Harding | Weiße Schuld | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 310 Seiten

Harding Weiße Schuld

Ein Sklavenaufstand und das Erbe der Sklaverei
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96428-231-6
Verlag: Verlagshaus Jacoby & Stuart
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Sklavenaufstand und das Erbe der Sklaverei

E-Book, Deutsch, 310 Seiten

ISBN: 978-3-96428-231-6
Verlag: Verlagshaus Jacoby & Stuart
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als der Journalist Thomas Harding entdeckt, dass seine Vorfahren vom Sklavenhandel profitiert haben, beschließt er, ein Buch über die britische Sklavereivergangenheit zu schreiben. Der Sklavenaufstand von 1823 enthüllt die Sklavengesellschaft bis ins kleinste Detail. In diesem eindringlichen Buch kommt Harding zu dem Schluss, dass viele der Beschwerden von Black Lives Matter ihre Wurzeln in Kolonialismus und Sklaverei haben. Seiner Meinung nach könnte es hilfreich sein, wenn die beteiligten Länder, Behörden und Familien ihre Rolle anerkennen und zu einer Art Entschädigung beitragen würden. Harding selbst gelang es, 30 Familienmitglieder davon zu überzeugen, einen finanziellen Beitrag zu leisten. Harding lässt die Geschichte des Aufstands der Sklaven in der britischen (ehemals niederländischen) Kolonie Demerara (heute Guyana) in der Karibik im Jahr 1823 lebendig werden. Er begann auf einer kleinen Zuckerplantage namens »Success« und entwickelte sich zu einem der wichtigen Auslöser für die Abschaffung der Sklaverei im gesamten Empire. Wir sehen den Aufstand aus der Perspektive von vier ganz unterschiedlichen Personen: dem versklavten Jack Gladstone, dem Missionar John Smith, dem Kolonisten John Cheveley und dem Politiker und Sklavenhalter John Gladstone, dem Vater des späteren Premierministers. Harding erzählt die Geschichte von der Vorbereitung des Aufstandes bis zum anschließenden Gerichtsdrama und führt uns so die wahren Auswirkungen von Jahren unvorstellbarer Grausamkeit und unglaublichem Mut vor Augen. Ein fesselndes, bewegendes und nachdenkliches Buch, das die persönliche Suche mit einer tiefgreifenden Untersuchung einer gemeinsamen Geschichte verbindet, die unter Weißen kaum diskutiert wird. Es bietet eine kraftvolle Widerlegung der nationalen Amnesie, die die Rolle der Briten in dieser verheerenden Zeit verschleiert, und stellt entscheidende Fragen über das Erbe, das uns hinterlassen wurde - kulturell, politisch und moralisch - und ob zukünftige Generationen derer, die von der Sklaverei profitierten, die Weiße Schuld anerkennen und Verantwortung dafür übernehmen müssen. Diese »Weiße Schuld« stellt keine »Schuld« im Sinne einer emotionalen Belastung, oder im Sinne einer mitleidigen Selbstbetrachtung dar, sondern ist eine »Schuld« im Sinne eines anerkannten Fehlverhaltens, einer Verpflichtung zur Wiedergutmachung, einer Schuld.

Thomas Harding, geb. 1968, ist ein vielfach ausgezeichneter Bestsellerautor, dessen Bücher in mehr als 16 Sprachen übersetzt wurden. Sein Buch 'Hanns und Rudolph' (dtv) wurde mit dem JQ-Wingate Prize for Non-Fiction ausgezeichnet, sein Buch 'Sommerhaus am See' (dtv) war auf der Shortlist des Costa Biography Award. Als Journalist hat er u.a. für The Guardian, die Washington Post und die Sunday Times geschrieben, zudem arbeitet er als Radio- und Fernsehmoderator. Er ist Mitbegründer eines Fernsehsenders in Oxford und gab lange Jahre eine vielfach mit Preisen ausgezeichnete Zeitung in West Virginia heraus. Er ist Vorsitzender des Vereins Alexander-Haus e.V. und lebt mit seiner Familie in Hampshire/England.
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EINLEITUNG


Im Juni 2020 versammelten sich Hunderte von Demonstranten um die Statue von Edward Colston in Bristol, England. Die Statue war aus Bronze gefertigt und stand acht Fuß hoch auf einem weißen Portlandstein-Sockel. Colston war ein britischer Sklavenhändler. Er hatte zwölf Jahre lang im Vorstand der Royal African Company gesessen, die in dieser Zeit mehr als 84.000 Frauen, Männer und Kinder aus Westafrika nach Nordmerika und in die Karibik transportierte, von denen schätzungsweise 18.000 unterwegs starben. Die Demonstranten waren nicht der Meinung, dass dieser Mann geehrt werden sollte. Zwei Männer kletterten auf die Statue und banden ihr ein Seil um den Kopf; dann wurde die Figur unter großem Jubel und Applaus heruntergerissen. Die Menge schleppte die Statue dann durch die Straßen und warf sie in den Hafen von Bristol. In den nächsten Tagen waren die Medien voll mit Berichten über die Vernichtung der Colston-Statue. Sie löste in Großbritannien eine heftige Debatte über das Empire und die Sklaverei aus; über Geschichte und Erinnerung, über Verantwortung und Rechenschaftspflicht. Einige meinten, die Entfernung der Colston-Statue würde »Geschichte auslöschen«. Premierminister Boris Johnson war einer von ihnen. »Wir können jetzt nicht versuchen, unsere Vergangenheit umzuschreiben oder zu zensieren«, erklärte er. »Statuen lehren uns etwas über unsere Vergangenheit, mit all ihren Fehlern. Sie abzureißen, hieße, über unsere Geschichte zu lügen und die Bildung der kommenden Generationen einzuschränken.« Andere, wie der Historiker und Rundfunkmoderator David Olusoga, argumentierten ganz anders. »Die Entfernung der Statue von Edward Colston ist kein Angriff auf die Geschichte«, sagte er, »das Geschichte.«

Die Demonstration in Bristol war Teil einer weltweiten Protestwelle, die auf die Ermordung des unbewaffneten Schwarzen George Floyd durch die Polizei in Minneapolis, Minnesota, folgte. Überall auf der Welt gingen Menschen auf die Straße, riefen Slogans und trugen Schilder mit der Aufschrift und . Auffallend war, dass nicht nur Schwarze und Braune, sondern auch Weiße daran teilnahmen. Viele hatten das Gefühl, dass wir uns mitten in einer tiefgreifenden historischen Abrechnung befinden.

Die Demontage der Colston-Statue und der weltweite Protest lösten etwas in mir aus. Den Drang, mehr über die Rolle Großbritanniens in der Sklaverei herauszufinden. Vor Kurzem hatte ich bei meinen Recherchen für das Buch entdeckt, dass die Familie meiner Mutter mit dem Sklavensystem Geld verdient hatte. Jahrhundertelang hatte sie Tabak von Plantagen verkauft, auf denen versklavte Menschen afrikanischer Abstammung arbeiteten. Sie waren selbst keine Sklavenhalter, aber wie Millionen andere – Bankiers, Versicherungsmakler, Zuckerhändler, Schiffsbauer, Baumwollfabrikanten – waren sie Teil verschiedener Wirtschaftszweige, die von der Sklaverei profitierten. Ich fühlte mich zunehmend unwohl angesichts der Entscheidungen, die meine Vorfahren getroffen hatten.

In den vergangenen acht Jahren hatte ich vollkommen andere Erfahrungen gemacht. Ich hatte in Deutschland gearbeitet, um das Haus an einem See zu restaurieren, das die Nazis der jüdischen Familie meines Vaters gestohlen hatten, die 1936 aus Berlin fliehen musste. Einige hatten in England Zuflucht gefunden, andere wurden während des Holocaust getötet. Ich hatte dafür von der deutschen Regierung Geld als symbolische Entschädigung erhalten. Es war nicht nur ein offizielles Schuldeingeständnis, es war etwas Materielles. Es war ein Teil des Versöhnungsprozesses. Wenn ich also bereit war, mich als Opfer mit der Familie meines Vaters zu identifizieren, um von der deutschen Regierung Wiedergutmachung zu erhalten, dann musste ich auch die Rolle Großbritanniens in der Sklaverei besser verstehen.

Als Kind war mir beigebracht worden, dass Großbritannien die erste Nation war, die die Sklaverei abschaffte, dass der Politiker William Wilberforce die Initiative dazu ergriffen hatte, dass wir die »Guten« waren, die großen Emanzipatoren. Ich begann, Artikel und Bücher zur Sklaverei zu lesen, und war schockiert, wie wenig ich wusste. Dass es britische Kapitäne waren, die britische Schiffe mit britischen Seeleuten kommandierten, die rund 2,8 Millionen gefangene Afrikaner in die britische Karibik transportierten. Es waren britische Familien, die Plantagen in der Karibik besaßen, die von britischen Managern und Aufsehern betrieben wurden und auf denen Hunderttausende von versklavten Männern, Frauen und Kindern arbeiten und sterben mussten. Es waren britische Unternehmen, die die von den versklavten Menschen angebaute Baumwolle, den Tabak, den Zucker und andere Erzeugnisse zu den Verbrauchern nach Großbritannien transportierten.

Wie war es möglich, dass ich das alles nicht wusste? Es war wie eine nationale Amnesie. Wenn Weiße Briten über Sklaverei sprachen, was selten der Fall war, ging es meiner Erfahrung nach um die Plantagen in den Südstaaten der USA. Die Welt, die in Filmen wie oder dargestellt wurde. Und wir schimpften darüber, wie böse sie waren, diese amerikanischen Sklavenhalter, diese amerikanischen Plantagenbesitzer. Was die Karibik betrifft, so wurde sie als »dort drüben« behandelt, als etwas, wofür wir nicht verantwortlich waren. Obwohl wir im nächsten Atemzug stolz über das britische Empire sprachen und all das, was wir erreicht hatten.

Als ich den Leuten erzählte, dass ich mich mit der Geschichte der britischen Sklaverei beschäftigte, reagierten einige negativ. Manche fragten, warum ich mich auf Ereignisse konzentriere, die zweihundert Jahre zurückliegen. Andere waren direkter. »Sie sind eine Weiße Person«, sagten sie. »Inwiefern ist das Ihre Geschichte, die Sie erzählen wollen?« Ich dachte lange darüber nach und fragte mich, ob sie recht hatten. Aber je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass die Rolle Großbritanniens in der Sklaverei nicht nur die Geschichte der Schwarzen ist, sondern auch die Geschichte der Weißen – unser aller Geschichte. Mehr noch, als Mitglied einer Familie, die von der Sklaverei profitiert hat, fühlte ich mich zusätzlich verpflichtet, diese Zeit zu erforschen.

Ich wollte ein Beispiel finden, das uns vor Augen führt, wie die britische Sklaverei in einem Mikrokosmos aussah. Ein Ereignis, das die Komplexität der britischen Sklavenhaltergesellschaft und die damit verbundene Zwiespältigkeit bis ins kleinste Detail aufzeigen würde. Eine Reihe von Personen, die unterschiedliche Sichtweisen widerspiegeln. Eine Kolonie in der Karibik war der naheliegende Ort, das Herz der britischen Plantagenherrschaft, ein Ort, der die Handelsbeziehungen mit dem Mutterland beleuchten konnte. Vorzugsweise ein Ort, an dem ich untersuchen konnte, ob die Abschaffung der Sklaverei nicht nur von Menschenfreunden in Großbritannien, sondern auch – durch Informationsbeschaffung, Organisation, Proteste und Rebellion – von den versklavten Menschen selbst herbeigeführt worden war.

Und so erfuhr ich von dem Aufstand, der 1823 in Demerara ausbrach. Ich hatte noch nie von Demerara gehört, nur von Demerara-Zucker, dem Rohrzucker, den ich manchmal in meinen Tee löffelte. Doch schon bald lernte ich, dass Demerara zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts eine britische Kolonie war, die oberhalb von Brasilien in Südamerika lag. Heute heißt das Land Guyana. In den National Archives in London und im Internet fand ich enorme Mengen von Primärquellenmaterial über den Aufstand von 1823. Das Wichtigste und Außergewöhnlichste war, dass die Aufzeichnungen die Stimmen versklavter Frauen und Männer enthielten, die der Geschichte Ton und Struktur verliehen. Mich hatte es gepackt.

Um diese Geschichte zu erzählen, habe ich mich auf Archivdokumente gestützt, darunter Gerichtsaussagen, gerichtliche Beschwerden, Tagebücher, Memoiren, Fotos und Briefe. Viele dieser Dokumente wurden während der Prozesse und Ermittlungen gesammelt, die kurz nach den in diesem Buch beschriebenen Vorfällen stattfanden. Um herauszufinden, wie sich das britische Erbe der Sklaverei heute auf die Gesellschaft auswirkt, habe ich außerdem mit Wissenschaftlern, Forschern, Schriftstellern, Aktivisten und den Nachkommen von Versklavten und Sklavenhaltern gesprochen. Alle Zitate in diesem Buch stammen wortwörtlich aus Quellen wie Briefen, Tagebüchern, Zeitungsartikeln, Gerichtsaussagen und meinen eigenen Interviews.

Eine kurze Anmerkung zum Titel dieses Buches. Ich hoffe, Sie werden mir, wenn Sie die letzten Kapitel des Buches gelesen haben, zustimmen, dass beträchtlicher Schaden angerichtet wurde, ja dass tatsächlich eine Schuld besteht. Die Frage, die daraus resultiert, lautet: Wer hat diesen Schaden verursacht, und wer sollte die Kosten der Wiedergutmachung tragen? Lange Zeit bin ich um diese Frage herumgeschlichen, und als ich die Antwort gefunden hatte, machte sie mich ein wenig nervös. Ich bin jemand, der bis vor Kurzem auf dem Volkszählungsformular nicht »Weiß«...


Harding, Thomas
Thomas Harding, geb. 1968, ist ein vielfach ausgezeichneter Bestsellerautor, dessen Bücher in mehr als 16 Sprachen übersetzt wurden. Sein Buch "Hanns und Rudolph" (dtv) wurde mit dem JQ-Wingate Prize for Non-Fiction ausgezeichnet, sein Buch "Sommerhaus am See" (dtv) war auf der Shortlist des Costa Biography Award. Als Journalist hat er u.a. für The Guardian, die Washington Post und die Sunday Times geschrieben, zudem arbeitet er als Radio- und Fernsehmoderator. Er ist Mitbegründer eines Fernsehsenders in Oxford und gab lange Jahre eine vielfach mit Preisen ausgezeichnete Zeitung in West Virginia heraus. Er ist Vorsitzender des Vereins Alexander-Haus e.V. und lebt mit seiner Familie in Hampshire/England.

Thomas Harding, geb. 1968, ist ein vielfach ausgezeichneter Bestsellerautor, dessen Bücher in mehr als 16 Sprachen übersetzt wurden. Sein Buch "Hanns und Rudolph" (dtv) wurde mit dem JQ-Wingate Prize for Non-Fiction ausgezeichnet, sein Buch "Sommerhaus am See" (dtv) war auf der Shortlist des Costa Biography Award. Als Journalist hat er u.a. für The Guardian, die Washington Post und die Sunday Times geschrieben, zudem arbeitet er als Radio- und Fernsehmoderator. Er ist Mitbegründer eines Fernsehsenders in Oxford und gab lange Jahre eine vielfach mit Preisen ausgezeichnete Zeitung in West Virginia heraus. Er ist Vorsitzender des Vereins Alexander-Haus e.V. und lebt mit seiner Familie in Hampshire/England.



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