E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Heath Die Rache der schönen Lady
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7337-2951-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-2951-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sein schlechter Ruf? Darauf gibt Ross Jameson keinen Penny! Nur zu gern spielt der Charmeur den rücksichtslosen Halunken. Da ist die Eroberung seiner rätselhaften Hausdame natürlich Pflicht! Die er teuer bezahlen muss, denn Hannahs Küsse betören ihn so sehr, dass er beinahe nicht bemerkt, was sie im Schilde führt...
Schon als kleines Mädchen hat Virginia Heath sich fantastische Geschichten ausgedacht, wenn sie nicht einschlafen konnte. Schließlich hat sie beschlossen, dass Schlaf nicht so wichtig ist, und angefangen, die Geschichten aufzuschreiben. Mittlerweile hat sie über zwanzig Bücher veröffentlicht und wurde bereits zwei Mal für den Romantic Novel of the Year Award nominiert.
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PROLOG
White’s Club, Mai 1818
Die Menge, die um den Kartentisch versammelt stand, gab sich Handzeichen, die verschiedene Dinge bedeuten konnten: Entweder stand irgendwer kurz davor, eine beachtliche Geldsumme zu gewinnen, oder jemand würde in Kürze sein letztes Hemd verlieren. Von dem Spektakel wurde Ross Jameson wie eine Motte vom Licht angezogen. Am Kartentisch saß der Earl of Runcorn, der – die Augen geweitet – aus allen Poren schwitzte, während Viscount Denham einen beachtlich großen Stapel an Banknoten, den er offenbar soeben gewonnen hatte, langsam vom Tisch aufklaubte.
Ross ging zu seinem Freund Carstairs, um sich die Situation erklären zu lassen. „Was ist los?“, murmelte er, während er einen Schluck von seinem Getränk nahm.
John Carstairs tat es ihm nach, ohne den Blick von der Tragödie am Tisch abzuwenden. „Denham hat Runcorn soeben ausgenommen. Es liegen über eintausend Pfund auf dem Tisch.“
Das überraschte Ross nicht. Seit Jahren steuerte Runcorn auf den Ruin zu, und Viscount Denham bereitete es Freude, einen Dummkopf um sein Geld zu bringen.
Selbstgefällig erhob Denham sich und grinste seinen Gegenspieler an. „Es war mir ein Vergnügen, Runcorn.“
Der Geschlagene, der offensichtlich neben sich stand, blinzelte schnell. Als er in seine Jackentasche griff, sah es so aus, als würde er jeden Moment eine große Dummheit begehen. Er holte ein großes, amtliches Dokument heraus und warf es kurzerhand in die Mitte des Tisches.
„Die Besitzurkunde von Barchester Hall“, verkündete er mit verzweifeltem Eifer. „Es muss nicht innerhalb der Familie vererbt werden und steht inmitten einer wunderschönen Park- und Wiesenlandschaft. Ich setze alles, was ich verloren habe, auf das Haus.“
Die versammelte Menge hielt den Atem an.
„Was für ein Mann bringt die Besitzurkunde seines Hauses mit zu einem Kartenspiel?“, zischte Carstairs.
„Einer, der töricht genug ist, es zu verlieren“, antwortete Ross ruhig. Runcorn war nicht der erste Mann, der das Familienerbe verspielte, und er würde zweifellos auch nicht der letzte sein.
Beklommen warteten die Anwesenden, wie Denham auf die Herausforderung reagieren würde. Sie lebten für diese Art von Spektakeln und konnten es gar nicht abwarten, den Niedergang eines Mannes aus den eigenen Reihen zu erleben.
Denham hatte sich noch nicht wieder hingesetzt, betrachtete Runcorn jedoch mit unverhohlener Neugier. Für Ross war es unverkennbar, dass er sein Glück noch einen Moment auskosten wollte.
Und tatsächlich hielt Denham den Mann noch etwas hin. „Ich bezweifele stark, dass das Grundstück viel mehr als dreitausend wert ist“, sagte er abfällig, „aber mit mir lässt sich reden. Unter den Umständen werde ich …“
Ross unterbrach ihn, bevor er den Satz beenden konnte. „Ich werde die Wette annehmen, Runcorn.“ Er legte ein riesiges Bündel Banknoten auf den Tisch. „Fünftausend auf dein Haus.“
Angesichts dieser interessanten und vollkommen überraschenden Wende der Ereignisse schnappte die Menge hörbar nach Luft. Es wurde aufgeregt geflüstert, und ein oder zwei Männer empörten sich darüber, dass sich Ross’ Einmischung nicht gehören würde. Dies war Denhams Spiel – er hätte zumindest erst ablehnen sollen. Doch ein derart ordinärer Emporkömmling wie Jameson würde nie verstehen, wie die Dinge in der gehobenen Gesellschaft geregelt wurden. Andere versetzte seine scheinbare Großzügigkeit in Staunen. Fünftausend auf ein altes, heruntergekommenes Haus erschien ihnen zu viel.
Ross ignorierte sie. Stattdessen beobachtete er, wie Runcorn gierig das Geld musterte, und wusste genau, was der verdammte Narr dachte: dass er mit diesem stattlichen Betrag seine Verluste decken und ein paar Schulden begleichen könnte. Spieler wie Runcorn waren von der jämmerlichen Hoffnung getrieben, dass sich ihre Pechsträhne wandeln würde. Weiter konnten sie nicht denken.
„Abgemacht!“, rief Runcorn aufgeregt, ohne den Blick ein einziges Mal vom Geld zu nehmen.
Ross sah, wie Denham kurz seine hellen Augen zusammenkniff, bevor er widerwillig zur Seite trat, um Ross seinen Platz zu überlassen. „Was spielen wir?“, fragte Ross beiläufig, obwohl er bereits wusste, dass es Pikett sein würde.
Der arme Runcorn hatte nicht die geringste Chance. Für viele war Pikett nicht so risikoreich wie das Würfelspiel Hazard, doch in Wahrheit fiel es leichter zu betrügen, wenn man das beabsichtigte. Bei Hazard war selbst der beste Spieler nicht vor Zufall und Glück gefeit, wohingegen Pikett für jemanden mit Ross’ Verstand vorhersehbar war. Er gab ein Zeichen, damit die Karten ausgeteilt wurden, und trank noch einen Schluck von seinem Getränk, bevor er sein Blatt langsam aufnahm.
Da seine Karten gut waren, legte er sie ab und zog fünf neue. Er wollte sein Gegenüber nicht schon zu Beginn vernichtend schlagen.
Runcorn gewann die erste Runde und atmete erleichtert auf. Der Mann war tatsächlich ein erbärmlicher Spieler; kein Wunder, dass Denham ihm die Taschen geleert hatte. Er trug seine Gefühle offen zur Schau. In der zweiten Runde spielte Ross absichtlich ungeschickt und ließ es so aussehen, als ob sein letzter, siegreicher Trick Zufall gewesen wäre. Das dritte Blatt legte er ohne Umschweife ab und gewann, doch das vierte verlor er – allein um der Unterhaltung willen. Die Menge war bester Stimmung.
Runcorn war viel zu leichtsinnig und sein angespannter Zustand ließ ihn nachlässig werden. Er war so dankbar für jeden Punkt, dass er den Überblick über die abgelegten Karten verlor und offenbar nicht wusste, welche noch im Spiel waren.
Als das vorletzte Blatt ausgeteilt wurde, blieb Ross’ Blick an John hängen. Sein Freund sah bedeutungsvoll auf seine Taschenuhr, um ihn daran zu erinnern, dass sie an einem anderen Ort erwartet wurden. Ross hörte auf, mit seiner Beute zu spielen. Berechnend legte er eine Karte nach der anderen ab und wandte jeden Trick an, den er kannte. Am Ende der Partie bekam Runcorn sichtlich Angst. Schweißtropfen rannen ihm über das Gesicht und fielen auf den hohen Stehkragen seines modischen Hemdes.
Dieses Detail spricht ebenfalls Bände über den Mann, dachte Ross. Es war allgemein bekannt, dass der Earl of Runcorn bei allen angesehenen Geschäftsmännern Londons hohe Schulden hatte – und ebenfalls bei den weitaus weniger angesehenen. Lange Zeit hatte er über seine Verhältnisse gelebt, doch anstatt sich zu mäßigen, hatte der leichtsinnige Runcorn es vorgezogen, die Fassade des Wohlstands aufrechtzuerhalten. Damit konnte er jedoch niemanden hinters Licht führen – am wenigsten Ross, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Männer wie Runcorn ausfindig zu machen. Aus diesem Grund tat ihm sein Gegenüber auch nicht leid.
Das letzte Blatt wurde in Stille ausgeteilt, während die Zuschauer versuchten, ihre Schadenfreude zu verbergen. Runcorn brauchte mindestens dreißig Punkte, um ihn zu schlagen. Für einen brillanten Spieler, der das Spiel aufmerksam verfolgte, wäre ein derartiger Schachzug möglich gewesen. Leider traf das jedoch nicht auf Runcorn zu. Ihm mangelte es sowohl an Können als auch an Achtsamkeit.
Nachdem Runcorn seine beste Karte zu früh gespielt hatte, Ross jedoch noch zwei Könige und eine Königin auf der Hand hielt, war Runcorns Niederlage unvermeidlich. Sein Gesicht färbte sich weiß und dann zunehmend grünlich, als Ross so viele Punkte erzielte, dass sich Runcorn keine Möglichkeit mehr bot, seine Verluste wettzumachen. Als seine letzte Karte vom Herzkönig übertrumpft wurde, bedeckte Runcorn sein Gesicht mit den Händen. Um sie herum brach Applaus los.
Still nahm Ross seine fünftausend und die gefaltete Urkunde auf, um sie in der Innentasche seiner Jacke zu verstauen. Jetzt wäre auf jeden Fall ein guter Zeitpunkt gewesen, um eilig zu verschwinden.
Leise stellte sich Viscount Denham hinter ihn und flüsterte: „Wie ich sehe, ist das Glück weiterhin auf Ihrer Seite, Jameson.“
Ross nickte kurz. Er hatte soeben einen Mann in den Ruin getrieben; damit musste er sich nicht brüsten. Auch wollte er sich nicht eine Sekunde länger als nötig in Denhams Gesellschaft aufhalten. Der Mann verursachte ihm Gänsehaut.
In diesem Moment kam der Earl of Runcorn schwankend auf die Füße, ohne zu bemerken, dass er seinen Stuhl umwarf. „Gut … Gut gespielt, Sir“, stammelte er – eher aus anerzogener Höflichkeit als aus Respekt, vermutete Ross. Anschließend drehte er sich zur versammelten Menge um und neigte den Kopf. „Wenn die Gentlemen mich bitte für eine Minute entschuldigen würden.“
Ross sah, wie er taumelnd in Richtung Tür ging, und tauschte einen vielsagenden Blick mit seinem Freund aus. John nickte verständnisvoll und heftete sich an Runcorns Fersen. Er würde wissen, was zu tun war.
„Ich frage mich, Jameson“, sagte Denham mit schneidender Stimme, „sind Sie von der Aufregung des Spiels angezogen oder bereitet es Ihnen einfach immer wieder aufs Neue Vergnügen, meine Pläne zu durchkreuzen?“
Die Antwort blieb aus, als ein vereinzelter Schuss zu hören war.
Schnell stürzten alle Anwesenden zur Tür, die in den Marmorflur des Herrenclubs führte. Noch bevor Ross den Gang erreichte, ahnte er bereits, was geschehen war. Dennoch folgte er den anderen. John war natürlich schon da. Er sah erschüttert aus.
Eine gespenstische Stille breitete sich aus, während sie den schaurigen Anblick auf sich wirken ließen. Die Alabasterwände vom White’s waren übersät mit Runcorns Blut,...