E-Book, Deutsch, Band 592, 256 Seiten
Reihe: Historical MyLady
Herries Ein Gentleman zwischen Liebe und Ehre
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7337-3681-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 592, 256 Seiten
Reihe: Historical MyLady
ISBN: 978-3-7337-3681-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Frauen sind edle, schwache Wesen, die beschützt werden müssen: Davon ist Major Harry Brockley fest überzeugt. Weshalb er einer jungen Dame einen Antrag macht, um ihren Ruf zu wahren - und nicht etwa, weil er sie liebt! Denn nur einer Frau gehört Brocks Herz: Samantha Scatterby, die jedoch früher nicht frei für ihn war. Doch ausgerechnet jetzt spielt ihm das Schicksal einen grausamen Streich: Die geliebte Samantha, inzwischen verwitwet, kehrt in sein Leben zurück! Diesmal ist er vergeben, und erneut scheint ihre Liebe hoffnungslos ...
Anne Herries ist die Tochter einer Lehrerin und eines Damen Friseurs. Nachdem sie mit 15 von der High School abging, arbeitete sie bis zu ihrer Hochzeit bei ihrem Vater im Laden. Dann führte sie ihren eigenen Friseur Salon, welchen sie jedoch aufgab, um sich dem Schreiben zu widmen und ihrem Mann in seinem Antiquitätengeschäft unter die Arme zu greifen. Anne Herries erster Erfolg ereignete sich 1979, als sie unter dem Namen Lynn Granville schrieb und ihre Arbeit von Robert Hale akzeptiert wurde. Weitere Erfolge ließen nicht lange auf sich warten und so veröffentlichte sie 12 Bücher bei Mills & Boon. Bis heute hat Anne Herries verschiedene Bücher unter ihrem Namen und anderen Pseudonymen wie Linda Sole geschrieben. Ihr Lieblingsverlag bleibt Mills & Boon - wegen der freundlichen und familiären Atmosphäre. Schreiben bereitete ihr schon immer Vergnügen und mit dem ersten Roman wurde ein Traum wahr. Neben dem Schreiben liebt Anne Herries gute Filme, sonnige Spaziergänge und Schwimmen. Ihre größte Liebe abgesehen von ihrem Mann und dem Schreiben gilt Tieren und speziell Vögeln. Sie liebt es, die putzigen Eichhörnchen zu füttern, welche regelmäßig in ihren Garten kommen, genauso wie verschiedene Vogelarten und sogar scheue Füchse die während dem letzten Unwetter bei ihr Schutz suchten.
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1. KAPITEL
Major Harry Brockley, von seinen Freunden Brock genannt, stand vor dem Kloster und starrte auf die abweisenden grauen Mauern. Er hatte diesen Ort zum letzten Mal besucht, und das Gefühl der Leere, das er empfand, schien ihn vollkommen auszufüllen.
„Schwester Violet ist in der vergangenen Nacht friedlich verstorben, Major“, hatte die Äbtissin ihm mit sanfter Stimme gesagt. „Ihr Fieber kam schnell und streckte sie nieder, ehe wir auch nur die Zeit fanden zu verstehen, wie krank sie tatsächlich war. Es tut mir wirklich leid, Ihnen diese Neuigkeiten übermitteln zu müssen, denn ich weiß, dass Sie sie mochten – ich kann Sie nur damit trösten, Ihnen zu sagen, dass sie in den Armen ihres Schöpfers endlich Frieden gefunden hat.“
„Ja, vielleicht“, antwortete Brock. „Endlich Frieden, aber um welchen Preis?“
„Sie sind noch immer so verbittert und zornig“, sagte die sanftmütige Nonne. „Schwester Violet war nicht verbittert. Sie hat dem Mann vergeben, der ihr Leben zerstört hat – und ich weiß, sie würde wollen, dass Sie dasselbe tun.“
„Dieser Mann ist jetzt tot“, entgegnete Brock kühl. „Wäre er noch am Leben, dann hätte ich ihn mit bloßen Händen ermordet. Er nahm ein süßes, perfektes Mädchen und verletzte sie so sehr, dass sie nicht länger in dieser Welt leben konnte, sondern hierher kam, um an diesem Ort zu sterben. Das ist der Mann, von dem Sie wollen, dass ich ihm vergebe?“
„Ich fürchte, dass Sie keinen Frieden finden werden, bis Sie ihm verzeihen können, und auch sich selbst, Major Brockley. Verzeihen Sie mir, aber es schmerzt mich, eine Seele in solchen Qualen zu sehen, wenn das nicht nötig ist. Das Mädchen, das Sie liebten, war schon vor Jahren verschwunden. Die Frau, die hier bei uns lebte, hatte schon seit Langem ihren Frieden gefunden. Ihr einziger Wunsch war, dass Sie mit der Zeit lernen würden, ihr zu verzeihen, dass sie Ihnen solchen Schmerz bereitet hat.“
„Ihr Name war Mary, und es gibt nichts, das ich ihr hätte verzeihen müssen“, rief Brock. „Ich war derjenige, der sie im Stich gelassen hat. Ich bin derjenige, der auf Vergebung hofft.“
„Dann lassen Sie mich Ihnen sagen, dass sie Ihnen nie einen Vorwurf gemacht hat, keinen Augenblick lang.“
Brock hatte laut geflucht, wohl wissend, dass das unhöflich war, und die gute Frau verlassen, ohne sich auch nur für ihre Freundlichkeit zu bedanken. Er war wütend auf sie, weil sie Dinge gesagt hatte, die nichts bedeuteten. Wer war Schwester Violet? Das Mädchen, das er wie eine Schwester geliebt hatte, war Mary gewesen, die Freundin aus Kindertagen. Wie sollte die Äbtissin jemals verstehen, dass Brock sich selbst die Schuld gab für das, was dem unschuldigen jungen Mädchen zugestoßen war, das der Marquess of Shearne geschlagen, vergewaltigt, für tot gehalten und liegen gelassen hatte?
„Mögest du in der Hölle verfaulen, Shearne!“, rief Brock laut aus. „Der Tod war noch zu gut für dich.“
Der Marquess hätte beinahe auch Brock getötet. Hätte Amanda, Phipps’ Frau, nicht so schnell reagiert, wäre er vielleicht an dem Blutverlust gestorben oder an einem Fieber, aber sie und Phipps hatten ihn durchgebracht, und der Gedanke an seine Freunde entspannten seine Züge. Zunächst war diese Heirat unwahrscheinlich erschienen, denn Phipps war ein großer, sehniger Soldat und Amanda ein niedliches Pummelchen, wenn auch recht hübsch. Natürlich hatte sie vor ihrer Heirat einiges von diesem Babyspeck verloren, aber Brock wusste, dass seinem Freund das nicht einmal aufgefallen war. Phipps liebte Amanda für das, was sie war – eine attraktive, großzügige, liebende Frau – und eine Ehefrau, um die Brock ihn beneidete.
Jahrelang hatte das, was dem Mädchen, das er so gern gehabt hatte, zugestoßen war, wie ein Schatten auf Brocks Gemüt gelegen, hatte ihn verfolgt, hatte ihn dazu gebracht, sich gegen eine Heirat zu entscheiden. Er war für keine Frau der passende Ehemann. Er hatte das Mädchen im Stich gelassen, das ihm vertraute, aber sie hatte ihm deswegen nie einen Vorwurf gemacht.
Natürlich hatte sie das nicht. Sie war zu gut, zu süß und zu sanftmütig, um einen Groll zu hegen – nicht einmal gegen den Mann, der sie ruiniert hatte.
Wenn Schwester Violet den Kummer jenes schrecklichen Tages hat loslassen können, dann ist es vielleicht für mich auch an der Zeit, das zu tun, dachte Brock, als er auf die wartende Kutsche zuging. Vielleicht war es tatsächlich so weit, das zu tun, worum sein Vater ihn ständig bat – zu heiraten, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und eine Familie zu gründen.
Viele Male schon hatte Brock seine überstürzte Entscheidung, um Miss Cynthia Langton anzuhalten, bedauert. Sie war die einzige Tochter und Erbin von Lord Langton. Brock hatte sie gerettet, nachdem sie von Shearne geflohen war, der sie entführt hatte, um an ihr Vermögen zu gelangen, aber Cynthia war es gelungen, ihm zu entkommen, und Brock hatte sie gefunden, als sie die Landstraße entlanggelaufen war. Sie hatte kein Geld gehabt, war krank und geschwächt gewesen, nachdem der Schurke sie betäubt hatte. Sie hatten eine Geschichte erfunden, nach der sie in einen Graben gestürzt war, die Nacht dort hatte verbringen müssen, ehe er sie gefunden hatte. Das stimmte zwar nicht, aber die Geschichte hatte ihren Ruf gerettet, denn wäre bekannt geworden, dass sie die ganze Zeit über in Shearnes Gesellschaft gewesen war, wäre sie ruiniert gewesen. Da er das Mädchen, das er so sehr mochte, im Stich gelassen hatte, hatte Brock aus reiner Höflichkeit um Cynthias Hand angehalten. Es war eine spontane Reaktion gewesen, von seiner Seite ebenso wie von ihrer, und er glaubte, dass sie es ebenso bereute, seinen Antrag angenommen zu haben. Zu jenem Zeitpunkt schien das keine Rolle zu spielen, aber seither verfluchte er sich, weil er so ein Narr gewesen war.
Brock stieg wieder in seinen Wagen und wies seinen Kutscher an, ihn nach London zurückzufahren. Er sah die Überraschung auf dem Gesicht des Mannes, denn gewöhnlich lenkte er den Wagen selbst, aber an diesem besonderen Nachmittag war er dazu nicht in der Stimmung.
Tief in Gedanken, die Augen geschlossen, verbrachte Brock die Zeit mit Grübeln, während sie Meile um Meile zurücklegten. Seine Überlegungen kreisten um sein Problem, aber er fand schließlich eine Lösung. Wenn die Heirat abgesagt wurde, dann musste Cynthia diese Entscheidung treffen. Er konnte – und er würde – sie nicht sitzen lassen. Seit jenem Tag war sie sehr bedrückt, so ganz anders als das strahlende Mädchen, dem in ihrer ersten Saison halb London zu Füßen gelegen hatte. Brock konnte sich nur vorstellen, dass sie unglücklich war, ihre Entscheidung bedauerte, so wie er seine – aber er wusste nicht, wie er eine Auflösung ihrer Verlobung zur Sprache bringen sollte.
Vielleicht sollte er sie einfach bitten, einen Termin für die Hochzeit festzusetzen. Cynthia hatte angedeutet, dass sie gern bis zum Sommer warten würde, aber jetzt war Frühling, und sie sollten daran denken, die Vorbereitungen zu treffen. Wenn die Hochzeit stattfinden sollte, dann sollten sie das nicht länger aufschieben. Neun Monate sollten selbst für ihre Mutter genügen. Länger zu warten, wäre lächerlich, doch etwas in ihm weigerte sich, eine Ehe ohne Liebe einzugehen.
Brock runzelte die Stirn, denn seine zukünftige Braut war eine Schönheit, und wenn sie wollte, konnte sie außerordentlich charmant sein. Er liebte sie nicht, und er war ziemlich sicher, dass Cynthia nicht mehr als Dankbarkeit und Freundschaft für ihn empfand, aber vielleicht war das genug?
Brock wusste, dass viele Freunde seiner Familie arrangierte Ehen geschlossen hatten, basierend auf Besitz, Rang oder Notwendigkeit, aber oft genug waren solche Ehen ebenso glücklich wie andere. Er wusste auch, dass die Ehe eines Freundes, die eigentlich eine Liebesheirat gewesen war, zwei Jahre nach der Hochzeit gescheitert war, einfach, weil die junge Frau sich nur noch um ihr Kind gekümmert und ihr Ehemann sich vernachlässigt gefühlt hatte. Er war ihr untreu geworden, und sie hatte eine Szene gemacht, als sie es herausfand, hatte ihr Kind genommen und war zu ihrem Vater gezogen. Sie hatte sich geweigert, zu ihm zurückzukommen, selbst als ihr Ehemann sie angefleht hatte.
Brock war ziemlich sicher, dass Cynthia nicht von ihm verlangen würde, an ihrem Rockzipfel zu hängen, wenn sie verheiratet waren. Sie würde einen eigenen Freundeskreis haben, Gäste empfangen und ausgehen, wie es ihr beliebte, und er würde dasselbe tun – würde bei ihr sein, wann immer sie ihn darum bat. Da sie beide eine Familie wünschten, würde es eine richtige Ehe sein, und das sollte nicht schwerfallen. Sie war eine schöne Frau, und es war nicht so, dass er sie unsympathisch fand.
Tatsächlich gab es sogar Zeiten, in denen er das Gefühl hatte, er könnte sie durchaus gern haben – wenn sie sich ein bisschen mehr gehen lassen, ein bisschen häufiger lächeln würde. Sie war höflich, sanft in ihrer Sprechweise und dankbar – und aus irgendeinem Grund störte ihn das. Cynthia beklagte sich nie, wenn er nicht aufs Land hinaus fuhr und sie wochenlang nicht sah. Manchmal hatte er das Gefühl, sie würde lieber in Ruhe gelassen werden, aber ihre Mutter und auch ihr Vater drängten sie zu dieser Hochzeit.
Brocks Überlegungen wurden unterbrochen, als er ganz plötzlich nach vorn geschleudert wurde und die Kutsche abrupt zum Stehen kam.
„Was zum Teufel … was um alles in der Welt tun Sie da, Harris?“
„Auf der Straße, Sir“, sagte der Kutsche, als er die erschrockenen Pferde...