Haarmann | Von Thera nach Atlantis | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: marix Sachbuch

Haarmann Von Thera nach Atlantis

Die Geschichte hinter dem mythischen Inselreich | Die Suche nach einer Realität im Mythos und neue Erkenntnisse zum alten Thera und seinem Untergang
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8438-0702-9
Verlag: marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Geschichte hinter dem mythischen Inselreich | Die Suche nach einer Realität im Mythos und neue Erkenntnisse zum alten Thera und seinem Untergang

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: marix Sachbuch

ISBN: 978-3-8438-0702-9
Verlag: marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Atlantis-Erzählung hat einen fiktiven Charakter. Und dennoch bietet der Stoff zahlreiche Informationen über reale Zustände und Begebenheiten der Vergangenheit, die als Erinnerungsmuster im kulturellen Gedächtnis der Griechen tradiert worden sind und in der Form von Mythen die Ideen und Vorstellungen in der Antike gestaltet haben. Platon präsentiert uns einen Querschnitt durch die mythisch verbrämten Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit. Während es mühselig ist, die unkritischen Annäherungsversuche an Atlantis und die spekulativen Lokalisationsversuche zu verfolgen, trennt dieses Buch die mehr als ein Dutzend Theorien einer Verortung von Atlantis als die Spreu vom Weizen. In diesem Buch wird vielmehr eine interdisziplinäre Auswertung durchgeführt, die die Gebiete der Kulturgeschichte, der Zivilisationsforschung, der Archäologie, der historischen Sprachwissenschaft, der Textkritik, der Philosophie und der vulkanologisch-geologischen Wissenschaftssparten integriert und zum ersten Mal das Panorama des Themenkomplexes über Atlantis in seiner ganzen Spannbreite ausleuchtet.

Dr. Harald Haarmann, geb. 1946, ist Sprach- und Kulturwissenschaftler. Seit 2003 ist er Vizepräsident des Institute of Archaeomythology und Direktor dessen europäischer Zweigstelle in Finnland. Zu seinen Veröffentlichungen gehören mehr als 50 Bücher, von denen etliche in mehr als zehn Sprachen übersetzt worden sind. Für seine Arbeit ist Harald Haarmann mehrfach ausgezeichnet worden, u. a. mit dem »Prix logos«, dem »Premio Jean Monnet« und dem »Plato Award«. Seine aktuellen Forschungsthemen befinden sich in den Bereichen Archäomythologie, Kulturgeschichte, Antikenforschung und Kontaktlinguistik.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Einleitung: Spiegelungen eines Mythos in der Kulturgeschichte; 1. Der Mythos von Atlantis – Kulturgeschichte im Licht politischer Philosophie; 2. Die Suche nach der Realität hinter dem Atlantis-Mythos – Anhaltspunkte für eine mögliche Transposition in die reale Welt; 3. Probleme einer Verortung von Atlantis – Fantasien, Irrläufe und Sackgassen; 4. Der Atlantis-Mythos und populäre Hypothesen einer realen Verortung des imaginären Inselreichs; 5. Thera als bronzezeitlicher Verkehrsknotenpunkt in der Ägäis – Wo Archäologie und Archäomythologie im Einklang stehen; 6. Wo sich die Wege von Kunst und Wissenschaft kreuzen – Landschaftsformen in den Fresken; 7. Menschen und Gesellschaft im alten Thera – Was die Wandmalereien uns zu erzählen haben; 8.Kunst und Künstler im alten Thera – Die Verwobenheit von Ästhetik und mythischer Symbolik; 9. Das Ende einer blühenden Zivilisation – Eine Serie von Naturkatastrophen löscht das alte Thera aus; 10. Gibt es Spuren einer Erinnerung an die Handelsstadt Thera im kulturellen Gedächtnis der Nachwelt?; 11. Sind die Erzählungen über die Abenteuer des Odysseus ein Echo aus der Ära der vorgriechischen Seefahrt?; Epilog: Vermittelt der Atlantis-Stoff im Licht seiner Projektion in die reale Kulturgeschichte Lehren für unsere Zeit?; Bibliographie; Karten und Abbildungen


1.


DER MYTHOS VON ATLANTIS – KULTURGESCHICHTE IM LICHT POLITISCHER PHILOSOPHIE


Die Autoren, die sich seit der Antike mit dem Stoff um Atlantis auseinandergesetzt haben, sind wie selbstverständlich von Platons Erzählung in seinem Dialog ausgegangen. Nun hat sich im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Thematik in der Forschungsgeschichte herausgestellt, dass Konzepte, Motive und narrative Bausteine allzu leicht willkürlich aus dem Zusammenhang gerissen und spekulativen Interpretationen »angepasst« werden. Um die Gefahr einer willkürlichen Textauslegung zu bannen, ist es erforderlich, den Blick auf die Prämissen zu lenken, die die Entstehung der Atlantis-Erzählung motiviert haben.

Diese Prämissen haben mit der Einbettung der Tätigkeit des Philosophen Platon in das zeitgenössische Milieu der griechischen Antike, das heißt in deren Zeitgeist, sowie mit der Themenwahl seiner philosophischen Erörterungen zu tun. Untersuchungen zur Motivation des platonischen Philosophieprojekts und zu den Spiegelungen im kulturhistorischen Zeitgeist sind neueren Datums (z. B. Morgan 2000, Janka/Schäfer 2002, Haarmann 2015, 2017a, Seubert 2017).

War der Zweck von Platons philosophischen Erörterungen, diese aufzuschreiben?


Die Frage kann man auch auf einen einfachen Nenner bringen, wie dies im Titel von Danielle S. Allens Studie aufscheint (, 2013). Der Hinweis auf die Tätigkeit des Schreibens ist verwirrend, denn seine Gedanken aufzuschreiben war für Platon nicht der Hauptgrund für seine Tätigkeit. Im Gegenteil betonte Platon selbst die Bedeutung und das argumentative Gewicht des gesprochenen Wortes. Platon war daran gewöhnt, zu einem Kreis von Zuhörern zu sprechen. Er selbst sagt – vermittelt durch den Protagonisten im Dialog –, dass der geschriebene Text gegenüber dem gesprochenen Wort verblasst. Ein Schrifttext kann sich nicht verteidigen, wenn es ums Diskutieren und Hinterfragen geht.

Mit Bezug auf den Schriftgebrauch in Ägypten führt Platon aus, dass die Ägypter sich über die Verwendung von Schrift zur Aufzeichnung von Texten daran gewöhnt hätten, sich der Schriftform anzuvertrauen. Eine Auswirkung dieser Gewohnheit ist nach Platon, dass die Ägypter nicht mehr ihr Gedächtnis bemühen, um sich an Begebenheiten zu erinnern. Sie würden auf diese Weise ihre Fähigkeit vernachlässigen, die inneren Kräfte ihres Gedächtnisses aktiv zu erhalten. Deshalb könnte man sich nicht mehr auf das Erinnerungsvermögen der Ägypter verlassen.

Platon bevorzugte das Medium der gesprochenen Sprache, das ihm ermöglichte, Zuhörer direkt anzusprechen und sich auf deren Reaktion einzustellen. Die Dialogform der platonischen Diskurse entspricht der Immanenz des Sprechtextes. Die Aufzeichnung von Platons Ideengut in Schriftform ist ein sekundärer Schritt zur Sicherung seines Werks für die Nachwelt. Wären die Dialoge und nicht aufgeschrieben worden, wären die darin geäußerten Gedanken sicherlich verloren gegangen. Der Nachwelt bleibt allein die Option, sich auf die Niederschriften der platonischen Exkurse zu stützen, denn über die Art und Weise, wie Platon in mündlichen Gesprächssituationen seinen Diskurs aufgebaut hat und wie flexibel er sich auf Fragen und/oder Einwände seiner Zuhörer eingestellt hat, das kann niemand mehr nachvollziehen und darüber gibt es keine Berichte.

Insofern ist auch nicht bekannt, wie populär der Atlantis-Stoff bei den Schülern der von ihm um 387 v. u. Z. gegründeten Akademie war. Platon war der Mentor von Aristoteles, der zweifellos der bekannteste Teilnehmer an den Gesprächsrunden der Akademie war. Aristoteles schloss sich dem bedeutendsten Thinktank der griechischen Antike um 367 v. u. Z. an. Der Dialog entstand um 360 v. u. Z. Angesichts der Präsenz von Aristoteles an der Akademie erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass er und sein Mentor Platon, zusammen mit den anderen Schülern, über das Atlantis-Thema diskutiert haben. Insofern ist der Verweis späterer Autoren auf Äußerungen von Aristoteles zur Atlantis-Erzählung schlüssig (s. Einleitung).

Mit welcher Zielsetzung hat sich Platon für Philosophie engagiert?


Uns trennen rund 2400 Jahre von der Welt, in der Platon gelebt und gewirkt hat. Wenn wir uns mit seinem philosophischen Werk beschäftigen, assoziieren wir in unseren Gedanken eben diesen Zeitabstand und sind uns bewusst, dass wir es mit Philosophie der Antike zu tun haben. Und so fragen wir uns spontan, welchen Wert philosophische Erörterungen von damals für uns heute noch haben.

Weit verbreitet ist die Einstellung, dass Philosophie eine Beschäftigung von Leuten ist, die in ihrem Elfenbeinturm sitzen und sich nicht weiter um die Dinge der realen Welt ringsherum kümmern. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man sich moderne philosophische Texte anschaut. Diese sind nicht selten überfrachtet mit Spezialterminologie, die sich dem interessierten nichtphilosophischen Leser nicht ohne Weiteres erschließt, und die Themen, die behandelt werden, scheinen auf einer Ebene fernab erlebter Wirklichkeit angesiedelt zu sein. Philosophie steht im Ruf, (Kunst um der Kunst willen) zu sein, als ob die Intentionen von Philosophen nur darin bestünden, für andere Philosophen zu schreiben und philosophische Fragen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu diskutieren.

Bei Platon ist das alles ganz anders. Die Ideenwelt Platons ist lebensnah, jedem zugänglich, der geneigt und bereit ist, sich den von Platon behandelten Themen anzunähern. Und das Niveau der philosophischen Erörterungen ist so angelegt, dass deren Sprache weitgehend mit der Normalsprache der Zuhörer (Leser) übereinstimmt. Platons Intentionen sind alles andere als elitär, und sie sind definitiv nicht exklusiv auf die Bildungsschicht der Aristokratie der damaligen Gesellschaft ausgerichtet. Die philosophischen Erörterungen stehen im Bezugsrahmen einer allgemeinen Anleitung zur Lebensgestaltung für die Menschen, womit alle Mitglieder der Gesellschaft angesprochen werden. Platons Philosophie ist allumfassend, und das betrifft die Wahl seiner Themen gleichermaßen wie die Menschen, die sie ansprechen will:

»[…] trotz der breit ausgefächerten intellektuellen Ansprüche, die in den einzelnen Dialogen aufscheinen, zeigt sich, dass die gebildete Allgemeinheit die wichtigste Zuhörerschaft ist, an die sich Platon richtet. […] Einfacher ausgedrückt: Platon schreibt für jedermann« (Szlezák 1999: 27).

Nach Platon besteht der Sinn des Lebens darin, tugendhaftes Verhalten zu entwickeln sowie sein Denken und Handeln für das Gemeinwohl einzusetzen (Haarmann 2017b). Dies ist eine Aufgabe für jeden Einzelnen, entsprechend den individuellen Fähigkeiten, ungeachtet von Sozialstatus oder Bildungshorizont. Der Einsatz für das Gemeinwohl ist nun aber kein Selbstzweck und auch kein Appell an idealistische Einstimmung. Motiviert wird das Ganze durch eine ganz konkrete Anbindung an die Lebensbedingungen des Individuums. Die Maxime des Handelns steht nach Platon für jeden Einzelnen im Zeichen der Absicherung des Status im Leben nach dem irdischen Tod.

Religiosität war eine stabile Ingredienz im Privatleben wie auch im öffentlichen Leben der klassisch-griechischen Antike, also in dem Kulturmilieu, das Platons Ideenwelt inspiriert und geformt hat. Der Anreiz für den Einzelnen, sich jenseits egoistischer Aspirationen tugendhaft um das Gemeinwohl zu sorgen, besteht nach Platon in der Aussicht auf Seelenheil, ist demnach zielgerichtet auf eine Absicherung der »Existenzbedingungen« der unsterblichen Seele im Jenseits. Den tugendhaftesten der Seelen wurde der Zugang nach (ins Paradies) gewährt. Dort waren die Seelen der Helden und Wohltäter für die Gemeinschaft vereint.

Aus dieser Sicht war Philosophie eine Heilsbotschaft, und im damaligen Kulturmilieu kam Philosophie der »Rang einer kultischen Macht« (Seubert 2017: 121) zu. In Platons Ideenwelt ist der Mensch mit all seinen Eigenschaften eingebunden in die allgemeine Weltordnung. Platon strebt an, den Blick auf das organische Ganze der Lebenswelt zu richten, und dies gelingt ihm, wie keinem anderen der Philosophen der Antike. Platons Werk ist einzigartig geblieben, es zeichnet die Umrisse einer eigentlichen Gestaltphilosophie, und dies ist eine seltene Höchstleistung in der Philosophiegeschichte (Haarmann 2017a).

Über seinen Protagonisten Sokrates führt Platon die Dialogform in den philosophischen Diskurs ein. Dieser Wechsel im Diskursstil – von der argumentativ-analytischen Rede zur dialektischen Dialogform – war eine bahnbrechende Innovation, wodurch die Zuhörer flexibel an den Fluss der Ideen herangeführt wurden. Platon stellt sich also nicht im Stil der vorsokratischen Philosophen vor die Zuhörer hin und gibt apodiktische Stellungnahmen ab. Vielmehr bezieht er die Zuhörer in den Diskurs mit...


Dr. Harald Haarmann, geb. 1946, ist Sprach- und Kulturwissenschaftler. Seit 2003 ist er Vizepräsident des Institute of Archaeomythology und Direktor dessen europäischer Zweigstelle in Finnland. Zu seinen Veröffentlichungen gehören mehr als 50 Bücher, von denen etliche in mehr als zehn Sprachen übersetzt worden sind. Für seine Arbeit ist Harald Haarmann mehrfach ausgezeichnet worden, u. a. mit dem »Prix logos«, dem »Premio Jean Monnet« und dem »Plato Award«. Seine aktuellen Forschungsthemen befinden sich in den Bereichen Archäomythologie, Kulturgeschichte, Antikenforschung und Kontaktlinguistik.



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