Grün / Walter | Kein Mensch lebt nur für sich allein | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Grün / Walter Kein Mensch lebt nur für sich allein

Verbundenheit erfahren, das Miteinander stärken
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-451-83062-4
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Verbundenheit erfahren, das Miteinander stärken

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-451-83062-4
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Einsamkeit und Isolation, exzessiver Individualismus und Interessenegoismus nehmen zu. Wie kann persönliche Zerrissenheit heilen? Was tun angesichts der Gleichgültigkeit gegenüber dem Gemeinwohl?Anselm Grüns Antwort ist konkret und klar: Es geht darum, Verbundenheit zu schaffen oder zu vertiefen. Um gefährdete Beziehungen erkennen und heilen braucht es eine neue Form des Wirgefühls und eine tiefere Qualität des Miteinander – auch in Familie und Arbeitsbeziehungen, in Gesellschaft und Kirche. Und es braucht gemeinsame Werte: Gerechtigkeit, Kooperation, Solidarität, Toleranz, Mitgefühl und Respekt. Wichtig sind Gemeinschaften, die Glauben und Hoffnung leben und erfahrbar machen. Es braucht die Verbundenheit.Ein Buch, das Antworten gibt und Hoffnung macht: Ressource für ein vertieftes Miteinander. Spirituelles Lebenswissen für jeden Einzelnen. Aber auch die große Vision für eine menschlichere Gesellschaft.

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Kein Mensch lebt nur für sich allein: Wir sind von unserem Wesen her immer schon auf andere Menschen hingeordnet. Wir stehen immer in Verbundenheit mit anderen. Selbst wer als Einsiedler lebt, ist nicht unabhängig von seiner Mitwelt. Er verdankt sich selber anderen, trägt Verantwortung für andere – und die Weise, wie er lebt, hat auch Auswirkungen auf seine Mitmenschen. Nicht zu Unrecht heißt es: Kein Mensch ist eine Insel. Im Bild der Insel kann die Beziehung von Einzelnem und Gemeinschaft, von Abgrenzung und Besonderheit deutlich gemacht werden. Dieses Bild der Insel hat in unserer Vorstellung meist eine doppelte Bedeutung. Da gibt es die positive Idee von etwas Großartigem: splendid isolation, die ideale Abgeschiedenheit, man spricht von der „Insel der Seligen“. Aber als Bild kann die Insel auch für Isolation und Trennung stehen. Einerseits kann dieses Bild eine Gegenwelt zu unserer Alltagserfahrung beschreiben und andererseits auch etwas Unwirkliches meinen. Thomas Morus schildert zum Beispiel im 16. Jahrhundert seine Vorstellung von einer idealen Welt namens „Utopia“, indem er sie auf einer imaginären Insel ansiedelt: Da ist das Bild einer gerechten und gemeinnützig organisierten, toleranten Gesellschaft von gleichgesinnten und gleichberechtigten Bürgern. Aber das ist ein Ort, der nicht wirklich existiert, ein u-topos: nicht von dieser Welt. Vor über dreihundert Jahren, 1719, hat Daniel Defoe Robinson Crusoe geschrieben, die Geschichte von einem Mann, der als Schiffbrüchiger auf einer Insel gestrandet ist und erlebt, wie schwer es ist, ganz auf sich selber gestellt sein Überleben zu meistern: die Geschichte einer „Inselexistenz“. Am Staatstheater Wiesbaden wurde der Stoff vor einigen Jahren neu inszeniert und ins Heute übersetzt. Der „Held“ erlebt da seine Inselexistenz, indem er das Casting für eine Reality-Show gewinnt, aber schon bald beginnt ein einsamer Überlebenskampf. Denn nach anfänglicher Publikumsresonanz sinken die Einschaltquoten, er droht vergessen zu werden. Seine Einträge bei Instagram werden zwar angeklickt, aber niemand interessiert sich wirklich dafür. In der Wiesbadener Inszenierung ruft der moderne Robinson aus: „Holt mich hier raus. Ich bin ein Star.“ Die Angst vor dem Vergessenwerden ist das eigentliche Leiden dieser modernen Robinsons. Sie sehen sich als Star, als verkanntes Genie, umspült vom Meer ihrer Einzigartigkeit. Angetrieben von der Sucht nach der Aufmerksamkeit ihrer Umwelt bleiben sie dennoch allein. Denn keiner erkennt sie wirklich. Was als Mediensatire gemeint ist trifft offensichtlich ein Daseinsgefühl vieler Menschen heute und beschreibt, wie sich viele in ihrem Verhältnis zum Ganzen empfinden. Soziologen wie Andreas Reckwitz sprechen von einer „Gesellschaft der Singularitäten“, in der Menschen sich „besonders“ oder „einzigartig“, „anders als alle anderen“ vorkommen. Man könnte auch hier von „Inselexistenzen“ sprechen. Doch das ist oft keine freiwillig gesuchte, sondern eine von der Kraft der sozialen Medien geprägte und oft aufgezwungene Existenz. Insel – italienisch: isola – bedeutet bildhaft: Isoliertsein, Abgeschottetsein. Weder Utopie noch Gesellschaftskritik ist ein anderes berühmtes Buch. Es liest sich wie ein Gegenprogramm zur Inselexistenz heutiger Menschen. Der Trappist Thomas Merton hat es 1955 veröffentlicht, und sein Titel lautet: No man is an island – deutsch: Keiner ist eine Insel. Merton schreibt in der Einleitung: „… im Letzten ist jeder Einzelmensch dafür verantwortlich, daß er sein eigenes Leben lebt und ‚sich selbst findet‘“ (Merton 7). Aber zugleich gilt: „Jeder andere Mensch ist ein Stück von mir, denn ich bin Teil und Glied der Menschheit“ (ebd. 17). Wir leben in dieser Spannung: dass wir für uns selbst verantwortlich sind, dass auch der spirituelle Weg immer ein ganz persönlicher Weg ist – und dass wir zugleich Teil des Menschengeschlechts sind, im Innersten miteinander verbunden. Daher schließt Merton seine Einleitung zu den Meditationen über die Liebe mit dem Satz: „Nichts hat Sinn, wenn wir nicht mit John Donne bekennen: ‚Keiner ist eine Insel, in sich selbst vollständig. Jeder ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Ganzen‘“ (ebd.). Thomas Merton bezieht sich mit diesem Bild auf John Donne, einen englischen Dichter, der vor 400 Jahren lebte, aber er antwortet mit seinem Buch, das den Untertitel „Betrachtungen über die Liebe“ trägt, auf die Sehnsucht vieler Menschen heute. Diese Sehnsucht nach liebender Verbundenheit drückt auch die wohl populärste Fußballhymne der Gegenwart aus: You’ll never walk alone – „Du gehst niemals allein deinen Weg“. Das ist ein Lied über das Leben, über Vertrauen und Hoffnung trotz aller Gefährdung und trotz aller Risiken. Wer lebt, ist bezogen auf andere, die mit ihm fühlen. Und das ist es, was stärkt und trägt. Dass keiner wirklich allein ist, hat seinen Grund eben darin, dass wir im Innersten miteinander verbunden sind. Leben heißt also nicht nur: „Wir sind nun einmal zufällig alle im gleichen Boot.“ Es heißt: Innerlich verbunden zu sein gehört zu unserem Wesen als Menschen. Was dieses Lied sagt, das hat Papst Johannes Paul II. bei seinem ersten Besuch in Deutschland auf seine Weise ausgedrückt, und Benedikt XVI. hat es später wiederholt: „Wer glaubt, ist nie allein.“ Nicht nur die Vitalität, das Leben verbindet uns. Auf eine noch tiefere Weise ist es der Glaube, der uns nie allein lässt. Wir sind geborgen, wenn wir offen bleiben auf eine umfassende Wirklichkeit hin, die uns trägt. Verbunden sind wir auch durch die Gemeinschaft derer, die das glauben. Thomas Merton drückt diesen Glauben mit den von einem biblischen Bild inspirierten Worten christlicher Theologie so aus: „Jeder Christ ist ein Teil meines eigenen Leibes, denn wir sind Glieder Christi. Was ich tue, wird auch für sie, mit ihnen und durch sie getan. Was jene tun, wird in mir, durch mich und für mich getan“ (Merton 17). Ein anderer amerikanischer Autor, der Franziskaner Richard Rohr, greift den Gedanken von Thomas Merton auf, wenn er sagt, wir bräuchten nicht perfekt zu sein: „not perfect, but connected“. Verbunden also – mit uns selbst, mit den Menschen und mit Gott. Darin liegt für Rohr auch das Wesentliche des spirituellen Weges: dass wir in Verbindung treten mit uns selbst, mit Gott und mit den Menschen. In diesem Verbundensein können wir alles in uns zulassen, auch unsere Schattenseiten. Wer das Ziel seines spirituellen Weges darin sieht, verbunden zu sein, der weiß sich mit allem, was in ihm ist, verbunden, und auch mit Gott und mit den Mitmenschen. In vielen soziologischen Büchern ist heute von „Connectedness“ die Rede, von Verbundenheit. Früher hat man darüber kaum nachgedacht, weil es selbstverständlich war, dass man zeitlebens im Rahmen eines bestimmten sozialen Beziehungsgefüges lebte. Heute ist das anders. Und es ist auch nicht verwunderlich, dass gerade in einer Gesellschaft wie der US-amerikanischen dieser Begriff heute sehr verbreitet ist. Offensichtlich ist auch deswegen, weil diese Gesellschaft sich immer mehr spaltet, das Bedürfnis nach Gruppierungen, die sich miteinander verbinden und sich gemeinsam für soziale und ökologische Projekte engagieren, besonders groß. Und nicht nur für die USA gilt: Ohne die Verbundenheit von bürgerschaftlichen Initiativen würde unsere Gesellschaft immer mehr auseinanderdriften und Schaden leiden. Nur gemeinsam können wir die Probleme – Klimawandel und Pandemie, Gerechtigkeit und Frieden – angehen, um Lösungen zu finden, die allen Menschen dienen. Es war in den Wochen vor Weihnachten, als ich anfing, dieses Buch zu schreiben. Zu dieser Zeit machte uns die Corona-Pandemie noch zu schaffen. Da gab es die Erinnerung an Phasen, die von erzwungener sozialer Distanz bestimmt waren. Für einige bedeutete das Quarantäne. Das hatte in der Gesellschaft eine anhaltend heftige und kontroverse Debatte über das richtige Verhalten zur Folge. Und dann brachte auch noch der plötzlich Realität gewordene Krieg mitten in Europa erschreckende Bilder von politischer Entzweiung und tödlicher Gewalt. Abgesehen davon war die Spaltung in der Gesellschaft immer wahrzunehmen: das Auseinanderklaffen von armen und reichen Schichten und auch Konflikte zwischen „konservativen“ und „progressiven“ Positionen im politischen Streit. Mir ist damals, in dieser Vorweihnachtszeit, klar geworden, dass gerade jetzt nicht nur in den Köpfen, sondern auch in den Herzen der Menschen etwas in den Vordergrund rückt, was das Leben eigentlich immer angeht. In den Zeitungen stieß ich aber gerade jetzt in vielen Kommentaren immer wieder auf das Thema Verbundenheit. Gerade jetzt sehnen sich die Menschen nach gelingenden Beziehungen, auch und gerade wenn die sozialen Verhältnisse im eigenen familiären Umfeld brüchig geworden sind. Es ist aber nicht nur das Familienidyll, dem viele nachtrauern und nach dem sie sich dann umso stärker sehnen. Es geht meist auch um etwas Umfassenderes. Man möchte verbunden sein mit den Menschen, die in...


Walter, Rudolf
Rudolf Walter, Dr. phil., Dipl. theol., war lange Jahre Cheflektor beim Verlag Herder in Freiburg. Er ist Herausgeber des Monatsbriefs „einfach leben“ von Anselm Grün und von zahlreichen Büchen.

Grün, Anselm
Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller – in über 30 Sprachen.Sein einfach-leben-Brief begeistert monatlich zahlreiche Leser (www.einfachlebenbrief.de).

Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller – in über 30 Sprachen.Sein einfach-leben-Brief begeistert monatlich zahlreiche Leser (www.einfachlebenbrief.de).
Rudolf Walter, Dr. phil., Dipl. theol., war lange Jahre Cheflektor beim Verlag Herder in Freiburg. Er ist Herausgeber des Monatsbriefs „einfach leben“ von Anselm Grün und von zahlreichen Büchen.



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