Harrison | Ein Zuhause für Percy | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

Harrison Ein Zuhause für Percy

Roman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-20656-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-3-641-20656-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Percy kann es nicht fassen. Sein geliebtes Herrchen Javier hat ihn einfach im Tierheim abgegeben. Jetzt muss er dabei zusehen, wie die anderen Hunde nach und nach adoptiert werden. Als jedoch eines Tages die warmherzige Gail auftaucht, ist es bei beiden Liebe auf den ersten Blick. Sie nimmt ihn mit und schenkt ihm ein wundervolles neues Zuhause. Doch Gails Familie steht vor großen Herausforderungen, und plötzlich droht alles zu zerbrechen. Percy begreift, dass jetzt sein Einsatz gefragt ist. So schnell lässt er sein Glück nicht ziehen ...

Fiona Harrison, Hundefreundin und Autorin, lebt zusammen mit ihrem Mann und ihren Haustieren im Südwesten Englands. Bereits als Kind hat sie ihre Familie immer wieder mit Geschichten unterhalten. Ein Zuhause für Percy ist ihr erster Roman.
Harrison Ein Zuhause für Percy jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Kapitel 1

Mir waren die Lider so schwer, dass ich sie vor Müdigkeit nicht aufbekam, obwohl die erste herbstliche Morgensonne durch die Fenster schien. Statt richtig aufzuwachen, kuschelte ich mich tiefer in die blaue Kaschmirdecke, die mir mein Besitzer Javier gekauft hatte. Ich kniff die Augen zu, um noch ein paar Minuten mit der geliebten Decke im Bett zu bleiben, und rollte mich so lange hin und her, bis ich die bequemste Stellung gefunden hatte. Doch sosehr ich auch versuchte, noch ein Weilchen ins Schlummerland zurückzukehren, merkte ich, dass irgendetwas nicht stimmte.

Ich blinzelte, fest entschlossen, die Augen diesmal aufzubekommen, rappelte mich auf alle vier Pfoten hoch und sah mich um. Mit Schrecken registrierte ich, dass mir der Raum, in dem ich mich befand, völlig fremd war. Wo war das Sofa, auf dem ich so gerne ein Nickerchen hielt? Der Fernsehapparat, in dem ich mir Tom und Jerry ansah? Der Couchtisch aus Glas, an dem ich mir immer wieder die Nase stieß, und der dicke bunte Teppich, auf dem ich mich so gerne wälzte? Wieso war ich nicht zu Hause?

Mit Herzklopfen blickte ich links und rechts über meine Schulter und stellte fest, dass ich allein in einem kleinen Raum war, mit nichts als meinem Bett und einem Korb voll Spielzeug und einem alten Sessel an der gegenüberliegenden Wand. Meine Futter- und Wasserschüssel standen neben der Tür, und auf dem Boden lag ein altes Schafsfell. Als ich draußen vor dem Zimmer Schritte hörte, wandte ich den Kopf und spähte durch ein großes Plexiglasfenster, das auf einen Flur hinausging, auf dem es von aufgeregten Hunden sowie Menschen in grünen Uniformen nur so wimmelte.

In dem Moment stürmten die Erinnerungen mit aller Wucht auf mich ein, und als mir klar wurde, dass ich unendlich weit von zu Hause weg war, zitterte ich am ganzen Leib. In allen Einzelheiten sah ich wieder vor mir, wie mich Javier in dieses Tierheim gebracht hatte, auch wenn mir nicht klar war, warum. Hatte ich mich schlecht benommen? Liebte mich Javier nicht mehr? War ich zu einem anderen Hund gemein gewesen? Oder schlimmer noch, hatte ich die größte aller Hundesünden begangen und ohne ersichtlichen Grund einen Menschen gebissen?

Verzweifelt plumpste ich auf mein Bett zurück, legte die Pfoten über die Augen und versuchte zu begreifen, wieso Javier mich hiergelassen hatte, um zu verrotten wie schon so viele andere brave Hunde vor mir. Ich wusste, dass Die Vergessenen Pfoten, wie wir in der Hundegemeinschaft Tierheime wie dieses nannten, für unliebsame Hausgenossen waren, für Streuner, Straßenköter und andere lästige Viecher. Gehörte ich auf einmal auch dazu? War ich plötzlich nicht mehr erwünscht? Ich hatte meinen Besitzer Javier vergöttert und geglaubt, dass er mich genauso liebte wie ich ihn. Vor drei Jahren war ich als kleiner Welpe zu ihm gekommen. Ich war glücklich gewesen und dachte, er wäre es auch. Was war passiert, dass er mich plötzlich nicht mehr mochte? Vor Verzweiflung jaulte ich laut auf. Ich würde alles tun, um die Zeit zurückzudrehen und den Fehler wiedergutzumachen, der Javier dazu gebracht hatte, mich hierherzubringen. Ich liebte ihn, er war mein Besitzer, meine Welt, und ich würde mein Leben für ihn geben.

Als mir dämmerte, dass ich Javier, nachdem er mich hier zurückgelassen hatte, nie mehr wiedersehen würde, erfasste mich die nächste Woge der Verzweiflung. Der Gedanke an ein Leben ohne meinen über alles geliebten Besitzer und besten Freund war zu traurig. Als ich im Geist sein schönes Gesicht mit dem dichten schwarzen Haar vor mir sah, stieß ich das nächste Wolfsgeheul aus. Ich liebte ihn, ich vermisste ihn, ein Leben ohne ihn war undenkbar.

Ich ging mein Benehmen in den letzten Tagen und Wochen durch, kam aber auf nichts sonderlich Unartiges. Im Gegenteil: Soweit ich mich erinnerte, war ich besonders brav gewesen, hatte aufgepasst, mich nicht auf die Kleider von Gabriella, Javiers Freundin, zu setzen, beim Kauen meines Trockenfutters keine lauten Geräusche zu machen oder allzu viele Parkspaziergänge einzufordern.

Ich jaulte zum dritten Mal, als ich plötzlich hörte, wie die Tür zu meinem Zimmer aufging und jemand sachte auf mich zukam. Am Duft konnte ich erkennen, dass es ein Mensch war, doch wer das war und was er von mir wollte, war mir egal. Ich hatte nur den Wunsch, die Pfoten fest über die Augen gedrückt, für immer so liegen zu bleiben, und nichts, was irgendjemand zu mir sagte, würde daran etwas ändern. Als der Mensch neben mir stehen blieb, merkte ich, wie er sich hinhockte, wobei seine Knie meinen Kopf streiften. Für einen Moment geschah gar nichts, dann strichen mir weiche Finger, eindeutig die Finger einer Frau, über Kopf und Rücken.

»Wie fühlst du dich heute, Percy?«, fragte die Frau freundlich.

»Schrecklich«, kläffte ich, ohne die Pfoten von den Augen zu nehmen.

»Das wundert mich nicht«, sagte sie verständnisvoll, »dir ist etwas Schlimmes passiert. Das muss ein Schock für dich sein, aber ich bin da und werde dir helfen, darüber hinwegzukommen, versprochen.«

»Ich glaube dir nicht«, bellte ich zurück. »Egal, was du sagst oder tust, es macht die Sache kein bisschen besser. Mein Besitzer liebt mich nicht mehr, und er fehlt mir. Keiner wird mich je wieder lieben.«

»Ach, Percy«, seufzte die Frau, »ich verspreche dir, dass du wieder jemanden finden wirst, der dich liebt! Dafür werden wir sorgen! Ich heiße übrigens Kelly, du erinnerst dich vielleicht nicht, aber ich habe dich untersucht, als dich dein alter Besitzer gestern Abend hier abgegeben hat.«

»Ich erinnere mich«, winselte ich leise.

»Hör zu, ich werde es mir persönlich zur Aufgabe machen, die allerbeste Familie für dich zu finden. Leute, die dich auf immer und ewig lieben«, sagte Kelly beschwichtigend.

Es war ungewöhnlich, einen Menschen zu treffen, der verstand, was wir Hunde mit unserem Bellen sagen wollten, doch Kelly hatte mich, anders als Javier oder Gabriella, auf Anhieb verstanden. Die Stimme dieser Frau hatte etwas Beruhigendes, und ich eiste meine Pfoten von den Augen los, um mir diese Kelly genauer anzusehen. Sie hatte ein warmherziges, offenes Gesicht mit einer Stupsnase und grauen Strähnen im üppigen blonden Haar, und sie war klein. Kelly lächelte auf mich herunter. Sie kam mir wie jemand vor, den so schnell nichts mehr erschüttern konnte. Allein schon ihre Anwesenheit gab mir ein gutes Gefühl, und ich entspannte mich ein bisschen.

Sie streichelte mir weiter das weiche Fell und neigte sich mit dem Gesicht zu mir herunter. »Du wirst bestimmt nicht lange auf ein neues Zuhause warten müssen, Percy. Möpse sind beliebt, du wirst schon sehen.«

Im Gegenzug leckte ich ihr die Wange. Dabei wusste ich natürlich, dass sie nur versuchte, nett zu mir zu sein, denn wenn das stimmte, hätte mich Javier niemals im Stich gelassen.

»Ich verrate dir ein Geheimnis, Percy«, fuhr Kelly fort. »Ich hatte schon immer eine Schwäche für Möpse, und in dem Moment, in dem du gestern hier eingetroffen bist, habe ich mich in dich verliebt. Ich werde dafür sorgen, dass dich jemand ganz Besonderes adoptiert, denn ich will, dass du richtig glücklich wirst.«

Mit ihren weichen, warmen Händen hob sie mich hoch und bedeckte mein kleines Gesicht mit Küssen. Ihre Lippen fühlten sich wie Schmetterlinge an, die mir so zart übers Fell flatterten, dass ich wohlig das Gesicht verzog, bevor mich Kelly wieder absetzte.

»Ich weiß, dass das ein mächtiger Schreck für dich gewesen ist. Es ist kein Zuckerschlecken, von seinem Besitzer verlassen zu werden, aber du sollst eines wissen: Während ich da draußen nach einer ganz besonderen Familie Ausschau halte, die gut für dich sorgt, kümmere ich mich um dich, hörst du?«, sagte sie mit ihrer samtweichen Stimme.

Zum ersten Mal seit meiner Ankunft bellte ich ein wenig zuversichtlicher – um sie wissen zu lassen, dass ich sie verstanden hatte. Dass Kelly auf mich aufpassen würde, hörte sich gut an.

»Also, meine ganz besonderen Freunde sollen sich auch hier bei uns wohlfühlen, deshalb ermuntere ich alle, miteinander zu spielen«, sagte sie schmunzelnd, während sie zu dem großen Fenster hinüberging und mir ein Zeichen machte, ihr zu folgen. Das Fenster ging auf ein großes Freigehege an der Rückseite des Heims hinaus, das ich bei meiner Ankunft nur flüchtig gesehen hatte, da ich in meiner Fassungslosigkeit auf gar nichts hatte achten können. Ich spähte hinaus und sah, wie mehrere andere Hunde mit Menschen spielten, die wie Kelly grüne Uniformen trugen, während andere zusammensaßen und miteinander redeten. Sie sahen kein bisschen traurig aus. Ein besonders überdrehter Cockerpoo rannte wie wild von einem Ende des Hofs zum anderen und wirbelte das raschelnde Laub auf. Zweifellos hatte er mächtig Spaß.

»Siehst du, wie einige da draußen rumtoben?«, fragte Kelly, die einmal wieder meine Gedanken gelesen hatte. »Das wirst du auch bald. Du wirst gestreichelt, ausgeführt, spielst im Gehege und freundest dich mit den anderen an. Du wirst sehen, es ist alles halb so schlimm, und ich kümmere mich um dich.«

Dankbar rieb ich meinen Kopf an ihren Beinen. In Kellys Gegenwart fühlte ich mich schon ein wenig stärker, und obwohl ich mir immer noch nichts sehnlicher wünschte, als nach Hause zurückzukommen, hatte ich das Gefühl, dass Kelly für mich sorgen würde, als gehörte ich ihr.

»Jetzt lasse ich dich eine Weile allein, denn wie’s aussieht, sind deine Nachbarn, Barney und Boris, zurück.« Mit einem aufmunternden Grinsen kraulte mich Kelly noch einmal an den Ohren. »Dann bis später.«

Während mir die Pflegerin auf dem Weg zur Tür zuwinkte,...


Harrison, Fiona
Fiona Harrison, Hundefreundin und Autorin, lebt zusammen mit ihrem Mann und ihren Haustieren im Südwesten Englands. Bereits als Kind hat sie ihre Familie immer wieder mit Geschichten unterhalten. Ein Zuhause für Percy ist ihr erster Roman.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.