Hesse | Ein deutsches Versprechen. Weimar 1756-1933 | Die Bedeutung Weimars für die weltweite Kunst und Kultur | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Hesse Ein deutsches Versprechen. Weimar 1756-1933 | Die Bedeutung Weimars für die weltweite Kunst und Kultur

Hesse, Helge
Originalausgabe 2023
ISBN: 978-3-15-962196-8
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Hesse, Helge

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ISBN: 978-3-15-962196-8
Verlag: Reclam Verlag
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Ein Ort kann durch seine Menschen zum Versprechen werden 1756 begann Herzogin Anna Amalia in der kleinen Stadt Weimar, Politik und Kultur zu verbinden. Goethe und Schiller schufen dort Meilensteine der Literatur und des Denkens. Franz Liszt gab der Musik wichtige Erneuerungsimpulse, Harry Graf Kessler sowie Henry van de Velde brachten die moderne Kunst und Architektur voran. In Weimar entstand die Verfassung der ersten deutschen Republik. Und Walter Gropius gründete das Bauhaus, das alle Gebiete der Gestaltung bis heute beeinflusst. Helge Hesse begleitet die prägenden Persönlichkeiten jener Epoche, in der Weimar ein Ort deutscher Versprechen für eine bessere Welt war - bis 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Eine mitreißende Lektüre, die über bloße Geschichte hinaus die Fragen aufzeigt, die uns heute und in der Zukunft beschäftigen. - Die Blütezeit Weimars: Die Geschichte einer Stadt, die die deutsche Kunst und Kultur maßgeblich beeinflusste - Künstlerisch bedeutend: Von Herzogin Anna Amalia, Goethe, Schiller, Wieland und Herder über die musikalischen Zirkel um Franz Liszt bis hin zu den Künstlerinnen und Künstlern des Bauhaus - Unterhaltsam und historisch fundiert: Vom renommierten Autor und Publizisten Helge Hesse - Hochwertige Ausstattung: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen Die unglaubliche Karriere eines Provinzstädtchens Dieses Buch beleuchtet das kulturelle Erbe Weimars und vermittelt anschaulich die Bedeutung dieser Stadt für die deutsche Kunst und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert. Eine spannende Lektüre und ein hochwertiges Geschenk für Kunst- und Kulturliebhaber und historisch Interessierte.

Helge Hesse, geb. 1963, studierte Philosophie und Wirtschaftswissenschaften. Er verfasste zahlreiche erfolgreiche Sachbücher zu kulturellen, historischen und philosophischen Themen. Hesse lebt als freier Autor und Publizist in Düsseldorf. Für sein Buch 'Die Welt neu beginnen' erhielt er 2021 den Bayerischen Buchpreis.
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Die Prinzenerziehung und Wieland


Kein Dichter oder Schriftsteller konnte seinerzeit vom Verkauf seiner Werke leben. Daher verdingten sich viele von ihnen als Hauslehrer oder Erzieher an Höfen, in adeligen Familien oder in Haushalten des aufstrebenden wohlhabenden Bürgertums. In Weimar mussten die Prinzen erzogen werden, und Anna Amalia wollte die Kultur am Hof und in der Stadt beleben. Vielleicht konnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Nach seiner Geburt übergab man einen Prinzen der Säugamme. Eine fürstliche Mutter stillte nicht selbst. Das »Frauenzimmer« mit den Bediensteten der adeligen Hausherrin sorgte obendrein für das Wohl und Wehe des Kleinkindes. Für die anschließende schulische Ausbildung des Kindes war der Erzieher verantwortlich. An einem größeren Hof wurde er oft Hofmeister genannt. Ihm unterstanden weitere Lehrer. Arbeitete er zur Zufriedenheit, konnte er in diesem Amt die ersten Schritte zu einer größeren Karriere am Hof tun.

Graf Johann Eustach von Schlitz genannt Görtz – so sein voller seltsamer Name – hielt sich seit 1759 in Weimar auf. Er brachte sich selbst für die Aufgabe ins Spiel, und Anna Amalia schlug ihn dem Consilium als Prinzenerzieher vor. Görtz war erst 25 Jahre alt, doch Anna Amalia, die blutjunge Mutter, meinte, der gebildete junge Mann könne wie sie auch mit seiner Aufgabe wachsen. Am 7. Mai 1762 trat Görtz sein Amt an. Zunächst vertraute man ihm Carl August an, und damit war Görtz sofort unter allseitiger Beobachtung. Denn Prinzenerziehung war ein Politikum. Anna Amalia, die Bediensteten, der Hof, das Geheime Consilium, die Landstände: Alle hatten berechtigtes Interesse am Werden des nächsten Landesherrn. Als Görtz einmal im Sommer die etwa drei Kilometer vom Belvedere zum Residenzschloss mit Carl August zu Fuß ging, warf man ihm vor, mit der Gesundheit des Prinzen allzu nachlässig umzugehen.

Anna Amalias Verhältnis zu Görtz blieb nicht frei von Eifersucht auf ihn, der mit beiden Söhnen im täglichen Kontakt stand.

Görtz wiederum versuchte, sich in seiner Machtstellung zu behaupten und die allseitigen Interessen auszugleichen. Immer wieder kämpfte er bei Anna Amalia um seine Kompetenzen. Die Einstellung eines Französischlehrers führte fast zu seinem Rücktritt.

Hinzu kamen die verschiedenen Charaktere der beiden Prinzen, mit denen Görtz und Anna Amalia umgehen mussten. Erbprinz Carl August zeigte schon als Kind einen starken eigenen Willen und eine sehr gute Auffassungsgabe, beides besaß er weit ausgeprägter als sein Bruder Constantin. Carl August entwickelte sich zu einem gesunden Jungen. Eine Erleichterung allenthalben, denn in Erinnerung an den kränklichen Vater blieben Anna Amalia und der Hof beständig besorgt. Carl August war noch nicht fünf, da wusste er, er würde einmal der Herrscher über alle um ihn herum sein, und er begann das auszunutzen. Unablässig versuchte er das Hofzeremoniell zu umgehen, und er ließ die Höflinge wissen, wer er einmal sein würde. An seine künftige Aufgabe wurde er früh herangeführt. Schon als Sechsjähriger redete er 1763 zur Eröffnung des Landtags. Zwei Jahre später huldigte ihm erstmals das Volk in Eisenach.

Die Beziehung Anna Amalias zu ihren Söhnen gestaltete sich nicht unkompliziert. Sie meinte, Carl August und Constantin hätten sich die Mutterliebe durch Benimm und Folgsamkeit zu verdienen. Görtz versuchte, teils gegen Anna Amalias Wunsch, den Jungen Freiräume zu geben, in denen sie Kinder sein konnten. Dies aber immer im Wissen, dass er gehalten war, beide schnell zu Erwachsenen heranzuziehen. Daneben hatte er beständig seine eigene Position im Blick. So formulierte er in den frühen Jahren Briefe der Söhne an die Mutter. Carl August und Constantin mussten das Vorgefertigte dann nur kopieren. Anna Amalia sah ihre Söhne während der Jahre, in denen sie heranwuchsen, meist nur jeden zweiten Tag stundenweise. Selten speiste sie mit ihnen. Hof und Regierung ließen ihr auch wenig Zeit dafür.

Als Görtz vorschlug, die Prinzen auch an anderen Orten auszubilden, reagierte Anna Amalia zurückhaltend. Sie wollte die Söhne nicht noch enger an deren Erzieher binden oder noch weiteren Zugriff verlieren. So fand sie den Ausweg, eine Reise der Söhne mit Görtz 1771 nach Braunschweig an den elterlichen Hof vorzuschlagen. Und sie begleitete sie. In Braunschweig lernten die Prinzen den Umgang mit anderen Fürsten und machten sogar die Bekanntschaft ihres Großonkels Friedrich II., Anna Amalias Onkel. Der war angetan von dem nun 14-jährigen Carl August. Er habe schon viele ältere Prinzen gesehen, bemerkte der preußische König, »und unter ihnen war nicht einer, der sich so wohl betragen hätte«. Görtz war stolz.

Görtz erkannte bald, dass Carl August vermutlich mit bereits 18 Jahren für volljährig erklärt werden würde. Bis dahin aber galt es, an der Erziehung weiter zu justieren. Weil Anna Amalia alle Pläne für eine Kavalierstour Carl Augusts ablehnte, musste eine adäquate Ausbildung in Weimar vor Ort her. Görtz schlug mehrere Lehrer vor, darunter ein Mitglied des Consiliums, das so einen besseren Zugriff auf die Erziehung bekommen würde. Und: Der Gelehrte und Schriftsteller Christoph Martin Wieland sollte Philosophie unterrichten. Wieland, seinerzeit Professor in Erfurt, war im November 1771 zum ersten Mal für einige Tage in Weimar gewesen. Er hatte 1761 den erfolgreichen Roman veröffentlicht und war mit Shakespeare-Übersetzungen hervorgetreten. Doch man zögerte.

Anfang März 1772 las Wieland Anna Amalia am Weimarer Hof aus seinem neuesten Roman vor. Einem Buch, das für die aufgeklärte Erziehung eines Fürsten wirbt. Wielands Idee eines idealen Staates bestand in einer aufgeklärten Monarchie, wie man etwa die von Anna Amalias Onkel Friedrich in Preußen sah. Das gefiel der Regentin. Vielleicht konnte man mit Wielands Berufung nach Weimar tatsächlich die Prinzenerziehung auf eine neue Stufe heben. Mit Sicherheit aber wäre Weimar durch das Engagement dieses bekannten Mannes in aller Munde.

Anna Amalias längst schon eingeleitete Förderung des Zuzugs bedeutender Gelehrter hatte bereits erste Früchte getragen. Noch vor Wieland war 1763 der durch einen Briefroman bekanntgewordene Schriftsteller Johann Karl August Musäus aus Jena gekommen, zunächst als Pagenhofmeister und in dieser Funktion für Ausbildung und Einsatz der Pagen bei Hofe verantwortlich. Seit 1769 lehrte er als Professor am Wilhelm-Ernst-Gymnasium.

Tatsächlich war Wieland an einer Anstellung bei Hofe interessiert. Er hoffte dadurch abgesichert seinen schriftstellerischen Ambitionen nachgehen zu können. An Ostern kam er wieder nach Weimar, und es entwickelte sich ein kurzer vertraulicher Briefwechsel zwischen ihm und Anna Amalia. Die gestand Wieland, sie glaube, bei der Erziehung der Söhne versagt zu haben. Vor allem dem Erbprinzen mangele es an Respekt und Mutterliebe. Könnte sie noch einmal beginnen, würde sie in der Erziehung besonders darauf achten. Wieland wischte ihre Selbstvorwürfe beiseite. Man könne nicht immer vollkommene Vernunft und Reinheit erreichen. Er zeigte die Briefe Anna Amalias Görtz – der indigniert war, da er Kritik an seiner Arbeit darin las.

Nach längeren Verhandlungen, in denen Wieland schließlich der Titel eines Hofrats und höhere Bezüge gewährt wurden, war man sich einig. Wieland sollte als Erzieher des Erbprinzen fungieren. Die Verpflichtung war bis zu Carl Augusts 18. Geburtstag angelegt.

Im September 1772 zog Wieland nach Weimar. Er schloss schnell Freundschaft mit Görtz. »Unsere Prinzen ausgenommen hat Er keinen Freund als mich, ich keinen als Ihn«, berichtete er in einem Brief an seinen Freund, den Arzt und Dichter Johann Georg Zimmermann. Den beiden Prinzen brachte der neue Lehrer in seinem Unterricht die Philosophie des Schotten Adam Ferguson nahe. Der Unterricht dauerte pro Tag nur ein bis zwei Stunden, da die Jungen noch von weiteren Lehrern unterrichtet wurden. Vom jungen Carl August war Wieland beeindruckt. Am 4. Dezember 1772 schrieb er an Jacobi: »Wenn der Himmel ihn und ein paar gute Freunde, die er hat, leben lässt, so sollen Sie in sechs Jahren a dato einen kleinen Hof sehen, der verdienen soll, dass man von den Enden der Welt komme, um ihn zu sehen.«

Anna Amalia allerdings war, was Wieland betraf, bald ernüchtert. Zu ihrem Staatsrat Jakob Friedrich von Fritsch sprach sie von einem Mann von »ehrenwerter Gesinnung«, doch sei er ein »schwacher Enthusiast« mit »viel Eitelkeit und Eigenliebe«. Leider zu spät erkenne sie, dass Wieland »nicht gemacht ist für die Stellung, in der er sich befindet«.

Doch zunächst versuchten Görtz und Wieland, den jeweils anderen für ihre Zwecke einzusetzen, und sie buhlten um die Gunst des Erbprinzen – mit der Folge, dass auch die Entfremdung zwischen Carl August und seiner Mutter fortschritt. Die sah die beiden Prinzenerzieher zunehmend argwöhnisch als eitle, ehrgeizige, vor allem ihren Zielen verpflichtete Männer. Als sie Carl August darauf ansprach, wies der das brüsk zurück. Er vertraue ihnen und sie seien seine besten Freunde, sie wolle sich nur gegen sie stellen.

Die Zwistigkeiten gingen so weit, dass Anna Amalia ihre vorzeitige Demission erwog. Man könne Carl August auch schon mit 17 Jahren für...



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