E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Hauptmann Ich liebe dich, aber nicht heute
13001. Auflage 2013
ISBN: 978-3-492-96076-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 320 Seiten
ISBN: 978-3-492-96076-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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Sie frühstückten alle gemeinsam und besprachen den Tag. Manche wollten sich zu einem Spiel treffen, andere tauschten noch Informationen aus, und Liane versuchte, zumindest geschäftlich eine gute Gesprächspartnerin zu sein.
»Wir gehen noch ans Meer«, erklärte Lars nach dem Frühstück, »unser Flug geht erst um fünf, kommen Sie noch mit?«
Liane überlegte. Ihr Flug ging auch erst abends zurück nach Zürich, aber da war noch eine SMS gekommen.
»Liane, es gibt noch Plätze. Um 13.30 Uhr geht dein Flug nach Rom. Verrate mir deinen Nachnamen, damit ich buchen kann.«
Vielleicht sollte sie doch jemanden um Rat fragen. Marius war da immer noch ihre erste Wahl. Sicher hatte er etliche Ibiza-Mädchen am Hals und wunderte sich bereits über ihr mangelndes Interesse.
Gerd kam auf sie zu. »Einige von uns gehen noch eine kleine Runde golfen, hier am Hotel. Falls Sie also auch noch mal den Schläger schwingen wollen?«
Was sollte sie tun? Sie konnte ja schlecht erklären, dass im Moment nur ihre Libido eine Rolle spielte. Und überhaupt sollte sie vielleicht mal kurz bei Alfred Weißhaupt nachfragen, wie die Stimmung war und ob der Donnerstag als Ferientag überhaupt drin war.
Was für ein Blödsinn, dachte sie sofort. Was will ich in Rom? Und wollte sie sich tatsächlich mit Riley einlassen? Denn darauf lief es doch hinaus. Wollte sie nach dem Erlebnis der letzten Nacht mit einem ganz normalen Mann ganz normal ins Bett? Aber wer sagte ihr, dass das so normal sein würde? Hatte sie nicht Marius vorgeworfen, ihr Sex sei mit einer Schweizer Autobahn zu vergleichen? Und jetzt boten sich ungeahnte Chancen, und sie sagte gleich wieder ab?
Ich will mich verlieben, sagte sie sich. Ich will Schmetterlinge im Bauch haben.
Quatsch, Alibi, sagte eine Gegenstimme. Schmetterlinge im Bauch hattest du heute Nacht auch, ganze Bienenvölker haben da rumort, und das hatte nichts mit Verliebtheit zu tun.
In wen sollte sie sich auch verlieben, sie kannte ja noch nicht einmal den Namen dieses Körpers.
Sie schaute Gerd an, der auf eine Antwort wartete.
»Tut mir leid«, sagte sie. »Ich muss erst mal telefonieren und hören, was mein Chef sagt.«
Gerd zeigte sich verständnisvoll. »Beste Grüße.«
Alfred Weißhaupt war leicht angesäuert, weil sie sich gestern überhaupt nicht gemeldet hatte.
»Sie haben mich nicht vorgewarnt«, nahm sie ihm den Wind aus den Segeln. »Man ist hier ja jede Sekunde eingespannt.« An seiner kurzen Denkpause merkte sie, dass er überrumpelt war. Deshalb legte sie gleich nach: »Könnte ich vielleicht noch einen Tag dranhängen?«, fügte sie schnell hinzu.
»Wie? Dranhängen?«
»Statt morgen früh am Freitagabend zurückkommen.«
»Dann wären Sie ja eine ganze Woche weg!«
»Sie haben mich doch hierher geschickt!«
»Ja, aber zum Arbeiten!«
»Ich arbeite doch! Und wie! Ich komme aus dem Arbeiten überhaupt nicht mehr heraus! Ich kommuniziere von morgens bis abends.«
Es war wieder still.
»Macht Sie einer der Kerle an? Verleitet Sie etwa einer dazu, bis Freitag zu bleiben? Passen Sie bei denen auf, die sind nicht ohne!«
Liane musste lachen. »Keine Sorge«, beruhigte sie ihn, »die sind alle harmlos. Aber ich finde die Bioszene in England so spannend, das wollte ich mir etwas näher anschauen.«
»Was denn für eine Bioszene?«
»Na ja, die sind hier doch ganz nah an der Natur dran, da müsste doch auch Biomedizin eine große Rolle spielen.« Was redest du da für einen Unsinn, dachte Liane selbst, aber was soll’s.
»Die Engländer werden nicht krank. Die laufen auch im Schnee noch mit kurzen Hosen herum, wem wollen Sie da eine Medizin verkaufen?«
Ja, wem? Das war eine gute Frage.
»Aber sei’s drum, kommen Sie am nächsten Montag wieder! Kleiner Freizeitbonus dafür, dass Sie so schnell eingesprungen sind.«
»Boni sind immer gut.«
»Wird Frau Söllner vom Urlaub abgezogen.« Er lachte über seinen großartigen Witz.
Jetzt hatte Alfred Weißhaupt die Sache entschieden. War das denn möglich? Sie zückte ihr Handy. »Beck«, schrieb sie sofort zurück. »Liane Beck.« Und vollständigkeitshalber setzte sie noch ihr Geburtsdatum und ihre Adresse hinzu. »Verwende es aber nicht gegen mich«, schloss sie und schickte die Nachricht ab.
»Ich freu mich!«, war seine kurze Antwort.
Freute sie sich auch? Sie war hin- und hergerissen. Jedenfalls musste sie jetzt mit Marius telefonieren. Inzwischen standen alle an der Rezeption, und draußen fuhr ein Großraumtaxi vor.
»Wenn man schon hier ist, sollte man zumindest das Meer gesehen haben«, erklärte Lars.
Da hatte er eigentlich recht, dachte Liane. Einige Männer hatten sich ihm schon angeschlossen.
»Mein Flug geht um halb zwei«, sagte sie. »Ich muss leider etwas früher zurück.«
»Wir sind flexibel«, sagte einer von ihnen und hielt ihr die Wagentür auf.
Auch recht, dachte Liane, bin ich auch. Musste Marius eben noch warten.
Kurz vor ihrem Abflug hatte sie noch eine SMS aus Deutschland erreicht: »Hallo Liane, sorry, was da gerade abgeht. Cindy ist völlig außer sich. Ich kann sie nicht beruhigen, sie denkt tatsächlich, du wolltest mich verführen. Tut mir leid, Jürgen.«
Super, dachte sie. Der gute Jürgen, er war wirklich zu gut für diese Welt. Zumindest für Cindy.
»Ich verführe dich beim nächsten Mal«, schrieb sie zurück. Was sollte der ganze Blödsinn, wenn er nicht raffte, welches Spiel seine Frau spielte? Es war nicht ihre Aufgabe, ihm die Augen zu öffnen.
Riley wartete in der Ankunftshalle auf sie, hatte eine abgewetzte Lederjacke an und einen verwegenen Gesichtsausdruck. Dreitagebart, ganz der Italiener, dachte Liane. Aber da war es wieder, das Bauchgefühl. Irgendwas an ihm hatte sie schon am Flughafen in Zürich angesprochen. Er umarmte sie zur Begrüßung, als wären sie die ältesten Freunde, nahm ihr das Gepäck ab und legte beim Hinausgehen den Arm um sie. Sie trug außer ihrer Handtasche nur seine Aktentasche.
»Willst du die nicht zurück?«, fragte sie nach einigen Metern.
»Was?« Er drückte Liane im Gehen kurz an sich.
»Na, die Tasche!« Liane hob sie etwas hoch.
»Das ist nicht meine.«
»Das ist nicht deine?« Sie blieb stehen, und er geriet aus dem Rhythmus.
»Nein, sie gehört mir nicht.«
Liane starrte ihn an. »Das glaube ich jetzt aber nicht!«
»Wieso, was ist denn?« Sie standen einander gegenüber.
»Ich trage dir die ganze Zeit diese Tasche hinterher, dabei gehört sie dir gar nicht?«
»Macht doch nichts!« Er lachte. »Da hast du wenigstens einen Grund gehabt, nach Rom zu fliegen, wenn ich schon nicht ausgereicht habe.«
Liane wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Der erste Impuls war, ihm die Tasche an den Kopf zu werfen. Der zweite, über die ganze Sache zu lachen.
»Aber du hast die Aktentasche in Zürich doch vom Hocker genommen, damit ich Platz hatte?«
»Ja, klar, die stand da und blockierte einen ganzen Sitz. Dabei wollte ich dich doch neben mir haben.«
Jetzt musste sie lachen, und das Lachen nahm gar kein Ende. »Ich glaub das nicht!« Sie schnappte nach Luft und steckte ihn mit ihrem Lachen an. Sie standen einfach da und lachten, und wenn sie sich anschauten, mussten sie weiterlachen. »Da schleppe ich dir die ganze Zeit …« Doch der Rest des Satzes ging in einem erneuten Lachanfall unter. »Oh, ich kann nicht mehr«, sagte sie schließlich, und auch Riley hielt sich den Bauch.
»Was ist denn drin, in dieser Tasche?«, wollte er schließlich wissen, aber Liane musste schon wieder lachen.
»Eine Bombe, Falschgeld, Kokain, was weiß ich …« Sie hielt die schlanke Aktentasche hoch und sah sie an. »Nicht zu fassen!«
Schließlich beruhigten sie sich, und Riley fuhr ihr mit beiden Händen durchs Haar. »Du siehst bezaubernd aus, wenn du Tränen lachst.«
Ja, dachte Liane, das kommt auch nicht so oft vor. Wann das letzte Mal? Sie konnte sich nicht erinnern, aber der Lachreiz kam schon wieder.
»Komm«, sagte sie, »lass uns gehen. Ich wünsche mir jetzt eine schöne Piazza mit Straßencafés und ein Glas Champagner zur Begrüßung.«
»Your wish is my command.«
Oh, das hörte sich gut an. Wenn ihre Wünsche sein Befehl waren, dann konnte es ja nur gut werden.
»Und warum konnte ich nicht Gerda oder Lisa heißen?«, wollte sie wissen, während er einem Taxifahrer winkte.
»Weil ich spürte, dass du eine Liane bist«, sagte er lächelnd mit einem sinnlichen Zug um die Lippen. »Auch das war ein Grund, weshalb du unbedingt herkommen musstest.« Er hielt ihr die Tür des Taxis auf, übergab dem Fahrer das Gepäck und rutschte dicht neben sie. »Und warum bin ich nicht William? Ist schließlich auch ein schöner Name. Oder Harry?«
»Ein Windsor bist du nicht«, sagte sie. »Die kennt man. Da blieb nur ein Riley.«
Er nickte. »Na ja, vielleicht waren die Alternativnamen etwas unglücklich gewählt. Ich habe es dir leicht gemacht.«
»Wohin?« Der Taxifahrer drehte sich nach ihnen um.
»Gute Frage«, sagte Liane, »jetzt bist du dran.«
»Tre Scalini on Piazza Navona, per favore«, sagte er leichthin und lächelte ihr zu.
»Aha, der Mann ist informiert«, sagte sie anerkennend.
»Na ja, ich denke, zu deinem Glas Champagner brauchst du etwas, das dich entzückt, dir Laune macht auf mehr und dich eintauchen lässt in die Süße des römischen Lebens.«
»Wow! Jetzt bin ich aber gespannt!«
Es war opulent, das war das Erste, was Liane dazu einfiel. Nicht nur der Tartufo, der angeblich der beste in der...