E-Book, Deutsch, Band 18, 307 Seiten
Reihe: Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung
Helmchen / Melo-Pfeifer / Rosen Mehrsprachigkeit in der Schule
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8233-0290-2
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ausgangspunkte, unterrichtliche Herausforderungen und methodisch-didaktische Zielsetzungen
E-Book, Deutsch, Band 18, 307 Seiten
Reihe: Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung
ISBN: 978-3-8233-0290-2
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Band richtet sich gleichermaßen an Forschende und Lehrende in Bildungseinrichtungen für die verschiedensten Altersstufen, die sich nicht nur für die vielfältigen Dimensionen und Potenziale von Mehrsprachigkeit und ihrer Didaktik interessieren, sondern die den Wunsch der Herausgeber:innen teilen, Brücken zwischen Erkenntnissen der Forschung und ihrer unterrichtspraktischen Umsetzung zu schlagen, Phänomene der Mehrsprachigkeit in ihrer ganzen lebensweltlichen Fülle zu verstehen und kritisch zu beurteilen und schließlich daran mitzuwirken, dass der Fremdsprachenunterricht durch seine Öffnung für sprachenübergreifendes Lernen einen konstitutiven Beitrag zu einer zeitgemäßen Erziehung in einer wesentlich durch Vernetzung gekennzeichneten Welt leistet.
Christian Helmchen ist promovierter Pädagoge mit den Schwerpunkten Fremdsprachendidaktik, Mehrsprachigkeit und Pädagogische Psychologie.
Sílvia Melo-Pfeifer ist Professorin für Didaktik der romanischen Sprachen (Französisch und Spanisch) an der Universität Hamburg.
Dr. Julia von Rosen unterrichtet Französisch, Philosophie und Musik an Gymnasien und ist Abteilungsleiterin der Oberstufe am Marion Dönhoff Gymnasium in Hamburg.
Autoren/Hrsg.
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3 Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren – ein neuer Lernbereich für den Sprachunterricht in Thüringen
Die in den Thüringer Lehrplänen formulierten sprachenübergreifenden Kompetenzen gehen über das unter Punkt 2 beschriebene Grundverständnis hinaus. Impulscharakter hatten dabei v.a. die Ergebnisse von theoriegeleiteten Praxiserkundungen in Thüringen (cf. Behr 2007) als auch bildungspolitische Forderungen nach mehrsprachigkeitsdidaktischen Konzepten und der Entwicklung von Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz, z. B. in den nationalen Bildungsstandards (KMK 2012). Erprobungserfahrungen in Thüringen zeigen, dass v.a. die Anwendung von Strategien der bewussten Wahrnehmung, der Reflexion, der pro- und retroaktiven Verknüpfung und des zwischensprachlichen Transfers von individuell verfügbarem sprachlichem, soziokulturellem und strategischem Wissen in der Muttersprache und den erlernten Fremdsprachen eine wesentliche Reserve für die Erhöhung der einzelsprachlichen Kompetenz darstellen (cf. Behr 2007, 19-33). Dieser Befund entspricht einschlägigen Ergebnissen der mehrsprachigkeitsdidaktischen Forschung, wonach lernrelevantes Vorwissen ein entscheidender Faktor für den Lernerfolg ist und Lerngegenstände miteinander interagieren (cf. z. B. Bausch, Königs & Krumm 2004; Meißner 2003, 2005). Die benannten Praxiserkundungen in Thüringen verdeutlichen, dass durch die Betonung der Kategorien Vergleich, Transfer und Reflexion im Unterricht der reflektierte Umgang mit der Funktionalität sprachlicher Formen und Strukturen, Gemeinsamkeiten, Unterschieden und Besonderheiten sprachlicher und nichtsprachlicher Mittel und ihrer Verwendung, dem Zusammenwirken von Sprache und Kultur, Strategien zur Förderung der Kommunikation maßgeblich angeregt und die Evaluation des eigenen Lernprozesses gefördert werden kann (cf. Behr 2007, 184-88). Für die Lehrplankonzeption erwuchs hieraus die Überlegung, einen eigenständigen Lernbereich verbindlich einzuführen, in dem „[…] die Reflexion über Sprache, ihre Verwendung und den eigenen Sprachlernprozess“ (Lehrplankapitel 1.2.4) im Zentrum steht und der „dezidiert auf die Entwicklung sprachenübergreifenden Lernens ausgerichtet“ (ebd.) ist und die „Entwicklung von Sprach- und Sprachlernbewusstheit“ (ebd.) fördert. Mit dem Lernbereich „Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren“ wurde dieses Anliegen umgesetzt. Das unter Punkt 2 beschriebene Grundverständnis sprachenübergreifender Kompetenzentwicklung wird hier nun ergänzt um den Fokus auf die pro- und retroaktive Verknüpfung und den zwischensprachlichen Transfer von individuell verfügbarem sprachlichem, soziokulturellem und strategischem Wissen in der Muttersprache und den erlernten Fremdsprachen. Hierbei erfolgte die Zielbeschreibung – der Thüringer Lehrplankonzeption und Diktion folgend – für das fachlich-inhaltliche Lernen (Sachkompetenz), das methodisch-strategische Lernen (Methodenkompetenz) sowie für das sozial-kommunikative (Sozialkompetenz) und das selbstbeobachtende/selbstregulierende Lernen (Selbstkompetenz). Diesen Ansatz sprachenübergreifender Kompetenzbeschreibung verdeutlicht die nachfolgende Tabelle für die Sekundarstufe I. Sie ist Bestandteil des Lehrplankapitels 1.2.4 und in dieser Form in jedem Sprachenlehrplan enthalten. Klassenstufen 5 – 10 Sachkompetenz Der Schüler kann die Funktionalität sprachlicher Mittel erkennen und unter Verwendung von Fachterminologie erklären, vorhandene sprachliche und nichtsprachliche Mittel in der deutschen Sprache, ggf. in seiner Herkunftssprache und in den erlernten Fremdsprachen für das Verstehen und Sich-Verständigen nutzen, Hypothesen zur Erschließung sprachlicher und nichtsprachlicher Mittel formulieren, an ausgewählten Beispielen das Zusammenwirken von Sprache und Kultur erklären, Methoden und Strategien des Spracherwerbs beschreiben. Methodenkompetenz Der Schüler kann Techniken des Sprachenvergleichs selbstständig anwenden, das Ergebnis und die Vorgehensweise beim Sprachenvergleich dokumentieren, präsentieren, kommentieren, Strategien des Sprachenlernens erklären und die für den individuellen Lernprozess in der jeweiligen Sprache geeigneten auswählen und anwenden. Selbst- und Sozialkompetenz Der Schüler kann sprachliche und nichtsprachliche Phänomene aufmerksam und bewusst wahrnehmen, über eigene Sprachlernstrategien reflektieren, seine Kompetenzentwicklung einschätzen und ggf. dokumentieren. Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren (aus: Lehrplankapitel 1.2.4). Die o.g. sprachenübergreifenden Zielformulierungen erfahren für den Unterricht in der jeweiligen Sprache eine sprachen- sowie altersspezifische Ausprägung und werden in den Lehrplanteilen der gymnasialen Oberstufe fortgeführt. Dabei werden „in Abhängigkeit von der jeweiligen sprachlichen Kompetenz […] die deutsche Sprache und/oder die Fremdsprache als Medium für Erläuterungen von Ergebnissen und entsprechenden Vorgehensweisen beim Sprachenvergleich, für das Bilden von Hypothesen und für die Reflexion genutzt“ (Lehrplankapitel 1.2.4). Die Abbildung des Lernbereichs „Über Sprache, Sprachenlernen und Sprachverwendung reflektieren“ in einem einzelsprachlichen Lehrplan, die Zuordnung von sprachenübergreifenden Zielen zu bestimmten Klassenstufen und die damit verbundene Progression der Kompetenzentwicklung werden in der folgenden Übersicht am Beispiel einer zweiten Fremdsprache – hier des Französischlehrplans für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife – für die Sach- und die Methodenkompetenz in der Sekundarstufe I abgebildet. Die Progression zeigt sich in der Verwendung unterschiedlicher Operatoren, einem unterschiedlichen Grad an erwarteter Selbstständigkeit, der Bindung an die jeweiligen niveauspezifischen sprachlichen Mittel sowie Rezeptions- und Produktionsstrategien (diese zeigt sich in der Tabelle durch den Verweis auf das jeweilige klassenstufenbezogene Lehrplankapitel), der Ausweisung unterschiedlicher Gegenstände für den Sprachen- bzw. Kulturvergleich, dem Grad der Komplexität zu nutzender Techniken und Strategien, dem Anwendungsspektrum für Techniken des Sprachenvergleichs. Sachkompetenz Klassenstufen 5/6 – A1 Klassenstufen 7/8 – A2 Klassenstufen 9/10 – B1 Der Schüler kann vorhandene sprachliche und nichtsprachliche Mittel in der deutschen Sprache, ggf. in seiner Herkunftssprache, und in den erlernten Fremdsprachen für das Verstehen und das Sich-Verständigen im Französischen nutzen und darüber reflektieren, die Funktion bekannter sprachlicher Phänomene, z. B. Wortarten, Satzglieder, Tempusformen (vgl. 2.4.3) erkennen und unter Verwendung lateinischer Fachtermini benennen, die Funktion bekannter sprachlicher Mittel z. B. Wortarten, Satzglieder, Tempusformen (vgl. 2.4.3) erkennen und unter Verwendung der Fachterminologie erklären, Hypothesen zur Erschließung von elementarem Wortschatz sowie von einfachen Strukturen auf der Grundlage von Vorwissen unter Anleitung bilden, Hypothesen zur Erschließung von elementarem Wortschatz sowie von einfachen Strukturen auf der Grundlage von Vorwissen, ggf. unter Anleitung, bilden, Hypothesen zur Erschließung sprachlicher und nichtsprachlicher Mittel formulieren, über die Angemessenheit einfacher sprachlicher Mittel, z. B. Anrede- und Höflichkeitsformen, sowie nichtsprachlicher Mittel, z. B. Mimik und Gestik, unter Anleitung reflektieren, über die Angemessenheit einfacher sprachlicher Mittel, z. B. Anrede- und Höflichkeitsformen, sowie nichtsprachlicher Mittel, z. B. Mimik und Gestik, ggf. unter Anleitung, reflektieren, an ausgewählten Beispielen das Zusammenwirken von Sprache und Kultur erklären, z. B. bezogen auf die Verwendung von Wortschatz in chansons, Märchen, ideomatischen Redewendungen, Werbetexten, Methoden und Strategien unter Anleitung beschreiben für das Einprägen von Wortschatz und Strukturen im Französischen (vgl. 2.4.3), die Rezeption französischsprachiger Texte (vgl. 2.1.1) die Produktion französischsprachiger Texte (vgl. 2.1.2) das Lösen von Aufgaben zur Sprachmittlung (vgl....