E-Book, Deutsch, 349 Seiten
Groth / Krejci / Günther New Organizing
2. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8497-8334-1
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Großorganisationen Agilität, Holacracy & Co. einführen – und was man daraus lernen kann
E-Book, Deutsch, 349 Seiten
Reihe: Management und Organisationsberatung
ISBN: 978-3-8497-8334-1
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Torsten Groth, Dipl.-Soz.-Wiss., selbstständiger Organisationsberater, Referent und Trainer; Gastgeber des Club-Systemtheorie; geschäftsführender Gesellschafter von Simon Weber Friends (gemeinsam mit Timm Richter). Beratungsschwerpunkte: Strategie und Führung von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien, Begleitung von Veränderungsprozessen. Veröffentlichungen u. a. 'Mehr-Generationen-Familienunternehmen. Erfolgsgeheimnisse von Oetker, Merck, Haniel u. a.' (3. Aufl. 2017, zus. mit F. B. Simon und R. Wimmer), '66 Gebote systemischen Denkens und Handelns in Management und Beratung' (4. Aufl. 2022). Gerhard P. Krejci, Dr., ist systemischer Organisationberater, Trainer und Coach. Er ist Lehrberater für systemische Organisationsberatung (Simon, Weber and Friends) und Lehrtrainer für Gruppendynamik bei der Österreichischen Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsberatung (ÖGGO) und hat langjährige Erfahrung als Projektleiter in internationalen Organisationen. Lektor an diversen Fachhochschulen und Universitäten in Österreich und Deutschland. Beratungsschwerpunkte: Führung, Teamarbeit, Projektmanagement, Interkulturelle Kompetenzen sowie Konzeption und Begleitung von Change-Vorhaben. Stefan Günther, Dipl.-Psych., Berater, Trainer, Coach, Moderator. Schwerpunkte: Klinische und Arbeits- und Organisationspsychologie. Seit 1990 Partner in einer Beratungssozietät für Personal- und Organisationsentwicklung. Seit 2003 selbständig mit einem umfangreichen und internationalen Netzwerk von Beraterkollegen mit komplementären Kompetenzen. Beratungsschwerpunkte: Systemische Strategie- und Changeberatung im Mittelstand und Unternehmensbereichen von Konzernen, Führungsentwicklung und Führungskräfteentwicklung, Gestaltung von Lernarchitekturen für nachhaltige Veränderungen, Coaching von Schlüsselpersonen und Leitungsteams, Qualifizierung interner und externer Berater.
Zielgruppe
Manager:innen
Berater:innen
Führungskräfte
Unternehmer:innen
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Organisationstheorie, Organisationssoziologie, Organisationspsychologie
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Change Management
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Unternehmensführung
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Unternehmensberatung, Unternehmenssubventionen
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Strategisches Management
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Forschung & Entwicklung (F&E), Innovation
Weitere Infos & Material
Vorwort
Systemische Weisheit
Was passiert, wenn größere Unternehmen Konzepte der Organisationsgestaltung einführen, die gerade im Trend liegen? Wir laden ein zu einer Expedition in die Welt des New Organizing, kurz NO. Auf dieser Reise werden einzigartige Einblicke in die Innenwelt von Konzernen und größeren Organisationseinheiten gegeben, die sich mit der Einführung neuer agiler Methoden und Organisationsformen befassen. In Form von Fallstudien werden erfolgreiche und weniger erfolgreiche Initiativen nachgezeichnet, die in den letzten Jahren von Einzelnen, von Teams, von Netzwerken bis hin zu Unternehmenseinheiten sowie von Vorstandsebenen gestartet wurden. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Auswirkungen der Initiativen gelegt: Zeigen diese das gewünschte Ergebnis, führt z. B. das Streben nach Agilität tatsächlich zu den jeweils gewünschten Veränderungen (einer wie auch immer verstandenen höheren Agilität), und wie neu ist New Work?
In 13 qualitativen Fallstudien, die im Kontext eines gemeinsamen Forschungsprojekts entstanden sind, wird ein von systemischer Organisationstheorie inspirierter und mit Empirie gesättigter Blick auf die Implementierungspraxis all jener Ansätze geworfen, die aktuell in der Diskussion sind. Konkret sind hier Ansätze wie »Agilität«, »Scrum«, »Holacracy«, »Purpose« etc. gemeint, die wir mit dem Begriff »New Organizing« erfassen. Initiiert wurde das Projekt von uns Herausgebern aufgrund sich häufender Berichte sowie eigener Beratungserfahrungen, dass sich eine interessante Kluft auftut zwischen den Verheißungen und Versprechungen dieser Ansätze und deren Umsetzung in der Praxis – gerade im Kontext größerer Organisationen. In den vielen, nicht selten sicher auch geschönten Fallbeispielen, über die in den letzten Jahren ausführlich berichtet und mit denen das Neue als Trend zuweilen gefeiert wurde, war eher wenig über diese »Mühen der Ebene« (B. Brecht) zu erfahren.
Die Forscher:innen- und Autor:innenteams1 haben größtenteils anonymisierte Fallstudien erstellt und lassen in ebenfalls anonymisierten Interviewausschnitten Akteur:innen zu Wort kommen, die in den Unternehmen nah dran waren an New-Organizing-Aktivitäten. Aufgezeigt und empirisch nachgezeichnet wird, in welcher Form diese Ansätze und Konzepte angewendet werden, zu welchen beobachtbaren Reaktionen es bei den erwartbaren »Kulturberührungen« (Bateson) zwischen vorhandener und neuer Organisationspraxis gekommen ist, wie die Unternehmen jeweils gelernt haben und mit welchen Anschlussfragen sie sich auseinanderzusetzen haben.
Weniger wird im Übrigen darauf eingegangen, wie die New-Organizing-Ansätze »eigentlich« und, gemäß den normativen Vorgaben ihrer Vordenker, »richtig« anzuwenden gewesen wären. Dass so verfahren wird, hat mit vorab gesetzten Prämissen zu tun: Die tägliche Praxis ist zunächst als eine »bewundernswerte« Praxis zu betrachten. In ihr werden Risiken eingegangen, fortwährend Probleme gelöst und sicher auch viele Businessprobleme bearbeitet, denen in vielen neuen Ansätzen des Organisierens eher wenig Beachtung geschenkt wird.
Herausgekommen ist eine in dieser Form einzigartige Sammlung von Fallstudien, hinter denen namhafte Unternehmen stehen; herausgekommen ist, offen gesagt, auch etwas leicht anderes als ursprünglich gedacht. Bei der Frage, wie sich die Implementierung von New-Organizing-Praktiken vollzieht, kam es in der Gesamtauswertung zu einer Aufmerksamkeitsverschiebung, ein wenig weg von New-Work-Thematiken, hin zu klassischen und grundlegenden Führungs- und Organisationsfragen. Es zeigten sich vermehrt Grundfragen, wie Unternehmen versuchen, ihren Wandel zu managen, wie sie versuchen zu lernen, wie sie Impulse aufzunehmen versuchen – und all dies ohne zu verlieren, was sie immer benötigen: Stabilität und Verlässlichkeit. Insofern weist das Buch über »Agilitätsfragen« hinaus. Es geht um die Gestaltung der Überlebenssicherung und des nachhaltigen Wandels, mithin um Kernfragen der Führung und des Organisierens.
Mit dem Fokus auf »Prozesse des Organisierens« (Weick 1995) erfahren die Leser:innen viel über die Vielschichtigkeit von Organisation und Führung. Alle Initiativen arbeiten sich an Phänomenen ab, die gerne mit dem Begriff Komplexität bezeichnet werden. Aber was das konkret bedeutet, ist oft nicht fassbar. Anders in diesem Buch. Man lernt den »ganz formalen Wahnsinn der Organisation«2 kennen. Zusätzlich sorgen prägnante Steckbriefe und kurze Beiträge mit dem Titel »Wie interessant!« von uns Herausgebern für Zusammenfassungen und Überleitungen von einem Fall zum nächsten. Für Führungskräfte aller Ebenen und Berater:innen (externe wie interne Unternehmens- wie Organisationsberater:innen, Agile Coachs etc.) bietet dieser Aufbau vielfältige Erkenntnischancen. Es sind tiefe Einsichten in einzelne Fälle möglich, Quervergleiche zwischen den präsentierten Fällen in ähnlichen Branchen oder auch eine Gesamtschau, die trotz der geringen Zahl an Fällen einen Eindruck vermitteln, welche typischen Muster sich bei der Implementierung neuerer (Trend-)Ansätze zeigen.
Ein weiteres interessantes Ergebnis vorweg: Bei den allerwenigsten der 13 Fälle finden sich Beispiele dafür, dass New Organizing nach einem Lehrbuch eingeführt wurde. Stattdessen kann man erfahren, wie sich in einem evolutionären Prozess Neues Platz und Gehör verschafft, wie es inhaltlich, methodisch und auch sprachlich angepasst wird und wie permanent nachgesteuert wird. Oft findet ein Ringen statt: Einzelne, Teams, Abteilungen haben von Agilität erfahren, haben von den IT-Kolleg:innen, für die seit Jahren Scrum-Verfahren zum Alltag gehören, viel Gutes gehört, sind inspiriert, wollen erst im Team, dann organisationsweit etwas ändern … – und dann beginnen alltägliche Auseinandersetzungen mit der Hierarchie, mit dem bisher Bewährten, mit der Kultur, mit überraschenden Folgeproblemen und auch mit der Zeit. Gerade der Faktor Zeit ist nicht zu unterschätzen: Vom Start einzelner Initiativen bis zur wirksamen organisationalen Umsetzung vergehen nicht nur Monate, sondern Jahre, und in diesen langen Zeiten verändern sich Wettbewerb, Strategien, Vorgesetztenkonstellationen – und es kommen neue Moden auf …
Ist dies als ein organisationaler Mangel zu verstehen, oder zeigen sich hier gar zu beklagende Defizite? – Keineswegs, denn wer Organisationen in ihrer Komplexität kennenlernen möchte, sollte nicht nur auf die positiven Beispiele achten (die es natürlich in diesem Buch auch gibt). Gerade in den Prozessen der Teilimplementierung, selbst im Vergessen von Führungsfragen, in der Nichtinanspruchnahme von Beratungsressourcen oder auch im scheinheiligen Umgang mit Neuerungen zeigt sich ein weites Feld der Erkenntnis über die (Un-) Tiefen der Organisation, das für erfolgreiche, zukünftige Wandlungsprozesse genutzt werden kann.
Das Buch im Überblick
Im einführenden geben wir Herausgeber Einblick in das allen Ausführungen zugrunde liegende Konzept des Forschungsprojekts. Hier verknüpfen wir die Projektfragestellung mit Kernideen der systemischen Organisationstheorie, liefern methodische Hinweise zur Erstellung der Fallstudie wie auch insgesamt zum Vorgehen im Projekt.
Dieser Einführung schließt sich der große an, in dem die Leser:innen in Form von Fallstudien in und durch die Welt der Agilität und der Konzerne geführt werden. Froh und stolz sind wir, dass es den Forschungsteams gelungen ist, 13 tiefe Einblicke erlangt zu haben in die Implementierungspraxis namhafter Unternehmen aus der Automobilindustrie, der Telekommunikation, den Medien, dem Bankengewerbe, der IT u. v. m.
Die Reise beginnt – wie alle gut vorbereiten Reisen – mit einer Übersichtskarte, auf der die Fälle eingezeichnet sind je nach »Kopplung an Überlebensfragen« und auch, ob die Initiativen eher »bottom-up« oder »top-down« gestartet wurden. Am Ende jeder Fallstudie nehmen wir Reiseleiter unter dem Titel »Wie interessant!« jeweils kurze Zwischenstopps vor, bei denen wir einige Besonderheiten pro Fall, Gemeinsamkeiten mehrerer Fallstudien und sich abzeichnende Muster im Umgang mit neuen Organisationsformen kurz zusammenfassen.
Diesem empirischen Hauptteil schließen sich die zwei kurzen, reflektierenden Kapitel 14 und 15 an. Zunächst folgt ein Essay über mögliche Gründe, weshalb bestimmte, sicherlich interessante Fallstudien nicht zustande gekommen sind. Dem schließt sich ein Beitrag an, der auf Parallelen (Stichwort »Spiegelphänomene«) hinweist zwischen Dynamiken, die sich einerseits in den beforschten Unternehmen und andererseits im Forschungsprojekt mit den mehr als 40 Forscher:innen in ähnlicher Form gezeigt haben.
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