E-Book, Deutsch, 165 Seiten
Haas Das Herz des Drachen
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-96127-022-4
Verlag: vss-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, 165 Seiten
ISBN: 978-3-96127-022-4
Verlag: vss-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Als Ausgestoßene müssen die junge Kriegerin und ihr weißer Retdrache Vonn ihr Heimatdorf verlassen. Sie hat im Kampf gegen einen mächtigen Feind versagt und wird so dafür bestraft.
So macht sie sich auf, um ihren Bruder zu suchen, der seit dem Kampf verschwunden ist.
Doch es mehren sich seltsame Begebenheiten, und je weiter sie ihre Reise führt, desto klarer wird es, dass Weg und Ziel nicht ihrem Willen unterliegen. Ist sie nur ein Spielball im Machtkampf zwischen dem Hofmagus Arethon und dem Drachenthrohn, dem mächtigen Herrscher des Reiches? Oder ist sie wirklich das "Herz des Drachen" und wird mit ihrer metaphysischen Verbindung zu ihrem Drachen und letztlich zu allem Leben des Planeten diesen Kampf entscheiden können?
Packende Fantasy, die alle Leser begeistern wird.
Autoren/Hrsg.
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Mora spannte ihre Armbrust und brachte sie in Anschlag. Zwischen den dichten Bäumen des Torwaldes hatten die Dragoner nicht bemerkt, wie sie sich angeschlichen hatte. Dreizehn Reiter waren es, oft mehr als genug, um ein widerständisches Volk zu unterdrücken. Aber nicht heute.
Die Flugdrachen, auf denen die Dragoner ritten, waren am Boden unbeholfen und schwerfällig. Aufgeblasene Lurche, dachte Mora, wenn sie nicht Feuer spien. Nur wenn sie flogen, waren sie unschlagbar. Aber der Wald war zu groß, zu ausgedehnt, sie konnten ihn nicht überfliegen.
Das wollte Mora ausnutzen. Sie zielte auf die Brust des Anführers. Ihre List war aufgegangen. Hier im Wald würden die Dragoner ihre Lufthoheit nicht ausspielen können. Moras Leute waren gut verteilt und im dichten Wald nicht zu entdecken.
Hundert Leute aus den verschiedenen Dörfern ihres Volkes. Nicht die besten Kämpfer, es waren die, die noch übrig waren.
Ihr Schuss würde das Signal für den Angriff sein und dann würden sie die Besatzer endlich aus dem Land Dakra vertreiben. Vonn, ihr weißer Reitdrache fauchte ungeduldig, tief geduckt im Unterholz. Mora flüsterte beruhigende Silben in seine schuppigen Ohren, damit er liegen blieb und sie nicht durch seine auffällige Farbe verriet. Reitdrachen spien kein Feuer, nur heiße Luft. Sie konnten nicht fliegen, aber im Wald waren sie durch ihre geringe Größe viel wendiger als ihre großen Verwandten.
In den Bäumen schrien ein paar Baumdrachen, kaum so lang wie ein Arm, aber mit lauten Stimmen, beklagten sie die Anwesenheit der Eindringlinge.
Die Flugdrachen brauchten Platz, um zu starten, alles hing davon ab, den Angriff zu starten, bevor sie die nächste Lichtung erreichten. Nur noch ein wenig näher, dann konnte der Bolzen nicht mehr fehlgehen. Ihr würde nicht die Zeit bleiben, einen Zweiten einzuspannen. Aber ihr Bastardschwert hing locker in seiner Scheide an ihrem Gürtel und wartete darauf, das Blut der Feinde zu schmecken.
Mora hatte lange auf diesen Moment gewartet. Viele aus Ihrem Volk waren schon bei dem Versuch gestorben, die Freiheit zu erringen. Ihr Bruder, der sie angeführt hatte, war in Gefangenschaft, womöglich in die Sklaverei verkauft. Ihr Vater tot.
Ihre Idee, nicht den offenen Kampf zu suchen, sondern eine Falle zu stellen, hatte den Rat überzeugt, oder ihre Beharrlichkeit. Es gab auch nichts mehr zu verlieren außer der Freiheit. Jetzt musste Mora beweisen, dass es die richtige Entscheidung gewesen war.
Plötzlich stockte der Zug der Dragoner. Der Anführer hatte seine Faust erhoben, das Zeichen, anzuhalten. Die Drachen fauchten wütend, sie wollten raus aus dem Wald, in dem sie ihre Flügel nicht ausbreiten konnten.
Mora konnte nicht verstehen, was gesagt wurde, zu weit waren die Dragoner entfernt. Sie senkte einen Moment die Armbrust, um sich umzuschauen, aber da war nichts zu sehen, das den Stopp hätte erklären können. Moras Leute waren gut versteckt, sie konnten, sie durften nicht entdeckt worden sein.
Mit einem male explodierte der Wald um Mora herum in Flammen. Die Flugdrachen legten das Unterholz in Flammen und die Hitze fraß sich durch das trockene Geäst.
Mora duckte sich ins Unterholz, als die Hitzewelle über sie hinwegfegte. Sie sah noch, wie die Dragoner von ihren Drachen sprangen und sich hinter den grauen Leibern in Deckung brachten. Dann musste sie die Augen vor der Glut schließen. Sie spürte, wie sich das Leder ihrer Kleider unter der Hitze zusammenzog und die Sehnen in ihre Haut schnitten. Sie zog die Kapuze des Leinenhemdes über den Kopf und grub das Gesicht in die Blätter des Waldbodens, aber es hatte seit Tagen nicht geregnet, alles um sie herum wollte Feuer fangen.
Ihre nackten Schenkel brannten, bis sie spürte, wie sich Vonns Körper über den Ihren legte, um sie vor der Hitze zu schützen. Das Gewicht des Reitdrachens presste sie in den Boden, sie bekam keine Luft mehr, aber die heiße Asche hätte ohnehin ihre Lungen versengt.
Mora war kurz davor ohnmächtig zu werden, ihre Lungen schmerzten, als sich das Gewicht Vonns von ihr hob. Konzentriert nahm sie langsam einen Atemzug. Asche, Staub und Hitze brannten in ihrer Brust. Sie unterdrückte den Husten und sog ein zweites Mal die giftige Luft in ihre Lungen.
Schließlich öffnete sie vorsichtig die Augen und blinzelte in den versengten Wald. Flammen züngelten an den Baumstämmen auf und ab. Sämtliche Blätter und dünne Äste waren verbrannt und wirbelten mit dem heißen Wind durch den toten Wald. Mora spürte die Verbrennungen an Händen und Waden, jedem Stückchen Haut, das dem Brand ausgesetzt gewesen war.
Vonn schnüffelte an einem glühenden Busch und zuckte aufgeregt mit den verkümmerten Flügeln. Moras Augen brannten als sich umsah. Die Drachen der Dragoner hatten sich zusammengekauert und viele Soldaten, die nicht verbrannt waren, waren von den schweren Leibern zerquetscht worden, als die Drachen vor den Geschossen zurückgewichen waren. Einige Soldaten schrien vor Schmerz. Nicht wenige hatten Bolzen in der Brust.
Mora stand auf und näherte sich vorsichtig, ihre Armbrust war noch gespannt, aber ob sie noch funktionierte hätte Mora nicht sagen können.
Führerlose Drachen brachen durch das Unterholz und verließen ihre toten Herren, zwei versuchten abzuheben, aber die schwarzen Stümpfe der Bäume hinderten sie. Frustriert fauchte der eine, der andere spuckte einen klebrigen Feuerball, der an dem toten Baum herunterlief.
Sie hatte das Schwert gezogen, es war noch warm, aber nicht mehr so heiß, dass man den Griff nicht anfassen konnte. Sie streckte zwei Dragoner nieder; die verbrannte Haut hing in Fetzen von ihren Leibern und Mora erlöste sie. Plötzlich stand sie vor dem Anführer. Sein Mantel aus Drachenschuppen, Zeichen seiner Stellung, hatte ihn geschützt. Mora legte ihm das Schwert an den Hals, aber sie hatte mit einem male nicht mehr die Kraft, zuzustoßen.
"Deine Leute sind alle tot“, sagte der Mann, ohne sich um die Klinge an seinem Hals zu kümmern.
Mora sah ihn an und sagte nichts. Es war still geworden. Es knackte und krachte in dem verkohlten Holz, aber keine Stimme war mehr zu hören, weder von Mensch noch Tier. Irgendwo da draußen lag auch der verbrannte Körper Laams, ihres Verlobten.
"Deine auch" versuchte sie es mit Trotz, aber sie fühlte keinen Widerstand mehr in sich.
Der Dragoner nickte, dann nahm er die Schneide des Schwerts zwischen seine Finger und senkte sie langsam zu Boden. Mora lies es geschehen.
"Ein kleiner Preis für das Zeichen, das wir euch und den anderen widerständischen Völkern geben."
Erst jetzt, als der Mann seinen Mantel zurückwarf, erkannte sie sein Zeichen auf der Rüstung. Es war der Magus, der mächtigste Magier im Land; nur der Drachenthron selbst war noch mächtiger. Mora senkte den Kopf. Dass der Magus selbst die Truppen führte, änderte alles.
"Euer Widerstand hat den Drachenthron erzürnt. Ich, Arethon, habe seinen Atem hierher geführt, um Euch zu bestrafen. Geh und erzähle deinem Volk davon." Damit drehte sich der Dragoner um und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Sein weißer Drache folgte ihm.