E-Book, Deutsch, 336 Seiten
Heimrath Die Post-Kollaps-Gesellschaft
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-942166-87-4
Verlag: Scorpio Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie wir mit viel weniger viel besser leben - und wie wir uns heute schon darauf vorbereiten können
E-Book, Deutsch, 336 Seiten
ISBN: 978-3-942166-87-4
Verlag: Scorpio Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Welt befindet sich in einer Krise, die massive Umwälzungen mit sich bringt.
Johannes Heimrath entwirft ein plastisches Bild davon, wie die Gesellschaft
nach dem Zusammenbruch aussehen könnte: Gemeinschaft und gegenseitige
Unterstützung, grüne Energien und eine freiwillige Konsumbeschränkung sind
die Eckpfeiler dieses Modells, das von Pionieren in aller Welt bereits vorgelebt
wird. Eine kraftvolle Vision, die Mut macht, an der neuen Epoche nach dem Ende
der industriellen Globalkultur mitzuwirken.
Aktuelle Studien zu praktisch allen Lebensbereichen legen den Schluss nahe, dass ein Kollaps der gegenwärtigen
Zivilisation nicht mehr aufzuhalten ist. Doch im Niedergang der alten Systeme liegt auch eine ungeheure Chance – für einen gründlichen Neubeginn und eine neue
Weltordnung. Johannes Heimrath beleuchtet die wesentlichen Bereiche sozialer, ökonomischer, technischer und kultureller
Veränderung. Die Post-Kollaps-Welt wird in vielen Bereichen radikal anders sein als die Welt, die wir heute kennen.
Es wird eine Welt sein, in der Communitys eine zentrale Bedeutung bekommen, in der Ressourcen respektvoll genutzt werden und in der die Weichen für eine zukunftsfähigere
Gesellschaft gestellt werden.
Dabei gründet Heimraths Vision auf festem Boden: Für jedes vorgestellte Szenario gibt es bereits bewährte Modelle, die in Gemeinschaften weltweit erfolgreich
praktiziert werden.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
AUFTAKT WARUM DIESES BUCH? Schiff Wir haben keinen günstigen Wind. Indem wir die Richtung verlieren, Wissen wir doch, wo wir sind. Aber wir frieren. Und die darüber erhaben sind, Die sollten nicht allzuviel lachen. Denn sie werden nicht lachen, wenn sie blind Eines Morgens erwachen. Das Schiff, auf dem ich heute bin, Treibt jetzt in die uferlose, In die offene See. – Fragt ihr: »Wohin?« Ich bin nur ein Matrose. Joachim Ringelnatz, aus »Gedichte dreier Jahre«, 19322 1 Ich möchte in einer Welt leben, die es noch nicht gibt. Seit ich denken kann, wirke ich dafür. Es ist eine ganz einfache Welt: In ihr lebe ich mit den Menschen, denen ich lebenslang zugeneigt bin – das sind relativ viele – und die mir das erwidern – auch das sind mehr als eine Handvoll –, in einem stimmigen Großfamilienverbund zusammen. Mit meinen Nachbarinnen und Nachbarn verbindet mich ein von gegenseitiger Achtung, Wärme und Hilfsbereitschaft getragenes freundschaftliches Verhältnis. Ich habe egalitären Anteil an einem lebendigen Gemeinwesen, das selbst Teil eines lebendigen Verbunds von freundlichen Gemeinwesen in einer überschaubaren Region ist. Meine Stimme wird gehört, ich darf in Freiheit wachsen und kann meine Verantwortung für das Ganze selbstbestimmt erfüllen. In dieser einfachen Welt habe ich keine Angst vor Notlagen. Nahrung für den Leib, das Herz, den Geist, die Seele ist immer da, und ich kann selbst dazu beitragen, dass alle innerlich und äußerlich satt werden und gesund bleiben. Es gibt niemanden, der den Menschen und der mehr-als-menschlichen Welt3 Gewalt antut, der zu seinem eigenen Vorteil ein knappes Gemeingut ausbeutet, der sich im alleinigen Besitz der Wahrheit wähnt. Geld ist unbekannt – oder zumindest die Jagd nach ihm. Es gibt kein Ungetröstetsein, kein Frieren, kein Unbehaustsein, nichts, das zur Neige ginge, ohne dass es erneuert werden könnte, denn was ein für alle Mal zur Neige gehen könnte, darf sein und bleiben, was und wie es ist. Die Menschen nah und fern wissen voneinander, nicht notwendigerweise schon im selben Augenblick auf der anderen Seite der Erdkugel, aber doch so, dass man sich abends beruhigt in die selbst gestopften Kissen bettet und weiß: Alle leben ein gutes Leben, alle sind mit allem versorgt, was den Menschen zur Ausbildung seiner besten Fähigkeiten ermutigt und ermuntert, kein Kind ist allein, auf keinen ist eine Waffe gerichtet, kein Rücken blutet unter der Peitsche. Auf jeder Fieberstirn liegt ein kühlendes Handtuch, niemand steht sprungbereit auf der Balkonbrüstung, weil er oder sie keinen Sinn in dem findet, was er oder sie tut. Was blüht, blüht, was stirbt, stirbt, was getan werden kann, wird getan, was besser nicht getan wird, wird unterlassen. Wissen und Weisheit begleiten sich geschwisterlich, die Künste sind in hohem Kurs, und die Liebe ist die größte unter ihnen. Diese Welt ist schön, sie ist spannend und abenteuerlich, in ihr darf das Licht scheinen, und der Schatten darf dunkel sein. In ihr wendet man den Blick nicht nur nach oben, wenn der Geist gemeint ist, man schaut auch nach innen, ins eigene Herz, und nach unten – denn unter den Füßen der Menschen ist kein toter Brocken aus Dreck und Gestein, auf immer ohne Sinn und beliebig vernutzbar in einer lebensfeindlichen, irrsinnig kalten All-Schwärze dahintaumelnd. Unter den Füßen der Menschen lebt vielmehr der unbegreifliche Leib einer Leben spendenden Erdenmutter, deren Sehen durch unzählige Augen, darunter auch unsere, geschieht, deren Sprechen sich durch unzählige Schnäbel, Schnauzen und Münder, darunter auch unsere, ereignet, deren Erkenntnis sich durch unzählige sich erinnernde Lebewesen vollzieht, deren unbedingtes Lieben sich durch unzählige Wesen, darunter auch uns, fortpflanzt, und deren Körper strahlend in der Lebensfülle des Bewusstseinsozeans, Universum genannt, dahinschwebt, unendlich sicher gehalten von allem, was existiert, und in fragloser Hingabe uns gestattend zu wachsen, zu reifen und zu vergehen – ohne Aufseher, ohne Steuerformulare, ohne unser Dasein begründen zu müssen. Eine einfache Welt. Noch niemand hat mir bis heute widerspruchsfrei und einleuchtend erklären können, warum diese einfache Welt nicht möglich sei. Jetzt und sofort. Einfach so. Wo doch alles andere, was da ist, die ganze mehr-als-menschliche Welt jenseits des Bruttosozialprodukts, jenseits von Arbeitsagenturen, Kreditanträgen und Wachstumsanreizen, außerhalb unserer Zollverwaltungen, Forschungslabore, Ganztagsschulen, Vorstandsetagen, Polizeiwachen und Parteizentralen so ist: unbedingt da. Frei, ohne Religionswächter. Unbegründet, auf eine transhumane Art liebend. Eine Zeit lang dachte ich, ich könne durch meinen eifrigen Einsatz für das Gute einen zwar winzigen, aber doch ehrenhaften Beitrag dazu leisten, dass diese einfache Welt entstehe. Und vielleicht ist das sogar der Fall. Auch durch dieses Buch – wer weiß es? Doch habe ich inzwischen großen Zweifel: In den über 40 Jahren meines bewussten Die-Welt-Anschauens ist die industrialisierte Zivilisation in nicht für möglich gehaltener, aber schon früh befürchteter Beschleunigung zum vollständigen Antagonisten4 meiner einfachen Welt herangewuchert. Ich kann keine Organisation und Institution, keinen Gipfel der großen und kleinen Nationen, keine Einzelperson und kein Parlament erkennen, von denen ein erfolgreiches, nämlich unwiderruflich global und sofort wirksames Zurücknehmen der Gashebel – tatsächlich so gut wie aller, denn es sind der Triebwerke gar viele! – zu erwarten wäre, was den immer steiler dem Strömungsabriss im luftleeren Raum entgegenschießenden »Dreamliner«5 bremsen und ihn wenigstens in eine stabile Fluglage bringen könnte, von einer sicheren Landung auf dem begrenzten Boden der planetaren Leistungsfähigkeit ganz zu schweigen. Die Botschaft des Buchs ist daher ebenfalls recht einfach: Die Weltgesellschaft strebt einem Kollaps entgegen, der durch nichts aufzuhalten ist. Über die Fallhöhe, darüber, welches lebenswichtige System als Erstes überhitzt, ob es langsam oder schnell geschieht und in welcher Weltregion und in welchen gesellschaftlichen Bereichen ein wie großer Schaden entstehen wird, darf spekuliert werden. Noch schmähen die Wachstumsprediger die besonnenen Geister »Steinzeit-Ökologen«.6 Doch lassen sich aus der Kenntnis der Geschichte und dem Versuch einer Adaptation ihrer Lehren an bisher unbekannte Größenordnungen und Dynamiken einige mögliche Kollapsszenarien skizzieren, zumal wenn man die bekannten menschlichen Eigenarten auf die unzähligen Konferenzfolien mit ihren stetig in den roten Bereich weisenden Balken- und Tortendiagrammen in beinahe sämtlichen Bereichen sozio-, öko-, bio- und klimatologischer wie medizinischer, kultureller und sonstiger Forschung projiziert. Ich sage »skizzieren« – nicht »vorhersagen«! Als sicher ausgegebene Voraussagen kommen heute fast ausschließlich von denjenigen, denen die Welt gehört und die obszönen Reibach mit der größten Umgestaltung des Lebens machen, seitdem der »zweimal weise« Mensch7 vor 40 000 Jahren dem armen Neandertaler den Rang abgelaufen hat. Diese Männer – und betrüblicherweise auch ihre Ehefrauen, ihre Lebensabschnittsgefährtinnen und die Mütter ihrer Kinder – sehen heute wie schon vor 50 Jahren ohne den geringsten Selbstzweifel vorher, dass wir um 2050 in einer perfekt designten »grünen« Welt leben werden, voll herrlicher Elektromobile, prächtiger Windmühlen, durchzogen von vor Intelligenz sprühenden Leitungsnetzen, mit implantierten RFID-Chips8 im Unterarm zum bargeldlosen Bezahlen unserer »nachhaltigen« Konsumgüter, mit Proteinen und Vitaminen aus üppig gedeihenden Hochhausgärten, die von smarten jungen Migrantinnen und Migranten aus den vom Klimawandel betroffenen Dürregebieten in sonniger Harmonie mit einheimischen High Potentials9 gewässert werden, während innovative Unternehmen die ersten wüstentauglichen Gen-Getreidesorten ankündigen, die gar kein Wasser mehr brauchen. Dazu versprechen sie ein Finanzsystem, das nie mehr zusammenbrechen kann und den dann Hyperreichen garantiert keine Verluste mehr bescheren wird – wobei die restlichen 99 Prozent der Menschheit mit einem bedingungslosen Schweigegeld in Form eines auskömmlichen Grundeinkommens ruhiggestellt sind. Und das alles und mehr in einer heroisch-hedonistischen Allianz aus kapitalistischer Wirtschaft und ihr genehmen Pseudoregierungen von Bankers Gnaden. Sie vertrauen darauf, dass sich »die Märkte«, vor allem in ihren indischen, chinesischen und brasilianischen Phänotypen, ständig etwas Neues einfallen lassen werden, das konsumiert werden kann, um immer größeren Wohlstand für alle mit immer weniger Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung und CO2-Ausstoß anzuhäufen. – Mir fehlt nicht nur der Glaube an all das, mich schüttelt es bei dieser »schönen neuen Welt«. Wer derlei Seifenblasen nicht mit stabilen Expeditionsfahrzeugen für die Reise ins Unbekannte verwechselt, dürfte, wie ich, wohl dazu neigen, nur die eine Aussicht für sicher anzunehmen: dass unser Himmelsritt ein baldiges Ende finden wird, ja muss. Und da zumindest in den heute noch wohlhabenden Multioptionsgesellschaften10 erste Anzeichen zu erkennen sind, dass sich ein nicht mehr ganz unerheblicher Teil der Bevölkerung den Machbarkeitsdogmen der Marktprofiteure nicht länger...