Kolonialismus ausgebildet, alle möglichen Formen kolonialer Verhältnisse: die assoziierte Republik in der niederländischen Karibik; die Assimilation durch Annexion auf den französischen Inseln; die Unabhängigkeiten (nicht die gewünschten, sondern die neokolonialen, was die real existierenden tatsächlich sind) in Jamaika, Haiti, der Dominikanischen Republik usw.; und auch die Erfahrungen mit dem real existierenden Sozialismus des 20. Jahrhunderts in Kuba. Angesichts all dessen gab es große Unzufriedenheit. In Anbetracht all dieser Optionen gab es keine, die wir als unseren Weg annehmen konnten. Außerdem sahen wir am Ende des 20. Jahrhunderts auch die Grenzen des sozialistischen Modells des 20. Jahrhunderts, das 1989 zusammenbrechen sollte und dessen Grenzen wir seit den 1970er Jahren kommen sahen. Wenn man aus Puerto Rico kommt, fragt man sich also: Was bedeutet Dekolonisierung? Das zwang uns, zu verstehen, dass Dekolonisierung nicht länger eine neue Formel für den rechtlich-politischen Status sein kann, denn als wir uns umschauten, sahen wir, dass das, was im 20. Jahrhundert Dekolonisierung genannt wurde, ein großer Mythos war. Was tatsächlich entstanden ist, waren neue Formen des Kolonialismus, die nach der Unabhängigkeit geschaffen worden sind. Kwame Nkrumah, der große Panafrikanist aus Ghana, nannte dies Neokolonialismus. Als erster Anführer einer erfolgreichen Unabhängigkeitsbewegung in Afrika erlebte er am eigenen Leib, wie die neuen Formen kolonialer Herrschaft sich gestalteten. Letzten Endes unterstützte die CIA einen Militärputsch in Ghana, und Nkrumah starb im Exil. Doch aufgrund seiner Erfahrungen schrieb Nkrumah ein Buch mit dem Titel Neo-Colonialism, the Last Stage of Imperialism11 . Dieses Buch wurde weltweit bekannt und brachte uns dazu, viel über den Kontext von Puerto Rico nachzudenken, das sich in der anomalen Situation befand, am Ende des 20. Jahrhunderts eine Kolonie zu sein. Wir erkannten, dass die Situation der kolonialen Herrschaft des westlichen Imperialismus nicht beseitigt, sondern auf neue Weise aktualisiert worden war. So sahen wir uns mit dem Dilemma konfrontiert, dass Veränderungen des Status allein das Problem der kolonialen Herrschaft nicht lösen würden. In diesem Kontext des Kolonialismus mit kolonialer Verwaltung, wie wir ihn in Puerto Rico erlebt haben, und des Neokolonialismus in allen Ländern in unserer Umgebung erwächst der Gedanke, dass die Formen kolonialer Herrschaft nicht mit dem Ende des rechtlich-politischen Regimes der kolonialen Verwaltungen enden, sondern eine ganze Reihe von Herrschaftshierarchien durchlaufen, die sich in dieser langen kolonialen Geschichte von mehreren Jahrhunderten konstituiert haben und die in neuen Formen wieder aufgegriffen werden. Alle diese durch mehrere Jahrhunderte Kolonialismus geschaffenen Herrschaftsformen waren auch dann noch präsent und keineswegs dekolonisiert, als die Peripherien der Welt größtenteils als formal unabhängige Staaten konstituiert wurden. Diese Hierarchien überstiegen die so genannten Unabhängigkeiten und blieben in gewisser Weise bis heute festgefahren. Es ist ein Erbe, das nicht nur in der Vergangenheit liegt, sondern bis heute fortwährt. Es gibt immer noch eine internationale Arbeitsteilung zwischen Zentren und Peripherien, eine Form der politischen Autorität, nämlich den Nationalstaat, der sehr eurozentrische Wurzeln hat, einen für koloniale Gesellschaften typischen Rassismus, ein Patriarchat, das auch heute noch in Kraft ist, welches typisch für das Christentum ist und durch die koloniale Herrschaft aufgezwungen wurde, eine Vorherrschaft der Werte des Christentums, auch eine ganze Reihe eurozentrischer epistemischer Strukturen in den verwestlichten Universitäten und so weiter. Aus all diesen Gründen kamen wir auf den Gedanken, dass der Kolonialismus nicht auf ein ökonomisches oder rechtlich-politisches System beschränkt ist, sondern dass es sich um eine Reihe von Herrschaftsbeziehungen handelt, die ein zivilisatorisches System konstituieren. Es ist die Realität von Puerto Rico, die uns gezwungen hat, über das traditionelle Verständnis der Dekolonisierung hinauszudenken. Betrachtet man alle Inseln der Karibik und Mittelamerikas, ist es leicht, zu verstehen, dass es keine wirkliche Dekolonisierung gibt, sondern dass die Hierarchien der kolonialen Macht unter der formalen rechtlich-politischen Unabhängigkeit weiter reproduziert werden, wenn auch in neuen Formen. Die Hierarchien ökonomischer, politischer, epistemischer, rassischer, kultureller und patriarchalischer Herrschaft sind in den neuen, formal unabhängigen Staaten, die wir heute als neokolonial bezeichnen, immer noch sehr präsent. Und gerade damit wird man, wenn man in Puerto Rico aufwächst, in gewisser Weise konfrontiert: Wie kann man Puerto Rico von der kolonialen Herrschaft des US-Imperiums dekolonisieren, wenn der Rest der formal unabhängigen Republiken weiterhin unter kolonialer Herrschaft ohne koloniale Verwaltung, also unter Neokolonialismus fortbesteht? In einer Debatte, die wir vor etwa zwölf Jahren in Venezuela mit dem Netzwerk Modernität/Kolonialität führten, entwickelte ich all dies, und es gab Leute im Publikum, die mich als Puertoricaner in Frage stellten, weil ich von einem Land aus über Dekolonisierung sprach, das immer noch eine Kolonie war. Ich erinnere mich, dass Aníbal Quijano aufstand und sagte: „Ich habe in den 1980er Jahren in Puerto Rico gelebt, und das hat mich dazu gebracht, über die Frage der Kolonialität nachzudenken! Dadurch, dass ich in Puerto Rico war und mit den Menschen diskutiert habe, habe ich die Idee der Kolonialität verstanden.“ In Puerto Rico sagen wir, dass die Debatte über den Status der Insel der Nationalsport ist. Aber das ist nicht nur in Puerto Rico so, denn die existentielle Erfahrung einiger karibischer Inseln von heute besteht darin, dass sie noch immer nicht-unabhängige Territorien irgendeiner Metropole sind. Ich war auf den niederländischen Inseln, den französischen Inseln, einigen britischen Inseln und den US-Jungferninseln, allesamt Inseln, die derzeit noch Kolonien europäischer oder US-amerikanischer Metropolen sind, so dass mir auffiel, dass die so genannte...



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