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E-Book, Deutsch, Band 4, 280 Seiten

Reihe: Baltasar Matzbach

Haefs Mörder und Marder

Baltasar Matzbachs vierter Fall
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95441-117-7
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Baltasar Matzbachs vierter Fall

E-Book, Deutsch, Band 4, 280 Seiten

Reihe: Baltasar Matzbach

ISBN: 978-3-95441-117-7
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als sie noch Philosophie studierten, zogen sich ein paar Freunde manchmal in ein einsames Haus im Westerwald zurück, zu gemeinsamem Lernen und läßlichem Sex. Da Philosophie brotlos ist, mußten sie nach dem Examen Berufe für sich erfinden: Tierverleiher, Auftragsdichter, Hexe, Akzidenzkomponistin ... Aus purer Nostalgie treffen sie sich noch einmal im Westerwald, und einer bringt einen Gast mit: Baltasar Matzbach, einem seiner angeblichen Freunde zufolge "Mischung aus Falstaff und Kater Garfield, als Hobbydetektiv auf die Menschheit losgelassen." Es ist Winter, dichter Schnee fällt, am Morgen sind sie eingeschneit, und einer der ex-Philosophen liegt tot im Bett. Matzbach braucht einiges an Phantasie, um hinter die tückische Mordmethode zu kommen, und dann noch etwas mehr, um mit Hilfe einer Hexe und des Marders Vespasian unter den schrägen Typen den Mörder zu finden.

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ERSTER TEIL
Es gibt einen Grund dafür, Käsekrusten in einem Pizzaofen anzuheizen.« Matzbach sagte es ohne Betonung; wie man Feststellungen über die jedem ersichtliche Qualität des Wetters macht. Es war ein trüber Tag, nicht ungewöhnlich für Bonn im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter; die Jahreszeit war unentschlossen. Anfang März, laut Kalender und Zeitung, aber für Winter zu mild (»dätschig«), für Frühling zu klamm (»uselig«). Baltasar trug sich entsprechend; eine undefinierbare Hose lugte aus dem Trenchcoat, der mit Matzbach etliche Nächte in einem Schützengraben zugebracht haben mochte, und der Stetson hockte auf Baltasars Kopf wie eine Meise auf einem Kürbis. Henry Hoff zwinkerte. Er kannte derlei Begrüßungen. »Das mag sein. Obwohl du auch ›Guten Tag‹ sagen könntest oder ›Wie geht es dir?‹ oder so was.« Matzbach blies Luft durch seine wulstigen Lippen; es klang wie ein schlapper Helikopter. »Nein. Ich weiß, wie es mir geht, und dieser Tag ist nicht gut.« Dann überflog er Hoffs Äußeres, den kühn vom Halse tropfenden schwarzen Schal, die Wildlederjacke, die hellbeige Breitkordhose und blickte in die Augen, deren Linsen kontaktfreudig glommen. »Du hast offenbar Geld gefunden und dich neu eingekleidet. War das nötig?« Hoff machte eine großartige Geste, die an der Treppe des Alten Rathauses begann und, nach einem Halbkreis über Kopf, bei den Gemüseständen des Wochenmarktes endete. Dazu benötigte er beide Arme. Er öffnete den Mund. »Übst du Fliegen?« erkundigte Baltasar sich blitzschnell. »Das wäre eine Möglichkeit, dir zu entgehen. Was ich sagen wollte ist: Alles ist nötig. Der Markt und die Welt und meine neue Hose. Nur für dich sehe ich keine Notwendigkeit.« Matzbach grinste. »Aha. Du übst also nicht Fliegen, sondern positives Denken, ja?« Seit dem Ende ihrer gewinnbringenden, dramatischen Rutschpartie auf dem Eis vor Sankt Peter-Ording* waren sie einander nicht mehr in die Quere gekommen. Diese Veranstaltung hatte jedem Beteiligten an die 100.000 DM eingetragen. »Drei Monate lang«, sagte Hoff dumpf, »war mein Leben frei von deinen Sprüchen, deinem Benehmen und überhaupt deiner Existenz. Es war herrlich. Wollen wir einen Cappuccino trinken?« »Wenn du mich einlädst. Ich habe zuviel Geld für solche billigen Vergnügen.« Henry nickte und zupfte am Ärmel des Trenchcoats. »Na, dann kommen Sie, Mister Sherlock Marlowe, oder wie immer Sie in diesem Gewand heißen.« Im Snobcafé am Römerplatz setzten sie sich aufs Podest neben dem Eingang. Matzbach entglitt seinem Trenchcoat, dessen Taschen mit Utensilien gefüllt waren; der Kleiderständer schwankte. Den Hut behielt Baltasar auf dem Kopf. Draußen blieben zwei halbwüchsige Jungen stehen, deuteten durch die Scheibe auf ihn und krümmten sich vor Lachen. Baltasar preßte seine Nase gegen das Fenster. »Bastarde und Wechselbälger, ihr zwei. Habt ihr noch nie eine Hinterglas-Ikone gesehen?« »Sei mild gegen sie«, sagte Hoff. »Sie können dich nicht hören.« Eine schlanke, blonde Kellnerin in schwarzem Wams mit weißer Schürze kam, stellte einen frischen Aschbecher hin und erkundigte sich nach den Wünschen der Herren. Baltasar streckte seine Pfote aus und zupfte an der Schürze. »Ein nettes Schlabberlätzchen haben Sie da, Madame«, sagte er. Dann entdeckte er ihre abgekauten Fingernägel und schwieg erschüttert. »Zwei Cappuccino«, sagte Hoff. »Und zwei Cognac«, knurrte Matzbach. »Einen. Ich trinke so früh keinen Alkohol.« »Also zwei Cappuccino und drei Cognac. Für mich. Und was willst du, Henry? Einen Cappuccino? Mit Strohhalm?« Sie ergaben sich diffusem Schweigen, bis die Kellnerin mit drei Cappuccino und drei Cognac wiederkehrte. Demonstrativ zahlte Hoff mit einem Fünfhunderter. »Ist das der Rest von der Beute?« sagte Baltasar. »Nein, es ist noch etwas mehr da. Ich bin doch nicht du. Wie soll ein Mensch mit normalen Gewohnheiten in drei Monaten hunderttausend Mark ausgeben?« Matzbach betrachtete den ersten leeren Schwenker, spülte mit Cappuccino nach und leckte sich die sahnigen Lippen. »Wohl wahr. Aber mit normalen Gewohnheiten wäre ich nicht in die Lage gekommen, aus der du mit hunderttausend entronnen bist.« Hoff nickte stumm. »Und mehr als eine neue Hose ist nicht daraus geworden?« »Doch. Ich bin nicht mehr arbeitslos.« Matzbach beugte sich interessiert vor; der Stetson rutschte nach hinten. »Ah. Oh. Hast du eine Firma gekauft, wo man dich jetzt zum Dank Nachtwächter spielen läßt?« »Selbst für deine Verhältnisse bist du heute ungewöhnlich bösartig. Was ist dir über die Leber gelatscht? Eine Laus mit Holzschuhen?« Matzbach winkte ab. »Meine Leber geht dich einen feuchten bräunlichen Haufen an. Womit vertreibst du die Zeit, die dich ohnehin flieht?« Hoff zog ein Päckchen Pall Mall aus der Jacke und legte es auf den Tisch. »Mit Rauchen und Denken.« Matzbach griff zum zweiten Schwenker. »Das ist gut. Damit richtest du keinen Schaden an, außer wider dich. Immerhin brauchst du nicht mehr selber zu drehen.« Hoff zündete sich eine Zigarette an, blies eine Rauchfahne gen Baltasars Nase und rührte in seinem Cappuccino. »Ja. Soll ich mich jetzt bedanken, weil du mich auf diese Nordlandreise mitgenommen hast?« »Nein, nein. Du hattest Urlaub verdient. Du bist mir zwar nicht nützlich gewesen, aber man soll nicht nachtragend sein. Was hast du mit dem Geld angestellt?« Hoff bildete mit den Händen einen Schalltrichter. »Ich hab mich selbständig gemacht«, flüsterte er. »Als was?« »Als Philosoph.« Matzbach grinste, dann kicherte er. »Gut. Das finde ich sehr schön. Und wie? Hast du dir eine Tonne angeschafft und läufst jetzt zweimal täglich, außer sonntags, mit einer Taschenlampe durchs Bonner Regierungsviertel auf der Suche nach Menschen? Ich sage dir gleich: Es gibt dort keine.« »Ich weiß. Ich kenn deine Einstellung. Bitte erspar mir Vortrage über Politiker und Beamte.« »Ganz wie Sie wünschen. Aber wo philosophierst du denn?« Hoff verschränkte die Arme. Er schob die Unterlippe vor; die Zigarette richtete sich auf, als sträube sie sich. »Ich weiß nicht, ob ich dir das sagen soll. Nachher behelligst du mich wieder dauernd. Es gibt Leute, denen sollte man weder Adresse noch Telefonnummer mitteilen.« »Anschrift und Nummer des Fernsprechanschlusses. Wenn du schon kategorische Erlasse absonderst, dann bitte auch im entsprechenden Kauderwelsch.« Henry legte die Zigarette in den Aschbecher. »Ja, ja, ja. Is ja gut. Also: Ich bin jetzt freier Philosoph. Mit einer Praxis zwischen Ärzten und Anwälten in der Cassius-Bastei.« Matzbach kniff ein Auge zu; dann trank er den ausreichend geschwenkten zweiten Cognac und leerte die angefangene Tasse. »Du willst mich auf den Arm nehmen, wie?« »Bei deinem Gewicht?« Hoff zog die Brieftasche, zückte eine Visitenkarte und legte sie auf Baltasar an. Der Dicke nahm das Stück Bütten und las: HENRY HOFF
PHILOSOPH
Cassius-Bastei
Bonn Dann ergriff er den dritten Cognac und schnüffelte, ohne zu trinken. »Ich bin sprachlos; kein Wort fällt mir dazu ein.« Hoff nickte. »Sehr gut. Dich sprachlos zu sehen war schon lange mein Wunsch.« »Und wie machst du das, mit dem Philosophieren?« »Ach, das ist ganz einfach. Ich werde in der nächsten Ausgabe des Branchenverzeichnisses als Philosoph stehen, mit Nummer und Sprechstunden. Bis jetzt sitz ich in meiner Praxis und berate Laufkundschaft.« »Du willst doch nicht im Ernst sagen, du hast so ein ulkiges Blechschild vor der Tür, darauf steht Philosoph, und orientierungslose Menschen, die zum Einkaufen in die City pilgern, kommen einfach so auf einen Schwatz bei dir vorbei?« »Doch, genau das tun sie. Ich hab kurz vor Weihnachten damit angefangen, also ungefähr zweieinhalb Monate Erfahrung, und ich kann dir sagen: Es läuft.« Matzbach bestand darauf, mehr zu erfahren. Nachdem sie ihre Getränke verbraucht hatten, machten sie sich auf den Weg zur Cassius-Bastei,...


Gisbert Haefs, Jahrgang 1950, lebt und schreibt in Bonn; als Übersetzer/Herausgeber verantwortlich für Borges, Kipling, Brassens, Dylan u.a., als Autor haftbar für Erzählungen, historische Romane (Hannibal, Troja, Raja, Die Rache des Kaisers, Das Labyrinth von Ragusa u.a.) und Krimis (Matzbach).



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