E-Book, Deutsch, 319 Seiten, E-Book
Reihe: Systemisches Management
Hasenzagl Management als Profession
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7910-4549-8
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Denkanstöße für die Unternehmensführung
E-Book, Deutsch, 319 Seiten, E-Book
Reihe: Systemisches Management
ISBN: 978-3-7910-4549-8
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Prof. Dr. Rupert Hasenzagl ist Dozent, Managementforscher, Autor, Berater und Trainer und derzeit tätig für/als- Forschergruppe Neuwaldegg- Universität Linz- LIMAK – Businessschool der Linzer Universität (Wissenschaftlicher Leiter und Dozent eines Management-MBAs)- selbstständiger Unternehmensberater und WirtschaftstrainerRupert Hasenzagl ist Mitherausgeber von fünf Managementbüchern, Autor zahlreicher Buchbeiträge zu Managementthemen, Mitglied im Herausgeberboard, Gutachter und Autor der Austrian Management Review, einer praxisorientierten Managementzeitschrift. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen sowie Gutachter wissenschaftlicher Journale.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1 Was ist Management und muss es professionell sein?
Greift ein Leser zu einem Buch zum Thema Management, ist wahrscheinlich eine der ersten Fragen: Worum geht es hier – was wird hier unter Management verstanden? Dies gilt insbesondere dann, wenn durch den Titel eines Buches der Anspruch erhoben wird, Beiträge über »Management als Profession« zu schreiben. Dann darf man zu Beginn des Buches erwarten, dass der Autor offenlegt, was in den folgenden Kapiteln unter Management verstanden wird. Viele gehen vielleicht zunächst davon aus, dass der Begriff doch eindeutig definiert sei und somit weitere Erläuterungen unnötig erscheinen. Das ist auch der Tenor, wenn in MBA-Kursen oder Managementtrainings eine Begriffsdefinition erfragt wird: Manch einer der Befragten findet es befremdlich, da der Begriff »Management« für ihn ohnehin klar ist.1 Umso größer ist dann bei den meisten Praktikern die Verwunderung über die Unklarheit und Unterschiede der Bilder, die bei der Diskussion über Management auftauchen.
Die Annäherung an den Begriff Management erfolgt in diesem Beitrag in zwei Schritten: Zuerst wird eine Arbeitsdefinition von Management, die in diesem Buch als Grundlage verwendet wird, diskutiert. Diese erste Definition dient als gemeinsame Gesprächsbasis.
In einem zweiten Schritt wird in diesem einführenden Beitrag untersucht, welchen Status Management als Profession hat. Der Begriff Profession meint in der Berufssoziologie eine Ausprägung von bezahlter Tätigkeit, wobei Professionen von anderen Tätigkeiten wie Berufen und Jobs abgegrenzt werden. Der Grad an Professionalisierung lässt einige Interpretationen über ein Tätigkeitsfeld wie Management zu – er ist also ein wichtiges Hilfsmittel, um Management besser zu verstehen.
Wie sich rasch herausstellen wird, ist es allein durch die Lektüre eines Buches nicht möglich, diesen Professionalisierungsgrad zu erhöhen, sofern das erwünscht oder notwendig erscheint. Der Anspruch an diesen Beitrag ist aber sehr wohl, ein Verständnis für die Vielfältigkeit von Management zu ermöglichen und durch die Professionalisierungsdiskussion andere Sichtweisen und einen komplexeren Zugang zu Management aufzuzeigen, als sie in der Praxis üblicherweise zu finden sind. Damit können Impulse in Richtung Professionalisierung gesetzt werden.
1.1 Management – ein schillernder Begriff
Management ist ein weitverbreiteter Begriff, er ist weder aus Organisationen noch aus der gesellschaftlichen Diskussion wegzudenken. Wir managen unseren Urlaub und unsere Ersparnisse, ebenso wie Mann und Frau heute den Haushalt managen. In Unternehmen scheint fast schon jede zweite Stelle mit der Bezeichnung »Management« verknüpft zu sein. Neben den gebräuchlichen Hierarchieebenen Top- und mittleres Management gibt es den Key Account Manager, Office Manager, Facility Manager usw. In manchen Berufen wird Management auch als Funktionsbezeichnung verwendet, bspw. Senior Manager und Ähnliches. Zu einer klareren Definition des Begriffs »Management« trägt diese inflationäre Verwendung des Wortes wenig bei, möglicherweise zeigt sich darin aber die Attraktivität, die »Management« innerhalb der Gesellschaft besitzt. Es liegt also die Vermutung nahe, dass so manche Berufsbezeichnung mit dem Zusatz »Management« aufgewertet werden soll.2
1.1.1 Management und die theoretische Basis
Um sich dem Begriff Management und dessen geschichtlicher Entwicklung fundiert anzunähern, sind Unterscheidungen in Theorieebenen hilfreich, ohne in diesem Kapitel zu tief in die Diskussion über verschiedene Ebenen von Theorien einzusteigen. Deshalb wird hier ein einfaches Theoriemodell verwendet, in dem Managementtheorien basierend auf grundlegende Annahmen – man könnte auch Weltbilder oder Paradigmen dazu sagen – formuliert werden. Ein Teil dieser grundlegenden Annahmen betrifft prinzipielle Vorstellungen über Organisationen,3 die als Organisationstheorien (manchmal auch als Organisationsbilder oder Organisationsmodelle bezeichnet) formuliert werden. Je nach den darin formulierten Vorstellungen über Organisationen erhält man gänzlich andere Interpretationen über Aufbau und Aussagen einer darauf aufbauenden Managementtheorie. Die unter den Organisationstheorien liegenden wissenschaftstheoretischen Grundannahmen stellen zwar ein Kernelement des geltenden Weltbildes dar, brauchen im einführenden Abschnitt für die hier verfolgten Zwecke aber noch nicht näher erläutert zu werden.
Diese Vorbemerkungen sind hilfreich, um wesentliche Unterschiede von Managementtheorien formulieren zu können.
DIE THEORETISCHE FUNDIERUNG DER FRÜHEN MANAGEMENTLEHRE
Die frühen Zugänge zu Management, bspw. das amerikanische »Scientific Management« von Frederick W. Taylor, die Bürokratie nach Max Weber sowie der »administrative Ansatz«, aber auch der »quantitative Managementansatz« prägen die »klassische« Managementlehre sehr stark. Einige Soziologen nennen diese Phase die »klassische Modernisierung« (Pohlmann 2002).
Üblicherweise wird dieser eine ungenügende theoretische Fundierung vorgeworfen (Pohlmann 2002, S. 231). Im Wesentlichen entstand sie durch die Übernahme des naturwissenschaftlichen Weltbildes für soziale Einheiten wie Organisationen. Dies führte zu einem maschinenhaften Bild von Organisationen, weshalb die theoretische Fundierung der klassischen Ansätze auch als mechanistisch bezeichnet wird.
Die mechanistischen Grundannahmen der Managementlehre hatten auch Auswirkungen auf die gesellschaftliche Sicht auf das Management. Der Widerstand gegen dieses mechanistische Organisationsbild zeigte sich schon allein dadurch, dass bspw. nahezu zeitgleich mit der Etablierung des Taylorismus (vgl. Abschnitt 2.2.1.5) eine gesellschaftlich legitimierte humanistische Gegenbewegung einsetzte. Die derzeit wieder populäre radikale Ausprägung dieser Gegenbewegungen lehnt die Grundannahmen der klassischen Managementlehre, insbesondere die formalen Strukturen (Hierarchie), massiv ab und setzt auf selbstmotivierte Mitarbeiter anstelle sachlicher Führung (vgl. Abschnitt 2.2.2). Ebenso wie bei den mechanistischen Grundannahmen ist auch bei den humanistischen Gegenbewegungen die theoretische Basis nicht hinreichend wissenschaftlich begründet und hat daher oft ausgeprägte ideologische Züge. Speziell in Amerika kam es ab den 1930erJahren zu einer wahren Flut an spezialisierten Organisationsmodellen und darauf aufbauenden Managementtheorien (vgl. Staehle 1999, S. 22), die aber den zwei erwähnten Strömungen der mehr oder weniger »theoretisch« fundierten Basisannahmen (mechanistisch und humanistisch) folgen.
Die Kritik der weitgehend fehlenden theoretischen Fundierung gilt auch für die europäische »Managementlehre«. Die in den deutschsprachigen Ländern bis heute dominante Betriebswirtschaftslehre (BWL) ist die zentrale Basis der deutschen »klassischen« Managementlehre, oder genaugenommen ist sie deren Ersatz. Die Kritik greift in diesem Zusammenhang umso stärker, als die BWL noch weniger elaboriert ist (es gibt bis heute keine umfassende betriebswirtschaftliche Organisationstheorie) als die oben genannten theoretischen Fundamente der klassischen Managementlehre. Außerdem ist die BWL selten direkt auf Unternehmensführung ausgerichtet (Steinmann et al. 2013, VII).
Die Amerikaner hatten Management, wir die BWL– so könnte die Situation von Beginn des 20. Jhs. bis in die 1960er Jahre aus deutscher Sicht beschrieben werden. Der Begriff Management tauchte ungefähr Ende der 1950er Jahre in Europa auf und wurde eher reserviert aufgenommen. Erst etwa 10 Jahre später begann eine Umorientierung. Management wurde als Abkehr von bürokratischen Strukturen mit Amtshierarchie und Zentralismus gesehen, hin zu einem modernen Management nach amerikanischem Vorbild (Pohlmann u. Markova 2011, S. 113f). Im Wesentlichen ist aber die deutschsprachige Managementforschung und v. a. die Praxis auch heute noch stark von der BWL beeinflusst – und neigt daher besonders zum Bürokratismus.4
Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. tauchten in Europa mit den systemtheoretischen Grundannahmen echte Alternativen zu diesen heute in der Praxis und in der Mainstreamforschung nach wie vor dominanten mechanistischen und humanistischen Strömungen auf. Anhänger der mechanistischen Theorie sind tendenziell eher Manager, humanistische Strömungen werden naturgemäß eher von Mitarbeitern und deren »Interessensvertretern« bevorzugt, aber auch eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Beratern, Trainern und Buchautoren gehören dazu.
Innerhalb der mechanistischen Annahmen wurden zu Beginn des 20. Jhs....