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E-Book, Deutsch, Band 1, 221 Seiten

Reihe: Baltasar Matzbach

Haefs Mord am Millionenhügel

Baltasar Matzbachs erster Fall
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95441-107-8
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Baltasar Matzbachs erster Fall

E-Book, Deutsch, Band 1, 221 Seiten

Reihe: Baltasar Matzbach

ISBN: 978-3-95441-107-8
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nach einer arg durchzechten Nacht findet Baltasar Matzbach morgens in seinem Bad eine zweite Zahnbürste, die abends noch nicht da war. Nun ist selbst in Bonn anno 1980, wo viele Dinge möglich sind und viele unmögliche Dinge Gesetz werden, das Eindringen einer Zahnbürste in eine abgeschlossene Wohnung ein seltsamer Vorgang. Matzbach, einem seiner angeblichen Freunde zufolge "Mischung aus Falstaff und Kater Garfield, als Hobbydetektiv auf die Menschheit losgelassen", macht sich daran, die Herkunft der Bürste zu ermitteln. Hinter einem winzigen Ding könnte sich ja etwas Großes verbergen. Tatsächlich stellt er bald fest, daß ein Mann, der mit ihm nachts die letzte Kneipe verlassen hat, nicht mehr aufzufinden ist. Ein paar Bekannte, schräge Vögel, helfen Matzbach bei der Spurensuche, bis sie schließlich in einer noblen Wohngegend etwas finden, was man so in der Hauptstadt der rheinischen Republik nicht erwartet hätte.

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2. Kapitel
Auf der Fahrt in die Stadt fiel Baltasar plötzlich ein, daß er am vergangenen Abend auch Moritz von Morungen gesehen hatte, einen weiteren Bekannten, zu dessen Obliegenheiten als Lokalreporter einer der Zeitungen des Umkreises auch die Berichterstattung über Kriminalfälle gehört. »Vielleicht«, sagte Baltasar zum Lenkrad, »hat er ja ausnahmsweise mal einen kriminalistischen Tip.« Moritz wohnt in der Nähe der Poppelsdorfer Allee, in einem vornehm renovierten, villenartigen Bau von etwa 1890, zweite Etage. Von der Straße aus war zu sehen, daß bei ihm Licht brannte. Ich schaute auf die Uhr: kurz nach elf. Wie üblich gab es keine Parkplätze, aber jede Menge Blech zwischen den alten Kastanien und den neuen Neonlaternen, und wie üblich parkte Baltasar sein Vehikel unter souveräner Mißachtung aller Verkehrsregeln. Die Eingangstür des Hauses war nur angelehnt. Wir stiegen die Treppen zur zweiten Etage hinauf; Baltasar klingelte mehrmals und energisch. Nach einer kleinen Weile öffnete sich die Tür; Moritz stand vor uns und lächelte. »Ah, die günstigen Nachtschwärmer«, sagte er. »Was verschafft mir das Vergnügen?« Er blieb in der Tür stehen. War barfuß, trug eine leichte Hose und ein offenes Hemd. Ein scharfes Auge konnte die nicht sehr gründlich verwischten Lippenstiftspuren kaum übersehen. »Eh, Moritz«, sagte Baltasar, »haben wir uns gestern gesehen?« Moritz nickte. »Filmriß, altes Ekel?« Baltasar bestätigte. Weitere Fragen, unter anderem nach einem grauen, haselmausartigen Mann, führten zu nichts. Moritz hatte nichts gesehen. »Hör mal«, sagte er, »ich komme morgen bei dir vorbei, so gegen sechs, ja?« Wir verabschiedeten uns und stiegen die Treppe wieder hinunter. Baltasar sah mich von der Seite an. »Das war ja deutlich«, sagte er grinsend. Dann, eher zu sich selbst: »Also, entweder war da schon verschärfte action im Gang, oder die Frau ist dumm, oder hübsch, oder häßlich, oder einer von uns kennt sie, oder er will nicht, daß jemand sie sieht. Jedenfalls ist etwas nicht so, wie es sein sollte. Wir leben in würdelosen Zeiten.« Mit den letzten Silben, die er von sich gab, als wir das Haus schon wieder verlassen hatten, rannte er gegen einen nächtlichen Wanderer, der mit einer Dame das Viertel durchquerte. Der Mann musterte ihn unfreundlich und fragte: »Haben Sie was gesagt?« Baltasar betrachtete ihn und die wie zur feierlichen Eröffnung der Brutsaison aufgetakelte Drohne an seinem Arm; dann verneigte er sich und erwiderte elegant: »Nichts von Bedeutung, mein Herr. Nur, pardon, Madame, eine erfreute Sentenz über die wohlriechenden Essenzen, in denen Ihre Begleiterin, dieser liebliche Kampfroboter, zu baden pflegt. Kampfer, nehme ich an. Ah, welch orientalische Wollust!« Damit ließ er die beiden stehen, die ihm sprachlos nachblickten, und ging zu seinem Gefährt. Ich beeilte mich, ihm zu folgen, um nicht in irgendwelche Gefechte verwickelt zu werden. »Das war«, erklärte Baltasar, als wir weiterfuhren, »die demographische Mitte der Bonner Bevölkerung, repräsentativ für Regierung und Regierte gleichermaßen.« Ich verschluckte alle gegen Baltasar nutzlosen Antworten und sagte statt dessen: »Was jetzt?« Baltasar blickte auf die Uhr und ignorierte eine rote Ampel. »Hm, also Gamsbart, Kuhle und Lauseck müßten wir noch schaffen.« Das hieß: Er wollte alle Lokale im weiteren Umkreis des Pinsel abgrasen. Ich war skeptisch. »Also, Lauseck kann ich mir nicht vorstellen. Hör mal, da hängen doch immer noch vor allem Linke und Grüne nun. Was soll da eine sechzigjährige Haselmaus?« Baltasar rümpfte die Nase. »Ah, man darf nichts ausschließen. Vielleicht ist er ja ein verkappter DDR-Agent und hat 'ne Sekretärin gesucht.« In der Kuhle trieben sich die üblichen Kurzen zu ohrenbetäubendem Reggae herum. Baltasar hielt einen fest und sagte: »Hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?« Der Junge sah ihn an, als käme Matzbach vom Mars, riß sich los und sagte etwas, was sich wie »Hau ab, alter Sack« anhörte. Als wir wieder draußen waren, schüttelte Baltasar den Kopf. »Die sind so frech wie ich, Unverschämtheit.« Im Gamsbart, einer normalen Kneipe, hockte ein flüchtig Bekannter, der bei unserem Anblick aufschrie, endlich kämen die beiden Strohmänner für seinen Skat. Baltasar sah mich an; ich nickte; er blickte auf die Uhr. »Na ja«, sagte er, »ich glaub eh nicht, daß wir heute unseren Mann noch finden.« »Wen sucht ihr denn?« sagte der Skatspieler. Baltasar machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, so nen kleinen grauen Mann, Haselmaustyp, weißt du, um die Sechzig, der gestern abend im Pinsel war. Ich hatte gehofft, er wäre vielleicht auch mal hier gewesen.« »Ach, so 'n Knacker, der gestern die ganze Zeit zugehört hat bei deinen makabren Geschichten?« Baltasar kriegte rosa Ohren. »Warst du auch im Pinsel?« »Ganze Weile, aber du warst viel zu breit, um irgendwen zu erkennen.« Er wandte sich an eine Studentin, die manchmal kellnerte und ihren freien Abend in der gleichen Kneipe verbrachte. »Sag mal, du kennst den doch, ne? Hat der dich nicht neulich mal angemacht? So 'n alter grauer Typ.« Das Mädchen erinnerte sich. Der Mann, sagte sie, sei ein paarmal dagewesen, meistens relativ früh am Abend, hätte auch schon mal was gegessen. »Fieser Typ, irgendwie schmierig. Hat mich mal, als er voll war, mit seinen klebrigen Fingern angegrapscht, so allgemein Richtung Busen, und wollte mir sein Herz ausschütten. Klaus heißt er. Mann, ich hab nix gegen Opas, solang sie mich nicht anfassen. Hab ihm gesagt, er könnte mich ruhig siezen. Nächsten Tag ist er wieder gekommen, war ganz verschüchtert, hat sich entschuldigt.« Baltasar strahlte. »Ha, eine Spur! Darf ich dir in allen Ehren und ohne Grapschen eins ausgeben?« Die Studentin lachte. »Klar doch. Suchst du den?« Baltasar nickte. Sie runzelte die Stirn. »Also, der kommt nicht regelmäßig, aber zweimal die Woche bestimmt. Ob er gestern hier war, weiß ich nicht; ich war gestern nicht da. Kommt aber bestimmt wieder.« Baltasar bestellte eine Runde Cognac und prostete ihr zu. »Kannst du mir noch was über ihn erzählen?« »Ja, also, nicht viel. Ist nicht verheiratet, hat jedenfalls keinen Ring. Außerdem hat er was für Jüngere übrig. Mich hat er angefaßt, und dann hat er mal hier mit ner Illustrierten gesessen, ist schon paar Wochen her. Da war 'n Bericht über irgendeinen Macker drin, Bundestagsabgeordneter, glaub ich, der irgendwo in Bonn wohnt, nee, wart mal, Godesberg, in so nem vornehmen Viertel. Waren 'n paar Fotos bei, die hat der Mann mir gezeigt. So ne Villa am Hang. Und was er vor allem angestarrt hat, waren Bilder von der Familie. Zwei sehr hübsche Töchter, oder so was, hat er gemurmelt. Dann wollte er wissen, wo die Straße war; die war im Bericht genannt. Wußt ich aber nicht. Ich glaub, dann hat er auch noch im Telefonbuch nachgeschaut. Aber die großen Kanaken haben ja alle geheime Nummern. Jedenfalls stand der wohl nicht drin.« Sie erinnerte sich auch noch an die Illustrierte. Baltasar war fröhlich und guter Dinge und verlor beim folgenden Skat heftig. Da er nicht mehr als zwei Cognac und einen Kaffee getrunken hatte, brachte er mich auch noch zurück in mein Exil. Den folgenden Tag verbrachte ich an der Schreibmaschine. Zwischendurch bewunderte ich das Gedächtnis der kellnernden Studentin, bis mir einfiel, daß Kellner ja am Ende eines Abends meistens noch wissen müssen, was welcher Gast in den letzten Stunden getrunken hat. Das übt. Auch Matzbachs Zahnbürste lenkte meine Gedanken immer wieder ab. Abends klingelte das Telefon. Baltasar, wer sonst. »Hast du Lust zur nächsten Runde?« Ich kam zu dem Schluß, daß es mit meiner Arbeitswut ohnehin nicht gut stand, und bejahte. »Hast du noch was rausgekriegt?« »O ja, erzähl ich dir später. Treffen wir uns im Gamsbart?« »Was willst du denn schon wieder da?« »Diese Studentin noch was fragen.« »Matzbach, Matzbach, willst du die junge Dame anfallen? Heute ist Freitag, und außerdem mag sie keine grapschenden...


Gisbert Haefs, Jahrgang 1950, lebt und schreibt in Bonn; als Übersetzer/Herausgeber verantwortlich für Borges, Kipling, Brassens, Dylan u.a., als Autor haftbar für Erzählungen, historische Romane (Hannibal, Troja, Raja, Die Rache des Kaisers, Das Labyrinth von Ragusa u.a.) und Krimis (Matzbach).



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