Gürtler | Finnas Pferde | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 196 Seiten

Gürtler Finnas Pferde


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7026-5880-9
Verlag: Jungbrunnen
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 196 Seiten

ISBN: 978-3-7026-5880-9
Verlag: Jungbrunnen
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Pferde stehen im Mittelpunkt im Leben der Isländer. Und es ist ein großartiges Ereignis im Leben eines Kindes, wenn es reiten lernt und schließlich so weit ist, dass es sein eigenes Pferd bekommt. Seit sie ein kleines Mädchen war, kommt für Finna nur ein Pferd in Frage - Garpur, der tapfere Hengst, der eine kleine Stute in allen Situationen beschützt und verteidigt, der sich sogar gegen seinen Eigentümer Einar stellt. Und das ist etwas, was der sture Einar gar nicht vertragen kann - ein Pferd, das ihm die Stirn bietet. Er muss den Willen dieses Pferdes brechen, wider besseres Wissen und gegen alle Ratschläge. Da ist sogar Stefanja, die Weise und Heilerin, machtlos. Einar treibt sein Training so weit, dass das Pferd fast daran zugrunde geht. Aber Garpur ist stark, und im Hintergrund arbeiten die anderen Pferdezüchter und Stefanja daran, den Hengst zu retten.

Claudia Gürtler wurde eigens zum Geschichten erzählen am 26. April 1954 in Basel geboren. In einer winzigen Dorfschule im Kanton Baselland lernte sie lesen und kannte damit den Zauberspruch, um sich selbst fortzuzaubern auf die Leseinsel, wo sich abenteuerliche Gestalten umtreiben, von Feen bis Seeräuber. Lesen blieb das Wichtigste im Leben. So wurde sie nach der Matura Buchhändlerin, Radiomitarbeiterin, Rezensentin und schließlich Bibliotheksassistentin.
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Sie hatten die Anhöhe erreicht, und der freie Blick auf den breiten Fluss öffnete sich ihnen.

„Da vorn!“ Lars und Sigrid entdeckten sie gleichzeitig, die Pferde einer mittelgroßen fremden Herde, die unten am Fluss aufgeschreckt die Köpfe hoben. Sie hatten das Vorwärtsdrängen fremder, dahinstürmender Pferde gehört, und nun wollten sie sich mit dieser Herde vereinen. Die Pferde am Fluss wurden von nur drei Reitern bewacht, die sie verzweifelt in Schach zu halten versuchten. Die Führer um Lars und Sigrid ritten schneller. Einar und die ganze Nachhut schlossen dicht auf die frei laufenden Tiere auf.

„Schneller!“

Schneller sollten sie laufen, um außer Sichtweite zu kommen, bevor die fremden Pferde ihren Hirten entkamen. Aber es war bereits zu spät. Zwei Füchsen mit hellen Mähnen, die wie Zwillingsbrüder aussahen, gelang der Ausbruch. Sie galoppierten den Hügel hinauf, und ihre Herde drängte durch die Bresche hinter ihnen her. Die drei Hirten gaben auf. Die Herden würden sich mischen und wieder aussortiert werden müssen.

Lars, Sigrid und die anderen Führer drosselten das Tempo. Hinter ihnen wieherten Hengste und Wallache, Stuten quietschten aufgeregt. Schließlich kam die vereinte Herde zum Stillstand. Alle Reiter stiegen ab und gaben sich die Hände. In ihren wettergegerbten Gesichtern waren weder Ärger noch Unruhe auszumachen.

„Wir waren zu wenige“, entschuldigte sich einer der fremden Pferdehirten, „unsere Treiber sollten erst noch kommen.“

Einar holte eine lange, weiße Schnur aus seiner Satteltasche. Jeder Reiter fasste mit an, und sie kreisten die große Herde damit ein. Die Pferde wurden unruhig, aber ihre Hirten wussten, dass keines versuchen würde, aus dem Schnurkreis auszubrechen.

„Teilen wir sie doch einfach durch zwei“, schlug der Witzbold Birkir vor. „Ihr nehmt alle Füchse und Schimmel, und wir behalten den Rest.“

„Nicht die Schimmel“, sagte Einar schnell, und Birkir und Lars lachten laut.

„Die Füchse nehmen wir“, sagte einer der fremden Hirten. „Mein bester Hengst ist ein Fuchs.“

„Na dann“, seufzte Birkir theatralisch, „dann müssen wir sie eben doch aussortieren.

Die Pferde waren verunsichert. Die Schnur, die sie gefangen hielt, machte ihnen Angst. Auch die Männer, die sich entschlossen zwischen den wogenden Leibern hin und her bewegten, machten ihnen Angst. Sie packten ein Pferd nach dem anderen an den Stirnfransen, sahen ihm prüfend ins Gesicht und ließen es entweder wieder los, oder aber sie hoben die Schnur, um es von der Herde zu trennen. Die Pferde versuchten, den zupackenden Händen auszuweichen und gleichzeitig der Schnur fernzubleiben. Wildes Trampeln und aufgeregtes Schnauben waren zu hören, aber die Hirten bewegten sich ruhig und sicher zwischen den Pferdeleibern.

Erst zwei Stunden später ritten die fremden Hirten mit ihrer Herde davon. Einar und seine Kollegen hielten ihre Tiere noch so lange im Schnurkreis fest, bis die anderen nicht mehr zu hören waren. Einar wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, hinter der die Müdigkeit hockte. Er holte die Wasserflasche und etwas Salzfisch aus der Satteltasche.

„Es ist zu spät“, sagte er, „heute werden wir es nicht mehr schaffen.“

„Oh, oh“, jammerte Lars, „meine Liebste wartet unten am Rundkorral auf mich!“

„Sie wird auch morgen noch warten – vielleicht“, witzelte Birkir.

Aber Einar hatte recht. Wenn sie nicht in die Dunkelheit geraten und riskieren wollten, Tiere zu verlieren, mussten sie nochmals übernachten. Einar und Birkir waren als Erste mit der Wache dran. Einar beobachtete Stefanja, die mit hängendem Kopf döste. Sie war zu alt, um sich hinzulegen. Sie wusste, dass sie mit ihren in der Nacht steifer werdenden Gelenken am Morgen nicht mehr hochkommen würde.

Am frühen Morgen machte Sigrid auf einem Campingkocher Kaffeewasser heiß. Führer und Treiber schlürften stumm das heiße Getränk, und ihre knurrenden Mägen ließen sie alle an das Festessen denken, das sicher schon vorbereitet wurde. Ein Ritt von ein paar Stunden stand ihnen noch bevor, dann konnten sie ihre Herden in den Rundkorral treiben, und die große Herbstarbeit war einmal mehr geschafft.

Plötzlich überkam die Pferde eine Ungeduld und eine Freude zu rennen. Selbst die Schafe ließen sich anstecken und fielen in einen unbeholfenen Galopp.

„Sie wollen eingesperrt werden, unbedingt!“, jubelte Birkir übermütig. Seine Falbstute legte aufgebracht die Ohren an, als Tinni versuchte, an ihr vorbeizustürmen. Den Rundkorral, in dem sie die Herden aussortieren und ihren Besitzern wieder zuteilen würden, sahen die Reiter schon von Weitem. Rufe, Befehle, Späße und Gelächter schallten über die Ebene, als alle mithalfen, die Tiere zu trennen. Sie trugen zwar Markierungen, aber es war dennoch eine Arbeit von mehreren Stunden, die große Herde aufzuteilen, sodass nach dem Fest jeder Züchter die eigenen Schafe und Pferde nach Hause treiben konnte.

Einars Laune hellte sich auf. Nach getaner Arbeit lag, zum Erstaunen aller, ein Lächeln auf seinem kantigen Gesicht. Seine Herde war gewachsen, um die beachtliche Zahl von vierzehn Fohlen. Nur vier davon hatte er schon gesehen, als er Anfang Juni die Pferde auf die Sommerweide entlassen hatte. Alle anderen waren erst dort geboren worden. Es waren mehr Hengste als Stuten, und sie waren alle dunkel wie Tinni oder falbfarben wie Lysingur.

Einar zog sein Messer hervor und drängte sich zwischen die Pferde. Alle Fohlen wurden mit Ohrschnitten nach ihrer Abstammung markiert. Lysingurs Nachkommen bekamen nur einen Schnitt an der Unterseite des rechten Ohrs, Tinnis Töchter und Söhne bekamen drei Schnitte, zwei rechts und einen links. Die Fohlen schnaubten entsetzt und drängten sich an ihre Mütter, aber Einars Hände packten schnell und entschlossen zu, und bald trugen alle ihre Markierungen.

Während das Festessen zubereitet wurde, kam der eine oder andere Handel zustande. Und wie jedes Jahr versuchte Gunnar, Einar Tinni abzukaufen, unter dem Lachen und Johlen der Zuschauer, die das Schauspiel in vollen Zügen genossen, obwohl sie aus Erfahrung wussten, wie die hitzig geführte Diskussion ausgehen würde.

Gunnar trat an Einar heran: „Ich biete dir meine schönsten und vielversprechendsten Fuchsfohlen zum Kauf an!“ Seine Herde bestand zu einem guten Teil aus Füchsen und Fuchsschecken, und wie jeder wusste, konnte Einar Füchse nicht ausstehen. Aber es machte nun mal Spaß, Einar zu ärgern, denn der ließ sich am Ende immer zu einem beachtlichen Wutanfall hinreißen, bevor er sich wieder beruhigte und sagte, auch er habe nur Spaß gemacht.

„Es ist eines guten Züchters unwürdig, auf die Farbe eines Pferdes auch nur einen Deut zu geben“, gab Gunnar mit ernster Miene bekannt, und die Umstehenden versuchten, ernst zu bleiben und zustimmend zu nicken. Einar packte Gunnar am Hemd, schüttelte ihn und schrie seinen ganzen Zorn auf fuchsfarbene Pferde aus sich heraus, zur Erheiterung des Publikums, das die beiden schließlich trennte und Einar zum Trost eine große Flasche Schwarzen Tod in die Hand drückte. Platten mit vergorenen Haifischwürfeln wurden herumgereicht, und Einar stopfte sich die kostbaren Leckerbissen in den Mund, kaute, verzog das Gesicht und spülte mit Schnaps nach. Dann reichte er die Flasche weiter, lachte und klopfte Gunnars kleinen Füchsen, „von denen ich nie im Leben einen gekauft oder geritten hätte“, die Hälse.

Endlich konnten sich die ausgehungerten Hirten Fisch und Hammelbraten schmecken lassen. Als sich die Sonne dem Horizont näherte, wurden Fackeln angezündet, es wurde Musik gespielt und getanzt. Erst in der Kälte des frühen Morgens wurde es stiller. Eine nach der anderen wurden die Herden aus dem Rundkorral entlassen, und ihre Besitzer zogen mit ihnen fort.

Einar war müde, wenn auch mehr vom Feiern als vom Pferdetreiben. Noch stand ihm die Aufgabe bevor, die Herden von Tinni und Lysingur zu trennen, denn die beiden Hengste hätten einander nicht auf derselben Weide geduldet.

„Zum Glück habe ich keine Schafe!“, rief er Gunnar gutgelaunt zu, als er sich auf Tinni schwang, um nach Hause zu reiten.

„Zum Glück habe ich mehr Füchse als Schafe!“, antwortete Gunnar schlagfertig.

Einar ließ Lysingurs Herde auf der Weide am rechten Flussufer zurück. Tinnis Herde würde den Winter auf dem eingezäunten Stück Land bei seinem Haus verbringen. Zufrieden schloss Einar das Gatter. Der Winter stand vor der Tür, was ihm nur recht war, denn er mochte die dunkle, kalte Zeit, in der jeder zu Hause blieb, sodass man wochenlang kaum einer Menschenseele begegnete. Er würde mit Tinni über den knirschenden Schnee reiten, auf...


Claudia Gürtler wurde eigens zum Geschichten erzählen am 26. April 1954 in Basel geboren.
In einer winzigen Dorfschule im Kanton Baselland lernte sie lesen und kannte damit den Zauberspruch, um sich selbst fortzuzaubern auf die Leseinsel, wo sich abenteuerliche Gestalten umtreiben, von Feen bis Seeräuber. Lesen blieb das Wichtigste im Leben. So wurde sie nach der Matura Buchhändlerin, Radiomitarbeiterin, Rezensentin und schließlich Bibliotheksassistentin.



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