Heitmann | In einer Sommernacht wie dieser | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Heitmann In einer Sommernacht wie dieser


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-86274-756-6
Verlag: Oetinger
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-86274-756-6
Verlag: Oetinger
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Als die 17-jährige Leo auf den undurchschaubaren Alexei trifft, gibt der ihr nicht nur Rätsel auf, sondern bringt auch ihre Gefühle ganz schön durcheinander. Doch dann passiert ein Mord, und Leo muss sich fragen, ob Alexei etwas damit zu tun hat. Dass sie trotzdem weiterhin an ihn glaubt, bringt sie am Ende sogar in Lebensgefahr. Aber es macht Leo auch stärker. Kann sie ihrer Liebe wirklich trauen?' In einer Sommernacht wie dieser' von Bestseller-Autorin Tanja Heitmann verbindet atmosphärische Romantik mit einer guten Portion Thrill.

Tanja Heitmann, 1975 in Hannover geboren, studierte Politikwissenschaften und Germanistik und arbeitet in einer Literaturagentur. Sie hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, viele davon im Bereich Mystery und Magie.

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1
Das Erste, was Leo sah, war ein fallender Mensch. Die Arme weit ausgebreitet, so als würde er fliegen. Doch er flog nicht, sondern fiel. Ein Sturz von der obersten Plattform des Baugerüsts, das die alte Villa umgab. Der Aufschlag des Mannes entging Leo. Das Taxi, auf dessen Rücksitz sie mit weit aufgerissenen Augen saß, zwängte sich genau in diesem Moment an einem Kipplaster vorbei. Kaum hielt das Taxi an, sprang Leo auch schon heraus und rannte auf die Stelle zu, wo der Mann aufgekommen sein musste. Abgeschlagener Putz knirschte unter ihren Schuhsohlen, und sie musste über einen Stapel Holzplatten steigen, ehe sie vor einem gewaltigen Rhododendron zum Stehen kam, in dem der Mann mit immer noch ausgebreiteten Armen gelandet war. »Geht es Ihnen gut?« Besorgt beugte sich Leo vor und berührte einen seiner verdreckten Arbeitsstiefel. »Hören Sie mich?« Der Mann stöhnte, dann hob er den Kopf und blickte sie verwirrt an. »Warten Sie, ich helfe Ihnen.« Gerade als Leo sich zwischen die Zweige des Strauches zu ihm zwängen wollte, wurde sie bei der Schulter gepackt und beiseitegezogen. »Lass mal, Mädchen«, sagte ein Mann mit bellender Stimme. »Wir machen das schon.« Leo wollte widersprechen, aber da tauchten bereits zwei weitere Männer auf und griffen dem Gestürzten unter die Arme. »Vorsichtig!«, rief Leo. »Er könnte sich was gebrochen haben oder am Rücken verletzt sein.« »Unsinn, dem ist nichts passiert. Und du kommst da jetzt mal weg«, knurrte der Mann, der sie immer noch an der Schulter festhielt, und zog sie ein Stück zurück. Leo kam ins Stolpern. Mit einem atemlosen »He!« schüttelte sie seine Hand ab, dann war ihre Aufmerksamkeit auch schon wieder bei dem Verletzten, der unter Stöhnen auf die Beine gezerrt wurde. Er war dürr und trug die gleiche staubige Bauarbeiterkluft wie die beiden Männer, die ihn aus dem Gebüsch befreit hatten. Sein Gesicht war zu sonnenverbrannt, um sein Alter zu schätzen. Irgendwas zwischen dreißig und fünfzig, vermutete Leo. Die Art, wie er seinen rechten Arm hielt, verriet, dass der Sturz keineswegs glimpflich ausgegangen war. Hastig holte Leo ihr Handy aus der Rocktasche, nur um festzustellen, dass sie keinen Empfang hatte. Sie wirbelte um die eigene Achse und winkte dem Taxifahrer zu, der mit verschränkten Armen neben seinem Wagen stand. »Rufen Sie bitte einen Krankenwagen über Funk!« »Nicht nötig«, mischte sich die bellende Stimme wieder ein. Gereizt warf Leo dem Mann einen Blick zu. Er war zwar einen halben Kopf kleiner als sie, aber von massiver Statur. Sein Gesicht war puterrot, allerdings nicht von der Sonne, sondern es sah eher so aus, als ob dieser Mann unter Dauerstrom stand. Die buschigen Augenbrauen waren zusammengezurrt und betonten die tief eingegrabene Zornesfalte, während sich unter seinem verkniffenen Mund das Kinn wie bei einer Bulldogge vorschob. »Hast du gehört, was ich gesagt habe, Kleine?« Unwillkürlich wich Leo einen Schritt zurück und ärgerte sich sofort darüber. Zurückweichen war nicht ihr Stil. »Vielleicht machen Sie mal die Augen auf und sehen genau hin«, sagte sie. »Der Arm des Mannes ist hundertpro gebrochen. Gut möglich, dass das sogar operiert werden muss. Außerdem kann bei einem Sturz aus solcher Höhe sonst was passiert sein – innere Blutungen oder eine üble Gehirnerschütterung.« Die Bulldogge musterte sie abfällig. »Hör mal, du kannst so viel Fräulein Doktor spielen, wie du willst. Aber nicht hier und nicht jetzt. Wenn ich sage, der Mann hat nix, dann hat der nix.« »Ja, klar«, sagte Leo, um dann dem untätig herumstehenden Taxifahrer zuzurufen: »Wenn Sie nicht sofort einen Krankenwagen holen, zeige ich Sie wegen unterlassener Hilfeleistung an, verstanden?« Fluchend rannte die Bulldogge auf den Taxifahrer zu, der sich einem plötzlichen Sinneswandel folgend in sein Taxi gesetzt hatte und nach dem Funkgerät griff. Mit einem Grinsen wandte sich Leo wieder dem Verletzten zu, der leicht wankend zwischen seinen beiden Helfern stand. »Sollen wir den Arm irgendwie stabilisieren, bis der Notarzt da ist?«, fragte sie. Drei Augenpaare blickten sie ratlos an. »Dann tut es nicht mehr so weh bei jeder Bewegung. Ich habe mir vor zwei Jahren mal den Oberarm beim Windsurfen gebrochen, der Weg zum Krankenhaus war die Hölle, was echt nicht hätte sein müssen«, redete Leo weiter, ohne damit eine Reaktion zu erzielen. Sie wurde einfach nur angestarrt. Mittlerweile von einem halben Dutzend Augenpaaren. Weitere Arbeiter waren dazugekommen und tuschelten miteinander. Dabei beobachteten sie Leo, als sei sie eine Erscheinung und nicht etwa ein knapp siebzehnjähriges Mädchen in einem zerknitterten Sommerkleid und irgendwie mit einem Haarband hochgebundenen Haaren. »Kann mal jemand einen Erste-Hilfe-Koffer holen?«, fragte Leo. Statt einer Antwort wurde sie nur noch intensiver angestarrt. »Lass gut sein, von denen kann nur Radu ein bisschen Deutsch.« Eine neue Stimme in dem Durcheinander. Klar und ruhig. Sie gehörte einem Jungen, der gerade vom Fahrrad stieg. Ein altersschwaches Teil, das anscheinend nur von seinem flaschengrünen Anstrich mit gelben Streifen zusammengehalten wurde. Der Junge nickte in Richtung des Verletzten. »Radu ist der mit dem kaputten Arm. Aber der versteht bestimmt nicht, was du mit ›Erste Hilfe‹ und ›stabilisieren‹ meinst.« »Das erklärt einiges.« Leo musterte den Jungen, der auf sie zukam. Er hatte dasselbe braun gebrannte Gesicht und trug die gleichen abgenutzten Arbeiterklamotten wie die anderen Männer, allerdings war er eindeutig jünger. Vielleicht so um die achtzehn Jahre alt, schätzte Leo. Und seine Haare waren nicht kurz geschoren und voller Staub vom Putz, sondern er hatte rausgewachsene Locken, denen die Sonne einen Goldstich ins dunkle Braun gebleicht hatte. »Kannst du Radu – in welcher Sprache auch immer – sagen, dass der Krankenwagen gleich kommt?« »Nein, ich spreche nur ein paar Brocken Rumänisch. Außerdem wäre das eh verschenkt, weil das mit dem Krankenwagen nichts wird.« Er deutete mit dem Kinn in Richtung Taxi. Der Fahrer hatte in der Zwischenzeit Leos Gepäck auf dem Vorhof zwischen Farbeimern und Bauschutt abgeladen und machte sich anschließend aus dem Staub, während die Bulldogge mit einem mittlerweile tiefroten Gesicht auf sie zukam. »Du schuldest mir dreißig Euro für die Taxifahrt und außerdem noch einen Fünfziger, Mädchen. Den Fuffi musste ich diesem Arschloch von einem Taxifahrer nämlich in die Hand drücken, damit er das Funkgerät weglegt und sich verpisst.« Sprachlos starrte Leo den Mann an. »Und ihr«, sagte er den Arbeitern, die unschlüssig hinter Leo standen, als wäre sie ein menschlicher Schutzschild gegen seinen Zorn, »ab mit euch! Plecat, plecat!« Sofort kam Bewegung in die Beine der Männer, und sogar der Verletzte humpelte trotz sichtlicher Schmerzen davon. Der Einzige, den das alles nicht zu kümmern schien, war der Junge mit dem Fahrrad. Mit aufmerksamem Blick blieb er neben Leo stehen und beobachtete die Szene. Mittlerweile hatte Leo begriffen, warum die Bulldogge dafür gesorgt hatte, dass kein Krankenwagen kam. »Das sind alles Schwarzarbeiter. Deshalb wollen Sie nicht, dass der Mann ärztlich behandelt wird – egal, was ihm passiert ist. Weil das Ganze dann auffliegen würde. Sind Sie hier der Baustellenleiter?« Die Bulldogge nickte. »Ja, das bin ich. Horst Bender. Und wer zur Hölle bist du? Etwa die Freundin von diesem arroganten Arschloch da?« Er zeigte auf den Jungen, der als Reaktion bloß die Hände in die Hosentaschen steckte. »Ich bin Leonie Kressberg, die Tochter von Clemens Kressberg, in dessen Auftrag Sie die Villa renovieren.« Damit hatte dieser Bender nicht gerechnet. Nachdenklich schob er sich die Zunge von innen gegen die Wange. »Schau mal einer an … Wie auch immer, Herr Clemens hat vorhin angerufen und gesagt, dass er erst morgen kommt. Deshalb schieben wir hier ja noch Überstunden, damit der Kasten endlich fertig wird.« Leo kroch die Wut kalt den Nacken hoch. »Und weil Sie unter Zeitdruck stehen, beschäftigen Sie auf der Baustelle meines Vaters Schwarzarbeiter? Das ist echt ein Ding. Am besten packen Sie jetzt schon einmal Ihre Sachen zusammen, denn wenn mein Vater davon erfährt, schmeißt er Sie eh hochkant raus.« Doch anstatt klein beizugeben, grinste Bender sie abfällig an. »Das glaube ich nicht, Schätzchen.« »Was Sie glauben, ist mir komplett egal. Ich kenne meinen Vater, der würde so was auf keinen Fall dulden. Also sehen Sie lieber zu, dass der verletzte Mann anständig medizinisch behandelt wird, sonst …« »Sonst was?« Bender baute sich eine Handbreit vor Leo auf, die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt, so als könne er sie wie ein Bulldozer rammen, wenn er nur wollte. Leo schob das Kinn vor. Der reinste Bluff, in Wahrheit raste ihr Herz wie wild. »Kommen Sie mir ja nicht auf die Tour.« Leider klang sie nicht halb so gelassen, wie sie es sich erhofft hatte. Und leider fiel Bender auch nicht darauf herein. Ohne sie weiter zu beachten, wandte er sich seinen Arbeitern zu und rief ihnen etwas in einer Sprache zu, die Leo nicht verstand. Aber sie verstand den Gesichtsausdruck der Arbeiter: Sie sahen sie plötzlich feindselig an. Unbehagen stieg in Leo auf, und sie war froh, nicht allein zu sein, auch wenn der Junge neben ihr bloß mit gekrauster Stirn dastand. »Falls es dich interessiert …« Bender drehte sich mit einem Grinsen zu Leo um. »Ich habe den Arbeitern erzählt,...


Tanja Heitmann, 1975 in Hannover geboren, studierte Politikwissenschaften und Germanistik und arbeitet in einer Literaturagentur. Sie hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, viele davon im Bereich Mystery und Magie.



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