Hall | Eine letzte Spur | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 446 Seiten

Reihe: Die schönsten Sehnsuchtsromane von Juliet Hall

Hall Eine letzte Spur

Roman
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8387-1412-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

E-Book, Deutsch, Band 2, 446 Seiten

Reihe: Die schönsten Sehnsuchtsromane von Juliet Hall

ISBN: 978-3-8387-1412-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Plötzlich ist Rupert wie vom Erdboden verschluckt. Marianne ist verstört. Gerade noch zeichnete ihr Mann den Trevi-Brunnen, und nun bleibt er unauffindbar. Ist ihm etwas zugestoßen? Oder hat er seine schwangere Frau verlassen? Auch sieben Jahre später kennt Marianne die Antwort nicht. Aber sie will sich von den Erinnerungen an Rupert befreien, denn ihr Herz gehört längst einem anderen. Deshalb reist die junge Engländerin noch einmal von Dorset nach Rom. Bald stößt sie auf eine heiße Spur. Diese Spur führt in die grünen Hügel von Umbrien, in ein abgelegenes Dorf - mitten hinein in einen Kunstskandal und die Abgründe des Herzens.

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Kapitel 1
Sieben Jahre später
Sie hatte schon beinahe vergessen, dass es dort so viel Wasser gab. Marianne und Amy Brooking flüchteten vor dem tosenden Geräusch auf den kleinen, belebten Platz. Marianne roch den herben, metallenen Geruch. Sie blinzelte in die grelle Sonne und suchte instinktiv den Schatten auf. Amy riss sich von ihr los. Ihre Handflächen waren feucht. Vielleicht hatte Marianne die Hand ihrer Tochter zu fest gehalten. Sie trocknete sie an der Jeans, ohne das Mädchen aus den Augen zu lassen – ebenso wenig wie den Brunnen … La Fontana di Trevi! Sieben Jahre schwirrten Marianne innerhalb einer Sekunde durch den Kopf. Gleichzeitig fragte sie sich, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, noch einmal an diesen Ort zurückzukehren. Der Brunnen war so imposant, wie Marianne ihn in Erinnerung hatte, und brachte selbst Amy zum Schweigen, die sich, von dem Anblick überwältigt, durch die Touristengruppen drängte und wieselflink die Stufen erklomm. »Lauf nicht zu weit weg!« Der Brunnen – die Attraktion schlechthin – nahm beinahe eine Seite des Platzes ein. Die strukturierten Gesteinsbrocken wuchsen aus der prachtvollen Fassade des dahinter aufragenden Palazzo; silbrig blau schäumte das Wasser in Kaskaden über die Steinbecken und blendete geradezu. Nachdem sie die Münzen in den Brunnen geworfen hatte – Drei Münzen, hatte er gesagt, rückwärts über die Schulter –, hätte Marianne nie gedacht, dass sie jemals ohne Rupert wieder nach Rom fahren würde. Sie hatten sich damals an den Händen gehalten. Bedeutete das nicht eigentlich, dass man gemeinsam zurückkommen würde – als Liebespaar? Sie hatte geahnt, dass all die Erinnerungen wieder auftauchen würden. Warum also war sie hier? Sie klemmte sich die Tasche fest unter den Arm – »Rom ist berüchtigt für Taschendiebe«, hatte Daniela sie gewarnt. Daniela lebte in Rom. Sie hatten sich im Gymnasium miteinander angefreundet und den Kontakt aufrechterhalten – wenngleich in unregelmäßigen Abständen. Diesmal hatte Marianne das Angebot der Freundin angenommen, in deren Wohnung nicht weit vom Pincio-Park zu übernachten. Wenngleich sie die Anonymität eines Hotels genoss – und in einer Stadt wie Rom umso mehr –, war sie für die Gastfreundschaft dankbar, zumal es für Amy bei Daniela bestimmt netter war als in einem Hotel. Daniela war mit Federico verheiratet, einem vielbeschäftigten Mann. Sie hatten ein drei Monate altes Baby, und Amy war in ihrem Element. Nach der überstürzten Abreise nach Rom fand auch Marianne in Danielas Wohnung etwas Ruhe. Sie wollte endlich herausfinden, was sich vor sieben Jahren hier abgespielt hatte – als läge die Wahrheit vielleicht in einer dunklen Ecke verborgen, ohne dass die wärmende Frühlingssonne sie jemals ans Licht gebracht hatte … Ja, es war wirklich lange her: sieben volle Jahre. Und Sam fand, dass es nun Zeit sei. Nach sieben Jahren könne man eine Ehe auflösen; sich verabschieden; sich trennen; einen Schlussstrich ziehen. War sie im Begriff, genau das zu tun? Marianne trat einen Schritt vor und legte schützend die Hand über die Augen. Ein Sonnenstrahl traf genau auf Neptun. Der Trevi-Brunnen sollte die Gewalt des Meeres verdeutlichen, Marianne jedoch verband damit andere, schicksalhafte Erinnerungen. »Mami, Mami, ich habe Durst. Darf ich …?« »Nein.« Marianne reagierte besonders heftig, als sie aus ihren Gedanken gerissen wurde. Sie setzte sich so abrupt auf, dass ihr dunkles Haar wippte und Mutter und Tochter einander in die Augen sehen konnten. »Das Wasser ist schmutzig.« »Es sieht aber sauber aus.« Amy trug ihren kurzen Jeansrock und ein rotes T-Shirt mit dem Bild einer großen Ziege. »Es sieht viel zu sauber aus.« Ja, es glitzerte geradezu – keimfrei, hygienisch, silbrig blau. Aber es gab Dinge, die mehr versprachen, als sie halten konnten. Das hatte Marianne nur zu gut gelernt. »Oooh.« Amy arbeitete sich erneut durch die Menschenmenge zu dem Brunnen vor, stieg die Stufen hinauf und ging über das Kopfsteinpflaster bis zum Brunnenrand, ganz nahe an das aufragende Gestein bis hin zu den Tauben, die respektlos auf dem weißen Neptun und dessen Pferden hockten. Amy stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte sich dem Wasser entgegen. »Beug dich nicht zu weit vor!« Mariannes Blick wanderte über die schattige Piazza und die engen Nebenstraßen. Als ob … Vor sieben Jahre hatte sie genau dort drüben gestanden, am Beginn der Steigung, in der Via della Stamperia, die an dieser Stelle die Richtung änderte. Marianne hatte vor dem schäbigen Souvenirladen gestanden, der mit Artikeln für »religiöse Zwecke« warb, und Rupert beim Zeichnen des Brunnens fotografiert. Danach hatte sie sich die Umgebung angeschaut. Und genau in jenem Augenblick hatte sie es gespürt. Sie erinnerte sich geradezu bildhaft an diese dunkle Ahnung, als sei all dies erst gestern gewesen. Ihre Vermutung lag tief in ihrer Erinnerung verankert. Eine unbestimmte Frage, die sie niemals hatte beantworten können. Hatte er jemals die Notiz gefunden, die sie ihm dagelassen hatte? Spielte das überhaupt noch eine Rolle? Hatte sie jetzt nicht Sam? Doch vielleicht war sie gerade deshalb wieder an diesen Ort zurückgekehrt. Vor sieben Jahren war sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite entlangspaziert, in der Via delle Muratte. Das Kopfsteinpflaster und die senf- und ockerfarbenen Gebäude sahen genauso aus wie heute. Selbst die runden Marmortische und die Korbsessel standen noch vor dem Caffè neben der Gelateria. Doch wieso hatte sich hier nichts verändert, während ihre eigene Welt auf dem Kopf gestanden und sich mittlerweile vollkommen gewandelt hatte? Wie war es möglich, dass die Straße, ja, überhaupt alles, so unschuldig dalag? Instinktiv glitt Mariannes Blick zurück zu Amy, die nach wie vor wie hypnotisiert in das Wasser starrte. Die Fontana di Trevi besaß diese Wirkung, sofern man sich darauf einließ. Sie hatte sich in ein Caffè auf der Piazza della Rotunda gesetzt und vor sich hingeträumt. Dann hatte sie mit Daniela telefoniert und ihre Abendeinladung angenommen. Rupert hatte sich zwar drücken wollen, aber sie hatte darauf bestanden, die Freundin zu besuchen. Und als sie zum Trevi-Brunnen zurückgegangen war – war er fort gewesen. Danach war die schlimmste Zeit gekommen – allerdings erst später. Zunächst hatte sie geglaubt, er habe nur den Ort gewechselt, um eine andere Perspektive zu bekommen. Du musst die Sache als Ganzes betrachten … Diesen Satz hatte sie noch im Ohr. Wenn er aufstand und das arrangierte Stillleben oder sein Modell behutsam in die Mitte des Studios schob, führte er eher ein Selbstgespräch, als dass er seine Frau einbezog. Weil er als Künstler unsicher war, obwohl er in allen anderen Lebensbereichen Selbstsicherheit zeigte. Du musst das Bild schon vorher in dir tragen, vor deinem geistigen Auge sehen, hier drinnen – er tippte sich an den Kopf –, bevor du es malen kannst. Der Künstler und der Brunnen … Also war Marianne ziellos über die schattige Piazza spaziert, die Hände über dem Bauch verschränkt, und hatte sich zunächst durch die Menschentraube vor dem Brunnen geschoben, vorbei an der Kirche und den hohen Gebäuden mit dem pfirsich- und ingwerfarbenen Anstrich, zwei Eissalons, einer Bar, Benetton-Läden und dem Hotel Fontana mit seinem dunklen Terrakottaton, die den Platz säumten und die Sonne verdeckten. Sie stieg die Treppe hinab und die Stamperia hinauf, ließ den Blick über die zahllosen Menschen mit kleinen Fotoapparaten schweifen, die mit durchdringenden Stimmen riefen: »Wow, ist der groß!« oder »Himmel, ist das hier laut!« Sie suchte in allen Richtungen nach Rupert, der womöglich erschöpft, abgemagert und tief gebräunt in einer Ecke hockte und blindwütig Skizzen anfertigte. Ohne Erfolg. Nirgendwo ein Zeichen von ihm. Auf dem hohen Balkon eines Gebäudes an der Piazza nahm eine Frau die Wäsche von der Leine. Vollkommen unbeeindruckt plätscherte der Brunnen. Die Fontäne schwoll noch stärker an und übertönte alle anderen Geräusche. Marianne wandte sich ab. Amy bat um Geld. Sie streckte Marianne die geöffnete Hand entgegen. Ihr honigblondes Haar glänzte in der Sonne, die blauen Augen waren so dunkel wie Ruperts Augen. »Das macht doch jeder hier«, erklärte sie. Das stimmte. Alle machten es. Dicht gedrängt standen die Menschen auf dem Platz, um ihre Münzen dem Brunnen anzuvertrauen. Ein Stimmengewirr in verschiedenen Sprachen bot die Hintergrundmusik für das herabstürzende Wasser. So viel Wasser … Marianne gab ihr drei Fünfzigcentstücke. »Wirf sie über deine Schulter! Rückwärts«, erklärte Marianne und machte die entsprechende Bewegung dazu. »Cool«, antwortete Amy und lief bereits davon. Doch Marianne erwischte sie noch am Arm. Sie durfte ihre Tochter keinesfalls aus den Augen verlieren. »Bleib in der Nähe!«, wiederholte sie. Alles an dem Brunnen wirkte kühl. Er erinnert nicht an das Meer, sondern eher an einen reißenden Bergstrom, dachte Marianne. Als würde sich ein Gletscher durch den Fels bahnen und das Herzstück einer Landschaft durchschneiden. Sie ging auf Amy zu, trat in die wärmende Sonne, setzte sich auf eine Stufe und beobachtete ihre Tochter. Tief sog sie dieses ganz besondere Aroma ein – dieses reine Aroma. Den Geruch, wenn Wasser und Sonne sich auf trockenes Gestein ergießen … Sie fand Rupert nicht, blieb aber nach wie vor gelassen, obwohl sie zweimal...



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