E-Book, Deutsch, 120 Seiten
Heil Menschen mit Alzheimer & anderen Demenzen fördern und beschäftigen
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-432-11417-0
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Praktische Anleitungen aus dem person-zentrierten Ansatz
E-Book, Deutsch, 120 Seiten
ISBN: 978-3-432-11417-0
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die besten Beschäftigungsideen für demente Menschen
Beschäftigung zählt zu den wichtigsten Bedürfnissen von Menschen mit Demenz. Sie ist entscheidend, um ihre verbleibenden Fähigkeiten und Fertigkeiten und somit ihre Selbstachtung zu erhalten.
Dr. Joachim Heil erklärt pflegenden Angehörigen anschaulich den "personzentrierten Ansatz", mit dem es gelingt, liebevoll mit seinem Angehörigen verbunden zu bleiben, ihn kognitiv zu fördern und seine Lebensfreude zu bewahren, ohne die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Aus seiner langjährigen Erfahrung in der Pflege hat er die hilfreichsten Ideen und Beispiele zur Beschäftigung demenzkranker Menschen zusammengestellt:
- Aktivierende Spiele, Wahrnehmungs- und Bewegungsübungen
- Konkrete Anleitungen zur Biografie- und Erinnerungsarbeit
- Mit Übungsheft zum Herausnehmen
Ein unverzichtbarer Leitfaden für pflegende Angehörige und professionell Pflegende
Zielgruppe
Gesundheitsinteressierte
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Demenz als Syndrom-Diagnose
Es gibt nicht »die Demenz«, sondern mehrere Formen, die wissenschaftlich klassifiziert und durch Differenzialdiagnose erkannt werden. Alzheimer ist nur eine Form.
Gegenwärtig sind weltweit rund 47 Millionen Menschen von einer Demenz betroffen, bundesweit annähernd 1,8 Millionen. ? [10] 2030 werden knapp 76 Millionen Menschen weltweit an einer Demenz erkranken und für 2050 steigt die Vorhersage auf über 135 Millionen. 76 Prozent dieser Menschen werden in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen leben. ? [11]
Das Demenzsyndrom
»Demenz« (von Latein »de-mens«: ohne Geist oder ohne Verstand sein) bezeichnet kein einheitliches Krankheitsbild. Es gibt also nicht »die Demenz«. »Demenz« bedeutet vielmehr ein Syndrom, ein Zusammentreffen von verschiedenen Einzelsymptomen beziehungsweise Anzeichen oder Merkmalen einer Erkrankung.
Demenz ist eine Syndrom-Diagnose als Folge einer meist chronischen (fortschreitenden) Erkrankung des Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler (die Hirnrinde betreffender) Funktionen wie logisches Denken, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sprache sowie Störungen der exekutiven Funktionen. Letztere kontrollieren und steuern als die komplexesten geistigen Prozesse gezielt unser Verhalten unter Einbeziehung unserer Umweltbedingungen. Sie umfassen die Fähigkeit, sich Ziele zu setzen, unter diesen Zielen (das bestmögliche) auszuwählen und Strategien zu entwickeln, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei überwachen und regulieren sie unser vorsätzliches Verhalten, um dieses effizient zu gestalten. Sie werden bei der Korrektur eines Fehlers beziehungsweise eines ineffizienten, wirkungslosen Verhaltens benötigt, zum Erlernen einer neuen und komplexen Fähigkeit sowie zur Kontrolle unserer Gefühle und Impulse. Ohne diese komplexen Gehirnfunktionen könnten wir unsere alltäglichen Aufgaben nicht mehr erfüllen, denn wir benutzen sie unbewusst für alle Tätigkeiten und Verhaltensweisen, die wir ausführen. Das gilt nicht nur für unser Verhalten gegenüber anderen Menschen, beispielsweise den Vorgang des Kennenlernens und die Entwicklung einer Beziehung zu einem anderen Menschen, sondern auch für »alltägliche« Tätigkeiten wie das Planen der nächsten Urlaubsreise oder das Zubereiten einer Mahlzeit. Gesteuert werden die exekutiven Funktionen im Frontallappen des Gehirns. (Lesen Sie hierzu auch das Kapitel ? »Die frontotemporale Demenz«)
Das Demenzsyndrom wird in »primäre« Demenzformen und »sekundäre« Demenzformen unterteilt. Als »sekundär« werden Demenzerkrankungen bezeichnet, die ihren Ursprung in anderen Krankheitsbildern haben oder deren Ursachen außerhalb des Gehirns liegen, wie beispielsweise bei Intoxikationen (Vergiftungen) oder Infektionen.
»Primär« bedeutet, dass die ursächlichen krankhaften Veränderungen im Gehirn zu suchen sind und der Abbauprozess im Gehirn sich stetig verstärkt (degenerativ). Zu den primären und degenerativen Demenzen gehören neben der ? Alzheimer-Krankheit auch die ? vaskuläre Demenz, die ? Lewy-Körperchen-Demenz (auch Lewy-Body-Demenz genannt) und die ? frontotemporale Demenz sowie seltene neurologische Erkrankungen wie der Morbus Huntington.
Zu den »sekundären« und nichtdegenerativen Demenzen, die nicht weiter bei der Zerstörung von Gehirnzellen voranschreiten, gehören unter anderem Hirntumore, das Schädel-Hirn-Trauma und der Hydrozephalus (auch bekannt als Wasserkopf). Häufig werden die nichtdegenerativen Demenzformen nicht den eigentlichen Demenzerkrankungen zugeordnet, da ihnen das Merkmal des stetig fortschreitenden Abbauprozesses von Nervenzellen (Progredienz) fehlt. ? [12]
Klassifikation der Demenzerkrankung
Die zurzeit geltenden Klassifikations- beziehungsweise Einteilungssysteme der Krankheiten, wie beispielsweise die ICD-10-GM (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ? [13], geben ganz bestimmte Merkmale an, mit deren Hilfe ausgeschlossen werden kann, dass es sich um ein ähnliches Krankheitsbild – beispielsweise einen vorübergehenden Verwirrtheitszustand bei einem Delir – handelt und dieser vorübergehende Verwirrtheitszustand die alleinige Ursache der kognitiven Störungen darstellt. Bestehen die Symptome deutlich länger als sechs Monate, dann können wir davon ausgehen, dass bei dem uns vorliegenden psychopathologischen Syndrom wahrscheinlich tatsächlich eine primäre Demenz – beispielsweise die Alzheimer-Krankheit – die Ursache sein könnte.
Eine primäre Demenz wird also im Ausschlussverfahren diagnostiziert: Es ist keine Depression, es ist kein Delir, es ist kein … usw. Letzte Gewissheit über die Form der Erkrankung kann nur eine umfassende medizinische Diagnostik einer demenziellen Erkrankung erbringen.
Die Differenzialdiagnosen der Demenz
Zu den Differenzialdiagnosen einer Demenz, das heißt zu den Erkrankungen, die ähnliche Symptome wie eine Demenz aufweisen, gehören die Depression, das ? Mild Cognitive Impairment (MCI) und das ? Delir. Diese Erkrankungen müssen bei der korrekten Diagnosestellung einer Demenz in Betracht gezogen werden, da es ansonsten nicht nur zu einer falschen Diagnose, sondern auch zu einer falschen therapeutischen Behandlung der Betroffenen kommen kann.
Die Depression
Im Unterschied zu den kognitiven Einschränkungen bei einer Demenz sind die im Rahmen von Depressionen auftretenden kognitiven Defizite und Gedächtnisprobleme auch bei Menschen in einem höheren Lebensalter (über 65 Jahre) heilbar. ? [14]
Die frühzeitige ärztliche Diagnose und medikamentöse Behandlung der Depressionen ist entscheidend, denn Depressionen stellen einen hohen Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz dar. Oftmals treten sie im Vorfeld einer Demenz auf und erstrecken sich bei 40 bis 50 Prozent der an einer Demenz erkrankten Menschen regelmäßig wiederkehrend über den gesamten Verlauf der Erkrankung, wobei sie die Symptome der Demenz verstärken können.
Im frühen Stadium einer Demenz »spüren« die Betroffenen oftmals selbst den Verlust ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dies kann einer der Auslöser für Depressionen sein. Entsprechend zeigen sich schwere Depressionen im frühen bis mittleren Stadium einer Demenz.
Typische Symptome sind Schlafstörungen, innere Unruhe und Aggressivität, Gedankenkreisen oder Grübeln, Appetitlosigkeit, Interesselosigkeit, Antriebslosigkeit und die Unfähigkeit, sich entscheiden zu können, bis hin zu Fehlwahrnehmungen und sozialem Rückzug.
Insbesondere am Anfang der Erkrankung ist es nicht leicht zu unterscheiden, ob es sich »nur« um eine Depression mit kognitiven Beeinträchtigungen handelt oder eine beginnende Demenz mit depressiven Begleiterscheinungen. Die Symptome einer depressiven Erkrankung ähneln denen einer Demenz; beispielsweise führen beide zu Gedächtnisstörungen.
Zur Behandlung stehen ärztliche beziehungsweise medikamentöse Maßnahmen zur Verfügung. Entscheidend für Sie als Angehörige sind allerdings die nicht-medikamentösen Maßnahmen und Kompetenzen, die Sie sich selbst aneignen und die eine sehr gute Wirkung bei demenzerkrankten depressiven Menschen erzielen können. Zu diesen Maßnahmen gehört zunächst die Entwicklung einer ? person-zentrierten Haltung. Damit können Sie trotz demenzbedingter sprachlicher Einschränkungen eine Beziehung zu Ihrem Familienmitglied aufbauen, für das bestmögliche Wohlbefinden des oder der Betroffenen Sorge tragen sowie gemeinsam die Alltagsgestaltung und die Tagesstruktur planen. Dazu sind insbesondere Menschen mit Demenz und einer Depression meist nicht mehr allein in der Lage, obwohl das Bedürfnis, »aktiv« zu bleiben und am Geschehen teilzuhaben, weiterhin bestehen bleibt.
Wir werden uns noch anschauen, wie Sie eine person-zentrierte Haltung ? entwickeln können, wie eine Planung der Alltagsgestaltung und ? Tagesstruktur aussehen kann und welche psychischen oder seelischen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz dabei ? entscheidend sind. Denn die Entwicklung solcher Kompetenzen ist nicht nur entscheidend für die Beziehung zu einem Menschen mit einer Demenz und einer Depression, sondern für das bestmögliche Wohlbefinden von Menschen, die mit einer Demenz leben, insgesamt.
Das Mild Cognitive Impairment (MCI)
Das Mild Cognitive Impairment (leichte kognitive Beeinträchtigung) stellt ein im Durchschnitt zwei Jahre andauerndes Frühsyndrom von zu Demenz führenden Erkrankungen dar. Dieses Stadium ist zwischen dem durch den normalen Alterungsprozess zu erwartenden Rückgang der kognitiven Fähigkeiten und dem schwerer wiegenden Rückgang der Denkprozesse aufgrund einer eindeutig als Demenz zu erkennenden Erkrankung des Gehirns angesiedelt. Es ist gekennzeichnet durch Gedächtnisprobleme, Probleme mit der Sprache, dem Denken oder dem Urteilsvermögen. ? [15] Im Gegensatz zu Menschen mit der Alzheimer-Krankheit und anderen primären Demenzformen im frühen beziehungsweise beginnenden mittelschweren Stadium lässt sich bei Menschen mit MCI – wie bei gesunden älteren Menschen – die Gedächtnisleistung durch Gedächtnistraining verbessern. ? [16]
Das Delir
Die Entwicklung eines Delirs (auch »akuter...