Hennig | Nominalstil | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 254 Seiten

Reihe: narr STUDIENBÜCHER

Hennig Nominalstil

Möglichkeiten, Grenzen, Perspektiven

E-Book, Deutsch, 254 Seiten

Reihe: narr STUDIENBÜCHER

ISBN: 978-3-8233-0208-7
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Studienbuch bietet die erste umfassende Überblicksdarstellung zum weit verbreiteten Phänomen des Nominalstils. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der grammatischen Seite des Phänomens. Da ,Nominalstil' als Komplementärbegriff zu ,Verbalstil' begriffen wird, wird ein systematischer Vergleich der verbalstilistischen und nominalstilistischen Realisierung von Satzinhalten vorgenommen. Zentrale Theoriebausteine sind die Satzsemantik von von Polenz (2008), die Betrachtung von Satz und Nominalgruppe als strukturelle Domänen (Czicza 2015) sowie die Überlegungen zur Valenzvererbung von Welke (2011). Den Phänomenen Nominalisierung und Attribution widmet das Studienbuch besondere Aufmerksamkeit, weil sie zentral für die Überführung von Satzinhalten von verbalen in nominale Strukturen sind. Auf der Basis von Überlegungen zu nominaler Komplexität werden auch die Grenzen des nominal Sagbaren (Stichwort ,Komplikation') diskutiert. Das Buch bemüht sich auf diese Weise um eine kohärente Begriffsbestimmung und bietet gleichzeitig mit detaillierten Beispielanalysen Anschauungsmaterial für die akademische Lehre.

Prof. Dr. Mathilde Hennig ist seit 2009 Inhaberin der Professur für Germanistische Linguistik mit dem Schwerpunkt Sprachtheorie und Sprachbeschreibung an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
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Nominalgruppe
Bei der Begriffsbestimmung von Nomen und Nominalisierung haben wir bereits auf den Begriff der Nominalgruppe zurückgegriffen. Mit dem Hinweis auf die Einschätzung von von Polenz, dass mit ‚Nominalstil‘ eigentlich ‚Nominalgruppenstil‘ gemeint sei, ist bereits deutlich geworden, dass es sich bei ‚Nominalgruppe‘ um einen Zentralterminus für die Beschäftigung mit Nominalstil handelt. Diskurs: Nominalgruppe oder Nominalphrase? Wie auch andere hier diskutierte Terminologiepaare sind ‚Nominalphrase‘ und ‚Nominalgruppe‘ keineswegs synonym. Häufig geht es bei der Entscheidung für einen der beiden Termini um die Verortung in einem grammatiktheoretischen Kontext. So ist ‚Nominalphrase‘ bspw. ein fester Grundbegriff der Generativen Grammatik. Alternativ dazu kann auch zwischen ‚Gruppe‘ als losere Verbindung und ‚Phrase‘ als grammatikalisierte Verbindung mit festen phrasenstrukturellen Eigenschaften unterschieden werden (vgl. Eroms 2016). Gerade für die Beschäftigung mit Grammatikalisierung ist diese Unterscheidung hilfreich, weil mit ihr die Entwicklung von einer loseren Verbindung hin zu einer Struktur mit festen Phraseneigenschaften eingefangen werden kann (vgl. Eroms 2016). Eine solche diachrone Perspektive nimmt das vorliegende Studienbuch aber nicht ein. Da bei der Modellierung syntaktischer Grundstrukturen hier vordergründig auf Eisenbergs Grammatik zurückgegriffen wird, verwenden wir in Anlehnung an Eisenberg den Terminus ‚Nominalgruppe‘. Für eine Annäherung an den Begriff der Nominalgruppe ist zweierlei relevant: ihre interne Struktur sowie ihre syntaktische Funktion. Für die Erfassung der internen Struktur von Nominalgruppen greifen wir hier auf den Begriff des ‚Wortgruppenglieds‘ von Ágel (2017: 20ff.; 691ff.) zurück. Dabei handelt es sich um einen Terminus, der gezielt eine Analogie zum Terminus ‚Satzglied‘ herstellt: Satzglieder sind satzgrammatische Funktionen von grammatischen Formen, Wortgruppenglieder sind wortgruppengrammatische Funktionen von grammatischen Formen (Ágel 2017: 23). Hinter dieser Analogie steckt die folgende Grundidee: Wenn etwas (in unserem Fall: eine grammatische Form) Bestandteil einer größeren Einheit (in unserem Fall: eines Satzes oder einer Wortgruppe) ist, dann muss es eine Funktion in Bezug auf diese größere Einheit haben. Salopp formuliert: Es gibt keine Aliens in Sätzen oder Wortgruppen. Diesen wichtigen Kerngedanken wollen wir hier in Bezug auf die Glieder von Nominalgruppen weiter verfolgen. Als Nominalgruppenglieder betrachten wir hier Kerne (Nomen), Köpfe (Artikel) und Attribute. Da ‚Attribut‘ ein Zentralbegriff für die Beschäftigung mit Nominalstil ist, widmen wir diesem Wortgruppenglied einen eigenen Abschnitt. Diskurs: Köpfe und Kerne Es ist bereits deutlich geworden, dass das Nomen eine zentrale Funktion in der Nominalgruppe übernimmt. Diese zentrale Funktion wird in manchen Darstellungen mit dem Terminus ‚Kopf‘ und in anderen mit dem Terminus ‚Kern‘ erfasst. So bezeichnet die IdS-Grammatik das „strukturelle und funktionale Zentrum einer Wortgruppe“ als Kopf (1997: 72). Das ist in Bezug auf die Nominalgruppe nicht unproblematisch, weil das Nomen nicht gleichzeitig strukturelles und funktionales Zentrum ist. Es ist vielmehr „nur“ das lexikalische Zentrum (Eisenberg 2013b: 53; Ágel 2017: 698). Die Rede von einem lexikalischen Zentrum ergibt Sinn, wenn man diesen Begriff vom Artikel als grammatischem Zentrum der Nominalgruppe abgrenzt (Eisenberg u. Ágel ebd.). Der Artikel wird in dieser Tradition als ‚Kopf‘ bezeichnet. Diese Verwendung des Terminus ‚Kopf‘ ist also nicht identisch mit der Verwendung des Terminus ‚Kopf‘ in der IdS-Grammatik. Mit der Unterscheidung von Köpfen und Kernen knüpft Eisenberg an die syntaktischen Grundüberlegungen von Oliver Teuber (2005) an (die dieser seiner Dissertation zu analytischen Verbformen als Begriffsapparat voranstellt). Köpfe und Kerne werden bei Teuber und Eisenberg ebenso wie die klassischen Satzgliedbegriffe als syntaktische Relationen erfasst. An diese Tradition knüpft auch Ágel an (2017), der – wie bereits ausgeführt – für die syntaktischen Relationen in der Wortgruppe in Analogie zu den syntaktischen Relationen im Satz den Terminus ‚Wortgruppenglied‘ einführt. Die Dudengrammatik verwendet ebenso wie Eisenberg den Terminus ‚Kern‘ für das Nomen in einer Nominalgruppe (dort aber Nominalphrase). Für die Funktion des Artikels verwendet Peter Gallmann, der Autor des Satzkapitels in der Dudengrammatik, keinen gesonderten Terminus. Auf sein Konzept des Hauptmerkmalträgers werden wir unten genauer eingehen. Es erweist sich als wichtig, die Wortgruppenfunktion des Nomens von der Wortgruppenfunktion des Artikels abzugrenzen. Was mit der Redeweise vom Artikel als grammatisches Zentrum gemeint ist, sollen die folgenden Beispiele illustrieren:   Maskulinum (stark) Maskulinum (schwach) Femininum Nominativ der Mann die Männer der Automat die Automaten die Frau die Frauen Genitiv des Mannes der Männer des Automaten der Automaten der Frau der Frauen Dativ dem Mann den Männern dem Automaten den Automaten der Frau der Frauen Akkusativ den Mann die Männer den Automaten die Automaten die Frau die Frauen Exemplarische Paradigmen deutscher Substantive Die Beispiele zeigen, dass die grammatischen Kategorien der Nominalgruppe (Genus, Kasus, Numerus) am Artikel deutlich häufiger sichtbar werden als am Substantiv: Das starke Maskulinum Mann hat im Singular nur im Genitiv eine eindeutige Kasusendung, sie ist allerdings mit der Endung des Artikels identisch und dadurch redundant. Im Plural lässt sich nur der Dativ von den anderen Kasus unterscheiden. Beim schwachen Maskulinum Automat ist nur der Nominativ Singular von den anderen Kasus unterscheidbar, alle anderen Kasus im Singular sowie alle Kasus im Plural tragen die schwache Endung -en. Beim Femininum Frau schließlich sind nur Singular und Plural unterscheidbar. Für die Maskulina bietet der Artikel im Singular unterschiedliche Formen für alle vier Positionen im Paradigma, im Plural sind immerhin nur Nominativ und Akkusativ synkretistisch, also mehrdeutig. In Bezug auf die Funktion der Kennzeichnung der nominalen Kategorien durch den Artikel spricht Gallmann in der Dudengrammatik von einem ‚Hauptmerkmalträger‘ (2016: 955). Das muss nicht unbedingt ein Artikel sein, auch ein stark dekliniertes Adjektiv kann diese Funktion übernehmen, wenn kein Artikel mit entsprechender Endung vorhanden ist: D-er starke schwarze Kaffee hilft da sicher. Dies-er starke schwarze Kaffee hilft da sicher. Mein stark-er schwarz-er Kaffee hilft da sicher. Ein stark-er schwarz-er Kaffee hilft da sicher. Stark-er schwarz-er Kaffee hilft da sicher. (Dudengrammatik 2016: 956) In der Terminologie von Eisenberg ist der Hauptmerkmalträger Kopf einer Nominalgruppe. Die Konsequenz dieser Auffassung ist im Grunde genommen, dass auch die Flexionsendung eines stark deklinierten...


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