Haas | Tatort Kinderzimmer - Warum Männer zu (Online-)Tätern werden | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 164 Seiten

Haas Tatort Kinderzimmer - Warum Männer zu (Online-)Tätern werden


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-99146-860-8
Verlag: novum Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 164 Seiten

ISBN: 978-3-99146-860-8
Verlag: novum Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Warum werden Männer zu Tätern im Online-Kindesmissbrauch? Diese Frage beleuchtet der Autor anhand fünf unglaublicher Fälle von tatsächlichen Begebenheiten. Benjamin Haas zeigt eine Bandbreite an Motiven auf, umreißt Ausschnitte aus den Biografien der Männer und gewährt Einblicke in die Köpfe der Täter. Täterarbeit ist Opferarbeit. Wenn wir verstehen, was Männer zu diesen Taten antreibt, kann sie dies dabei unterstützen, nicht straffällig zu werden, womit auch verhindert wird, dass Kinder zu Opfern werden. Lesenswert und informativ für Interessierte, Fachleute und Betroffene.

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Der Fall Lukas R. Die SMS Bevor ich die Recherchen zu diesem Buch so richtig begonnen habe, wurde ich von einem jungen Ermittler mit seiner Geschichte konfrontiert. An einem kalten Februarnachmittag stand ich vor meinem Fenster im obersten Stockwerk eines etwas in die Jahre gekommenen Bürogebäudes. Der Wind pfiff so stark, dass die halbgeöffneten Jalousien klapperten. Langsam begann sich die Sonne zu zeigen. Sie blinzelte zwischen den schnell vorbeiziehenden Wolken immer wieder durch. Ich kurbelte die Jalousien nach oben, um die Aussicht besser genießen zu können. Ich stand mit dem Gesicht zur Sonne gewandt, meine Augen halb geöffnet. Trotz Wolken war die Sonne hell genug, dass ich meine Augen immer wieder schließen musste. Immer wieder dachte ich mir, wie schön doch die Aussicht auf die vor mir liegenden Hügel ist, obwohl das Hochhaus, in dem ich mich befand, so absolut gar keine Schönheit ausstrahlte. Ich hielt kurz inne und genoss diesen Moment, nachdem der bisherige Tag mehr als aufregend und intensiv war. Nachdem ich innerlich langsam zur Ruhe fand, nahm ich das Mobiltelefon des 17-jährigen Beschuldigten Lukas R. in die Hand. Die Hausdurchsuchung und die schriftliche Einvernahme waren bereits abgeschlossen und aus diesem Grund wollte ich für die weiteren Ermittlungen eine Einsicht in das Handy vom Beschuldigten R. nehmen. Heutzutage erfährt man alles über einen Menschen, wenn man in sein Smartphone schaut. Ich saß in meinem Bürostuhl, mit dem Mobiltelefon in einer Hand und einem Kugelschreiber in der anderen. Ich war bereit, die offensichtlichen Fundstücke zu dokumentieren. Auf den ersten Blick deckte sich der Eindruck, den Lukas während des ganzen Vormittags auf mich machte. Ich fand viele Online-Spiele, diverse Chats auf verschiedenen Kanälen, jedoch eher wenige zu Gleichaltrigen und einen versteckten Ordner, der sich mit dem uns bekannten Code entsperren ließ. In diesem Ordner befand sich massenweise Pornografie, darunter auch eine Vielzahl an Fotos und Videos von Missbrauchsabbildungen von Minderjährigen. Augenscheinlich waren die meisten dieser Abbildungen Buben und Mädchen in Lukas’ Alter, also zwischen 14 und 17 Jahren, aber auch diverse Dateien mit deutlich Unmündigen (Personen unter 14 Jahre). Nachdem aber die Auswertung der sichergestellten Datenträger erst nach Sicherung der Daten passiert, konzentrierte ich mich auf die Nachrichten. Die WhatsApp-Chats, sowie die Profile von Lukas auf Instagram und Snapchat. Allesamt waren sie unauffällig, jedoch erkannte ich, dass Lukas insgesamt mit Mädchen sehr verschlossen und zurückhaltend kommunizierte. Es wurden zumeist eher oberflächliche Themen angesprochen oder über schulische Aktivitäten kommuniziert. Als ich bei den „altmodischen“ SMS war, fiel mir ein Nachrichtenverkehr zwischen Lukas und einer „Lisa“ auf. Neben dem Namen „Lisa“ stand auch ein „s“. Zuerst konnte ich mir keinen Reim darauf machen, wer diese „Lisa s“ nun ist, doch was mich eher verwunderte, war der geschriebene Textinhalt, der überhaupt nicht zu Lukas’ Eindruck passte. Lukas: Ich bin alleine in meinem Zimmer. Mir ist fad! Lisa s: Ja, und? Ich weiß, du bist ja neben mir. Lukas: Hast Lust? Lisa s: No, heute mal nicht. Lukas: Ageh, komm schon. Ich mache es heute besser. Lisa s: Hast du das letzte Mal auch gesagt. Lukas: Dann machen wir halt zwischen den Backen und nicht mehr Loch. Lisa s: Oh, naja ok. Aber heute aber bisschen besser. Lukas: Ich mache mich bereit. Lisa s: Ich schmier mir die Creme rein. Ich musste mir diese Nachricht mehrmals durchlesen, um zu verstehen, was da genau steht. Es ist für Jugendliche zwar grundsätzlich heutzutage normal, so intim zu kommunizieren, obwohl die Wortwahl natürlich eher nicht dem Naturell des jungen Mannes entsprach. Zu Beginn dachte ich an ein Mädchen, mit welchem Lukas eine sexuelle Beziehung führte. Doch der Satz von „Lisa s“ sprang mir immer wieder ins Auge: „Ich weiß, du bist ja neben mir“. Mir gingen tausend Varianten durch den Kopf, was damit gemeint sein konnte. Angefangen von einer möglichen Landschulwoche, Schwester eines Freundes, bei dem Lukas übernachtete bis hin zu möglichen Nachbarn. Plötzlich schoss es mir in den Kopf, wie ein Blitz, der unerwartet am Himmel auftaucht und in den Boden einschlägt. Ich hatte eine Vermutung, wer diese „Lisa s“ sein könnte, aber ich war mir nicht sicher. Ich nahm meinen roten Aktenordner mit allen bisher geführten Ermittlungen zu diesem Fall aus dem Regal und blätterte wie wild eine Seite nach der anderen durch. Ich hatte ein Ziel, eine bestimmte Seite zu finden. Meine Aufregung stieg, da ich eine Vermutung hatte, wer eben dieses Mädchen war. Nach einigen Sekunden des heftigen Durchblätterns der Seiten fand ich den gesuchten Zettel. Es war eine Skizzierung des Familienstammbaumes der Familie R. Und da stand es schwarz auf weiß. Lukas R. hatte eine 12-jährige Halbschwester mit dem Namen „Lisa“. Ich blickte fassungslos auf diese Seite. Es müssen mehrere Minuten gewesen sein, in denen ich innerlich kurz überfordert war. Immer wieder dachte ich mir, dass ich wieder mal „Glück“ gehabt hatte. Der erste, und vermutlich leichtere Akt, den ich bei der Kripo erhalten hatte, mauserte sich zu einer doch eher intensiveren Geschichte. Mit dem Mobiltelefon in der Hand ging ich in das Büro meiner Kripoleiterin und sah sie fragend an. Ich bat sie um ihre Meinung, zeigte ihr den SMS-Verkehr. Sie nahm das Telefon des Beschuldigten in die Hand und las sich den Text durch. Wenige Sekunden später gab sie mir das Mobiltelefon wieder zurück, nahm ihre Lesebrille ab und lehnte sich zurück. Siesah mich an und sagte mir: „Oje, da wirst du noch viel mit dem Fall zu tun haben. Du musst die Anzeige auf schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen erweitern und eine eventuelle weitere Anzeige der Blutschande prüfen.“ Sofort fielen mir auch die Worte meines Gegenübers ein, die siemir am ersten Tag meiner Tätigkeit als Kriminalbeamter mitgab: „Menschen, die bei uns als Täter aufschlagen, sind schlecht und jeder Fall beinhaltet Überraschungen, die du vorher unmöglich wissen kannst.“ Zumindest in diesem Fall hat sie recht behalten. Doch bevor die Ermittlungen so richtig losgingen, musste ich mir erneut einen guten Überblick über den Akt verschaffen, um kein Detail zu übersehen. Also begann ich die Sache wieder von vorne und begann mit der Anzeigeerstattung betreffend Lukas R. Die Dropbox Zum Jahreswechsel war es endlich soweit. Ich begann meine neue polizeiliche Tätigkeit, für zumindest sechs Monate, bei der hiesigen Kripo in einer Großstadt. Viele Meiner KollegInnen haben mir abgeraten diesen Schritt zu wagen, weil dies mit einer seelischen Belastung einhergehen kann. Diese Warnungen ignorierte ich. Der Prozess bis zur neuen Beschäftigung war langwierig und mit Rückschlägen verbunden. Ich hätte Monate vorher meinen neuen Arbeitsplatz besetzen sollen, aber höhere Instanzen zögerten diese Entscheidung, aus verschiedenen Gründen, nachweislich hinaus. An diesem ersten Tag fuhr ich mit dem Lift des altehrwürdigen Gebäudes, das eher einem Plattenbau aus dem Ostblock ähnelt, hinauf und begrüßte meine neuen KollegInnen. Meine Freude war groß und damit verbunden natürlich die Spannung auf den neuen Tätigkeitsbereich. Kurze Zeit später begrüßte mich meine Chefin und gab mir meinen ersten Fall, oder wie man polizeiintern sagt, „den ersten Akt“. Ich konnte gar nicht erwarten, dass ich diesen Akt nun endlich bearbeiten konnte, denn schließlich ist für mich die Ermittlungsarbeit die höchste Kunst der Polizeiarbeit und die Kripo ist dafür das Atelier. Die Kripo bearbeitet unter anderem Sexualdelikte, wobeimein Hauptsachgebiet zu diesem Zeitpunkt der Bereich „Online-Kindesmissbrauch“, umgangssprachlich auch „Kinderpornografie“, war. So gut wie alle Akte sind ähnlich aufgebaut. Sobald NCMEC ein neuer Fall bekannt wird, schickt dieses ihn an die nationale Behörde in Deutschland und Österreich. Intern führen vorgelagerte polizeiliche Einrichtungen die ersten Ermittlungsschritte durch und übermitteln den Akt an das tatortzuständige Kripo. So war es auch bei meinem ersten Fall® dem 17-jährigen Lukas R. Die Identität des Beschuldigten stand zu Beginn vage fest. Lukas verwendete für den Upload von den sechs von NCMEC festgestellten verdächtigen Missbrauchsabbildungen die Mail-Adresse. Die Uploads wurden aber auf eine Dropbox durchgeführt, auf der eine Telefonnummer hinterlegt war. Nach einer Anfrage stand zumindest fest, dass der Nummernbesitzer nicht Lukas war, sondern sein Vater Roland R. In diesem Fall muss man sich für eine Seite entscheiden in Bezug auf die Wahl des Hauptverdächtigen. Die Kunst dabei ist, die hochgeladenen Dateien zu bewerten. Insgesamt waren es sechs Dateien, zwei Videos und vier Fotos. Die Fotos zeigten jeweils unmündige Mädchen, welche sich einen Gegenstand in den Intimbereich einführten. Die Mädchen waren zwischen acht und zehn Jahre alt. Bei den Videos schätzte ich die abgebildeten Mädchen auf ca. 12–14 Jahre. Diese Videos zeigten ebenfalls eine ähnliche Situation, also die Einführung eines Gegenstandes in den Intimbereich. Sowohl bei den Fotos als auch bei den Videos konnte man anhand der Kameraeinstellung erkennen, dass diese Dateien augenscheinlich von den Mädchen selber hergestellt wurden, vermutlich auf Basis eines Auftrages einer anderen Person. Die Auftraggeber bezahlen oder versprechen...



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