Henry | Gideon Green - Das Leben ist nicht schwarz-weiß | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 404 Seiten

Henry Gideon Green - Das Leben ist nicht schwarz-weiß


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7348-0418-2
Verlag: Magellan Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 404 Seiten

ISBN: 978-3-7348-0418-2
Verlag: Magellan Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eigentlich hat Gideon seine Karriere als Detektiv ja längst an den Nagel gehängt. Damals, nach den Vorkommnissen auf dem Schuldach. Doch dann steht plötzlich Lily vor der Tür, die mal sowas wie seine beste Freundin war. Sie ist da einer Sache auf der Spur und dafür braucht sie Gideons Hilfe. Und weil eben niemand so ein gutes Gespür hat für Verbrechen wie Gideon, kann er quasi nicht Nein sagen. Aber mit wem haben sie sich da angelegt? Als es schließlich um einen echten Mord geht und Gideon eine Verschwörung bis in die höchsten Kreise der Stadt wittert, muss er feststellen, dass das Leben so gar nichts mit einem Film noir zu tun hat. Spannende und vielschichtige Coming-of-Age Geschichte über einen jugendlichen Detektiv, die durch feinen Humor, Schlagfertigkeit und Film-noir-Referenzen besticht.

Katie Henry schreibt mit Leidenschaft Bücher und Theaterstücke für ihre liebste Bevölkerungsgruppe: Teenager. Ihre Stücke werden in Schulen und Jugendzentren in ganz Nordamerika aufgeführt. Sie hat ihren Abschluss an der renommierten Tisch School of the Arts gemacht und lebt in New York. Online ist sie unter katiehenrywrites.com zu finden.

Henry Gideon Green - Das Leben ist nicht schwarz-weiß jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Kapitel 1
Die drittgrößte Tragödie meines Lebens ist, dass ich nicht in einem Film noir lebe. Die zweitgrößte Tragödie meines Lebens ist, dass es noch vierhundertachtundneunzig Tage bis zu meinem achtzehnten Geburtstag sind, dass es also vierhundertachtundneunzig Tage dauert, bis ich aus San Miguel, Kalifornien wegkomme oder, genauer gesagt, aus der Presidio Highschool oder, allgemeiner gesprochen, aus der Warteschleife, in der mein Leben kreist. Welche die größte Tragödie ist, tut nichts zur Sache, denn die geschah vor langer Zeit und ist weder interessant noch außergewöhnlich. Sie trifft viele Leute, und ich bleibe lieber bei den Punkten, in denen ich mich von anderen unterscheide. Zwei Beispiele: Alle anderen, die ich in der Mittagspause sehe, haben Shorts und T-Shirt an, ich trage einen Trenchcoat. Alle anderen essen in der Gruppe, ich esse allein. Aber das ist schon okay. Es ist sogar gut so, weil ich so in aller Ruhe nachdenken kann. Zum Beispiel darüber, warum im Film noir nie einer sein Mittagessen aus einer braunen Papiertüte holt. Mir fällt kein einziger Film noir ein, in dem der Privatdetektiv ein Hühner-Focaccia-Sandwich gegessen hätte, und ich habe so gut wie alle Kriminalfilme aus den Dreißiger- und Vierzigerjahren gesehen. In einem Film noir geht auch keiner auf die Highschool, aber egal, wie oft ich Dad darum bitte: Er lässt mich die Schule nicht abbrechen. Deshalb sitze ich hier. Wer sich eine Schulcafeteria vorstellt, in der ich mich zur Essensausgabe anstelle und die Tische für rivalisierende Cliquen reserviert sind, liegt falsch. Das ist ein Klischee. Jedes Filmgenre hat seine Klischees, die garantiert auftauchen und die man auch erwartet – und gibt es im Teeniefilm ein verbreiteteres Klischee als Cliquen in der Cafeteria? Vielleicht schon. Ich schaue mir nicht so viele Teeniefilme an. Aber wir sind in Südkalifornien. Nichts findet hier in Innenräumen statt, wenn es nicht unbedingt sein muss, und deshalb sind die Bänke und Metalltische draußen über den ganzen Schulhof verteilt. Alles hat hier reichlich Platz, egal ob Schnellstraßen oder Mittagstische. Und der einzige Mensch, der an einem bestimmten Tisch hängt, bin ich. Da räuspert sich jemand. Erst jetzt merke ich, dass sich eine ganze Horde um meinen Tisch versammelt hat. Das mit den Highschool-Cliquen ist, wie gesagt, ein Klischee, aber wenn ich dieser speziellen Gruppe einen Namen verpassen sollte, würde ich sie als »Elite-Uni-Überflieger« bezeichnen. Das sind die klassischen Streber, die alle möglichen Zusatzkurse belegen. Die würden dich mit bloßen Händen erwürgen, wenn sie sich damit in der Notenrangfolge einen Platz nach vorn schieben könnten. Vielleicht ist das auch unfair, denke ich, als ich ganz hinten Lily stehen sehe, die sich sichtlich unwohl fühlt. Aber nach allem, was sie mir angetan hat, vielleicht doch nicht. Ganz vorne, so nah vor mir, dass ihre Beine meinen Tisch berühren, steht die Chefin der Gruppe, die sich geräuspert hat: Mia. Ich weiß nicht genau, auf welchem Platz meiner Tragödienliste sie rangiert, aber dass es Mia McElroy gibt, ist definitiv eine Tragödie. Wenn mein Leben ein Film noir wäre, würde ich die Figur der Mia so beschreiben: MIA MCELROY (w, 16), knallharte Superfrau mit Beinen bis zum Hals und Lippenstift, der zwei Rottöne dunkler ist als ihre Haare. Aber wir sind hier in der Highschool und Mia ist nur ein Mädchen mit dem Charakter eines Piranha. »Hi«, sagt Mia und zieht das Wort über fünf Sekunden, damit die versteckte Botschaft Fick dich ins Knie besser bei mir ankommt. »Wir brauchen den Tisch.« Wer sich Mia in Cheerleader-Uniform vorstellt, liegt wieder daneben. Das ist auch nur so ein Klischee. Sie räuspert sich noch mal. »Hast du gehört?« »Ja.« »Und?« »Und ich sehe das anders.« Ich beiße von meinem Sandwich ab. »Ihr braucht den Tisch nicht.« »Doch, wir brauchen ihn.« »Man braucht ein Dach über dem Kopf. Man braucht etwas zu essen. Wollt ihr den Tisch etwa essen?« »Oh mein Gott«, murmelt Mia. »Mia«, höre ich Lily sagen, aber ich würdige sie keines Blickes. »Vielleicht könnten wir …« »Wir brauchen den Tisch, weil wir anders als du in der Mittagspause etwas zu erledigen haben«, sagt Mia. »Wir planen die Lebensmittelsammlung für die Tafel, aber dir ist die Tafel wahrscheinlich völlig egal, weil es dir gar nicht in den Schädel käme, für die Allgemeinheit oder für irgendjemandem außer dir auch nur einen Finger krumm zu machen.« Ich deute auf den schwerfälligen Typ neben ihr – ihren Freund, sein Name fällt mir nicht mehr ein –, der gedankenverloren auf seinem Handy herumtippt. »Echt jetzt? Der engagiert sich für die Tafel?« Mia sieht ihren Freund an. Als sie ihm auf den Arm klopft, erschrickt er sich zu Tode. »Wie wär’s, wenn du dein Handy mal vergisst und dich um den hier kümmerst?« Mias Freund steckt das Handy weg, als hätte er sich die Pfoten verbrannt. Sein Blick wandert von mir zu ihr. »Aber … der sitzt doch nur da.« »Ja genau«, sage ich. »Danke! Du bist wohl der Mann fürs Grobe?« »Was?«, fragt er. Lily beugt sich zu Mia vor. »Wir könnten uns doch auf den Rasen setzen. Wenn Gideon nicht wegwill …« Zum ersten Mal seit fünf Jahren hat Lily meinen Namen gesagt. Das wäre nichts Besonderes, hätte sie ihn nicht damals, als wir noch beste Freunde waren, jeden Tag ausgesprochen. »Nein.« Mia verschränkt die Arme. »Wir brauchen eine feste Unterlage und wir brauchen Platz. Er nicht. Es gibt jede Menge anderer Tische, an die er sich setzen kann …« »Aber das ist mein Tisch«, sage ich. »Kleinere Tische, Tische, die für eine Person genau richtig sind …« »Ich sitze immer an diesem Tisch.« »… und die für Gideon völlig ausreichen würden, wenn er nicht so egoistisch wäre.« Ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen könnte. Ich habe mir diesen Tisch in der zweiten Woche der neunten Klasse ausgesucht und seither jeden Tag hier gesessen. Deshalb muss ich auch heute hier sitzen. Mir leuchtet das vollkommen ein, aber an der Art, wie mich alle anstarren, erkenne ich, dass sie es nicht verstehen. »Was stellst du dich so bescheuert an!«, schnauzt Mia. »Setz dich doch einfach an einen anderen Tisch.« »Ich bin nicht bescheuert.« »Was denn sonst?« Sie deutet mit großer Geste auf meine gesamte Erscheinung. »Wer zur Hölle rennt schon bei über sechsundzwanzig Grad mit Jacke herum?« »Das ist ein Trenchcoat. Ich trage immer einen Trenchcoat.« Keine Reaktion. »Früher haben die Leute dauernd so was getragen. Und einen Fedora, das ist ein Filzhut mit breiter Krempe, falls du das nicht weißt. Und Schuhe, die nicht aus Plastik waren.« Damit mache ich es nicht besser, aber jetzt kann ich nicht mehr aufhören. »Wenn Leute aus den Dreißiger- oder Vierzigerjahren sehen könnten, was du anhast, würden sie dich für bescheuert halten, nicht mich.« »Wow. Du bist also immer noch auf dem Trip.« Sie lächelt, ohne die Zähne zu zeigen. »Du spielst immer noch Detektiv.« Ich habe nicht Detektiv gespielt. Ich war einer. Betonung auf war. »Ich bin kein Detektiv.« »Das ist ja fast schon rührend«, fährt sie fort, »wie begeistert du dabei bist. Aber nur fast.« »Warum fragst du nicht einfach jemand anders, ob er dir seinen Tisch abtritt, Mia?« »Weil du als Einziger allein hier sitzt.« »Ich esse immer allein.« »Stimmt.« Mia durchbohrt mich mit ihrem stechenden Blick. »Hast du dich schon mal gefragt, warum?« Ohne diese Frage würde ich es vielleicht gut sein lassen. Oder wenn es jemand anders gesagt hätte. Aber nach allem, was sie mir angetan haben – einschließlich Mia, ja, Mia ganz besonders –, sprudeln die Worte aus meinem Mund, ehe ich es verhindern kann. »Dein Freund geht fremd.« Mias Augen treten fast aus ihren Höhlen. Dem besagten Freund klappt die Kinnlade runter. »Wie bitte?«, sagt sie. »Oh.« Ich blinzle sie an. »Er hat was mit einer anderen am Laufen.« Sie stützt beide Hände auf meinen Tisch. »Was zum Teufel hast du eigentlich für ein Problem, Gideon?« »Das ist nicht mein Problem«, sage ich. »Es ist dein Problem. Deins und...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.